TE Vfgh Erkenntnis 1998/12/17 G15/98, V9/98

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Veröffentlicht am 17.12.1998
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Index

L3 Finanzrecht
L3704 Ankündigungsabgabe

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
Wr AnkündigungsabgabeG 1983 §2 Abs5
Wr AnkündigungsabgabeV §2 Abs5
F-VG 1948 §7 Abs5
FAG 1985 §15 Abs3 Z4
FAG 1997 §15 Abs3 Z4

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer Bestimmung der Wr AnkündigungsabgabeV betreffend die Abgabepflicht für Rundfunkwerbung; verfassungskonforme Auslegung im Sinne einer Abgabepflicht nur hinsichtlich des im Gemeindegebiet entstehenden Reklamewertes möglich; zusätzliche Einschränkung der Abgabepflicht auf - von einem Studio in der Gemeinde ausgehende - Ankündigungen finanzverfassungsrechtlich zulässig; Einstellung des Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend Wr AnkündigungsabgabeG 1983 mangels Präjudizialität des Landesgesetzes

Spruch

I. Das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs5 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 19, wird eingestellt.

II. §2 Abs5 des Beschlusses des Wiener Gemeinderats vom 26. April 1985, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21 vom 23. Mai 1985, über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die im gegebenen Zusammenhang in Betracht zu ziehenden Vorschriften des (zuletzt durch die Novelle LGBl. 73/1990 geänderten) Wiener AnkündigungsabgabeG 1983, LGBl. Nr. 19, sowie des (zuletzt durch den - mit 1. Jänner 1995 in Kraft getretenen - Beschluß des Wiener Gemeinderats vom 24. November 1994, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 49, geänderten) Beschlusses des Wiener Gemeinderats vom 26. April 1985 (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21 vom 23. Mai 1985) haben folgenden Wortlaut:

a) Wiener AnkündigungsabgabeG 1983:

"Abgabepflicht

§1. Soweit keine bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß §7 Abs5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, für Abgaben von Ankündigungen vorliegt, wird die Gemeinde ermächtigt, von öffentlichen Ankündigungen innerhalb des Gebietes der Stadt Wien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Abgabe auszuschreiben.

Gegenstand der Abgabepflicht

§2. (1) Als Ankündigungen im Sinne des §1 sind alle Ankündigungen durch Druck, Schrift, Bild oder Ton anzusehen, die an öffentlichen Verkehrsanlagen (Verkehrs- oder Erholungsflächen, Eisenbahnen, Flußläufen u. dgl.) oder in öffentlichen Räumen angebracht, ausgestellt oder vorgenommen, insbesondere auch durch Licht- oder Schallwirkungen oder durch besondere Apparate hervorgebracht werden.

(2) Öffentlich im Sinne dieses Gesetzes sind auch Ankündigungen auf Privatliegenschaften oder in Privaträumen, wenn sie von öffentlichen Verkehrsanlagen aus wahrgenommen werden.

(3) Privaträume sind öffentlichen Räumen gleichzuhalten, wenn sie dem allgemeinen Zutritt offenstehen; hiezu gehören zum Beispiel Gastwirtschaften, Vergnügungslokale, Theater, Ausstellungsräume, Verkaufsläden, Bahnhofsräume, Gartenanlagen u. dgl. Der Umstand, daß solche Räume nur vorübergehend oder nur gegen Entgelt betreten werden können, nimmt ihnen nicht die Eigenschaft eines öffentlichen Raumes im Sinne dieses Gesetzes.

(4) Als öffentliche Räume gelten auch die in Wien verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittel.

(5) Ankündigungen im Sinne des §1 sind ferner alle fremden Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fernsehrundfunk), die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen.

Ausmaß der Abgabe und Bemessungsgrundlage

§4. (1) Die Abgabe beträgt für Ankündigungen, für die ein Entgelt zu leisten ist, 10 v. H. des vereinnahmten Entgeltes unter Ausschluß der Abgabe und der Umsatzsteuer, die nicht zur Bemessungsgrundlage gehören.

...

Rechnungslegung und Entrichtung der Abgabe

§8. (1) Unternehmer, die die Vornahme von Ankündigungen gegen Entgelt besorgen, sind verpflichtet, für jeden Monat bis spätestens zum 10. des darauffolgenden Monates dem Magistrat unaufgefordert eine Abrechnung über alle der Abgabe unterliegenden Entgelte vorzulegen und innerhalb der gleichen Frist die hienach sich ergebende Abgabe an die Stadt Wien einzuzahlen.

..."

b) Gemeinderatsbeschluß vom 26. April 1985 (idF vor dem Gemeinderatsbeschluß vom 24. November 1994):

"Abgabepflicht

§1. Von öffentlichen Ankündigungen innerhalb des Gebiets der Stadt Wien ist eine Abgabe an die Stadt Wien zu entrichten.

Gegenstand der Abgabepflicht

§2. (1) Als Ankündigungen im Sinne des §1 sind alle Ankündigungen durch Druck, Schrift, Bild oder Ton anzusehen, die an öffentlichen Verkehrsanlagen (Verkehrs- oder Erholungsflächen, Eisenbahnen, Flußläufen und dergleichen) oder in öffentlichen Räumen angebracht, ausgestellt oder vorgenommen, insbesondere auch durch Licht- oder Schallwirkungen oder durch besondere Apparate hervorgebracht werden.

(2) Öffentlich im Sinne dieses Gesetzes sind auch Ankündigungen auf Privatliegenschaften oder in Privaträumen, wenn sie von öffentlichen Verkehrsanlagen aus wahrgenommen werden.

(3) Privaträume sind öffentlichen Räumen gleichzuhalten, wenn sie dem allgemeinen Zutritt offenstehen; hiezu gehören zum Beispiel Gastwirtschaften, Vergnügungslokale, Theater, Ausstellungsräume, Verkaufsläden, Bahnhofsräume, Gartenanlagen und dergleichen. Der Umstand, daß solche Räume nur vorübergehend oder nur gegen Entgelt betreten werden können, nimmt ihnen nicht die Eigenschaft eines öffentlichen Raums im Sinne dieses Gesetzes.

(4) Als öffentliche Räume gelten auch die in Wien verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittel.

(5) Ankündigungen im Sinne des §1 sind ferner alle fremden Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fernsehrundfunk), die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen.

Ausmaß der Abgabe und Bemessungsgrundlage

§4. (1) Die Abgabe beträgt für Ankündigungen, für die ein Entgelt zu leisten ist, 10 v H des vereinnahmten Entgelts unter Ausschluß der Abgabe und der Umsatzsteuer, die nicht zur Bemessungsgrundlage gehören.

...

Rechnungslegung und Entrichtung der Abgabe

§8. (1) Unternehmer, die die Vornahme von Ankündigungen gegen Entgelt besorgen, sind verpflichtet, für jeden Monat bis spätestens zum 10. des darauffolgenden Monats dem Magistrat unaufgefordert eine Abrechnung über alle der Abgabe unterliegenden Entgelte vorzulegen und innerhalb der gleichen Frist die hienach sich ergebende Abgabe an die Stadt Wien einzuzahlen.

