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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §4 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 19. Jänner 1998, Zl. GA RV/061-16/14/97, betreffend Einkommensteuer für 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der beschwerdeführende Rechtsanwalt ging zum 1. Jänner 1993 von der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 auf jene nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 über. Im Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung verweigerte das Finanzamt einer zum 31. Dezember 1993 gebildeten Rückstellung im Zusammenhang mit der Bürgschaftsübernahme für einen Klienten die steuerliche Anerkennung. Weiters wurde der Teilwertabschreibung einer Forderung, die auf die Übergabe eines Sparbuches für ein Bauprojekt zurückgegangen sei, die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe versagt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung in diesen Punkten als unbegründet ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Rückstellung wegen drohender Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft:
In Tz. 22 des Betriebsprüfungsberichtes wird dazu ausgeführt, der Rückstellung von S 1,240.000,-- liege eine Bankgarantie zu Grunde, welche der Beschwerdeführer für einen Klienten zum Erwerb von Grundstücken eingegangen sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die Bankgarantie abgegeben, um in der Folge mit der Vertragserrichtung für die auf diesem Grundstück zu errichtenden Objekte betraut zu werden, zeige die berufliche Notwendigkeit dieser Aufwendungen nicht auf. Die Durchführung von Geldgeschäften gehöre nicht zu den betrieblichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes. Die zu erwartenden Honorareinnahmen stellten kein Entgelt für die Übernahme der Bürgschaft, sondern für die noch zu erbringenden anwaltlichen Leistungen dar. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 4. April 1990, 86/13/0116, betont, dass es nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes gehöre, notleidende Klienten finanziell zu unterstützen.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass die Bürgschaftsübernahme Grundbedingung für die Beauftragung des Steuerpflichtigen als Rechtsanwalt gewesen sei. Der Klient (Herr S.) habe sich als Immobilienmakler mit großen Immobilienprojekten befasst und dem Beschwerdeführer finanziell lohnende Aufträge (Vertragserrichtungen mit hohen Werten, Immobilienprozesse etc.) in Aussicht gestellt. Diese Aufträge seien von der Bürgschaftsübernahme abhängig gewesen. Aus der darauf folgenden tatsächlichen Beauftragung seien Honorare im Gesamtwert von über S 1,5 Mio geflossen. Bei Realisierung eines geplanten Projektes wäre ein noch höheres Honorarvolumen zu erwarten gewesen.
Über Vorhalt des Prüfers erläuterte der Beschwerdeführer, dass er als Sicherheit für die Bürgschaftsverpflichtung im Gesamtbetrag von S 4 Mio. ein Bardepot in Höhe von S 2,760.000,-- erhalten habe. Eine Vertragserrichtung durch den Beschwerdeführer sei mündlich vereinbart worden. Aufgrund der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung habe bereits eine Vertragserrichtung mit einem Honorar in Höhe von S 600.000,-- realisiert werden können. Das Kreditinstitut sei im August 1993 an den Beschwerdeführer herangetreten; zur Zahlung sei es in der Folge zwar nicht gekommen, allerdings hätte "am Bilanzstichtag mit höchster Wahrscheinlichkeit mit einer Zahlungsverpflichtung gerechnet" werden müssen.
In einem im Verwaltungsakt erliegenden Schreiben des Kreditinstitutes vom 12. August 1993 ist davon die Rede, dass für die "Kreditlinien" der Frau S. (im Gegensatz zu dem im bisherigen Verfahren erstatteten Vorbringen, in dem stets von Herrn S. die Rede war) vom Beschwerdeführer eine Teilbürgschaft übernommen worden sei. Diese "Kreditlinien" seien per 30. Juni 1993 abgelaufen und derzeit überzogen. Der Beschwerdeführer müsse daher "in Kürze" mit einer Inanspruchnahme aus dieser Bürgschaft rechnen.
In seiner (undatierten) "Sachverhaltsdarstellung für Schadensrückstellung S." erklärte der Beschwerdeführer, dass die Bürgschaftsverpflichtung "in der Folge" auf die "derzeit" aushaftenden S 1,240.000,-- reduziert worden sei; "derzeit" verhandle er mit dem Kreditinstitut, um zu erreichen, dass die Bankgarantie "im Vergleichswege einvernehmlich retourniert" werde.
In der Berufungsverhandlung ergänzte der Beschwerdeführer, die Bürgschaft habe zur Finanzierung eines konkreten Hotelprojektes gedient. Dies sei durch Urkunden und das Grundbuch belegbar. Er habe mit der Bank einen Vergleich geschlossen und sei zwei Jahre später aus der Bürgschaft entlassen worden. Im Folgejahr (1994) sei die Rückstellung gewinnerhöhend aufgelöst worden.
