TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/27 98/14/0018

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Veröffentlicht am 27.11.2001
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §17 Abs4;
UStG 1972 §17;
UStG 1972 §19 Abs2 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der G R in V, vertreten durch Dr. Siegfried Rack, Rechtsanwalt in 9100 Völkermarkt, Münzgasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 25. Juli 1997, Zl. RV 293/1-7/97, betreffend u.a. Umsatzsteuer für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Umsatzsteuer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erklärte für das Streitjahr neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und machte Studienkosten für ihren Sohn Peter als außergewöhnliche Belastung geltend.

Nach Durchführung ergänzender Ermittlungen erhöhte das Finanzamt die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, indem es u.a. geltend gemachte Abschreibungsbeträge verminderte und an den Sohn geleistete Zahlungen für Buchhaltungsarbeiten nur mit einem Teilbetrag von S 6.000,-- anerkannte. Weiters blieben die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung des Sohnes mit der Begründung unberücksichtigt, dass der Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 bereits bei der Veranlagung des Ehemannes berücksichtigt worden sei. Hinsichtlich Umsatzsteuer wurde ein Zehntel der in den Jahren 1983 bis 1987 zugeflossenen Mietvorauszahlung (S 180.000,--) den erklärten Entgelten hinzugerechnet. Ferner wurden geltend gemachte Vorsteuern insoweit nicht anerkannt, als sie auf die Stiegenhausreinigung und auf Bankspesen entfielen, da ein Nachweis über die Inrechnungstellung dieser Vorsteuerbeträge nicht erfolgt sei.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, mit der sie sich gegen die vom Finanzamt vorgenommenen Änderungen wandte und darüber hinaus die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten begehrte. Zudem beantragte die Beschwerdeführerin auch die Studienkosten der Tochter als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, sowie Aufwendungen für eine Krankenversicherung und die Kirchenbeitragszahlungen in voller Höhe als Sonderausgaben anzuerkennen.

Mit Berufungsentscheidung vom 25. Juli 1997 wurde die Berufung hinsichtlich Umsatzsteuer als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Finanzamtes sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten der Beschwerdeführerin abgeändert. Weiters gab die belangte Behörde der Berufung betreffend Einkommensteuer insoweit Folge, als sie die Krankenversicherungsprämien als Sonderausgaben anerkannte.

Hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht der Mietvorauszahlungen wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der Ehemann der Beschwerdeführerin habe in den Jahren 1983 bis 1987 Vorauszahlungen in Höhe von S 1,800.000,-- in Anrechnung auf den Mietzins für die Dauer von 10 Jahren für ein Bestandobjekt an die Beschwerdeführerin geleistet. Die Beschwerdeführerin treffe laut Vereinbarung keine Verpflichtung, bei vorzeitiger Auflösung des Bestandsverhältnisses den mit der Miete noch nicht verrechneten Teil der Vorauszahlung zurückzuzahlen. Dies bewirke einkommensteuerlich ein Zufließen der Mietvorauszahlungen im Jahr der Vereinnahmung. Umsatzsteuerlich sei jedoch zu beachten, dass bei einem (wie im Beschwerdefall) geschuldeten Dauerverhalten die sonstige Leistung laufend und daher anteilig in den einzelnen Voranmeldungszeiträumen erbracht werde. Die Steuerschuld entstehe demnach anteilig in den Voranmeldungszeiträumen. Der Vermietungszeitraum, für den Mietvorauszahlungen erbracht worden seien, erstrecke sich auch auf das Streitjahr. Mit der Erbringung der Vermietungsleistung durch die Beschwerdeführerin im Jahre 1994 sei die Umsatzsteuerschuld anteilig entstanden.

Bemessungsgrundlage sei der anrechenbare monatliche Nettomietzins von S 15.000,--. Das Finanzamt habe daher die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage für die 10 %igen Entgelte zu Recht um S 180.000,-- erhöht. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe im Streitjahr keine Umsatzsteuer vereinnahmt, könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Unrichtig sei die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe bereits in den Jahren, in denen die Mietvorauszahlungen geleistet worden seien, Umsatzsteuer abgeführt. Hinsichtlich der Nichtanerkennung von Vorsteuern wies die belangte Behörde darauf hin, dass in keinem der vorgelegten Belege betreffend Stiegenhausreinigung eine Umsatzsteuer ausgewiesen sei. Auch sei trotz Vorhalts vom 30. November 1995 kein Nachweis dafür erbracht worden, dass im Zusammenhang mit den Bankspesen Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden sei. Bei der Ermittlung der Vorsteuerkürzung sei dem Finanzamt allerdings ein von der belangten Behörde richtig zu stellender Irrtum unterlaufen, weshalb der Umsatzsteuerbescheid insoweit zum Vorteil der Beschwerdeführerin abzuändern sei.

Die Beschwerdeführerin erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der den angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 28. November 1997, B 2427/97, insoweit aufgehoben hat, als darin über die Einkommensteuer abgesprochen worden war. Der Verfassungsgerichtshof habe aus Anlass anderer Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, G 168/96 u. a., jene Bestimmungen aufgehoben, die einer Anerkennung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Studienkosten für zwei Kinder entgegen gestanden seien. Der Fall der Beschwerdeführerin sei einem Anlassfall gleich zu halten und der angefochtene Bescheid daher in Ansehung der Einkommensteuer wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufzuheben. Die Behandlung der Beschwerde gegen den die Umsatzsteuer für 1994 betreffenden Teil des Bescheides lehnte der Verfassungsgerichtshof jedoch ab und trat die Beschwerde insoweit dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Nichtanerkennung von Werbungskosten und Sonderausgaben. Damit verkennt die Beschwerdeführerin den Gegenstand des vorliegenden Beschwerdefalles. Die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt sich wegen der durch den Verfassungsgerichtshof bereits erfolgten Aufhebung des angefochtenen Bescheides in seinem Abspruch über die Einkommensteuer auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin durch die Festsetzung von Umsatzsteuer in ihren Rechten verletzt worden ist.

