Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des Z W in Wien, geboren am 8. Oktober 1982, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. November 2000, Zl. SD 602/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. November 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen chinesischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer, dessen Identität und Alter auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei am 28. Juni 2000 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden. Er habe angegeben, am 26. Juni 2000 von Spanien kommend per Flugzeug nach Österreich eingereist zu sein. Für die Einreise hätte er den Reisepass eines Freundes benützt. Der Zweck seiner Einreise wäre die Teilnahme an der Hochzeit eines Freundes gewesen. Den Aufenthalt dieses Freundes habe der Beschwerdeführer jedoch nicht bekannt geben wollen. Ebenso sei er nicht bereit gewesen, die Adresse seiner Wiener Unterkunft zu nennen. Nach seinen Angaben habe er bei seiner Einreise 80.000 Peseten bei sich gehabt. Bei seiner Anhaltung habe er lediglich über S 196,-- verfügt. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei daher verwirklicht. Dem Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer befände sich nunmehr in Pflege und Erziehung der Stadt Wien, weshalb sein Lebensunterhalt gesichert wäre, sei entgegenzuhalten, dass auf derartige Leistungen im Rahmen der Jugendwohlfahrtspflege kein Rechtsanspruch bestehe.
Bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers falle neben seiner Mittellosigkeit zu seinen Ungunsten ins Gewicht, dass er bislang nicht im Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels sei und nur durch den Gebrauch eines fremden Reisepasses in das Bundesgebiet gelangt sei. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodass vorliegend die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Grund des § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei.
Auf Grund des kurzen und darüber hinaus unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und/oder Familienleben keine Rede sein. Es sei daher weder zu prüfen gewesen, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt (Z. 1) die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder (Z. 2) anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß § 36 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
1.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, bei seiner Betretung lediglich über einen Betrag von S 196,-- verfügt zu haben. Er macht jedoch geltend, dass die belangte Behörde feststellen hätte müssen, ob er die Absicht gehabt habe, sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufzuhalten, "zumal es ja auf der Hand liegt und auch nach den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen der Jugendwohlfürsorge keineswegs möglich ist, auf Jahre hinaus insoweit eine Unterstützung von der Stadt Wien, zu erhalten". Damit macht er geltend, dass die ihm zu Teil gewordenen Maßnahmen der Jugendwohlfahrtspflege geeignet sind, seinen Unterhalt zumindest für einen Zeitraum von drei Monaten zu sichern.
1.3. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer nach dem Akteninhalt bereits am 11. Oktober 2000, somit noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung an den Beschwerdeführer am 7. Dezember 2000), aus der "vollen Erziehung" der Stadt Wien entlassen worden ist, ist diesem Vorbringen zu entgegnen, dass die für den Beschwerdeführer im Rahmen der "vollen Erziehung" vom Jugendwohlfahrtsträger erbrachten Leistungen keine eigenen Unterhaltsmittel darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. August 2001, Zl. 2001/18/0083).
Die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei erfüllt, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
2. Aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultiert die Gefahr der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft und - jedenfalls seit Wegfall der Unterstützungsleistungen im Rahmen der "vollen Erziehung" - die Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung. Überdies ist der Beschwerdeführer unstrittig unter Verwendung eines nicht für ihn ausgestellten Reisepasses in das Bundesgebiet eingereist und hält sich seit fünfeinhalb Monaten ohne Berechtigung hier auf. Sein Aufenthalt stellt daher auch eine Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erstmals in der Beschwerde vorbringt, dass er sich nicht freiwillig in Österreich befinde, sondern sich hier im Rahmen eines gegen ihn laufenden Strafverfahrens aufhalte - aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass er mittlerweile am 15. Jänner 2001 wegen des Verbrechens der Schlepperei gemäß § 104 Abs. 1 und Abs. 3 FrG zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden und überdies im Schengener Informationssystem wegen des Verdachts der Begehung einer Erpressung in den Niederlanden ausgeschrieben ist -, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG), wurde dem Beschwerdeführer doch bereits bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Erstbehörde am 4. Juli 2000 sowie im Bescheid der Behörde erster Instanz vom selben Tag vorgeworfen, sich zur Gänze unrechtmäßig in Österreich aufzuhalten.
Dem weiteren Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte auf Grund der von ihr herangezogenen Verletzung fremdenrechtlicher Bestimmungen im Spruch des angefochtenen Bescheides auch § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG nennen müssen, ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde - ebenso wie die Erstbehörde - ihren Bescheid spruchgemäß auch auf § 36 Abs. 1 leg. cit. gestützt hat. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach das gesamte Fehlverhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung beeinträchtige und das Aufenthaltsverbot daher im Grund des § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei, ist ersichtlich, dass sie - zu Recht - die
Z. 1 dieser Bestimmung herangezogen hat.
3. Die Ansicht der belangten Behörde, mit dem Aufenthaltsverbot sei kein Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden, begegnet keinen Bedenken, hält sich doch der Beschwerdeführer - der über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet verfügt - erst seit etwa fünfeinhalb Monaten - zur Gänze unberechtigt - im Bundesgebiet auf. Damit erübrigt sich - von der belangten Behörde zutreffend beurteilt - eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/18/0182).
4. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. November 2001
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001180076.X00Im RIS seit
12.03.2002