Im angefochtenen Bescheid schloss sich die belangte Behörde der Ansicht des Prüfers an, wonach es nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes gehöre, notleidende Klienten durch die Gewährung von Krediten oder in anderer Weise finanziell zu unterstützen. Die belangte Behörde räumte zwar ein, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine übernommene Bürgschaft dann als betrieblich anzusehen sei, wenn eine Abhängigkeit der Aufträge des Klienten von der Übernahme der Bürgschaft durch den Rechtsanwalt bestehe. In dem vom Gerichtshof zur Zl. 95/15/0092 entschiedenen Fall sei der Rechtsanwalt aber Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gewesen, in der er sich ein Vertretungsmonopol gesichert und einen sogenannten Syndikusvertrag erhalten habe. Dieser Fall enthalte somit "ein Spezialelement" und sei daher auf den im Beschwerdefall vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Zur Frage der Anerkennung von Aufwendungen eines Rechtsanwaltes aus der Übernahme einer Bürgschaft für einen Klienten als betrieblich veranlasst hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt Stellung genommen. In dem sowohl vom Beschwerdeführer als auch von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom 21. März 1996, 95/15/0092, hat der Verwaltungsgerichtshof die bisherige Judikatur zu dieser Frage zusammenfassend referiert und festgehalten: Entscheidend ist, ob die Übernahme der Bürgschaft "in Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes" erfolgt, wofür ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit des Rechtsanwaltes gefordert wird. Eine nicht von vornherein auszuschließende betriebliche Veranlassung, so der Gerichtshof im angeführten Erkenntnis vom 21. März 1996 weiter, sei dann gegeben, wenn eine ausschließliche Abhängigkeit der Aufträge des Klienten von der Übernahme der Bürgschaft durch den Steuerberater bzw. Rechtsanwalt vorliege; der Rechtsanwalt den Klienten also nur durch die Bürgschaftsübernahme gewinnen oder halten könne.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe im Verwaltungsverfahren eine derartige Abhängigkeit seiner Beauftragung vom Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung dargelegt. Die belangte Behörde habe die Rechtslage verkannt, wenn sie die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. März 1996 gemachten Ausführungen im Beschwerdefall für nicht zutreffend erachtete. Das von der belangten Behörde gesehene "Spezialelement" des "Syndikus - Erkenntnisses", die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft, hätte die Anerkennung der Bürgschaft als betrieblich veranlasst bei dem damaligen Fall aufgrund des vorzunehmenden Fremdvergleichs allenfalls erschweren können.
Die belangte Behörde hat, ohne sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander zu setzen oder ihm die Glaubwürdigkeit zu versagen, eine betriebliche Veranlassung der Garantieerklärung mit der Begründung nicht anerkannt, die im hg. Erkenntnis vom 21. März 1996 gemachten Ausführungen seien im Beschwerdefall nicht anwendbar; weitere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes würden für den Standpunkt der Abgabenbehörde sprechen. Es trifft zu, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt (so insbesondere im Erkenntnis vom 22. Februar 1993, 92/15/0051) ausgesprochen hat, dass die Unterstützung eines Klienten bei der Kreditbeschaffung (durch Übernahme einer Garantenstellung) nicht mehr der freiberuflichen Tätigkeit eines Rechtsanwaltes zuzurechnen ist. Ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der Bürgschaftsübernahme und der (erhofften) weiteren Beauftragung als Rechtsanwalt reicht demnach nicht aus, um eine betriebliche Veranlassung zu begründen; ebenso wenig der Umstand, dass es in der Folge tatsächlich zu den (erwarteten) Betriebseinnahmen aus der Klientenbeziehung gekommen ist. Aus der Zusammenschau der angeführten Erkenntnisse ergibt sich, dass es für den Betriebsausgabencharakter einer Bürgschaftsübernahme entscheidend auf die eindeutige und unmittelbare Verknüpfung zwischen künftiger Einnahmenerzielung als Rechtsanwalt und Übernahme der Garantenstellung ankommt. Eine derartige Verknüpfung mit der Einnahmenerzielung war im Beschwerdefall 95/15/0092 nicht von vornherein auszuschließen (s. hiezu auch das Folgeerkenntnis vom 30. September 1999, 97/15/0101).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer ein Vorbringen erstattet, welches wohl Anhaltspunkte für eine betriebliche Veranlassung bot, vor dem Hintergrund der aufgezeigten Rechtslage eine abschließende Beurteilung jedoch nicht zuließ. Die belangte Behörde hat es unterlassen, (unter Einforderung der Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen an der Sachverhaltsermittlung) konkrete Sachverhaltsfeststellungen zum Inhalt der getroffenen Vereinbarungen zu treffen.