..."

2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 8. Oktober 1996 schrieb die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien dem Österreichischen Rundfunk unter Berufung auf Bestimmungen des Gemeinderatsbeschlusses vom 26. April 1985 (im folgenden auch: AnkündigungsabgabeV oder bloß Verordnung) Ankündigungsabgabe für fremde Ankündigungen im Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 1994 (aufgrund der in den Monaten September 1994 bis Jänner 1995 hiefür vereinnahmten Entgelte) in betragsmäßig bestimmter Höhe sowie einen Säumniszuschlag vor. Die Berufungskommission ging bei der Abgabenvorschreibung (u.a.) von folgendem Sachverhalt aus:

"Der Ablauf einer Ankündigung im ORF stellt sich im maßgebenden Bemessungszeitraum wie folgt dar:

Die Hörfunk- und Fernsehprogramme (Filme, Nachrichten, ...) werden in Wien sendebereit zusammengestellt und in Echtzeit über eine Glasfaserstrecke der Post nach St. Pölten übertragen. In den Zeitfenstern für die Werbespots wird die Übertragung unterbrochen.

Die Werbespots werden in Wien von den jeweiligen Auftraggebern übernommen, vom ORF fertig konfektioniert und als Band (Magnetaufzeichnung - MAZ) nach St. Pölten transportiert. Aufgabe der Einrichtungen in St. Pölten ist das zeitsynchrone Einfügen der Werbespots in die dafür von der Gesamtdisposition des Programmablaufs in Wien freigelassenen Zeitfenster. Das nunmehr um die Werbespots ergänzte und damit vollständige Sendeprogramm wird über eine zweite Glasfaserstrecke der Post nach Wien zurückübertragen und dort ohne weitere Bearbeitung in das sternförmige österreichweite Verteilnetz des ORF eingespeist.

Der Detailablauf für die Werbespots beginnt am Standort Wien mit der Entgegennahme der Quellbänder vom Auftraggeber und der Aufnahme der Wünsche des Auftraggebers in ein EDV-gestütztes Verwaltungssystem, mit dessen Hilfe auch die Terminpläne für den Ablauf eines Werbeblocks erstellt werden. In einem weiteren Schritt erfolgt gemäß diesen Terminplänen das Zusammenstellen der Inhalte der Werbespots zu einem abspielbereiten Werbeblock auf Band (Konfektionierung des Werbeblocks). Für die Hörfunkwerbung kann dazu auf ein elektronisches Archiv mit den digital abgespeicherten Spot-Inhalten zugegriffen werden, für die Fernsehwerbung muß das Band auf einem konventionellen Schneideplatz aus den Quellbändern erstellt werden. Inhaltliche Änderungen an den Spots erfolgen nicht. Die fertigen Bänder mit den Werbeblöcken werden für den täglichen Transport per Boten nach St. Pölten bereitgestellt.

Das Einfügen der Werbeblöcke in die freigehaltenen Zeitfenster erfolgt in St. Pölten durch zeitlich synchronisiertes Abspielen der in Wien erstellten Bänder. Dabei wird nicht eine einfache Zuspielung zu einer Schaltstelle in Wien vorgenommen, sondern als letzter Bearbeitungsschritt vor dem Einspielen in das Verteilnetz der aus Wien übertragene Programmablauf um die Werbeblöcke ergänzt. Die zeitliche Synchronität wird durch entsprechenden Auftrag (permanente Sprechverbindung) von der Sendeleitung Wien sichergestellt."

Mit einer im wesentlichen aus dem Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz übernommenen Begründung vertrat die Abgabenberufungskommission die Auffassung, es könne "beim bloßen zeitsynchronen Einfügen der Werbespots in St. Pölten nach der Verkehrsanschauung vom Vorliegen eines Studios in St. Pölten nicht gesprochen werden, da diese Tätigkeit allein keinesfalls typisch für ein Studio angesehen werden kann", und erachtete den Abgabentatbestand des §2 Abs5 der Verordnung als verwirklicht, weil die maßgeblichen Ankündigungen von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nähmen.

Dieser Berufungsbescheid ist Gegenstand der unter B4736/96 eingetragenen, unter Bezugnahme auf Art144 B-VG erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die beschwerdeführende Partei insbesondere geltend macht, daß die Rechtsgrundlagen der Abgabenvorschreibung hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit bzw. Gesetzmäßigkeit bedenklich seien.

II. Aus Anlaß der eben beschriebenen Beschwerdesache faßte der Verfassungsgerichtshof den Beschluß, gemäß Art140 Abs1 B-VG bzw. Art139 Abs1 B-VG Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs5 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 19, sowie der Gesetzmäßigkeit des Beschlusses des Wiener Gemeinderats vom 26. April 1985 (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21 vom 23. Mai 1985) über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien von Amts wegen einzuleiten.

1. Der Gerichtshof ging dabei vorläufig davon aus, daß der meritorischen Beschwerdeerledigung keine Verfahrenshindernisse entgegenstünden sowie daß er bei seiner Entscheidung in der Beschwerdesache §2 Abs5 der Wiener AnkündigungsabgabeV anzuwenden hätte. Er nahm weiters vorläufig an, daß diese Bestimmung ihrerseits auf §2 Abs5 des Wiener AnkündigungsabgabeG 1983 beruht.

2. Von dieser Annahme ausgehend legte der Verfassungsgerichtshof die für die Einleitung des Prüfungsverfahrens maßgebenden Bedenken ob der Verfassungs- bzw. Gesetzmäßigkeit der genannten Rechtsvorschriften wie folgt dar:

