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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §254;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 6. Mai 1998, Zl. RV 480/2 - 7/98, betreffend Aussetzung einer Berufungsentscheidung (Umsatzsteuer 1995), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 12. November 1997 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer, einem Rechtsanwalt, mit, dass beabsichtigt sei, die Entscheidung über die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 gemäß § 281 BAO auszusetzen. Der Beschwerdeführer werde eingeladen, allfällige Einwendungen gegen diese Maßnahme innerhalb von zwei Wochen bekannt zu geben.
Mit Antwortschreiben vom 26. November 1997 wandte sich der Beschwerdeführer gegen die angekündigte Aussetzung der Berufungsentscheidung im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens würde die unrechtmäßige Abgabenbelastung nach wie vor aufrecht erhalten und ihn weiterhin exekutiven Schritten aussetzen.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde - wie angekündigt - die Entscheidung über die Berufung betreffend Umsatzsteuer 1995 bis zur Beendigung des vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 98/14/0017 anhängigen Verfahrens aus. Dieses Verfahren betreffe einen gegenüber dem Beschwerdeführer ergangenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1994 und habe Streitpunkte zum Inhalt, welche auch den Gegenstand der vorliegenden Berufung bildeten. Es erscheine daher zweckmäßig, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten, zumal die vom Beschwerdeführer gegen die Aussetzung vorgebrachten Einwände "in keinerlei Beziehung zur verfügten Verfahrensmaßnahme" stünden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann die Entscheidung über diese gemäß § 281 BAO unter Mitteilung der hierfür maßgeblichen Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegen stehen.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, der angefochtene Bescheid führe nicht konkret aus, welches die gleichen oder ähnlichen Rechtsfragen seien, die im Verfahren zur Zl. 98/14/0017 zu lösen seien. Es trifft zu, dass der angefochtene Bescheid - offenbar im Hinblick auf die Identität der Berufungswerber - keine Ausführungen darüber enthält, welche "Streitpunkte" zugleich Gegenstand des bereits beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens und des auszusetzenden Verfahrens sind. Allerdings hat ein Begründungsmangel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen, wenn er wesentlich ist. Dies trifft im Beschwerdefall schon deshalb nicht zu, weil der Beschwerdeführer selbst einräumt, dass die von ihm gegen die Umsatzsteuerbescheide 1994 bzw. 1995 erhobenen Berufungen zum Teil gleiche oder ähnliche Rechtsfragen (offenbar die Umsatzsteuerpflicht der von Rechtsschutzversicherungen geleisteten Honorarersätze und die Behandlung von Kostenersätzen als durchlaufende Posten) betreffen. Dass "nicht alle Fragen" der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1994 Gegenstand der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1995 sind, stand der Aussetzung der Berufungsentscheidung nicht entgegen. Soweit der Beschwerdeführer auf die Unterschiedlichkeit der zu lösenden einkommensteuerlichen Rechtsfragen der Jahre 1994 bzw. 1995 hinweist, übersieht er den Gegenstand des angefochtenen Bescheides, mit dem ausdrücklich die Entscheidung über die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid und nicht auch jene betreffend Einkommensteuer ausgesetzt wurde.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe ihre Absicht, das Verfahren auszusetzen, nicht nach Erhalt der Stellungnahme vom 26. November 1997 umgesetzt, sondern erst nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und darauf folgendem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 19. Jänner 1998. Diese Vorgangsweise habe den Beschwerdeführer völlig überrascht und es ihm nicht ermöglicht, eine neuerliche Stellungnahme zur Frage der Aussetzung abzugeben. Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob bei dem vom Beschwerdeführer geschilderten Verfahrensablauf eine neuerliche Verständigung des Beschwerdeführers rechtlich geboten war. Eine Nichtverständigung (Verletzung des Parteiengehörs) ist ein Verfahrensmangel, der nämlich nur dann zur Bescheidaufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof führt, wenn er "wesentlich" ist, das heißt, die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1985, 84/15/0053). Dies ist gegenständlich nicht der Fall, weil der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde keine anderen Interessen aufzeigt, als eben jene, auf die er schon in seiner Stellungnahme vom November 1997 aufmerksam gemacht hat. Demnach habe die Aussetzung der Entscheidung über die Berufung zur Folge, dass die begehrte Gutschrift im Betrag von S 344.680,91 an Umsatzsteuer für das Jahr 1995 weiterhin ausbleibe und die Abgabenbehörde anstelle dessen Exekution wegen diverser Außenstände führe.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem Erkenntnis vom 22. März 1991, 87/13/0101, ausgeführt hat, sind als "überwiegende Interessen der Partei, die einer Aussetzungsmaßnahme entgegenstehen könnten", nur solche zu verstehen, die sich im Einzelfall aus einem besonders gelagerten Sachverhalt ergeben. Hingegen begründet das bloße Eintreten von Rechtsfolgen, die der Gesetzgeber allgemein vorsieht, ohne Hinzutreten besonderer Umstände kein entgegenstehendes Interesse der Partei. Dass einer Berufung gemäß § 254 BAO eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt, steht demnach einer Aussetzung nicht entgegen. In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer auch auf die durch § 212a BAO ermöglichte Aussetzung eines streitverfangenen Abgabenbetrages hinzuweisen. Mit dem Vorbringen, die beantragte Gutschrift an Umsatzsteuer könnte den Beschwerdeführer in die Lage versetzen, anderweitige Abgabenschuldigkeiten abzudecken, wird kein der Aussetzung entgegenstehendes Parteiinteresse dargelegt, weil es Interesse jedes Berufungswerbers ist, eine erwartete Gutschrift ohne unnötigen Aufschub zu erhalten.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. November 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998140108.X00Im RIS seit
26.03.2002Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009