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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des letzten Satzes des §118 Abs9 Nö BauO mit E v 09.12.98, G134/98.Spruch
Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Niederösterreich ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit ATS 19.500,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Langenzersdorf wurde der Kosmos WarenhandelsgmbH die Bewilligung zur Errichtung eines Zu- und Umbaus eines Baumarktes erteilt. Die von den Anrainern erhobene Berufung wurde vom Gemeinderat abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die niederösterreichischen Landesregierung die von den Anrainern erhobene Vorstellung ab und verwies in der Begründung auf den letzten Satz des §118 Abs9 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 idF LGBl. 8200-14, wonach subjektiv-öffentliche Rechte des Anrainers bei Bauvorhaben, die außer der baubehördlichen auch einer gewerbebehördlichen Bewilligung bedürfen, nur durch die Bestimmung gemäß Z4 begründet werden. Die den Parteien eingeräumten prozessualen Rechte könnten nicht weiterreichen als die ihnen durch Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte, weshalb die Vorstellungswerber nicht mit Erfolg rügen könnten, dass die zur Frage der Beeinträchtigung von Immisssionen eingeholten Berichte, Gutachten und Stellungnahmen mangelhaft seien.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde der Anrainer, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (des §118 Abs9 letzter Satz NÖ BauO 1976) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die Niederösterreichische Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
4. Mit amtswegigem Beschluss vom 16. Juni 1998, B1364/96 leitete der Verfassungsgerichtshof das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des letzten Satzes des §118 Abs9 Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 idF LGBl. 8200-14, ein. Mit Erkenntnis vom 9.12.1998, G134/98 hob der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.
II.1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren
(VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G134/98 begann am 9. Dezember 1998. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 6. September 1996 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Verfahren zu G134/98 schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B2831.1996Dokumentnummer
JFT_10018784_96B02831_00