"Im Erkenntnis VfSlg. 14269/1995 hat sich der Gerichtshof mit der Besteuerung der Rundfunkwerbung nach Maßgabe des Vorarlberger AnzeigenabgabeG näher auseinandergesetzt und hat im Hinblick auf §14 Abs1 Z12 FAG 1989 (- welcher Gesetzesstelle der im vorliegenden Fall maßgebliche §14 Abs1 Z13 des FAG 1993, BGBl. 30, inhaltlich entspricht -) die Auffassung vertreten, daß die Verbreitung von Werbung und ähnlicher Mitteilungen durch den Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) - von vornherein - als öffentlich zu werten ist, sowie daß der Ausdruck 'Ankündigung' im finanzausgleichsrechtlichen Sinn insbesondere die Verbreitung von Werbung udgl. durch den Rundfunk umfaßt. Unter Bedachtnahme auf historische Vorläufer der Ankündigungsabgabe hat der Gerichtshof in allgemeiner Hinsicht den Standpunkt eingenommen, daß dem für die finanzausgleichsrechtliche Betrachtung maßgeblichen (damaligen) abgabenrechtlichen Begriff 'das Moment der Öffentlichkeit immanent ist, und zwar so, daß es nicht darauf ankommt, ob es sich dabei um das Vorgehen des Ankündigenden (zB das Anschlagen eines Plakates an einem öffentlichen Ort) handelt oder um die beabsichtigte Wirkung der Ankündigung (zB die potentielle Wahrnehmung durch Personen, die vom Ankündigenden nicht individuell bestimmt sind, etwa aufgrund einer sogenannten Postwurfsendung)'. Geht man von dieser Rechtsauffassung aus, so kann, wie der Gerichtshof vorläufig annimmt, in Ansehung der Rundfunkwerbung der Abgabentatbestand wegen des beschriebenen Moments der Öffentlichkeit erst an die Verbreitung der Werbung anknüpfen, was wohl bedeutet, daß nicht - wie die in Prüfung zu ziehenden Rechtsvorschriften anscheinend annehmen - bereits die organisatorische und technische Abwicklung der Werbesendung in einem Studio relevant ist, sondern daß erst dann an die Öffentlichkeit dringende Werbung vorliegt, wenn der den Empfang (im Bereich von Hörfunk oder Fernsehen) ermöglichende (hochfrequente) Funkimpuls einen Sender verlassen hat. Dieses Rechtsverständnis schließt es aber anscheinend aus, die Abgabepflicht gleichsam in einem früheren Stadium festzulegen und dabei an einen Umstand anzuknüpfen, der für das Herantreten an die Öffentlichkeit zwar notwendig ist, aber keineswegs hinreicht."

3. Im eingeleiteten Prüfungsverfahren erstatteten die Wiener Landesregierung und der Gemeinderat der Stadt Wien (gleichlautende) Äußerungen, in denen sie den Standpunkt einnehmen, daß die in Prüfung genommene Verordnungsbestimmung nicht gesetzwidrig sei. Im Hinblick auf die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung bestreiten sie deren Präjudizialität im Beschwerdeverfahren und machen - hilfsweise - für den Fall des Vorliegens dieser Prozeßvoraussetzung die Unbedenklichkeit auch dieser Bestimmung geltend. Im einzelnen führten Landesregierung und Gemeinderat folgendes aus:

"I. Der Verfassungsgerichtshof führt in seinem Prüfbeschluß aus, daß in Ansehung der Rundfunkwerbung der Abgabentatbestand der Ankündigungsabgabe wegen des diesem Begriff immanenten Momentes der Öffentlichkeit erst an die Verbreitung der Werbung anknüpfen kann und folgert daraus, daß dieses Rechtsverständnis ausschließe, die Abgabepflicht gleichsam in einem früheren Stadium festzulegen, und dabei an einen Umstand anzuknüpfen, der für das Herantreten an die Öffentlichkeit zwar notwendig ist, aber keineswegs hinreicht ...

Daß letztendlich vom Abgabentatbestand nur Ankündigungen erfaßt werden, die auch tatsächlich an die Öffentlichkeit dringen, schließt aber ... nicht aus, daß die Abgabevorschriften zur Abgrenzung ihres räumlichen Bedingungsbereiches an Umstände des (gesamten) Ankündigungsvorganges anknüpfen, die vor dem tatsächlichen Akt der Verbreitung liegen. Genau das ist aber Inhalt der in Prüfung gezogenen Wiener Rechtsvorschriften: Nimmt eine Ankündigung von einem in Wien gelegenen Studio ihren Ausgang, unterbleibt aber das Verlassen des Senders der zugehörigen hochfrequenten Funkimpulse aus irgendeinem Grund, so liegt an die Öffentlichkeit dringende Werbung nicht vor und unterliegt dieser Vorgang nicht der Ankündigungsabgabe in Wien. Das Wiener Ankündigungsabgabegesetz 1983 und die Ankündigungsabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates legen daher die Abgabepflicht keineswegs - wie der Verfassungsgerichtshof im Beschluß vom 5. Dezember 1997 vorläufig annimmt - in einem früheren Stadium fest; sie knüpfen nur hinsichtlich der tatsächlich an die Öffentlichkeit dringenden Ankündigungen zwecks räumlicher Zuordnung zum Gebiet der Gemeinde Wien an zeitlich vor dem eigentlichen Akt der Verbreitung liegende Teile des eine Einheit bildenden Ankündigungsvorganges an ...

II. Geht man aber von der ... Auffassung aus, daß die Wiener Ankündigungsabgabevorschriften die Abgabepflicht tatsächlich in einem vor der Verbreitung liegenden Stadium festlegen, so zielen die Ausführungen in der Begründung des Prüfbeschlusses offenbar auf die Frage ab, inwiefern hinsichtlich eines einer Gemeinde ins 'freie Beschlußrecht' übertragenen Steuergegenstandes bei der Auslegung der diesbezüglichen der Ermächtigungsnorm (somit im gegenständlichen Fall des §14 Abs1 Z13 Finanzausgleichsgesetz 1993 - FAG, 'Abgaben von Ankündigungen') der von der Auslegung der bundesverfassungsgesetzlichen Kompetenzverteilungsbestimmungen bekannte Versteinerungsgedanke heranzuziehen ist.

Die Anwendung - dieser im Ergebnis einschränkenden - Auslegungsmethode erscheint im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht zulässig:

Bei den Ermächtigungsnormen des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes (derzeit §§14 und 15 FAG 1997) handelt es sich in erster Linie nicht um Verteilungsnormen hinsichtlich der Regelungskompetenz, sondern vornehmlich um Zuteilungsnormen hinsichtlich der Ertragshoheit. Damit wird u.a. der Zweck verfolgt, den schwächeren Partner im 3-stufigen Finanzausgleich vor dem Stärkeren zu schützen (Schantl/Welan, ÖJZ 1969, 33).

Bei den Finanzausgleichsgesetzen handelt es sich regelmäßig um auf jeweils einige wenige Jahre befristete, wenn auch inhaltlich zumeist in vielen Punkten unverändert fortgeschriebene Bundesgesetze. Ungeachtet dessen findet der Bundesgesetzgeber anläßlich jeder Neuerlassung eines Finanzausgleichsgesetzes eine auf gesetzlicher sowie auf Verordnungsebene dynamisch fortentwickelte Rechtslage vor. Als 'Versteinerungszeitpunkt' käme in bezug auf ein bestimmtes Finanzausgleichsgesetz daher stets nur der Zeitpunkt seiner Erlassung in Betracht. Aber auch die Annahme, daß das FAG 1948 erstmalig eine ganz bestimmte Rechtslage in den einzelnen Ländern bzw. Gemeinden vorgefunden hätte, ist unrichtig. So haben auch schon die früheren Finanz-Verfassungsgesetze - F-VG, also insbesondere das F-VG 1922 und das F-VG 1931 den Gedanken des Steuerverbundsystems verfolgt und wurden darauf fußend Abgabenteilungsgesetze erlassen, in welchen Regelungen die diversen selbständigen Steuerrechte der Länder bzw. Gemeinden ihre Deckung gefunden haben.