Aufklärungsbedürftig scheint in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, warum der Beschwerdeführer für die Abgabe der Garantieerklärung nicht nur die behaupteten Aufträge, sondern auch ein "Bardepot" erhalten hat und somit offenbar selbst in den Genuss der Kreditaufnahme gekommen ist und für wessen Schulden der Beschwerdeführer überhaupt eine Garantieerklärung abgegeben hat.
Der angefochtene Bescheid beschränkt sich in seinem Erwägungsteil auf die Aneinanderreihung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes, um sodann sachverhaltsbezogen die (alleinige) Feststellung zu treffen, "Tatsache ist, dass der Bw aus der Bürgschaft nie in Anspruch genommen wurde". Soweit diese Ausführungen so zu verstehen sein sollten, dass die Bürgschaftsverpflichtung nicht rückstellungsfähig sei, weil dem Beschwerdeführer die Inanspruchnahme zum Bilanzstichtag nicht ernsthaft gedroht habe, fehlen auch diesbezüglich den Bescheid tragende Feststellungen. Wenn die belangte Behörde nun in der Gegenschrift darauf hinweist, einer allfälligen Bürgschaftsrückstellung stünde ein Regressanspruch auf der Aktivseite gegenüber, übersieht sie, dass der angefochtene Bescheid keine Feststellungen zum Bestand und zur Durchsetzbarkeit eines Regressanspruches enthält.
Da die aufgezeigten Begründungsmängeln den Verwaltungsgerichtshof an der Prüfung der Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hindern, war er wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2. Forderungsausfall aufgrund der Übergabe eines Sparbuches:
In Tz. 27 des Betriebsprüfungsbericht findet sich unter dem Titel "Schadensfall 'O.' " die Feststellung, der Beschwerdeführer habe dem Immobilienmakler O. für ein Bauprojekt in G. (am 30. Oktober 1992) ein Sparbuch mit einem Einlagenstand von S 300.000,-- für ein Bauprojekt übergeben. Dieses Sparbuch sei in der Folge aber nicht widmungsgemäß verwendet worden und stelle, da die Forderung nunmehr uneinbringlich sei, einen Schadensfall dar. Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Aktenvermerk vom 21. Oktober 1992 (über eine Besprechung des Beschwerdeführers mit O. und dem Baumeister Ing. D. hinsichtlich der Beauftragung des Beschwerdeführers mit der Kaufvertragserrichtung im Zusammenhang mit dem Bauprojekt in G.) lasse einen Konnex zum Sparbuch nicht erkennen. Aus der Klageschrift vom 17. März 1994 betreffend die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs gehe vielmehr hervor, dass der Beschwerdeführer den Betrag für die Bezahlung von Umbauarbeiten in seiner Privatwohnung habe verwenden wollen. Auch könne dem Einwand des Beschwerdeführers, dabei habe es sich um einen "letzten Rettungsversuch" gehandelt, nicht gefolgt werden, weil - hätte es sich um ein betriebliches Sparbuch gehandelt - eine entsprechende Forderung in der Eröffnungsbilanz zum 1. Jänner 1993 einzustellen gewesen wäre. Der Prüfer komme daher in freier Beweiswürdigung zur Feststellung, dass der Schadensfall die Privatsphäre des Beschwerdeführers betreffe.
In seinem Berufungsschriftsatz wies der Beschwerdeführer ergänzend darauf hin, er habe das Sparbuch als "Kostenbeitrag" für die "Startung" des Bauprojektes in G. hingegeben. Im Rahmen dieses Projektes wäre er (schriftlich zugesichert) mit der Errichtung der Kaufverträge beauftragt worden. Das Sparbuch stelle daher notwendiges Betriebsvermögen dar. Die Verbindung zwischen dem Sparbuch und diesem Bauprojekt sei durch die Vorlage des Protokolls über die Zeugeneinvernahme eines Beteiligten (Baumeister Ing. D.) beim Landesgericht für Strafsachen Wien eindeutig bewiesen.
In der vom Beschwerdeführer angesprochenen Zeugenaussage vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien vom 4. Mai 1994 schildert Ing. D. sein Wissen über den strittigen Vorgang wie folgt:
"Ich kenne Herrn O. privat schon seit einigen Jahren. Durch ihn habe ich erst Dr. (den Beschwerdeführer) kennen gelernt. Wir wollten gemeinsam ein Bauprojekt durchführen. Es ist aber dann nicht dazu gekommen. Im Zuge einer Besprechung zwischen uns Dreien über das Bauprojekt wurde auch über ein Sparbuch (Einlagestand S 300.000,00) gesprochen.
