TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/27 2001/18/0068

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Veröffentlicht am 27.11.2001
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E05204020;
E6J;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public;
61977CJ0030 Bouchereau VORAB;
EURallg;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §48 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des P E, geboren am 16. Juli 1968, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. Februar 2001, Zl. SD 643/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. Februar 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen griechischen Staatsangehörigen, gemäß § 48 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 1. Dezember 1995 in das Bundesgebiet eingereist. Nach Vorlage einer Gehaltsbestätigung sei ihm ein EWR-Lichtbildausweis, gültig von 29. April 1996 bis 29. April 2001, ausgestellt worden.

Der Beschwerdeführer sei am 18. Dezember 1998 wegen des Vergehens der fahrlässigen (schweren) Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und Abs. 4 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden.

Am 6. Juli 2000 sei er wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz (im Folgenden: SMG) sowie wegen des Vergehens nach § 27 leg. cit. zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von etwa Mitte Mai 2000 bis 8. Juni 2000 zur Inverkehrsetzung von Suchtgift in einer großen Menge, nämlich zum Verkauf von zumindest 2 kg Haschisch durch unbekannt gebliebene Suchtgiftdealer beigetragen habe. Der Beschwerdeführer habe neben seiner Tätigkeit als Kellner in einem Lokal "Aufpasserdienste" für Suchtgiftverkäufe geleistet, die in einem Hinterzimmer des Lokals durchgeführt worden seien. Aufgabe des Beschwerdeführers sei es gewesen, die versperrte Tür zu diesem Hinterzimmer zu öffnen, wenn Haschischankäufer bzw. -verkäufer Einlass begehrt hätten. Zu diesem Zweck habe der Beschwerdeführer einen von zwei unter der Theke montierten Schaltern, der die Verriegelung der Hintertür elektronisch gelöst habe, betätigt. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer von den Suchtgiftverkäufern den Auftrag gehabt, sie zu warnen, wenn etwas Verdächtiges vorfalle. Dazu habe der zweite unter der Theke installierte Schalter gedient, mit welchem eine akustische Warnvorrichtung habe betätigt werden können. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer die jeweiligen Erlöse der Suchtgiftgeschäfte "verbunkert". Er habe das Geld in seiner Kellnerbrieftasche verwahrt, um im Fall einer Verhaftung die für Suchtgiftverkäufer typische Stückelung von Banknoten zu S 100,-- und S 50,-- leichter erklären zu können. Für diese Tätigkeit habe der Beschwerdeführer von den jeweiligen Dealern zwischen S 200,-- und S 300,-- erhalten. Überdies habe der Beschwerdeführer im Zeitraum von 1998 bis Juni 2000 (in diesem Monat wurde der Beschwerdeführer nach dem Akteninhalt in Untersuchungshaft genommen) etwa alle zwei Wochen Cannabisprodukte für den Eigenverbrauch käuflich erworben.

Der bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 48 Abs. 1 FrG als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehende Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. sei auf Grund der Verurteilung des Beschwerdeführers erfüllt.

Angesichts des Umstands, dass der Beschwerdeführer zur Inverkehrsetzung von Suchtgift in einer großen Menge beigetragen habe, sei im Hinblick auf die der Suchtgiftkriminalität innewohnenden Wiederholungsgefahr die in § 48 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen im österreichischen Bundesgebiet habe er nicht behauptet. Seine Eltern und ein Bruder lebten seit 30 Jahren in Deutschland. Auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit etwas mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet aufhältig sei und bei mehreren Dienstgebern u.a. als Krankenpfleger beschäftigt gewesen sei, sei das Aufenthaltsverbot mit einem Eingriff in das Privatleben verbunden. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei diese Maßnahme jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte Dritter, Schutz der Gesundheit) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte sich bis zu seiner Verurteilung wohlverhalten und durch sein Geständnis zur Aufklärung der Tat wesentlich beigetragen, sei entgegenzuhalten, dass das der Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten seine Gleichgültigkeit und die von ihm ausgehende Gefahr in Bezug auf das Leben und die Gesundheit anderer sowie seine mangelnde Verbundenheit mit in Österreich rechtlich geschützten Werten zeige. Daran könne auch der Einwand des Beschwerdeführers, die eineinhalb Monate Untersuchungshaft hätten ausgereicht, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, nichts ändern. Das Fehlverhalten liege noch nicht so lange zurück, um auf eine Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr für die genannten öffentlichen Interessen schließen zu können.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zu berücksichtigen, dass die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration in ihrer sozialen Komponente durch die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt werde. Abgesehen davon, dass von § 37 Abs. 2 FrG nur das im Inland geführte Familienleben geschützt werde, würde die Bindung des Beschwerdeführers zu seinen in Deutschland lebenden Eltern und zu seinem Bruder dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer erwachsen sei. Im Übrigen könne der Beschwerdeführer von seinen Angehörigen im Ausland besucht werden. Mit dem Hinweis, das Aufenthaltsverbot habe für sämtliche Schengen-Staaten Gültigkeit, sei für den Beschwerdeführer deshalb nichts zu gewinnen, weil Art. 5 Abs. 1 und 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens (im Folgenden: SDÜ) an die Ausschreibung eines Drittausländers zur Einreiseverweigerung, nicht jedoch an die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes durch einen Mitgliedstaat anknüpfe. Diesen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität und der damit in Verbindung stehenden Begleitkriminalität gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebens- und Berufssituation des Beschwerdeführers, der im Berufungsverfahren einen aktuellen Dienstvertrag vorgelegt habe, und die in Deutschland aufhältige Familie wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