Speziell die Ankündigungsabgabe wurde in Wien bereits in einem Gesetz geregelt, das vom 1. Jänner 1922 bis 31. März 1939 in Geltung stand und seine Deckung im F-VG 1922 hatte. Schon dieses F-VG 1922 brachte hinsichtlich des Systems der Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge denselben in Abgabenteilungsgesetzen verwirklichten Grundgedanken zum Ausdruck, der auch im F-VG 1948 enthalten und im Finanzausgleichsgesetz verwirklicht ist (VfSlg. 5859). Dieses System erfuhr auch durch das F-VG 1931, das durch Art1 VerfÜG, St.G.Bl.Nr. 4/1945, wieder in Kraft gesetzt wurde, keine Änderung. 1948 folgten dann die Erlassung des F-VG 1948 sowie des FAG 1948; in der Zwischenzeit waren als Übergangsregelung entsprechende Abgabenvorschriften des deutschen Reichsrechts vorläufig weiter anzuwenden. Es war daher eine Ermächtigung für die Abgabenerhebung der Länder bzw. Gemeinden hinsichtlich der Ankündigungsabgabe jeweils auch vor 1948 gegeben. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, gerade die Rechtslage im Jahr 1948 zu 'versteinern', ist daher nicht ersichtlich. Die Gemeinde hat gemäß Art116 Abs2 B-VG im Rahmen der Finanzverfassung das Recht, ihren Haushalt selbst zu führen und Abgaben auszuschreiben. Dabei sind auch insbesondere die §§7 Abs5 und 8 Abs5 des F-VG 1948 zu beachten. Grundlegend hat der Verfassungsgerichtshof zu diesen Bestimmungen mit Erkenntnis VfSlg. 5359 ausgeführt, daß die Regelung des §7 Abs5 F-VG 1948 den Bundesgesetzgeber, die des §8 Abs5 F-VG 1948 den Landesgesetzgeber, ermächtigt, den Gemeinden das sogenannte 'freie Beschlußrecht' zur Ausschreibung bzw. Erhebung von Abgaben zu gewähren. Damit ist den Gemeinden erlaubt, materielles Steuerrecht zu schaffen. Im Rahmen des freien Beschlußrechtes können die Gemeinden daher durch sogenannte selbständige Verordnungen Steuerquellen erschließen (vgl. z.B. VfSlg. 7227, 10738). Innerhalb der Grenzen dieses Beschlußrechtes sind die Gemeinden an keine Weisungen gebunden, sie sind insoweit autonom. Vom freien Beschlußrecht Gebrauch zu machen heißt also, im Sinne des Art116 Abs2 B-VG 'Abgaben auszuschreiben' (vgl. auch VfSlg. 5559, 3273). Das F-VG 1948 gebraucht daher die Worte 'auszuschreiben' im §7 Abs5 sowie 'erheben' im §8 Abs5 in gleicher Bedeutung, nämlich der Abgabenerhebung. Die Erhebung einer Abgabe bedeutet aber nichts anderes als die Erschließung einer Einnahmequelle für eine bestimmte Gebietskörperschaft durch Einführung einer bestimmten Steuerart für Zwecke der Finanzverwaltung (VfSlg. 3273).

Daraus folgt, daß der Bundesgesetzgeber mit Erklärung der 'Abgaben von Ankündigungen' in den einzelnen Finanzausgleichsgesetzen (so auch in dem zum Zeitpunkt der Erlassung der in Prüfung stehenden Verordnung des Wiener Gemeinderates geltenden FAG 1985) zu ausschließlichen Gemeindeabgaben erklärt und damit uno actu den Gemeinden die Ertragshoheit zuweist. Einfachgesetzliche Regelungen des Bundes auf Grundlage des §7 Abs5 F-VG 1948 räumen den Gemeinden daher direkt - ohne daß hierfür noch ein Akt der Landesgesetzgebung erforderlich wäre - ein freies Beschlußrecht ein. Die Gemeinde kann bereits auf Grund dieser Ermächtigung des Bundesgesetzgebers mittels selbständiger Verordnung eine Abgabe von Ankündigungen ausschreiben. Daraus erfließt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Recht der Gemeinden zur selbständigen Schaffung materiellen Steuerrechts.

Die Zuständigkeit zur inhaltlichen Bestimmung und Regelung des Tatbestandes 'Abgaben von Ankündigungen' fällt daher ausschließlich in die Zuständigkeit der Gemeinde, und damit des Wiener Gemeinderates. Dies auch deshalb, weil der Finanzausgleichsgesetzgeber in den jeweiligen Finanzausgleichsgesetzen die Abgabengegenstände den in §6 F-VG 1948 vorgesehenen Abgabentypen (bloß) zuordnet; die dabei hinsichtlich der Landes- und Gemeindeabgaben gewählte Technik hat der Verfassungsgerichtshof (im Hinblick auf die dem §14 Abs1 FAG 1997 entsprechende Bestimmung des §9 FAG 1953) im Erkenntnis VfSlg. 3033 schlicht als 'Aufzählung' bezeichnet (zum gleichen inhaltlichen Ergebnis gelangt auch Pfaundler, Die Finanzausgleichsgesetzgebung 1948/58, S. 31 ff). Die Ausfüllung des einer Gebietskörperschaft zugewiesenen Abgabengegenstandes obliegt sodann der über die Ertrags- und Steuerhoheit verfügenden Gebietskörperschaft; im vorliegenden Fall also der Gemeinde Wien.

Zur Frage der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Normen ist festzustellen, daß sich der den Anlaß für den Prüfbeschluß darstellende Bescheid auf die Wiener Ankündigungsabgabeverordnung stützt, welche ihre Rechtsgrundlage im §7 Abs5 F-VG 1948 iVm dem jeweils geltenden Finanzausgleichsgesetz findet. Ein Indiz für eine Präjudizialität des §2 Abs5 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes kann daher nicht erkannt werden. Diese Gesetzesbestimmung stellt nämlich keine Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides dar.

III. Sollte der Verfassungsgerichtshof dieser Rechtsauffassung nicht folgen, so kann als Rechtsgrundlage für den §2 Abs5 der Wiener Ankündigungsabgabeverordnung der auf dem Steuererfindungsrecht der Länder basierende §2 Abs5 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes herangezogen werden (in diesem Landesgesetz sind alle wesentlichen Merkmale der Abgabe bestimmt).

