TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/21 99/08/0058

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Veröffentlicht am 21.11.2001
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Index

30/01 Finanzverfassung;
30/02 Finanzausgleich;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AlVG 1977 §39;
AMPFG 1994 §6 Abs6 idF 1995/297;
AMPFG 1994 §6 Abs6 idF 1997/I/093;
FAG 1993 §2 Abs2 idF 1995/297;
F-VG 1948 §2;
SondernotstandshilfeV 1995 §3;
SondernotstandshilfeV 1995;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich in Linz, Europaplatz 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. März 1999, Zl. SV(SanR)-430004/2-1999- BB/Ma, betreffend Tragung des Aufwandes für die Sondernotstandshilfe (mitbeteiligte Partei: Gemeinde N), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Kostenbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

Begründung

Christine F. stellte nach Ausschöpfung des Anspruches auf Karenzurlaubsgeld auf Grund der Geburt ihres am 12. September 1995 geborenen Kindes bei der beschwerdeführenden Behörde den Antrag auf Gewährung der Sondernotstandhilfe ab 13. September 1997. Die mitbeteiligte Gemeinde bestätigte in ihrer Bescheinigung vom 12. September 1997, dass Christine S. in der Gemeinde den Hauptwohnsitz hat und eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit im Sinne des § 1 der Sondernotstandshilfeverordnung in Form einer Tagesmutter verfügbar ist.

Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice wies mit Bescheid vom 23. September 1997 den Antrag auf Grund Vorhandenseins einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit ab. In der dagegen eingebrachten Berufung machte Christine F. geltend, ihr Kind sei nicht gesund. Sie legte eine ärztliche Bescheinigung einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vor, welche wie folgt lautet:

"Es wird bestätigt, dass das Kleinkind ... geboren am 12.9.1995 sehr häufig an Infekten leidet. Das Kind ist auch sehr stark an die Mutter gebunden und verweigert von anderen Personen jegliche pflegenden Maßnahmen und auch die Fütterung.

Aus diesem Grund ist im Moment die Pflege durch eine Tagesmutter nicht günstig.

Aus medizinischen und psychologischen Gründen wäre es angezeigt, dass die Mutter noch ein weiteres Jahr beim Kind zu Hause verbringen könnte."

Weiters machte Christine F. geltend, dass der PKW ihres Gatten derzeit kaputt sei.

Die mitbeteiligte Gemeinde hielt in ihrer Bescheinigung vom 2. Oktober 1997 daran fest, dass - wie bereits in der Bestätigung vom 12. September 1997 angeführt - eine geeignete Unterbringung verfügbar sei.

Die beschwerdeführende Behörde forderte daraufhin die Bezirkshauptmannschaft R zur Stellungnahme auf.

Diese gab mit Schreiben vom 27. Oktober 1997 bekannt, dass die von der mitbeteiligten Gemeinde benannte Tagesmutter zur Verfügung stehe und für die Aufnahme eines Tagespflegekindes geeignet und gewillt sei. Ob dem Kind die Unterbringung auf einem Tagespflegeplatz zumutbar sei, möge der Bescheinigung der Kinderfachärztin entnommen werden.

Über nochmalige Aufforderung gab die Bezirkshauptmannschaft R mit Schreiben vom 23. Dezember 1997 der belangten Behörde bekannt, Christine F. besitze kein eigenes Auto. Ihr Gatte benötige auf Grund der Lage seines Arbeitsortes und der von ihm einzuhaltenden Arbeitszeiten seinen PKW. Aus diesen Gründen könne das Kind nicht regelmäßig zur Tagesmutter gebracht bzw. abgeholt werden. Ein öffentliches Verkehrsmittel zur Wohnung der Tagesmutter gebe es nicht. Die Wegstrecke betrage 3,5 km und sei daher zu Fuß nicht zumutbar. Somit sei die Erreichbarkeit des Tagespflegeplatzes praktisch nicht gegeben. Im Übrigen werde auf das Schreiben vom 27. Oktober 1997 hingewiesen.

Mit Bescheid vom 7. Jänner 1998 gab daraufhin die beschwerdeführende Behörde der Berufung der Christine F. Folge und sprach aus, dass ihr die Sondernotstandshilfe ab 13. September 1997 im gesetzlichen Ausmaß gebühre. In der Begründung wurde ausgeführt, die Bezirkshauptmannschaft R habe in ihrem Schreiben vom 23. Dezember 1997 entgegen der Bescheinigung der mitbeteiligten Gemeinde ausgeführt, dass im Falle der Christine F. keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit für ihr Kind bestehe.

