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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
KFG 1967 §103 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der AO in Berlin, vertreten durch Dr. Karl Schirl, Rechtsanwalt in Wien I, Krugerstraße 17/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 9. Juni 1998, Zl. Senat-BN-97-444, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juni 1998 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie sei am 19. Oktober 1997 um 19.05 Uhr im Ortsgebiet von Ebreichsdorf, Wiener Neustädterstraße, Höhe Haus Nr. 11, Richtung Eisenstadt, mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im Ortsgebiet schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 20 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Was zunächst die von der Beschwerdeführerin behauptete Verfolgungsverjährung anlangt, weil der Tatort in der insoweit rechtzeitigen Strafverfügung mit "Nr. 11", im Straferkenntnis allerdings dann mit "Höhe Haus Nr. 11" bezeichnet worden sei, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dem nicht zu folgen, handelt es sich dabei doch um eine im Hinblick auf die in Rede stehende Verwaltungsübertretung unwesentliche Änderung der Tatortumschreibung (vgl. zu den diesbezüglichen Rechtsschutzüberlegungen das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11 894/A).
Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, am Ortsbeginn sei eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h angegeben gewesen. Diese "Geschwindigkeitsobergrenze" sei im Verlaufe der Straße durch keine weitere Verkehrstafel, die ordnungsgemäß aufgestellt sei, aufgehoben worden. Die Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung und die damit verbundene Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h sei ausschließlich auf der linken Straßenseite kundgemacht gewesen. Wenn die belangte Behörde vermeine, dass die Aufhebung der höchstzulässigen Geschwindigkeit auch "nur" auf der linken Straßenseite angebracht werden könne, so sei dies rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin verweist in der Folge auf die Bestimmung des § 48 Abs. 2 sowie des § 52(a) Z. 10b StVO.
Sachverhaltsmäßig ist zunächst festzustellen, dass auch die Beschwerdeführerin nicht konkret behauptet, dass das Verkehrszeichen "Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung" im Sinne der letztzitierten Vorschrift zum Tatzeitpunkt nicht auf der Rückseite des für die Gegenrichtung befindlichen Zeichens angebracht gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher in der Folge davon aus, dass dieses Zeichen zum Tatzeitpunkt angebracht war.
§ 48 Abs. 2 (erster und zweiter Satz) StVO lauten:
"Die Straßenverkehrszeichen sind auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Die zusätzliche Anbringung an anderen Stellen ist zulässig."
Der Text unter der Abbildung des mit "Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung" überschriebenen § 52(a) Z. 10b StVO lautet:
"Dieses Zeichen zeigt das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung an. Es ist nach jedem Zeichen gemäß Z. 10a anzubringen und kann auch auf der Rückseite des für die Gegenrichtung geltenden Zeichens angebracht werden."
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem zweiten Satz dieses soeben zitierten Textes nicht, dass dieses Zeichen jedenfalls "auch" im Sinne des § 48 Abs. 2 erster Satz StVO auf der rechten Straßenseite anzubringen ist. Vielmehr teilt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht von Messiner (in:
Straßenverkehrsordnung in der Fassung der 20. StVO-Novelle,
10. Auflage, S. 923, FN 19 zu § 52 StVO), wonach dieses Verkehrszeichen auch "nur" auf der linken Straßenseite - auf der Rückseite des für die Gegenrichtung geltenden Zeichens - angebracht werden kann: Abgesehen davon, dass sich eben diesbezüglich "anderes" (§ 48 Abs. 2 erster Satz StVO) ergibt, wäre bei einer anderen Auslegung die zitierte Wendung im § 52(a)
Z. 10b StVO überflüssig, weil sich die Zulässigkeit der zusätzlichen Anbringung bereits aus § 48 Abs. 2 zweiter Satz StVO ergibt. Überflüssige bzw. inhaltsleere Aussagen sind aber dem Gesetzgeber im Zweifel nicht zu unterstellen (vgl. die bei Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 106, zitierte Vorjudikatur). In welchem Fall das Zeichen nach § 52(a)
Z. 10b StVO allerdings "nur" auf der linken Straßenseite (und nicht auch auf der rechten oder oberhalb der Fahrbahn) angebracht werden "kann", wird sich aus dem Schutzzweck der StVO - der Verkehrssicherheit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 93/03/0266) - ergeben. Damit ist aber auch den "teleologischen" Überlegungen der Beschwerdeführerin der Boden entzogen.
Was das von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte "Beweisverwertungsverbot" anlangt, weil der "Auftrag zur Erteilung einer Lenkerauskunft" an sie in Deutschland gerichtet worden sei, so verkennt sie gleichfalls die Rechtslage: Die Berücksichtigung von Beweismitteln, die allenfalls auf gesetzwidrige Weise gewonnen wurden, ist nach ständiger hg. Rechtsprechung nämlich nur dann unzulässig, wenn das Gesetz dies entweder anordnet oder wenn die Verwertung des betreffenden Beweisergebnisses dem Zweck des durch seine Gewinnung verletzten Verbotes widerspräche (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zlen. 98/03/0057, 0058). Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall jedoch nicht zu. Im Übrigen sei im Zusammenhang mit einer Lenkeranfrage nach § 103 Abs. 2 KFG in Verbindung mit dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten "Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen", BGBl. Nr. 526/1990, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 97/02/0220, verwiesen. Schließlich dürfte der Beschwerdeführerin - die auf ein nicht näher zitiertes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juni 1984 verweist und davon eine Verfassungswidrigkeit der Lenkeranfrage ableitet -, abgesehen vom nicht gegebenen Beweisverwertungsverbot (vgl. oben), entgangen sein, dass § 103 Abs. 2 letzter Satz KFG ("Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.") entsprechend der 10. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 106/1986, eine Verfassungsbestimmung darstellt.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. November 2001
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998020292.X00Im RIS seit
19.02.2002Zuletzt aktualisiert am
08.07.2016