Zum Steuererfindungsrecht der Länder wird folgendes angeführt:

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 5859 ausgesprochen hat, bestimmt §3 des F-VG 1948 zunächst, daß die Bundesgesetzgebung die Verteilung der Besteuerungsrechte und der Abgabenerträge regelt. Es ist der Bundesgesetzgebung vorbehalten, Abgaben ausschließlich den Ländern (Gemeinden) zu überlassen. Eine solche Regelung hat der Bund bisher in allen Finanzausgleichsgesetzen getroffen; zum Zeitpunkt des zu diesem Erkenntnis führenden Verfahrens befand sich diese Regelung im §14 Abs1 FAG 1967, nunmmehr ist sie im §14 FAG 1997 angesiedelt. Doch ist - es handelt sich um eine demonstrative Aufzählung von Abgaben - dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Landesgesetzgebung auch andere Abgaben einführt (VfSlg. 3033). Dies entspricht dem §8 F-VG 1948, aus dem sich ergibt, daß die Landesgesetzgebung auf alle Besteuerungsgegenstände greifen kann, soweit sie nicht in Widerspruch zu Bundesgesetzen gerät, wobei insbesondere die Verbote des §8 Abs3 und 4 F-VG 1948 zu beachten sind (VfSlg. 3221). Der Verfassungsgerichtshof folgert aus dem System der Finanzverfassung, daß den Ländern das Abgabengesetzgebungsrecht zukommt, soweit der Bund Besteuerungsrechte nicht in Anspruch genommen hat. Diese Kompetenz der Länder schließt demnach das Recht ein, neue Abgaben zu finden. Der Kreis der ausschließlichen Landesabgaben (Gemeindeabgaben) ist in diesem Rahmen beliebig erweiterungsfähig (VfSlg. 3742, 4308). In diesem Zusammenhang führte der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 3033 aus, daß es nach §7 Abs2 F-VG 1948 der Bundesgesetzgebung vorbehalten ist, Abgaben ausschließlich den Ländern (Gemeinden) zu überlassen. Eine solche Regelung hat der Bund mit der Aufzählung von Landes(Gemeinde)abgaben im jeweiligen Finanzausgleichsgesetz getroffen. Doch ist mit dieser Bestimmung - wie sich aus dem stets gleichen Einleitungssatz 'ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben sind insbesondere' ergibt - den Ländern auch bundesgesetzlich die Ermächtigung gegeben worden, noch weitere Abgaben als ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben zu erheben, soweit sie nicht nur in andere Besteuerungsrechte des Bundes eingreifen.

Der Bundesgesetzgeber übt sohin die ihm eingeräumte einfachgesetzliche Kompetenz-Kompetenz dahingehend aus, daß er in Entsprechung des §3 Abs1 F-VG 1948 spezielle Abgabengegenstände den in §6 Abs1 F-VG 1948 abschließend normierten Abgabentypen nach der Ertragshoheit zuordnet. An diese Zuordnung knüpft das F-VG 1948 durch seine §§7 und 8 die Zuständigkeiten zur Gesetzgebung und Vollziehung an. Damit wurde eine klare Abgrenzung des Rechtes, über Steuergegenstand und Steuerertrag zu verfügen, zwischen den Gebietskörperschaften bewirkt (so auch Pfaundler, aaO.). Während die gesamte Regelung des §8 F-VG 1948 auf die Abgabenbefugnisse der Länder abstellt, insbesondere in den Abs1 und 3 bis 6 ausschließlich Umfang und Beschränkungen der Abgabenhoheit der Länder geregelt sind, können aus §8 F-VG 1948 keinerlei Grundsätze für Umfang oder Beschränkungen der Abgabenhoheit des Bundes - die im §7 F-VG 1948 zusammengefaßt sind - abgeleitet werden.

Eine andere Interpretation des Begriffes 'Ankündigung' als im unter Punkt I dargelegten Verständnis hätte einen dringlichen Bedarf nach Regelungen zur Verhinderung von übermäßigen Belastungen des Abgabepflichtigen durch Mehrfachbesteuerungen erzeugt. Die dafür notwendige kompetenzrechtliche Grundlage war im §7 Abs4 F-VG 1948 stets vorhanden, dennoch wurden solche Regelungen bisher nicht getroffen. Dies offensichtlich aus einem Verständnis des Bundesgesetzgebers hinsichtlich des Begriffsinhaltes 'Ankündigung', der vom 'materiellen Gesetzgeber Gemeinde' gefüllt wurde.

Zum Verhältnis zwischen finanzausgleichsrechtlich zugewiesenen Abgabengegenständen und dem Abgabenerfindungsrecht der Länder hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 6159 keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der landesgesetzlichen Einführung einer Pauschsteuer (Vergnügungssteuer) gehegt, die nach der Größe des benutzten Raumes berechnet wird (§20 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963, LGBl. Nr. 11/1963): Der Verfassungsgerichtshof legte dar, daß die Ermächtigung des §15 Abs3 FAG 1967 (vgl. §15 Abs3 FAG 1997), die auf §7 Abs5 F-VG 1948 beruht, sich auf Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) gemäß §14 Abs1 Z9 FAG 1967 bezieht, die in Hundertteilen des Eintrittsgeldes erhoben werden. Im gegenständlichen Fall - so der Verfassungsgerichtshof - 'handelt es sich jedoch nicht um eine Vergnügungssteuer, die in Hundertteilen vom Eintrittsgeld erhoben wird, sondern gemäß §6 Abs4 und §20 des Gesetzes um eine solche, die nach der Größe des benutzten Raumes erhoben wird. Die Regelung des F-VG 1948 und des FAG 1967, betreffend das freie Beschlußrecht der Gemeinden, ist auf Zahlung eines Eintrittsgeldes abgestellt. Wo kein Eintrittsgeld eingehoben wird, wird die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers, dennoch eine Vergnügungssteuer einzuheben, nicht berührt. Eine Kollision der beiden so verschieden konstruierten Bestimmungen kann nicht eintreten'.

Der Verfassungsgerichtshof hatte in diesem Erkenntnis somit keinerlei Bedenken im Hinblick auf den - wohl ebenfalls historisch vorgegebenen - Abgabenbegriff der entgeltlichen Darbietung von Lustbarkeiten und der Neueinführung einer Pauschsteuer, die nach der Größe des benutzten Raumes berechnet wird. Der Ausspruch, daß die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen unbedenklich sind, ist aber nur konsequent, denn eine nähere Betrachtung zeigt, daß jedes andere Ergebnis das Steuererfindungsrecht der Länder als inhaltsleer erscheinen ließe. Reduziert man nämlich den Abgabenbegriff - und damit den Abgabengegenstand - der Lustbarkeitsabgabe auf bloß entgeltliche Darbietungen, wie sie von den Finanzausgleichsgesetzen wiederholt begrifflich ausdrücklich determiniert wurden, so folgt daraus zwingend, daß dem Begriff des Abgabentatbestandes 'Lustbarkeit' das Merkmal 'Entgeltlichkeit' immanent ist, und verbliebe für eine nach der Größe des benutzten Raumes bemessene Vergnügungssteuer kein Raum. Auf das Wiener Ankündigungsabgabegesetz 1983 umgelegt bedeutet dies, daß dieses eben nicht die im jeweiligen FAG angeführte 'Abgabe von Ankündigungen' regelt, sondern daneben eine eigene - auf dem Abgabenerfindungsrecht der Länder beruhende - Ankündigungsabgabe schafft. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß beim prüfungsgegenständlichen Abgabentatbestand 'Ankündigung' das im Prüfbeschluß angesprochene Merkmal 'Öffentlichkeit' nicht einmal in einem FAG normiert worden ist (vgl. auch Erkenntnis vom 16. Juni 1995, Zl. B897/1994). Dies kann jedoch nicht dazu führen, daß für eine weitergehende Regelung unter Inanspruchnahme des Abgabenerfindungsrechtes der Länder kein Raum mehr verbliebe (so auch zutreffend der VfGH im Erkenntnis VfSlg. 6159).