Es wurde damals vereinbart, dass (der Beschwerdeführer) zur Vorfinanzierung ein Sparbuch (nämlich das oben Genannte) einbringt. Es wurde zu diesem Zeitpunkt nicht genauer vereinbart, zu welchem Zeitpunkt (der Beschwerdeführer) dieses Sparbuch bringen sollte bzw. an wen er es übergeben sollte. Ich habe dann ein paar Monate später von Herrn O. erfahren, dass (der Beschwerdeführer) ihm das Sparbuch bereits übergeben habe. Er hat mir nichts Näheres darüber gesagt, insbesondere auch nicht, dass er es mir ausfolgen sollte. Ich habe mir damals nichts weiter dabei gedacht, weil ich ein gutes Verhältnis zu Herrn O. hatte. ... Mitte letzten Jahres führte dann die Firma D., bei der ich beschäftigt bin, Bauarbeiten in der Wohnung des (Beschwerdeführers) durch. Als die Firma (dem Beschwerdeführer) dann Rechnungen für diese Arbeiten schickte, wollte (der Beschwerdeführer) gegen diese Rechnungen mit dem Sparbuch aufrechnen, dass ich angeblich habe. Aufgrund dessen stellte sich heraus, bzw. wurde mir bekannt, dass Herr O. (dem Beschwerdeführer) gesagt habe, dass er mir das Sparbuch übergeben habe. Ich habe (dem Beschwerdeführer) daraufhin zugesichert, dass ich dieses Sparbuch niemals erhalten und auch niemals gesehen habe. Ich habe auf Ersuchen (des Beschwerdeführers) Herrn O. einmal auf den Verbleib des Sparbuchs angesprochen. Er hat aber keine klare Stellungnahme dazu abgegeben, sondern nur davon gesprochen, dass er Provisionsforderungen gegen (den Beschwerdeführer) habe und mit diesen aufrechnen werde. ..."
Über Vorhalt des Prüfers gab der Beschwerdeführer weiter an, dass das Bauprojekt nicht zustande gekommen sei und er daher die zu erwartenden Kaufverträge nicht errichtet habe. Da keine Aussicht auf "Refundierung" des Sparbuches bestanden habe, hätte er versucht, die Sparbucheinlage durch Aufrechnung mit dem für die privaten Umbauarbeiten zu zahlenden Betrag zu "retten". Dies sie jedoch nicht gelungen. Daher sei der Schaden in der betrieblichen Sphäre entstanden.
In der mündlichen Berufungsverhandlung ergänzte der Beschwerdeführer, dass er die renovierte Wohnung zum Zeitpunkt der Hingabe des Sparbuches an den Immobilienmakler O. noch gar nicht besessen habe, sodass die Hingabe des Sparbuches jedenfalls betrieblich veranlasst gewesen sei. Eine private Verwendung wäre erst dann zu berücksichtigen gewesen, wenn tatsächlich eine Kompensation mit der aufgrund der Renovierung anfallenden Zahlung stattgefunden hätte.
Die belangte Behörde begründete die Abweisung in diesem Punkt damit, dass das Sparbuch dem Privatvermögen des Beschwerdeführers zuzurechnen sei. Das Sparbuch habe zur Kompensation mit privaten Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers verwendet werden sollen, was entscheidend für eine Zugehörigkeit zum Privatvermögen spreche. Auch wenn der Beschwerdeführer die Wohnung erst zwei Jahre später angeschafft habe, liege aufgrund der Widmungsänderung eine Entnahme vor. Diese Entnahme sei - obwohl die Kompensation erst im Jahre 1994 hätte durchgeführt werden sollen - noch im Streitjahr 1993 verwirklicht worden, da insoweit ein am Bilanzstichtag zu berücksichtigender "werterhellender Umstand" vorliege. Weiters wird im angefochtenen Bescheid die Unüblichkeit der Vorgangsweise rund um die Sparbuchübergabe als Indiz für die fehlende betriebliche Veranlassung ins Treffen geführt. Überdies wies die belangte Behörde darauf hin, dass die auf der Sparbuchübergabe beruhende Forderung in der zum 1. Jänner 1993 erstellten Eröffnungsbilanz nicht aufgenommen worden sei und der Beschwerdeführer bei seiner gerichtlichen Einvernahme am 4. Mai 1994 ausdrücklich erklärt habe, dass er "in dieser Angelegenheit als Privatmann agierte". Auf dem Beschwerdeführer laste aufgrund der "unwahrscheinlichen und unüblichen" Sachverhalte eine erhöhte Mitwirkungspflicht, der er nicht nachgekommen sei, weil er keine ausreichenden Aktivitäten gesetzt habe, um die Vorgänge um das Sparbuch aufzuklären.
