Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des am 10. September 1965 geborenen MR in R, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. März 2001, Zl. 310.403/2-III/11/00, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 2. Dezember 1999 auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.
Die belangte Behörde stellte als entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest, dem Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch eine Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unselbstständige Erwerbstätigkeit" mit einer Gültigkeitsdauer vom 28. November 1996 bis 28. November 1998 erteilt worden. Der Beschwerdeführer sei im April 1997 nach dem Tod seines Vaters gemeinsam mit seiner Familie nach Jugoslawien zur Regelung der Verlassenschaft und Unterstützung seiner Mutter zurückgekehrt. Er sei Anfang November 1999 mit einem Visum C, ausgestellt am 12. Oktober 1999 von der griechischen Botschaft in Belgrad, gültig vom 17. Oktober 1999 bis 6. April 2000, neuerlich in das Bundesgebiet eingereist und habe am 2. Dezember 1999 durch seinen Rechtsvertreter auf dem Postweg einen Antrag auf Verlängerung der Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit gestellt. Als Wohnsitz habe er eine näher angegebene Adresse in R. genannt, anlässlich einer Unterkunftsüberprüfung sei die Anwesenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet festgestellt worden. Dieser habe auch nicht bestritten, im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufhältig gewesen zu sein.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass die Behörde von einem Neuzuzug auszugehen habe, weil die neuerliche Einreise des Beschwerdeführers nach einem mehr als zweieinhalbjährigen Aufenthalt in Jugoslawien erfolgt sei; der gegenständliche Antrag sei daher als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten. Aus der Aktenlage gehe auch eindeutig hervor, dass der beantragte Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden solle. Der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 sei verwirklicht.
Bei Erstanträgen sei darüber hinaus § 14 Abs. 2 FrG 1997 zu beachten. Der Beschwerdeführer habe sich nach der Aktenlage und seinen eigenen Ausführungen eindeutig im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus vor der Einreise nicht erfüllt. Der Erfolgsvoraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 sei ebenfalls nicht Genüge getan worden. Dies habe die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers zur Folge. Eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien könne entfallen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
§ 10 Abs. 1 Z. 2, § 14 Abs. 2 und § 23 Abs. 1 FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn
...
2. der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll;
§ 14. ...
(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; ...
§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des zweiten Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit dem selben Zweckumfang zu erteilen."
Der Beschwerdeführer bestreitet die entscheidungswesentlichen Feststellungen der belangten Behörde nicht. Demnach verfügte er zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung bis zum 28. November 1998, reiste gemeinsam mit seiner Familie (freiwillig) im April 1997 nach Jugoslawien, wo er bis zum November 1999, sohin zweieinhalb Jahre lang, verblieb.
Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe dadurch seine dauernde Niederlassung in Österreich aufgegeben, trifft im Ergebnis zu. Der Beschwerdeführer nannte als Grund für die Ausreise den Todesfall seines Vaters und die Regelung der Verlassenschaft; als Grund für die Dauer seines Aufenthaltes in Jugoslawien brachte er vor, er habe seine erkrankte Mutter betreuen, einen Altersheimplatz für diese suchen müssen und sei auf Grund der Kriegsführung Jugoslawiens zur "Kriegsreserve" eingezogen worden, wodurch sich ein Ausreiseverbot aus Jugoslawien für ihn ergeben habe. In der Berufung führt er weiters an, er sei "gewisse Zeit" krank gewesen, sodass sich seine Rückkehr nach Österreich verzögert habe.