Rechtliche Grundlagen für die Einhebung einer Ankündigungsabgabe in Wien stellen der Beschluß des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21/1985 idF des Amtsblattes Nr. 49/1994, und allenfalls das Wiener Ankündigungsabgabegesetz 1983, LGBl. für Wien Nr. 19/1983 idF LGBl. für Wien Nr. 73/1990, dar. Diese Verordnung wurde auf Grund einer bundesgesetzlichen Norm (§15 Abs3 Z4 FAG 1985) ausgeschrieben und wurde diese Rechtsgrundlage auch ausdrücklich in der Präambel angeführt. Aber auch die formalen Rechtserzeugungsregeln für eine Verordnung gemäß §8 Abs5 F-VG 1948 sind in diesem Fall erfüllt, da die Kundmachungsformel nicht Bestandteil des Beschlusses des Verordnungsgebers (vgl. VfSlg. 9253) ist und es lediglich darauf ankommt, daß die Verordnung 'inhaltlich' in einer gesetzlichen Norm Deckung findet. Unter Bedachtnahme auf die Regelungen der Finanzverfassung und im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 5859, 6159, 3221) ist daher für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof zum Schluß käme, daß die Regelung des §2 Abs5 der Wiener Ankündigungsabgabeverordnung in der Ermächtigung des FAG gemäß §7 Abs5 F-VG 1948 keine Deckung finde, davon auszugehen, daß der Wiener Landesgesetzgeber mit Erlassung des §2 Abs5 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983 vom Steuererfindungsrecht des Landes Gebrauch gemacht und eine Abgabe für Ankündigungen normiert hat, die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen. Im Einklang mit dem Erkenntnis VfSlg. 6159 hätte der Wiener Landesgesetzgeber den finanzausgleichsrechtlichen Begriff der 'Ankündigung' in diesem Fall somit zulässigerweise weiter gefaßt. ..."

III. 1. Entgegen der dem Prüfungsbeschluß zugrundeliegenden - vorläufigen - Annahme, daß §2 Abs5 AnkündigungsabgabeV auf §2 Abs5 AnkündigungsabgabeG beruhe (s. dazu oben Pkt. II.1.), ist die gesetzliche Grundlage der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung ausschließlich §7 Abs5 F-VG iVm der einschlägigen Bestimmung des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes, in dem im Anlaßfall maßgeblichen Zeitraum somit §15 Abs3 Z4 FAG 1993 und gegenwärtig §15 Abs3 Z4 FAG 1997.

2. Dazu wird auf folgendes hingewiesen:

§1 AnkündigungsabgabeG lautete in seiner ursprünglichen, mit LGBl. Nr. 19/1983 kundgemachten (wiederverlautbarten) Fassung wie folgt:

"Von öffentlichen Ankündigungen innerhalb des Gebietes der Stadt Wien ist eine Abgabe an die Stadt Wien zu entrichten."

Mit Landesgesetz vom 22. März 1985, LGBl. 29, wurde diese Bestimmung wie folgt neu gefaßt:

"Soweit keine bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß §7 Abs5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, für Abgaben von Ankündigungen vorliegt, wird die Gemeinde ermächtigt, von öffentlichen Ankündigungen innerhalb des Gebietes der Stadt Wien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Abgabe auszuschreiben."

In den Erläuterungen zur zugrundeliegenden Regierungsvorlage, Beilage Nr. 3/1985, wird dazu folgendes ausgeführt:

"I Allgemeiner Teil

Nach §7 Abs5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 kann die Bundesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben. Von dieser Möglichkeit hat der Bund in §15 Abs3 Z. 4 Finanzausgleichsgesetz 1985 - FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, für 'Abgaben von Ankündigungen' Gebrauch gemacht.

Die neue Rechtslage erfordert eine Anpassung des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983. Um die Kontinuität der Ankündigungsabgabe zu sichern, wird das Verordnungsrecht der Gemeinde durch eine zusätzliche landesgesetzliche Ermächtigung im Rahmen der bisherigen Abgaberegelung abgesichert.

II Besonderer Teil

1. Zu Artikel I Z1 (§1)

Mit dieser Bestimmung wird die derzeit bestehende bundesgesetzliche Ermächtigung der Gemeinde zur Ausschreibung von Abgaben von Ankündigungen berücksichtigt und gleichzeitig eine Verordnungsermächtigung der Gemeinde für den Fall geschaffen, daß die bundesgesetzliche Ermächtigung eingeschränkt, aufgehoben oder nicht verlängert werden sollte. Die neue landesgesetzliche Ermächtigung basiert auf §8 Abs5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948."

Die Promulgationsklausel der am 26. April 1985 beschlossenen und mit 1. Jänner 1985 in Kraft gesetzten AnkündigungsabgabeV lautet wie folgt:

"Der Wiener Gemeinderat hat auf Grund des §15 Abs3 Z4 und Abs5 des Finanzausgleichsgesetzes 1985, BGBL Nr 544/1984, beschlossen:"

Im Antrag des Magistrates der Stadt Wien vom 1. April 1985, der dem Beschluß des Gemeinderates über die AnkündigungsabgabeV zugrundeliegt, ist u.a. folgendes ausgeführt:

"Nach §7 Abs5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 kann die Bundesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben. Von dieser Möglichkeit hat der Bund im §15 Abs3 Z. 4 Finanzausgleichsgesetz 1985 - FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, erstmals für 'Abgaben von Ankündigungen' Gebrauch gemacht. Nach §15 Abs5 FAG 1985 ist die Gemeinde ermächtigt, den bezüglichen Beschluß der Gemeindevertretung rückwirkend mit 1. Jänner 1985 in Kraft zu setzen.

Die neue Rechtslage erfordert sowohl eine bereits eingeleitete Anpassung des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983, LGBl. für Wien Nr. 19/1983, als auch die Erlassung einer Verordnung des Gemeinderates über die Ausschreibung der Ankündigungsabgabe.

Die rückwirkend mit 1. Jänner 1985 vorzunehmende Umstellung der Rechtsgrundlage hat für die Abgabepflichtigen keine Auswirkungen, da die Vorschriften über die Ankündigungsabgabe inhaltlich nicht geändert werden.

...

Die in die Verordnung aufgenommenen Übergangsbestimmungen dienen der Wahrung der Rechtskontinuität."

