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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des H H, (geb. 10.2.1971), vertreten durch Dr. Marcella Zauner-Groiss und Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Juni 1999, Zl. SD 296/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Juni 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer habe seinen ersten Sichtvermerk mit Gültigkeit vom 6. Mai 1991 bis 6. Mai 1992 erhalten. Ein weiterer Sichtvermerk sei ihm erst mit Gültigkeit vom 16. Juli 1993 bis 30. Dezember 1993 erteilt worden. Seither sei der Beschwerdeführer nicht mehr in den Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich gelangt. Am 12. April 1995 habe er durch einen Cousin die Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung durch die österreichische Vertretungsbehörde in Preßburg beantragt. Dieser Antrag sei rechtskräftig abgewiesen worden. Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei erst wieder aufgrund eines ihm von der österreichischen Botschaft in Belgrad ausgestellten Touristensichtvermerkes, der vom 30. April 1997 bis 30. Mai 1997 Gültigkeit gehabt habe, aktenkundig. Nach Ablauf dieses Sichtvermerkes sei der Beschwerdeführer im Bundesgebiet verblieben und mit Bescheid der Erstbehörde vom 16. Dezember 1997 rechtskräftig ausgewiesen worden. Am 16. Februar 1998 habe der Beschwerdeführer bei der österreichischen Vertretungsbehörde in Budapest persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels eingebracht, welcher mit Bescheid vom 23. Juli 1998 abgewiesen worden sei. Aufgrund eines neuerlichen Touristensichtvermerkes (mit Gültigkeit vom 24. Juni 1998 bis 24. September 1998) sei der Beschwerdeführer wieder in das Bundesgebiet gelangt. Nach Ablauf des Touristensichtvermerkes sei er hier verblieben. Folgende (rechtskräftige) Verwaltungsstrafen gegen den Beschwerdeführer seien aktenkundig und blieben von ihm auch unbestritten:
"Wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in der Zeit vom 07.05.1992 bis 15.06.1993 eine Geldstrafe in der Höhe von ÖS 2.000,--.
Wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in der Zeit vom 31.05.1997 bis 13.08.1997 eine Geldstrafe in der Höhe von ÖS 700,--.
Wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in der Zeit vom 05.02.1998 bis 25.05.1998 eine Geldstrafe in der Höhe von ÖS 600,--.
Vier rechtskräftige Bestrafungen durch das Magistratische Bezirksamt für den 20. Bezirk im Zeitraum vom 27.04.1998 bis 05.01.1999 jeweils wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu Geldstrafen von insgesamt ÖS 52.000,--. Der Beschwerdeführer hatte als handelsrechtlicher Geschäftsführer eines Lokals jeweils Fremde beschäftigt, obwohl diese nicht im Besitz einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz waren."
Auf Grund der angeführten Bestrafungen könne kein Zweifel bestehen, dass der im § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG normierte Tatbestand verwirklicht sei. Bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers sei erschwerend hinzugetreten, dass er darüber hinaus dreimal nach der Gewerbeordnung sowie fünfmal nach dem Bazillenausscheidergesetz seit September 1997 rechtskräftig bestraft worden sei. Die außergewöhnlich hohe Straffälligkeit des Beschwerdeführers, insbesondere innerhalb der letzten beiden Jahre, stelle eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung dar, weshalb sich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise.
Da vom Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht worden seien, sei der vorhandene Akteninhalt heranzuziehen gewesen. Demnach sei der Beschwerdeführer ledig und für niemanden sorgepflichtig. Familiäre Bindungen bestünden lediglich zu einem Bruder, gegen den jedoch ebenfalls ein Aufenthaltsverbot erlassen worden sei. Auch sei ein gemeinsamer Haushalt der beiden Brüder nicht aktenkundig. Auf Grund des mehrjährigen, wenn auch unterbrochenen und größtenteils unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, da er zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei. Durch die Vielzahl der angeführten Bestrafungen komme die außerordentliche Geringschätzung der österreichischen Rechtsordnung durch den Beschwerdeführer zum Ausdruck. Geradezu beharrlich setze er sich nicht nur über maßgebliche Bestimmungen des Fremdenrechtes, sondern auch über die zum Schutz eines geordneten Arbeitsmarktes aufgestellten Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hinweg. Diesen Rechtsvorschriften komme jedoch aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Angesichts der Vielzahl von Rechtsbrüchen könne daher kein Zweifel bestehen, dass sich die gegenständliche Maßnahme als dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erweise. Bei der gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ableitbare Integration Bedacht zu nehmen. Gleichzeitig sei jedoch zu berücksichtigen gewesen, dass diese angesichts des überwiegend unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers erheblich an Gewicht gemindert gewesen sei. Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet seien letztlich auch angesichts des Mangels relevanter familiärer Bindungen keinesfalls ausgeprägt. Seine Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer habe diesbezüglich außer Betracht zu bleiben, da diese die private Interessenlage eines Fremden nicht zu verstärken vermöge. Diesen insgesamt sohin erheblich an Gewicht geminderten persönlichen Interessen sei das hoch zu veranschlagende maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und Arbeitsmarktes gegenübergestanden. Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zu der Ansicht gelangt, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung begründete öffentliche Interesse an seinem Verlassen des Bundesgebietes. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich sohin auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig. Ein Sachverhalt gemäß § 38 FrG sei nicht gegeben gewesen.