Da sonst keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, könne auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.

Was die Gültigkeitsdauer der Maßnahme betreffe, erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auf zehn Jahre gerechtfertigt. In Anbetracht des gesamten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden, weshalb nicht mit einer kürzeren Gültigkeitsdauer das Auslangen habe gefunden werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 48 Abs. 1 erster Satz FrG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.

Auf Grund der unstrittig feststehenden Verurteilung des Beschwerdeführers vom 6. Juli 2000 kann die Ansicht der belangten Behörde, der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. April 2000, Zl. 99/18/0389) als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehende Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.1. Gegen die Ansicht der belangten Behörde, die in § 48 Abs. 1 erster Satz FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, wendet der Beschwerdeführer ein, dass zur Konkretisierung dieser Bestimmung die Richtlinie 64/221/EWG heranzuziehen sei. Danach dürfe bei Maßnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausschließlich das persönliche Verhalten der jeweiligen Einzelperson ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein könnten solche Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Der Europäische Gerichtshof habe am 27. Oktober 1977 im Fall Bouchereau ausgesprochen, dass die Beschränkung der Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung voraussetze, dass außer der Störung der öffentlichen Ordnung, die jede Gesetzesverletzung darstelle, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliege, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 48 Abs. 1 FrG sei daher nicht nur auf die Verurteilung, sondern auf das Gesamtfehlverhalten abzustellen. Der Beschwerdeführer habe an der Straftat nur in untergeordneter Rolle teilgenommen. Er habe nicht selbst Suchtgift verkauft, sondern lediglich "Aufpasserdienste" verrichtet. Dieses Fehlverhalten sei überdies einmalig und stehe in Widerspruch zum sonstigen Lebenswandel des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer habe durch sein Geständnis wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen. Während der Untersuchungshaft habe er erstmals das "Haftübel" verspürt; das Unrecht seiner Tat habe er längst eingesehen. Das Strafgericht, das die Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen habe, habe bereits eine günstige Prognose erstellt.

2.2. Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie des Rates vom 25. Februar 1964, 64/221/EWG, lautet:

"(1) Bei Maßnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit darf ausschließlich das persönliche Verhalten der in Betracht kommenden Einzelpersonen ausschlaggebend sein.

(2) Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne weiteres diese Maßnahmen nicht begründen."

In dem in der Beschwerde zitierten Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache 30/77, Bouchereau, Slg. 1977, 1999 ff, hat dieser Gerichtshof ausgesprochen (Leitsatz 4.), dass "die Berufung einer nationalen Behörde auf den Begriff der öffentlichen Ordnung ..., wenn er gewisse Beschränkungen der Freizügigkeit von dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen rechtfertigen soll, jedenfalls voraus(setzt), dass außer der Störung der öffentlichen Ordnung, die jede Gesetzesverletzung darstellt, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt".