Die damit angesprochenen Übergangsbestimmungen im §12 AnkündigungsabgabeV lauten wie folgt:

"Sämtliche nach dem 1. Jänner 1985 bis zur Kundmachung dieser Verordnung auf Grund der Bestimmungen des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983, LGBl für Wien Nr 19/1983, vorgenommene behördliche Rechtshandlungen sowie Rechtshandlungen von Abgabepflichtigen, wie Erklärungen und Zahlungen, gelten als nach dieser Verordnung erfolgt."

3. Aus all dem wird deutlich, daß - wie oben erwähnt - die gesetzliche Grundlage für die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung ausschließlich im §7 Abs5 F-VG iVm den einschlägigen Bestimmungen des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes, das war zum Zeitpunkt der Erlassung der AnkündigungsabgabeV §15 Abs3 Z4 FAG 1985 und ist nunmehr §15 Abs3 Z4 FAG 1997, besteht und diese Verordnung somit nicht auf dem AnkündigungsabgabeG beruht. Vielmehr kommt diesem Landesgesetz gegenüber der einschlägigen Bestimmung des jeweiligen FAG ein bloß subsidiärer Anwendungsbereich in dem Sinne zu, daß die Anwendbarkeit des AnkündigungsabgabeG dann ausgeschlossen ist, wenn im jeweiligen FAG eine inhaltlich entsprechende bundesgesetzliche Ermächtigungsregelung besteht, was wie mehrfach erwähnt, seit dem FAG 1985 durchwegs der Fall war und ist.

Im Hinblick darauf ist aber die in Prüfung gezogene gesetzliche Bestimmung im hier vorliegenden Zusammenhang nicht präjudiziell. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist somit einzustellen.

IV. 1. Dem eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren stehen Prozeßhindernisse nicht entgegen.

2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Gerichtshofes gegen die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung haben sich jedoch auf Grund der nachstehenden Erwägungen nicht als gerechtfertigt erwiesen:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg. 14269/1995 die Auffassung vertreten, daß dem Begriff der Ankündigung im abgabenrechtlichen Sinn das Moment der Öffentlichkeit immanent ist, und zwar so, daß es nicht darauf ankommt, ob es sich dabei um das Vorgehen des Ankündigenden (z.B. das Anschlagen eines Plakates an einem öffentlichen Ort) handelt oder um die beabsichtigte Wirkung der Ankündigung (z.B. die potentielle Wahrnehmung durch Personen, die vom Ankündigenden nicht individuell bestimmt sind, etwa aufgrund einer sogenannten Postwurfsendung). Dabei ist das Medium der Ankündigung nicht von Belang, es kommt also jedes Medium in Betracht, das nach dem Stand der technischen Entwicklung die entsprechende Eignung besitzt. Der Ausdruck "Ankündigung" im finanzausgleichsrechtlichen Sinn umfaßt daher auch die - von vornherein als öffentlich zu wertende - Verbreitung von Werbung und ähnlichen Mitteilungen durch den Rundfunk. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Auffassung.

Der Gerichtshof bleibt auch bei der im Prüfungsbeschluß aus dieser Auffassung - vorläufig - gezogenen Schlußfolgerung, daß in Ansehung der Rundfunkwerbung der Abgabentatbestand wegen des Moments der Öffentlichkeit erst an die Verbreitung der Werbung anknüpfen kann und die Abgabepflicht nicht schon in einem früheren Stadium (etwa jenem der organisatorischen und technischen Abwicklung in einem Studio) festgelegt werden darf. Unbeschadet dessen ist der Verfassungsgerichtshof aber der Meinung, daß eine abgabenrechtliche Regelung dem finanzausgleichsrechtlichen Begriff der "Abgaben von Ankündigungen" (vgl. §14 Abs1 Z13 und §15 Abs3 Z4 FAG 1997 und deren Vorgängerbestimmungen) auch dann entspricht, wenn sie zur näheren - und zwar einschränkenden - Festlegung des Gegenstandes der Abgabepflicht darauf abstellt, daß eine Rundfunkwerbesendung von einem im jeweiligen räumlichen Geltungsbereich gelegenen Studio ihren Ausgang nimmt, wenn und insoweit sichergestellt ist, daß die Abgabepflicht nur für solche Rundfunkwerbesendungen in Betracht kommt, die in der Folge auch in diesem Gebiet "verbreitet" werden.

Ebendies trifft aber hier zu: In Verbindung mit §1 AnkündigungsabgabeV - der den Gegenstand der Abgabepflicht ganz allgemein, somit auch für die in §2 Abs5 näher geregelten "Ankündigungen durch Rundfunk", dahingehend festlegt, daß von öffentlichen Ankündigungen innerhalb des Gebiets der Stadt Wien eine Abgabe zu entrichten ist - ist nämlich der in Prüfung gezogene §2 Abs5 AnkündigungsabgabeV dahin zu verstehen, daß auch die Rundfunkwerbung nur dann der Abgabepflicht unterliegt, wenn diese Ankündigung durch Rundfunk innerhalb des Gebiets der Stadt Wien "verbreitet" wird. Dagegen ist die Bestimmung nicht - diesen Zusammenhang außer Acht lassend - dahin zu deuten, daß schlechterdings jede Rundfunkwerbesendung, die von einem Studio im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nimmt, unabhängig von ihrer "Verbreitung" innerhalb dieses Gebiets, der Abgabepflicht unterliegt.

Eine solche Deutung wäre nämlich mit der finanzverfassungsrechtlichen Situation unvereinbar.

Für den Bereich des internationalen Steuerrechts wird als Völkergewohnheitsrecht der Grundsatz anerkannt, daß Staaten nur solche Tatbestände besteuern dürfen, zu denen sie eine hinreichend enge Beziehung aufweisen (vgl. z.B. Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 3. Auflage, 1996, Einl. Rz 7 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 1993, 13; Tipke/Lang, Steuerrecht,

16. Auflage, 1998, §5 Rz 14; Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, II, 3. Auflage, 1996, 287). Gleiches muß grundsätzlich bei der Ausübung von Besteuerungsrechten durch die einzelnen Gebietskörperschaften im Bundesstaat gelten, denen durch die bundesstaatliche Verfassung ganz allgemein die Verpflichtung zur wechselseitigen Rücksichtnahme auferlegt ist und deren Besteuerungshoheit im besonderen durch finanzverfassungsrechtliche Normen bestimmt wird, deren vornehmlicher Zweck die sachgerechte Verteilung und Abgrenzung von Besteuerungsrechten ist.

Zuweisungen von Besteuerungsrechten an Länder oder Gemeinden im Rahmen der Finanzverfassung sind daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes stets so zu verstehen, daß die betreffende Gebietskörperschaft bei der Inanspruchnahme der erteilten Ermächtigung, das heißt bei der Formulierung des Steuertatbestandes, einen hinreichenden inhaltlichen Bezug zum räumlichen Geltungsbereich der Abgabe zu wahren hat. Nichts anderes kann nach Meinung des Gerichtshofes gelten, wenn ein Bundesland Besteuerungsrechte auf Grund des Abgabenerfindungsrechtes selbst in Anspruch nimmt oder solche Besteuerungsrechte den Gemeinden zur Ausschreibung im Rahmen des freien Beschlußrechtes überträgt.