Da auch sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde angesichts des vorliegenden Sachverhalts von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Ansicht der belangten Behörde gerechtfertigt. Angesichts des dargelegten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung der gegenständlichen Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer lässt die im bekämpften Bescheid festgestellten rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen unbestritten. In Anbetracht der vier festgestellten Bestrafungen wegen - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - auf § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gestützten und daher als schwerwiegend zu wertenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 2001, Zl. 98/18/0125) Übertretungen des AuslBG sowie der drei festgestellten Bestrafungen wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes - entgegen der Beschwerde handelt es sich bei derartigen Verstößen gegen das FrG nach der hg. Rechtsprechung ebenfalls um als schwerwiegend zu wertende Übertretungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0095) - ist die Auffassung der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG gegeben seien, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Angesichts des den sieben rechtskräftigen Bestrafungen zu Grunde liegenden Fehlverhaltens hat die belangte Behörde im Beschwerdefall auch zu Recht die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet, hat doch der Beschwerdeführer dadurch sowohl das große öffentliche Interesse an der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. August 2001, Zl. 99/18/0019) als auch das im Licht des Art. 8 Abs. 2 EMRK ebenfalls einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen (vgl. nochmals das genannte hg. Erkenntnis vom 21. September 2000) gravierend beeinträchtigt, zumal die innerhalb eines Zeitraumes von lediglich acht Monaten gesetzten vier Übertretungen des AuslBG eine besondere Arglosigkeit des Beschwerdeführers bezüglich der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und die genannten mehrmaligen rechtskräftigen Bestrafungen wegen unerlaubten Aufenthaltes bezüglich der Einhaltung der Bestimmungen des FrG erkennen lassen. Dazu kommt noch, dass der Beschwerdeführer - ebenfalls unbestritten - dreimal nach der Gewerbeordnung sowie fünfmal nach dem Bazillenausscheidergesetz rechtskräftig bestraft wurde.
2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung der belangten Behörde gemäß § 37 FrG und bringt diesbezüglich vor, dass er sich insgesamt doch über acht Jahre in Österreich aufgehalten habe und deswegen von einem hohen privaten Interesse an seinem Weiterverbleib im Bundesgebiet auszugehen sei, zumal sein gesamtes soziales Umfeld wie auch seine gesamten finanziellen Interessen in Österreich bestünden. Seine finanziellen Interessen lägen in dem von ihm betriebenen Lokal, sein gesamter Freundeskreis befinde sich in Österreich. Es möge richtig sein, dass er ledig sei und keine Familienangehörigen habe, um so mehr sei für ihn als alleinstehende Person sein soziales Umfeld und sein Berufsleben Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Gerade für jemanden, der keine engen Familienmitglieder habe und nicht verheiratet sei, sei das sonstige soziale Umfeld, das auf Grund jahrelangen Aufenthalts in einem Land entstehe, um so bedeutsamer.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. In der Beschwerde wird eingeräumt, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine Familienangehörigen verfüge. Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie auf Grund des mehrjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich die Ansicht vertreten hat, mit dem vorliegenden Aufenthaltsverbot sei ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden. Angesichts seines besagten gravierenden Fehlverhaltens (vgl. oben II.1.) ist die belangte Behörde aber auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten ist. Die aus seinem Aufenthalt ableitbare Integration des Beschwerdeführers ist in ihrem Gewicht dadurch gemindert, dass sein Aufenthalt nach dem angefochtenen Bescheid (von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen) größtenteils unrechtmäßig war, und von ihm trotz rechtskräftiger Bestrafungen wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht beendet wurde. Weiters ist die für die Integration des Beschwerdeführers maßgebliche soziale Komponente durch diese Verstöße sowie durch die vier Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erheblich gemindert. Die solcherart relativierten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet vermögen das besagte große öffentliche Interesse an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes - auch unter Berücksichtigung einer allfälligen Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer - nicht aufzuwiegen, weshalb auch § 37 Abs. 2 FrG diesem Aufenthaltsverbot nicht entgegen steht.
3. Aus der Beschwerde wie auch aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit den vorgelegten Verwaltungsakten ergeben sich keine besonderen Umstände, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
4. Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich auch gegen die zehnjährige Befristung des Aufenthaltsverbotes. Ein Aufenthaltsverbot ist - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 99/18/0226). Wie dargestellt, hat der Beschwerdeführer eine Vielzahl von Verwaltungsübertretungen - darunter vier schwerwiegende Übertretungen des AuslBG sowie drei schwerwiegende Übertretungen des FrG - gesetzt. Von daher ist die Auffassung der belangten Behörde, dass der Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe nicht vor Ablauf der festgesetzten Gültigkeitsdauer erwartet werden könne, nicht als rechtsirrig zu erkennen.
5. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. November 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999180295.X00Im RIS seit
13.03.2002Zuletzt aktualisiert am
28.09.2011