TE Vfgh Erkenntnis 1998/12/17 B454/97, B2553/97

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Veröffentlicht am 17.12.1998
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7030 Buchmacher, Totalisateur

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung von Wortfolgen in §1 Abs4 und Abs5 des im Bundesland Steiermark als Landesgesetz geltenden G betr Totalisateur- und Buchmacherwetten, Gebühren, StGBl 388/1919, mit E v 05.12.98, G94/98 ua.

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Das Land Steiermark ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 36.000,-

bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft suchte am 29. Oktober 1996 um eine Bewilligung für das Buchmachergewerbe in einem Standort in Feldbach und am 30. Oktober 1996 um eine derartige Bewilligung für einen Standort in Graz an. Mit Bescheid vom 16. Dezember 1996 erteilte die Steiermärkische Landesregierung der Beschwerdeführerin aufgrund des §1 Abs1 des Gesetzes vom 28. Juli 1919, StGBl. 388 (Paragraphen ohne Gesetzesbezeichnung beziehen sich im folgenden auf dieses Gesetz), "die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten (Buchmachen) aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen mit Ausschluß der entgeltlichen Annahme von Akkumulativ- und Kombinationswetten" für die beiden Standorte. Die Bewilligung wurde befristet und gemäß §1 Abs4 an die Einhaltung verschiedener "Bedingungen" gebunden; die Landesregierung behielt sich vor, weitere Bedingungen bzw. Auflagen vorzuschreiben. Pkt. 8 der in den Bescheid aufgenommenen "Bedingungen" lautete:

"Als Abzüge im Sinne des §1 Abs5 ... darf der Bewilligungsinhaber höchstens 25 % der Einsätze in Verrechnung bringen. Der tatsächliche Prozentsatz ist bei der jeweiligen Veranstaltung durch Anschlag in den Wettbüros bekanntzugeben."

Dieser Bescheid blieb unangefochten.

1.2.1. Am 16. Dezember 1996 suchte die beschwerdeführende Gesellschaft um eine Bewilligung für das Buchmachergewerbe für einen Standort in Vogau an. Mit Bescheid vom 14. Jänner 1997 erteilte die Steiermärkische Landesregierung aufgrund des §1

Abs1 die Bewilligung, "unter den im Bescheid ... vom 16. Dezember 1996 ... gegebenen Bedingungen die Buchmachertätigkeit" auch an diesem Standort auszuüben.

1.2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B454/97 protokollierte, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, welche die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte bzw. die Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie für die Abweisung der Beschwerde eintritt.

Die Verfahrensparteien haben sodann noch weitere Schriftsätze gewechselt.

2.1. Am 4. Februar 1997 suchte die beschwerdeführende Gesellschaft um eine Bewilligung für das Buchmachergewerbe für einen Standort in Fürstenfeld an. Mit Bescheid vom 8. September 1997 wurde ihr von der Steiermärkischen Landesregierung diese Bewilligung aufgrund des §1 Abs1 "mit der Maßgabe erteilt, daß der Abschluß von Akkumulativ- und Kombinationswetten von dieser Bewilligung ausgeschlossen" sei. Die Bewilligung wurde befristet und mit denselben Nebenbestimmungen versehen, die bereits im Bescheid vom 16. Dezember 1996 angeführt waren.

2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B2553/97 protokollierte, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, die inhaltlich dieselben Rechtsverletzungen wie die zu B454/97 protokollierte Beschwerde behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie für die Abweisung der Beschwerde eintritt.

II. 1. Aus Anlaß dieser beiden Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolgen "jederzeit von Bedingungen abhängig machen, sie einschränken oder", "letzteres" und "oder eine vorgeschriebene Bedingung nicht eingehalten wird" in Abs4 sowie der Wortfolge "und den an ihrem Sitze wettenabschließenden Buchmachern" in Abs5 des im Bundesland Steiermark als Landesgesetz geltenden §1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. 388/1919, einzuleiten.

Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1998, G 94,95,100/98, hob der Verfassungsgerichtshof diese Wortfolgen als verfassungswidrig auf.

2. Die belangte Behörde hat verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewandt. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

3. Die Bescheide waren daher aufzuheben.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 6.000,-

enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B454.1997

Dokumentnummer

JFT_10018783_97B00454_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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