In dem somit vorgegebenen Prüfungsrahmen bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe die Mietvorauszahlungen der Jahre 1983 bis 1987 zu Unrecht anteilig im Zeitraum der Leistungserbringung der Umsatzsteuer unterzogen. Die Beträge seien im Streitjahr nicht zugeflossen.

Wie Vorauszahlungen für künftige Leistungen umsatzsteuerlich zu behandeln sind, bestimmt sich danach, ob der Unternehmer seine Umsätze gemäß § 17 UStG 1972 nach vereinnahmten oder nach vereinbarten Entgelten besteuert.

Nach der Grundregel des § 19 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG 1972 entsteht die Steuerschuld für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt ist. Maßgebend ist somit der Zeitpunkt der Leistung, wobei der Besteuerung das vereinbarte Entgelt zu Grunde zu legen ist. Der Erhalt von Vorauszahlungen führt zu keiner Steuerschuld. Demgegenüber stellt die so genannte Istbesteuerung eine Besteuerung nach den vereinnahmten Entgelten dar. Für Lieferungen und sonstige Leistungen entsteht die Steuerschuld diesfalls mit Ablauf des Kalendermonates, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist. Damit ist der Zeitpunkt der Bezahlung das ausschließlich maßgebliche Kriterium. Die Steuerschuld entsteht auch dann, wenn im Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung die Leistung noch nicht ausgeführt worden ist.

Ausdrückliche Feststellungen zur Frage, welche Besteuerungsgrundsätze im Beschwerdefall aus welchem Grund zur Anwendung kommen, enthält der angefochtene Bescheid nicht. Die belangte Behörde geht in ihrer rechtlichen Beurteilung jedoch von einer Besteuerung nach Sollgrundsätzen aus und verweist dazu auf die für die Jahre 1980 bis 1987 ergangene und durch das hg. Erkenntnis vom 2. März 1993, 92/14/0182, bestätigte Berufungsentscheidung. In diesem Erkenntnis führt der Gerichtshof im gegebenen Zusammenhang wörtlich Folgendes aus:

"Istbesteuerung gemäß § 17 Abs. 2 UStG und damit Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 Z. 1 lit. b UStG hat die Beschwerdeführerin für den Streitzeitraum nicht behauptet. Der Aktenlage ist erst ein Antrag gemäß § 17 Abs. 2 UStG vom 9. Oktober 1989 'für 1989 und Folgejahre' entnehmbar."

Im angeführten hg. Erkenntnis ist demnach ausdrücklich von einem Antrag der Beschwerdeführerin auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ab dem Jahr 1989 die Rede. Dafür dass ein derartiger Wechsel in der Besteuerungsart tatsächlich stattgefunden hat, spricht auch die im Akt erliegende Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1994, worin sich die Angabe findet, dass die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten erfolge. Wie die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 2. März 1993 ihrer Entscheidung für das Jahr 1994 eine Umsatzsteuerschuld nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 lit. a UStG 1972 (Besteuerung nach Sollgrundsätzen) ohne weitere Begründung zugrunde legen konnte, entzieht sich der Nachvollziehbarkeit durch den Gerichtshof. Dieser Begründungsmangel ist aus folgenden Erwägungen auch wesentlich:

Gemäß § 17 Abs. 4 UStG 1972 hat der Unternehmer im Falle des Überganges von der Besteuerung nach den Solleinnahmen (Sollbesteuerung) zu der Besteuerung nach den vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) die für spätere Umsätze bereits vereinnahmten Entgelte als Umsatz für den ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang zu versteuern. Daraus folgt, dass Entgelte für nach dem Wechsel zur Istbesteuerung ausgeführte Umsätze, die bereits vor dem Wechsel vom Unternehmer vereinnahmt wurden - wie im Beschwerdefall Mietvorauszahlungen - als Umsatz für den ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Übergang zu versteuern sind; für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die (noch nicht versteuerten) Mietvorauszahlungen in der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum nach dem Wechsel der Besteuerungsart den Entgelten dieses Voranmeldungszeitraumes hinzuzurechnen gewesen wären (vgl. Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 17 Tz 43). Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage wäre die anteilige Besteuerung der Mietvorauszahlungen für den Zeitraum der tatsächlichen Leistungserbringung dann zu Unrecht erfolgt, wenn ein Übergang auf die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten bereits vor dem Streitjahr erfolgt sein sollte. Der Hinweis auf das gegenüber der Beschwerdeführerin ergangene hg. Erkenntnis vom 2. März 1993 könnte den angefochtenen Bescheid daher nur dann als rechtens erweisen, wenn auch für das Streitjahr eine Besteuerung nach vereinbarten Entgelten als gegeben vorausgesetzt werden könnte.

Auf Grund des aufgezeigten Begründungsmangels erweist sich der angefochtene Bescheid im Umfang der vom Verfassungsgerichtshof vorgenommenen Abtretung (somit hinsichtlich der Umsatzsteuer) als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998140018.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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