Soweit der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen zum Ausdruck bringen möchte, er habe über die gesamte Zeit hinweg zwar nicht die faktische Niederlassung im Bundesgebiet, aber zumindest den Niederlassungswillen aufrecht erhalten, führt dieser Einwand nicht zum Ziel. Im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Rechtsauffassung reicht die Aufrechterhaltung des bloßen Niederlassungswillens (ohne tatsächliche Aufrechterhaltung der Niederlassung) nämlich nicht aus, um im Sinne des § 23 Abs. 1 FrG 1997 davon sprechen zu können, dass der Fremde auf Dauer niedergelassen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 1999, Zl. 99/19/0197). Eine weitere Niederlassungsbewilligung wäre nach § 23 Abs. 1 FrG 1997 für den Beschwerdeführer daher nur dann auszustellen gewesen, wenn er nach Ablauf der Geltungsdauer der ihm zuletzt erteilten Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen geblieben wäre. Davon kann angesichts des über zwei Jahre andauernden Aufenthaltes des Beschwerdeführers mit seiner Familie in Jugoslawien aber nicht gesprochen werden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 24. November 2000, Zl. 98/19/02429), zumal - vor dem Hintergrund einer nach der Rückkehr aus Jugoslawien erfolgten Wohnungsnahme an einer anderen Adresse - auch keine Hinweise darauf bestehen, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig eine inländische Wohnung aufrecht erhalten hat (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 23. März 1998, Zl. 98/19/0195). Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass im Fall des Beschwerdeführers ein Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung vorliege.
Da sich der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Inland aufgehalten hat, ist dem § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 vorliegendenfalls nicht Genüge getan. Dieser Umstand bildet einen Versagungsgrund (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 98/19/0230). Sein Vorliegen hat die Abweisung des Antrages zur Folge. Eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 unter Bedachtnahme auf die in § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien kam auf Grund des vorliegenden, entgegen § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 gestellten Antrages nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1999, Zl. 99/19/0097).
Aber auch der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 wurde von der belangten Behörde zu Recht herangezogen. Nach den unbestrittenen Bescheidfeststellungen ist der Beschwerdeführer nach einem zweieinhalbjährigen Aufenthalt in Jugoslawien auf Grundlage eines Visums C im November 1999 nach Österreich zurückgekehrt und hat am 2. Dezember 1999 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt. Nach seiner Einreise hat er das Bundesgebiet nicht mehr verlassen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, ist für die Beurteilung der Frage, ob der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 vorliegt, ausschließlich maßgeblich, dass sich der Fremde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Anschluss an eine mit einem Reisevisum erfolgten Einreise im Bundesgebiet aufhält. Dass dies hier der Fall war, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 gestützten Entscheidung aber eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Verhältnisse des Fremden im Sinne des Art. 8 MRK - im Hinblick auf die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründe - nicht geboten (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999).
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die "neue Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 19 FrG" unter Zitierung des hg. Erkenntnisses vom 14. Dezember 2000, Zl. 96/21/1076, und die Ansicht, es ergebe sich daraus eine andere rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles, ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil sich der Verwaltungsgerichtshof im dortigen Erkenntnis mit der Rechtslage des Fremdengesetzes 1992, und zwar mit einer nach § 17 FrG 1992 erfolgten Ausweisung einer türkischen Staatsbürgerin - wobei § 19 FrG 1992 (Schutz- des Privat- und Familienlebens) zu beachten war -, auseinander zu setzen hatte. Für den gegenständlichen Fall ist daraus nichts zu gewinnen.
Insofern die belangte Behörde die Abweisung des Antrages auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 stützte, erweist sich der Bescheid als rechtmäßig, sodass die Beschwerde auch aus diesem Grunde als unbegründet abzuweisen war.
Abschließend ist zu bemerken, dass es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - entgegen den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen - keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellt, von einem Fremden, der nicht mehr im Bundesgebiet niedergelassen ist, eine Antragstellung auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung und ein Abwarten der Entscheidung vom Ausland aus zu verlangen. Die vorliegende Entscheidung sagt zudem nichts darüber aus, ob dem Beschwerdeführer bei einer den Vorschriften des § 14 Abs. 2 FrG entsprechenden Antragstellung eine Erstniederlassungsbewilligung zu erteilen wäre oder nicht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 VwGG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. November 2001
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001190025.X00Im RIS seit
29.01.2002