Mit Schreiben vom 29. Juni 1998 teilte die mitbeteiligte Gemeinde der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Sondernotstandshilfe an Christine F. weggefallen seien. Auf Grund eines Arbeitsplatzwechsels ihres Ehegatten benötige dieser den PKW nicht mehr. Das Nichtvorhandensein eines PKW's sei jedoch der Grund gewesen, Christine F. die Sondernotstandshilfe zu gewähren. Seit Anfang Mai dieses Jahres stehe ihr ein PKW zur Verfügung, sodass sie den Wohnort der Tagesmutter erreichen könne.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellte daraufhin mit Bescheid vom 23. Juli 1998 die Sondernotstandshilfe ab 30. Juni 1998 mit der Begründung ein, ab diesem Zeitpunkt gebe es eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit für das Kind.

Christine F. erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung. Darin führte sie aus, die namhaft gemachte Tagesmutter übernehme die Pflege ihres Kindes wegen deren Erkrankung nicht. Dies bestätige auch die Gemeinde. Dieser Berufung wurde eine Bestätigung einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vom 20. Juli 1998 mit folgendem Wortlaut beigelegt:

"Es wird bestätigt, dass die Patientin ... geboren am 12. September 1995, an rezidivierenden Infekten leidet. Zusätzlich besteht eine starke Bindung an die Mutter. Das Kind verweigert bei anderen Personen jegliche Nahrungsaufnahme.

Zurzeit erfolgt bei dem Kind auch die Reinlichkeitserziehung. Diese gestaltet sich sehr schwierig, weil ... (das Kind) dazu neigt, den Stuhl zurückzuhalten.

Aus diesen Gründen wäre es günstig, wenn die Mutter noch bei dem Mädchen zu Hause bleiben könnte und der Sondernotstand verlängert würde."

Die beschwerdeführende Behörde forderte daraufhin die Bezirkshauptmannschaft R zur Stellungnahme auf. Diese gab mit Schreiben vom 24. August 1998 bekannt, dass die von der mitbeteiligten Gemeinde namhaft gemachte Tagesmutter auf Grund der gesundheitlichen Probleme des Kindes sich nicht in der Lage befinde, das Kind zu betreuen. Die Tagesmutter stehe somit als geeignete Unterbringungsmöglichkeit nicht zur Verfügung.

Die beschwerdeführende Behörde brachte der mitbeteiligten Gemeinde diese Bescheinigung zur Kenntnis und räumte die Möglichkeit zur Stellungnahme ein.

Die mitbeteiligte Gemeinde machte davon Gebrauch und führte im Schreiben vom 31. August 1998 im Wesentlichen aus, die nun offensichtlich vorliegende Krankheit des Kindes stelle eine für die Mutter bedauernswerte Tatsache dar und sei es verständlich, dass sich die namhaft gemachte Tagesmutter außer Stande sehe, die Beaufsichtigung zu übernehmen. Nach Ansicht der Gemeinde könne es in diesem Sonderfall aber keine andere Unterbringungsmöglichkeit als bei der Mutter selber geben, weshalb die Aufnahme einer außerhäuslichen Tätigkeit von Christine F. gar nicht möglich erscheine. Der Mangel einer "geeigneten" Unterbringungsmöglichkeit könne daher in diesem Fall nicht der Gemeinde angelastet werden, weil dieses Kriterium im Spezialfall für eine öffentliche Institution unerfüllbar sei.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 1998 gab die beschwerdeführende Behörde der Berufung der Christine F. Folge und sprach aus, dass die Sondernotstandshilfe ab 30. Juni 1998 bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen im gesetzlichen Ausmaß gebühre; von der Bezirkshauptmannschaft R sei ausgeführt worden, dass ab 30. Juni 1998 keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit für das Kind der Christine F. bestehe.

Mit Schreiben vom 12. November 1998 forderte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die mitbeteiligte Gemeinde zum Kostenersatz gemäß § 2 Abs. 2 Finanzausgleichsgesetz und § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz auf. Für Christine F. sei vom 1. April bis 11. September 1998 Sondernotstandshilfe zuzüglich der Sozialversicherungsbeiträge geleistet worden. Ein Drittel dieser Aufwendungen sei von der mitbeteiligten Gemeinde zu ersetzen.

Da sich die mitbeteiligte Gemeinde gegen die Zahlungsverpflichtung aussprach, erließ die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen entsprechend lautenden Bescheid vom 17. Dezember 1998.