Die belangte Behörde hat zur Begründung ihrer Ansicht, die in § 48 Abs. 1 erster Satz FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, nicht nur die Tatsache der Verurteilung des Beschwerdeführers, sondern die aus dem zu Grunde liegenden Fehlverhalten resultierende Gefahr der Begehung weiterer derartiger strafbarer Handlungen herangezogen. Der Beschwerdeführer hat dazu beigetragen, dass eine "große Menge" Suchtgift in Verkehr gesetzt wird. Er hat also das Delikt in Bezug auf eine Suchtgiftmenge begangen, die geeignet ist, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 6 SMG). Zweifellos wird durch die Begehung eines derartigen Suchtgiftdelikts "eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung" bewirkt, die "ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt". Der Tatbeitrag des Beschwerdeführers, der selbst seit etwa zwei Jahren Suchtgiftkonsument war, bestand darin, dass er jeweils die Tür zu dem Raum, in dem die Suchtgiftgeschäfte abgewickelt wurden, öffnete und schloss, Aufpasserdienste leistete und den Erlös der Suchtgiftverkäufe zur Tarnung in seiner Kellnerbrieftasche verwahrt hat. Er bediente sich dazu einer Sperr- und einer Warneinrichtung, die jeweils durch einen versteckten Knopf zu bedienen waren. Dabei handelt es sich um eine professionelle Vorgangsweise, die das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität in gravierender Weise beeinträchtigt. Dieses strafbare Verhalten hat der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von etwa einem Monat aufrechterhalten. Auch unter Berücksichtigung der Umstände, dass der Beschwerdeführer selbst nicht - unmittelbar - als Suchtgiftverkäufer aufgetreten ist, er seine Tat gestanden und bereut sowie erstmals das "Haftübel" verspürt hat, kann die Ansicht der belangten Behörde, die in § 48 Abs. 1 erster Satz FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Zu Recht hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten besonders groß ist (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 98/18/0250).

Die Frage des Gerechtfertigtseins eines Aufenthaltsverbotes hat die Fremdenpolizeibehörde unabhängig von den die Strafbemessung und die bedingte Nachsicht der Strafe begründenden Erwägungen des Gerichts ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen (vgl. auch dazu etwa das hg. Erkenntnis Zl. 98/18/0250).

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers, der sich unstrittig seit 1. Dezember 1995, also seit fünf Jahren und zweieinhalb Monaten, im Bundesgebiet aufhält, berücksichtigt. Weiters hat sie ihm seine Berufstätigkeit zu Gute gehalten. Auf Grund der noch nicht langen Aufenthaltsdauer und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer im Inland unstrittig keine familiären Bindungen hat, kommt seinen persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet kein großes Gewicht zu. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, dass er vor seiner Einreise nach Österreich 18 Jahre in Deutschland gelebt habe und sich dort seine Eltern bereits mehr als 30 Jahre sowie sein Bruder aufhielten, ist ihm zu entgegnen, dass dadurch seine persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich nicht verstärkt werden, wird es doch mit dem vorliegenden Aufenthaltsverbot dem Beschwerdeführer nicht verwehrt, sich in Deutschland aufzuhalten. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass eine Ausschreibung des Beschwerdeführers im Schengener Informationssystem zur Einreiseverweigerung gemäß Art. 96 SDÜ schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Beschwerdeführer Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft und daher kein Drittausländer im Sinn der in Art. 1 SDÜ enthaltenen Begriffsbestimmungen ist.

Den - wie dargetan nicht stark ausgeprägten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet steht die Gefährdung öffentlicher Interessen durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer an der professionellen Abwicklung von Suchtgiftkriminalität in großem Umfang beteiligt war, bestehen mit Rücksicht auf die hohe Sozialschädlichkeit von Suchtgiftdelikten und die bei diesen Delikten gegebene große Gefahr der Wiederholung keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.).

4. Auch die für das Aufenthaltsverbot festgesetzte Gültigkeitsdauer begegnet keinem Einwand. Ein Aufenthaltsverbot ist - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2001, Zl. 2001/18/0040). Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall die Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes mit zehn Jahren für erforderlich erachtete, so kann dies angesichts der großen Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten nicht als rechtsirrig angesehen werden. Die Beschwerde zeigt keine Umstände auf, die den Schluss zuließen, dass der Zeitpunkt des Wegfalls der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe vor Ablauf dieser Gültigkeitsdauer erwartet werden könne.

5. Schließlich bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von ihrem Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen und von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes abzusehen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit dem übrigen Akteninhalt besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

6. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 2001

Gerichtsentscheidung

EuGH 61977J0030 Bouchereau VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001180068.X00

Im RIS seit

12.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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