Welcher Art der hinreichende Bezug zu sein hat, hängt von dem Charakter der Abgabe und ihrem Besteuerungsgegenstand ab. Für den Bereich der Verbrauchssteuern (der Länder und Gemeinden) ordnet §8 Abs4 F-VG selbst an, daß Verbrauchsabgaben dieser Gebietskörperschaften unzulässig sind, die auch den Verbrauch außerhalb des Geltungsgebietes der Abgabe treffen oder nicht grundsätzlich den gesamten Verbrauch in diesem Geltungsgebiet erfassen. Der Verfassungsgerichtshof betrachtet diese Norm nicht als abschließende Regelung der Anknüpfungsfrage, sondern lediglich als Präzisierung für den Bereich einer bestimmten Abgabenkategorie. Ebensowenig kann nach Auffassung des Gerichtshofes aus §7 Abs4 F-VG der Gegenschluß gezogen werden, daß Länder und Gemeinden bei der Inanspruchnahme ihrer Besteuerungsrechte in der Frage der territorialen Anknüpfung gleichsam vollkommen freie Hand hätten und die Verantwortung für die Vermeidung von Doppelbesteuerungen ausschließlich Aufgabe des Bundesgesetzgebers wäre.

Für den Bereich der Fremdenverkehrsabgaben (Interessentenbeiträge), bei denen der Besteuerungsgegenstand der Fremdenverkehrsnutzen ist (z.B. VfSlg. 4398/1963, 4945/1965, 5146/1965, 8937/1980 ua.), hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt die Auffassung vertreten, daß eine solche Abgabe sachlich nur gerechtfertigt ist, wenn sie sich auf den Nutzen beschränkt, der aus dem Fremdenverkehr im betreffenden Erhebungsgebiet gezogen wird (VfSlg. 5995/1969, 6205/1970).

Steuergegenstand der Ankündigungsabgabe sind nach der übereinstimmenden Judikatur der Höchstgerichte und einhelliger Lehre "Ankündigungen", worunter jede Art von Mitteilung zu verstehen ist, die öffentlich erfolgt, somit jede Verbreitung von Botschaften, die geeignet sind, die jeweiligen Adressaten über Umstände und Tatsachen zu informieren ; Haupfleisch, Sind Pkw-Verkaufsangebote abgabepflichtig?, ZVR 1976, 367; Taucher, Kompetenzfragen bei der Ankündigungsabgabe auf Rundfunkwerbung, ZfV 1997, 165 f). Wird eine Abgabe auf einen solchen Steuergegenstand nicht vom Bund erhoben, sondern den Ländern oder - wie dies derzeit der Fall ist - den Gemeinden in das freie Beschlußrecht übertragen, so muß dem Steuergegenstand eine Zuordnung zu einem bestimmten Erhebungsgebiet entnommen werden können. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß der in territorialer Hinsicht maßgebende hinreichende Bezug im vorliegenden Fall aus dem Zweck der Abgabe erschlossen werden kann. Der Zweck von Ankündigungsabgaben überhaupt ist die Besteuerung des mit einer Ankündigung erzielbaren Reklamewertes (so die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Ankündigungsabgabegesetzen der Bundesländer, etwa 21.10.1983, 82/17/0139,0140; 27.2.1992, 89/17/0035; 25.6.1993, 90/17/0420), das ist der Nutzen, den der Ankündigende aus der Ankündigung zieht (Taucher, a.a.O., 166 ff). Daraus folgt in finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht, daß das Besteuerungsrecht der Gemeinde sich bereits vom Steuergegenstand her nur auf den im Erhebungsgebiet entstandenen Reklamewert beziehen darf. Bei einer Gemeindeabgabe, deren Zweck die Besteuerung des Reklamewertes einer Ankündigung ist, ist kein hinreichender Grund ersichtlich, der die Gemeinde berechtigen könnte, Ankündigungen schlechthin nur deswegen zu besteuern, weil sie vom Gebiet der betreffenden Gemeinde ihren Ausgang nehmen, und ohne Rücksicht darauf, wo sich der mit der Ankündigung verbundene Reklamewert bildet.

Werden für fremde Ankündigungen, deren Reklamewert sich auch außerhalb des Erhebungsgebietes bildet - und dies ist bei überregionalen Rundfunksendungen zweifellos der Fall - einheitliche Entgelte entrichtet, so bedeutet die dargelegte Rechtsauffassung auf bemessungsrechtlicher Ebene, daß nur jener Teil des Entgeltes der Steuer unterworfen werden darf, der dem im Erhebungsgebiet entstandenen Reklamewert im Verhältnis zum gesamten Reklamewert entspricht. Bei der Feststellung dieses Anteiles sind alle Umstände von Bedeutung, die unter Beachtung der Besonderheiten des jeweiligen Ankündigungsmediums Rückschlüsse auf den anteiligen Reklamewert zulassen. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß jedenfalls bei der Rundfunkwerbung objektive Maßstäbe existieren (etwa Zahl der Werbeadressaten oder der Empfangsgeräte; vgl. Taucher, a.a.O., 170f), die eine nachvollziehbare Ermittlung im Schätzungsweg - somit mit dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Instrumentarium - zulassen.

3. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §2 Abs5 der Wiener AnkündigungsabgabeV sind unter diesem Aspekt nicht begründet.

Nach §1 leg.cit. ist an die Stadt Wien eine Abgabe von öffentlichen Ankündigungen (nur) zu entrichten, wenn es sich um Ankündigungen innerhalb des Gebiets der Stadt Wien handelt. Der Wortlaut des §2 Abs5 leg.cit. läßt in Verbindung mit §1 leg.cit. eine - aus den dargelegten finanzverfassungsrechtlichen Gründen gebotene - verfassungskonforme Interpretation derart zu, daß auch Ankündigungen durch Rundfunk, die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen, nur dann und insoweit Ankündigungsabgabepflicht auslösen, als sie zu "Ankündigungen innerhalb des Gebiets der Stadt Wien" führen, das heißt - mit anderen Worten - als der Reklamewert in diesem Gebiet entsteht. Sieht die Verordnung eine Steuerpflicht überdies nur dann vor, wenn die Ankündigungen von einem Studio im Gebiet der Gemeinde Wien ihren Ausgang nehmen, so ist dies eine - unter dem Aspekt der dargelegten Auffassung - zulässige, aber letztlich finanzverfassungsrechtlich nicht notwendige Einschränkung.

Es war somit die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

V. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Finanzverfassung, Finanzausgleich, Ankündigungsabgaben, VfGH / Verfahren, Auslegung verfassungskonforme, Abgabenwesen, Abgaben Gemeinde-, Beschlußrecht, Berücksichtigungsprinzip

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:G15.1998

Dokumentnummer

JFT_10018783_98G00015_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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