Die mitbeteiligte Gemeinde erhob Berufung. Darin führte sie aus, Christine F. sei zunächst als Ergebnis des ersten Berufungsverfahrens Sondernotstandshilfe nur aus Gründen unzumutbarer Erreichbarkeit der Tagesmutter in Folge Fehlens eines eigenen PKW's gewährt worden. Die nun offensichtlich vorliegende Krankheit des Kindes stelle zwar eine für die Kindesmutter bedauernswerte Tatsache dar und sei es auch verständlich, dass sich die namhaft gemachte Tagesmutter außer Stande sehe, hier die Beaufsichtigung zu übernehmen. Der Mangel einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit könne daher in diesem Falle nicht der Gemeinde Nebelberg angelastet werden, weil dieses Kriterium im Spezialfall für eine öffentliche Institution unerfüllbar sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und sprach aus, dass die mitbeteiligte Gemeinde den Kostenersatz für die Christine F. gewährte Sondernotstandshilfe nicht leisten müsse. In der Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung von Gesetzesvorschriften ausgeführt, für das Kind stünde eine Unterbringungsmöglichkeit in Form einer Tagesmutter grundsätzlich zur Verfügung. Dieses Angebot habe jedoch nicht angenommen werden können, weil sich die Tagesmutter auf Grund des körperlichen Zustandes des Kindes nicht in der Lage gesehen habe, das Kind zu übernehmen. Nach der Bestätigung der Kinderfachärztin vom 20. Juli 1998 leide das Kind an rezidivierenden Infekten. Zusätzlich bestünde eine starke Bindung an die Mutter, wodurch das Kind auch bei anderen Personen jegliche Nahrungsaufnahme verweigere. Weiters erfolge auch zurzeit die Reinlichkeitserziehung, welche sich aber sehr schwierig gestalte, zumal das Kind dazu neige, den Stuhl zurückzuhalten. Die Fachärztin sehe es daher als günstig an, wenn die Mutter noch beim Kind bleiben könne.

Die Beschwerdeführerin habe ausgehend von diesem Sachverhalt zur Kenntnis genommen, dass es für die Tagesmutter unmöglich sei, die Pflege des Kindes in diesem Falle zu übernehmen. Die Beschwerdeführerin vertrete jedoch den Standpunkt, dass eine weitere Unterbringungsmöglichkeit von der mitbeteiligten Gemeinde nicht angeführt worden sei, sodass eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit für das Kind nicht vorgelegen sei.

Nach der Rechtsprechung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1998, 96/08/0095), beziehe sich das Erfordernis der Eignung sowohl auf die Einrichtung als auch auf das Kind. Bei Beurteilung der Eignung für das Kind sei die physische und psychische Konstellation des betreffenden Kindes beachtlich. Auf Grund des in dieser Angelegenheit vorliegenden Sonderfalles "wäre es auch bei Vorliegen alternativer bzw. anderer geeigneter Unterbringungsmöglichkeiten nach Ansicht der Spruchbehörde nicht möglich, diese als zutreffende Argumente heranzuziehen, zumal nicht anzunehmen ist, dass sich das Kind diesbezüglich anders verhalten würde, wie auch nicht angenommen werde, dass bei einer anderen 'geeigneten' Unterbringung der physische und psychische Zustand des Kindes - im Gegensatz zum vorläufigen Verbleib bei der Mutter, eine Änderung nach sich ziehen würde".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es komme nur darauf an, ob eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit vorhanden gewesen sei oder nicht. Aus welchen Gründen von der Gemeinde eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit nicht habe bereitgestellt werden können, sei unerheblich. Die im vorliegenden Fall namhaft gemachte Tagesmutter habe die Betreuung des Kindes tatsächlich nicht übernommen. Es habe somit keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit für das Kind bestanden. Christine F. habe aus diesem Grunde keine Beschäftigung aufnehmen können und sei daher die Notstandshilfe zu gewähren gewesen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gemäß § 6 Abs. 6 vorletzter Satz Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz i.d.F. BGBl. Nr. 297/1995 (Art. XXIII) zulässige Beschwerde erwogen:

Der angefochtene Bescheid gründet sich auf die §§ 2 Abs. 2 und 24 Abs. 4 des Finanzausgleichsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 30/1993 i. d.F. des Strukturanpassungsgesetzes BGBl. Nr. 297/1995 und auf

§ 6 Abs. 6 des Arbeitsmarktpolitikfinanzierungsgesetzes in der oben genannten Fassung i.V.m. § 3 der Sondernotstandshilfeverordnung in der Fassung BGBl. Nr. 361/1995.

§ 2 Abs. 2 Finanzausgleichsgesetz zufolge ersetzen die Gemeinden "dem Bund ein Drittel der Kosten der Sondernotstandshilfe (Leistungsaufwand inklusive Sozialversicherungsbeitrag) gemäß § 39 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ... jener Bezieher, die ihren Wohnsitz in der jeweiligen Gemeinde haben". In den Materialien zu dieser Bestimmung ist festgehalten, dass die Beteiligung der Gemeinden an den Kosten der Sondernotstandshilfe eine Verbindung zu deren Vorsorge für bedarfsorientierte Kinderbetreuungseinrichtungen bringt (134 BlgNR XIX. Gp, 87).