In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe die von ihm vorgenommene Kompensationseinrede mit privaten Verbindlichkeiten zu Unrecht als Begründung dafür herangezogen, den in der betrieblichen Sphäre eingetretenen Schadensfall in den Privatbereich des Beschwerdeführers zu verlagern.
Die belangte Behörde ist nach ihrer ausdrücklichen Feststellung von einer erst im Jahr 1994 eingetretenen Kompensationsabsicht ausgegangen. Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass dieser Umstand auf das Streitjahr 1993 von vornherein keinen Einfluss haben konnte. Als werterhellende Umstände sind nämlich nur Tatsachen zu berücksichtigen, die objektiv bereits am Bilanzstichtag bestanden haben, dem Steuerpflichtigen jedoch erst zwischen dem Bilanzstichtag und der Bilanzerstellung bekannt geworden sind. Der nachträgliche Eintritt von Umständen, die am Bilanzstichtag noch nicht vorhanden waren, bleibt bei der Bewertung am Bilanzstichtag außer Ansatz (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1997, 93/14/0177, und vom 30. September 1998, 97/13/0045). Die erst im Jahr 1994 erfolgte "Widmungsänderung" kann daher auf die Frage der Zugehörigkeit der Forderung zum Betriebsvermögen keinen Einfluss haben.
Dennoch führt dieser Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides letztlich nicht zu dessen Rechtswidrigkeit:
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren und in seinen Aussagen vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien wiederholt vorgebracht, das Sparbuch habe als Kostenbeitrag u.a. zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie für das Bauprojekt in G. gedient. Da "aus dem geplanten Bauvorhaben in Niederösterreich nichts geworden ist", sei "eine eventuelle Beteiligung jedenfalls hinfällig" (vgl. die Zeugenaussage des Beschwerdeführers vom 4. Mai 1994 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien). Für den Falle der Projektverwirklichung sei er mit der Erstellung der Kaufverträge betraut worden. Zum Nachweis dieses Vorbringens hat der Beschwerdeführer einen Aktenvermerk seine anwaltliche Betrauung betreffend vorgelegt.
Wie schon unter Punkt 1. ausgeführt, reicht ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem Eingehen finanzieller Verpflichtungen und erhofften Einnahmen aus der anwaltlichen Betrauung nicht hin, von einer betrieblichen Veranlassung von Geldgeschäften sprechen zu können. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren war im Verein mit der Zeugenaussage des Ing. D. wohl ein Zusammenhang der Geldhingabe mit einem gemeinschaftlich geplanten Bauprojekt zu entnehmen. Auf einen solchen Zusammenhang kam es bei der hier zu lösenden Frage des Vorliegens von Betriebsausgaben als Rechtsanwalt aber entscheidend gar nicht an. Zu Recht wurde dem Beschwerdeführer bereits im Betriebsprüfungsbericht sinngemäß vorgehalten, aus dem Aktenvermerk ergebe sich kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer als Gegenleistung für die Betrauung mit der Kaufvertragserrichtung einen Kostenbeitrag, geschweige denn, einen solchen in Form der Hingabe eines Sparbuches zu leisten habe. Der Beschwerdeführer hat dem im Berufungsverfahren nichts entgegen gesetzt. Dass die Realisierung eines Bauprojekts, an dem sich der Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach beteiligen wollte, auch eine Gelegenheit geboten hätte, Einnahmen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt zu erzielen, vermag eine unmittelbare betriebliche Veranlassung der Sparbuchhingabe nicht zu begründen. Wenn die belangte Behörde den (uneinbringlich gewordenen) Rückforderungsanspruch des Beschwerdeführers nach Scheitern des Bauprojektes nicht dem Betriebsvermögen des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt zugeordnet hat, kann dies daher im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Im Hinblick auf den unter Punkt 1. aufgezeigten Begründungsmangel war der Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Gemäß § 49 Abs. 1 VwGG gebührt kein Ersatz des Schriftsatzaufwandes, weil der Beschwerdeführer nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war.
Wien, am 27. November 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998140052.X00Im RIS seit
11.04.2002Zuletzt aktualisiert am
23.02.2015