TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/21 97/08/0166

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Veröffentlicht am 21.11.2001
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Index

68/01 Behinderteneinstellung;

Norm

BEinstG §2 Abs1;
BEinstG §3 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Georg Kahlig, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Siebensterngasse 42, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. März 1997, Zl. MA 15-II-BEG 171/96, betreffend Feststellung nach § 2 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. September 1996 wies das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Wien, Niederösterreich, Burgenland, den Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Jänner 1996 auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigen Behinderten gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 und 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz mit der Begründung ab, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers nach den Ergebnissen eines ärztlichen Sacherständigengutachtens 50 v.H. nicht erreiche.

In seiner als Einspruch bezeichneten Berufung gegen diesen Bescheid wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass seine Subhämophilie A-Erkrankung schwerste Beeinträchtigungen mit sich führe, wie zum Beispiel Gelenksblutungen, innere Blutungen, "höchste Verletzungsgefahr" (gemeint wohl: erhöhte Blutungsgefahr im Falle von Verletzungen), weshalb er keine handwerklichen oder stehenden Berufe ausüben könne. Diese Krankheit wirke sich auch auf sein Wirbelsäulenleiden aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Grades der Behinderung von 30 % nicht den in § 2 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz genannten begünstigen Behinderten zuzuzählen sei. Das einen Bestandteil der Begründung des angefochtenen Bescheides bildende Gutachten der amtsärztlichen Untersuchungsstelle der Magistratsabteilung 15 vom 19. Dezember 1996 führt dazu aus:

"Einschätzung d. GdB nach § 7 KOVG:

  

1. Verletzung des Ramus dorsalis des

g.Z. V/i/473

25 v.H.

Nervus ulnaris mit sensomotorischem

 

(= 30 v.H.)

Defizit (Gegenarm)

  

Die Fehlhaltung und muskuläre Dysbalance an der WS bei sonst funktionell und röntgenolog. unauff. Befund ergibt keinen GdB.

Ebenso kann d. bekannte Subhämophilie A-Erkrankung gem. § 7 KOVG nicht eingeschätzt werden, da hier nur Blutgerinnungsstörungen mit Neigung zu spontanen Blutungen, was bei der bei Herrn K. vorliegenden Erkrankung nicht der Fall ist, berücksichtigt werden können.

GUTACHTEN: Der führende Wert der Position 1 mit 30 v.H.

bleibt der einzige anzuführende Wert.

     Der Gesamt-GdB beträgt somit 30 v.H. und ist ab

Antragstellung anzunehmen."

     Die belangte Behörde begründete die Abweisung des

Feststellungsantrags des Beschwerdeführers damit, dass der in § 2 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz geforderte Mindestgrad der Behinderung von 50 % nicht erreicht werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hebt hervor, dass seine vererbte Subhämophilie A-Erkrankung - neben nachteiligen Einflüssen auf sein Wirbelsäulenleiden - schwerste Beeinträchtigungen (innere Blutungen auf Grund von Verletzungen) zur Folge habe. Dies verwehre es dem Beschwerdeführer, handwerkliche oder stehende Berufe auszuüben. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, weitere Erhebungen im Sinne des § 3 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz dahingehend anzustellen, ob diese Gesundheitsschädigungen im Zusammenhang mit der "Verletzung des Gegenarmes" eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung bewirke. Die belangte Behörde habe lediglich das Gutachten der Erstinstanz übernommen, obwohl auch dort weder Befund noch Gutachten über diese Erkrankung erstellt worden sei. Inwieweit diese Erkrankung eine Funktionsbeeinträchtigung im Sinne des § 3 Behinderteneinstellungsgesetz bewirke, sei nicht festgestellt worden.

Das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Gutachten sei insofern nicht nachvollziehbar, als nicht angegeben worden sei, warum lediglich (hier nicht vorliegende) Blutgerinnungsstörungen mit Neigung zu spontanen Blutungen (für den Grad der Behinderung) berücksichtigt werden könnten. Es fehle eine Stellungnahme darüber, ob nicht auch "Blutgerinnungsstörungen mit Neigung zu spontanen inneren Blutungen eingeschätzt werden könnten."

Gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz BEinstG sind begünstige Behinderte im Sinne dieses Gesetzes österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H.

Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. sind für diese Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, das Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Die Beschwerde wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Die von dieser herangezogenen ärztlichen Stellungnahmen enthalten Befund und Gutachten. Sie sind auch schlüssig und nachvollziehbar.

Bereits aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien vom 22. Februar 1996 geht hervor, dass infolge des angeborenen Gerinnungsdefektes schon "nach kleinen Traumen und auch nach Operationen" eine erhöhte Blutungsneigung bestehe. Die Arbeitsfähigkeit sei durch diese Erkrankung nicht eingeschränkt, allerdings seien berufliche Tätigkeiten, bei denen erhöhte Verletzungsgefahr bestehe, dem Beschwerdeführer nicht zumutbar. Dieser Befund wird durch die Stellungnahme des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien vom 21. August 1996 dahin ergänzt, dass es sich um eine leichte Form einer Bluterkrankheit handle, bei der es zu keinen spontanen Blutungen komme.

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 29. Mai/16. Juli 1996 hält fest, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Subhämophilie A-Erkrankung unter regelmäßiger Kontrolle stehe und medikamentöse Therapie nicht erforderlich sei. Bei Verletzungen bestehe eine erhöhte Blutungsneigung, weshalb (in einem solchen Fall) umgehend ein Krankenhaus aufgesucht werden sollte. Aus dieser Gesundheitsbeeinträchtigung ergebe sich kein (zusätzlicher) Grad der Behinderung.

Das oben wiedergegebene Gutachten der Magistratsabteilung 15 vom 19. Dezember 1996 gelangt zu dem Ergebnis, dieses Leiden des Beschwerdeführers könne "nicht eingeschätzt werden, da hier nur Blutgerinnungsstörungen mit Neigung zu spontanen Blutungen berücksichtigt werden könnten". Damit wurde zum Ausdruck gebracht, dass die festgestellte Gesundheitsbeeinträchtigung nach Nr. 411 und 412 der zu § 7 KOVG ergangenen Verordnung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150, nicht zu einer Erhöhung des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers führt. Die darin enthaltene Feststellung, dass beim Beschwerdeführer keine Blutgerinnungsstörung mit Neigung zu spontanen Blutungen vorliege, beruht in Anbetracht der dargestellten ärztlichen Stellungnahmen auf einer schlüssigen Beweiswürdigung. Der Beschwerdeführer, dem dieses Gutachten von der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht wurde, trat diesem in seiner Eingabe vom 7. März 1997 lediglich mit dem Argument entgegen, dass er nicht verstehe, warum man ihm als österreichischem Staatsbürger solche Steine in den Weg lege. Auch die Beschwerde zeigt nicht auf, wie sich aus dem bloßen Umstand, dass der Beschwerdeführer nach Bagatelltraumen zu Hämatomen neige, ein (zusätzlicher) Grad der Behinderung ergeben soll.

Die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zum Kreis der begünstigen Behinderten wurde daher zu Recht verneint.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997080166.X00

Im RIS seit

21.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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