Gemäß § 39 Abs. 1 AlVG haben Mütter oder Väter "Anspruch auf Sondernotstandshilfe bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, wenn

"...

2. sie wegen Betreuung ihres Kindes ... keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht."

Nach dem ersten Satz des am 1. Mai 1995 in Kraft getretenen § 6 Abs. 6 AMPFG haben die Gemeinden "ein Drittel der Ausgaben für die Sondernotstandshilfe (Leistungsaufwand inklusive Sozialversicherungsbeitrag), die an Mütter und Väter in der jeweiligen Gemeinde ausbezahlt wird, zu tragen". Für die Abrechnung sind zwei Stichtage pro Jahr festzulegen (das sind gemäß § 3 der Sondernotstandshilfeverordnung der 31. März und der 30. September). "Wird die Vorschreibung von der Gemeinde bestritten, hat die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Bescheid zu erlassen. Gegen diesen Bescheid kann die Gemeinde Berufung an den Landeshauptmann erheben".

Die näheren Regelungen über die Abwicklung der Vorschreibung und Überweisung sind in der Sondernotstandshilfeverordnung geregelt. Im § 1 dieser Verordnung ist der im § 39 Abs. 1 AlVG enthaltene unbestimmte Gesetzesbegriff "Unterbringungsmöglichkeit für das Kind" näher determiniert. Im § 2 der Verordnung ist die Mitwirkung der Gemeinde geregelt. § 3 der Verordnung regelt die Abrechnung des durch die Gemeinde zu entrichtenden Betragsanteils.

Zu dieser Rechtslage (vgl. zur Darstellung der Rechtsentwicklung das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1997, 96/08/0288, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird) haben der Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, B 2603/96) und der Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 11. Februar 1997, 97/08/0014) entschieden, dass es sich bei der Bestimmung des § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz um die Ausführung einer finanzausgleichsrechtlichen Regelung und damit um eine Regelung zur Verteilung der Lasten handelt, deren Wesen es ausschließt, dass bei der Berechnung des Kostenbeitrags der Rechtsgrund jeder einzelnen Leistung neu aufgerollt wird.

Mit der am 14. August 1997 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Änderung des § 6 Abs. 6 sechster Satz Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz durch die Novelle BGBl. I Nr. 93/1997 hat der Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet, die Gemeinde könne in der Berufung an den Landeshauptmann "auch die mangelnde Voraussetzung für die Gewährung der Sondernotstandshilfe wegen Vorliegens einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit für das Kind geltend machen". Diese neue Formulierung soll es der zum Kostenersatz herangezogenen Gemeinde ermöglichen, sich im Verfahren über den Kostenersatz auf die Rechtswidrigkeit der Zuerkennung der Leistung zu berufen. Damit sollte nach der Begründung des Initiativantrages (siehe dazu den Ausschussbericht, 808 BlgNR 20. Gp) "ein faires Verfahren sichergestellt werden". Diese Neuregelung durchbricht somit das in der bisherigen Rechtsprechung dargelegte finanzausgleichsrechtliche Prinzip der Kostentragung nach Maßgabe des tatsächlichen Aufwandes zu Gunsten des Prinzips der Kostentragung nur des rechtmäßig gemachten Aufwandes, wobei die Rechtmäßigkeit nur unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit geltend gemacht werden kann. Auf Grund dieser Gesetzeslage kann die betreffende Gemeinde somit den Kostenersatz abwenden, wenn ihr Einwand, die Zuerkennung der Sondernotstandshilfe hätte unterbleiben müssen, Erfolg hat. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde jedoch die Rechtmäßigkeit der Gewährung der Sondernotstandshilfe nicht in Streit gezogen, die mitbeteiligte Partei hatte auch lediglich geltend gemacht, im konkreten Fall könne ihr der Mangel einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit nicht angelastet werden. Der Gesetzgeber hat aber - wie die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde zu übersehen scheinen - die Kostentragungspflicht der Gemeinde nicht auch für den Fall aufgehoben, dass die Gemeinde die Leistung der Sondernotstandshilfe "nicht zu vertreten hat", sondern nur für den Fall, dass die Zuerkennung unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit nicht rechtmäßig erfolgt ist, m.a.W. der von der Gemeinde (mit)zutragende Aufwand rechtens hätte unterbleiben müssen. Davon kann aber vorliegendenfalls keine Rede sein.

Dadurch, dass die belangte Behörde ausgehend von der Feststellung, dass keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit bestanden hat, die Kostenersatzpflicht der Gemeinde verneinte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Bei der vorliegenden Beschwerde handelt es sich um eine sogenannte Amtsbeschwerde im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG. Die Abweisung des Kostenbegehrens der beschwerdeführenden Behörde gründet sich auf § 47 Abs. 4 VwGG.

Wien, am 21. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999080058.X00

Im RIS seit

02.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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