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21/05 Börse;Norm
BörseG 1989 §32 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des EZ in B, vertreten durch Boller Langhammer Schubert, Rechtsanwälte OEG in Wien I, Kärntnerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 20. November 1997, Zlen. GA 15- 93/1284/01 und 15-93/1285/01, betreffend u.a. Gewerbesteuer für die Jahre 1989 und 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog in den Streitjahren Einkünfte als nach § 32 des Börsegesetzes 1989, BGBl. Nr. 1989/555, bestellter Börsesensal. Die "Courtage-Erlöse" beliefen sich 1989 auf rd. 22 Mio. S und 1990 auf rd. 26 Mio. S.
Im angefochtenen Bescheid wird zur "Einstufung der Einkünfte aus der Tätigkeit als Börsesensal als solche aus Gewerbebetrieb bzw. Annahme der Gewerbesteuerpflicht" ausgeführt, im Zusammenhang mit der Beschwerde eines anderen Börsesensales habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 3. Februar 1993, 92/13/0296, die Einstufung dieser Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb als zutreffend beurteilt. Das Berufungsvorbringen gegen die Beurteilung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb und der daraus resultierenden Gewerbesteuerpflicht erweise sich daher als unbegründet.
Unter dem Titel "Ausscheidung von bestimmten Teilen der Einkünfte aus der Tätigkeit als Börsesensal aus den Einkünften aus Gewerbebetrieb" wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in eventu die Ausscheidung von Teilen seiner Einkünfte als Börsesensal aus den Einkünften aus Gewerbebetrieb und deren Belassung als Einkünfte aus selbständiger Arbeit beantragt, weil es sich bei diesen Beträgen um nachträgliche Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit iS des § 32 Z. 2 EStG 1988 gehandelt habe. Betroffen seien die anteiligen Pooleinnahmen 12/1988, Auflösungen der Investitionsrücklagen aus den Jahren 1985 und 1986 sowie Erträge von Wertpapieren, die zur Verwendung von steuerfrei gelassenen Beträgen gemäß § 9 Abs. 4 bis 9 EStG 1972 als Freiberufler angeschafft worden seien. Das Berufungsbegehren erweise sich nach Ansicht der belangten Behörde schon deshalb als verfehlt, weil die Tätigkeit als Börsesensal ab 1989 keineswegs eingestellt worden sei und aus diesem Grund von keiner ehemaligen Tätigkeit nach § 32 Z. 2 EStG 1988 gesprochen werden könne. Auch sei keine wesentliche Änderung der Tätigkeit des Beschwerdeführers Grund für die geänderte Einstufung seiner Einkünfte gewesen, sondern eine durch die Anwendung der Bestimmungen des EStG 1988 gegenüber dem EStG 1972 geänderte Beurteilung der Einkünfte. Wie seitens der Betriebsprüfung zutreffend dargelegt worden sei, scheine der Beruf des Beschwerdeführers unter den in § 22 EStG 1988 angeführten Berufen nicht auf. Es bestehe auch zur Tätigkeit eines staatlich befugten und beeideten Ziviltechnikers keine unmittelbare Ähnlichkeit. Damit erweise sich das Eventualbegehren, es mögen mit den Vorjahren im Zusammenhang stehende Teile der Einkünfte auch in den Jahren 1989 und 1990 wie bisher als Einkünfte aus selbständiger Arbeit eingestuft und gleichzeitig aus der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ausgeschieden werden, als unbegründet.
In der Beschwerde sieht der Beschwerdeführer die Rechtsverletzung darin, dass seine in den Veranlagungszeiträumen 1989 und 1990 erzielten Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb qualifiziert, er demgemäß zur Bezahlung von Gewerbesteuer verhalten worden sei und weiters solche Einkünfte, die aus "meiner anerkanntermaßen freiberuflichen Tätigkeit als Börsesensal vor dem 31.12.1988 herrühren", der Gewerbebesteuerung unterzogen worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zutreffend nahm die belangte Behörde Bezug auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 1993, 92/13/0296, in dem u.a. betreffend das Veranlagungsjahr 1989 die Gewerbesteuerpflicht eines nach dem Börsegesetz tätigen Börsesensales bejaht wurde. Wie in dem damals entschiedenen Beschwerdefall gibt auch der nunmehrige Beschwerdeführer selbst keinen der im § 22 Z. 1 EStG 1988 angeführten freien Berufe an, dem sich der Börsesensal zuordnen ließe. Das Beschwerdevorbringen läuft im Wesentlichen darauf hinaus, ein allgemeines für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 23 Z. 1 EStG 1988 erforderliches Merkmal, nämlich die "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" in Frage zu stellen.
Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist anzunehmen, wenn sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen prinzipiell auf eine unbestimmte Zahl von Personen erstreckt, mag er auch zeitweise nur mit einer begrenzten Zahl von Personen oder gar nur mit einem einzelnen Auftraggeber in Verbindung treten (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I7, 42, mwN). Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist etwa auch dann erfüllt, wenn die Tätigkeit nur gegenüber einem einzigen Auftraggeber, jedoch längere Zeit hindurch entfaltet wird. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr würde lediglich dann nicht vorliegen, wenn die Tätigkeit so beschaffen wäre, dass sie ihrer Art nach Geschäftsbeziehungen nur mit einem einzigen Partner ermöglichte (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juli 2000, 95/14/0161).
Der Beschwerdeführer war an der Börse als Börsesensal tätig und hat für die geleisteten Tätigkeiten so genannte "Courtage-Erlöse" (Mäklergebühren nach § 39 Börsegesetz) erzielt. Dass nach dem Beschwerdevorbringen nur ein ganz enger, vorbestimmter Personenkreis Kauf- oder Verkaufsorders zulässigerweise erteilen kann, jeder Börsesensal von Kauf- bzw. Verkaufsaufträgen nur insoweit betroffen sein kann, als sie die ihm zugewiesenen Aktien angehen und er damit weder in sachlicher noch persönlicher Hinsicht irgendeine Möglichkeit besitzt, seinen Aufgabenbereich zu erweitern, sondern ihm dieser gesetzlich bzw. behördlich zugewiesen ist, bedeutet nicht, dass die vom Beschwerdeführer erbrachte Leistung ihrer Art nach nicht geeignet wäre, eine Auftragserteilung nicht nur durch einen einzigen Auftraggeber zu ermöglichen. Ob die Tätigkeit eines Börsesensales auf die Ausübung seines Amtes im Börsensaal beschränkt, ihm selbst jegliche Akquisition innerhalb jenes Personenkreises, von dem Kauf- oder Verkaufsaufträge ausgehen, verboten oder durch eine "Poolung der Einnahmen" sämtlicher an der Börse tätigen Sensale jegliche Konkurrenz ausgeschaltet ist, ist in diesem Zusammenhang ebenso wenig von wesentlicher Bedeutung, wie eine im Lauf der Jahre (vor allem durch die Einführung des computergesteuerten Ordersystems "Pats") reduzierte berufliche Tätigkeit eines Sensals auf eine "rein rechnerische Koordinierung von Kauf- und Verkaufsaufträgen". Mögen die Tätigkeiten eines Börsesensales durch den Wandel des Berufsbildes auch eine Änderung erfahren haben oder "fernab des allgemeinen Wirtschaftslebens" stattfinden, stellen sie doch auf den für sie relevanten - wenn auch in mehrfacher Weise eingeschränkten - Markt eine auch nachgefragte Leistung dar.
Die Beschwerde zeigt somit in der Frage der Qualifizierung der Einkünfte des Beschwerdeführers als solche aus Gewerbebetrieb und demgemäß der Heranziehung zur Gewerbesteuer keine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid auf.
Zur Begründung des Eventualbegehrens auf Ausscheidung bestimmter Teile der Einkünfte aus der Tätigkeit als Börsesensal aus den Einkünften aus Gewerbebetrieb geht der Beschwerdeführer davon aus, dass seine geschäftliche Tätigkeit als Freiberufler mit dem erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1989 anzuwendenden EStG 1988 "ex lege" beendet worden sei. Die aus der Zeit vor 1989 stammenden Einnahmen stellten gemäß § 32 Z. 2 EStG 1988 Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit dar und seien somit jedenfalls als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu versteuern.
Diese Ausführungen gehen schon deshalb ins Leere, weil eine "legistisch erzwungene Veränderung der Einstufung der Einkünfte" durch das EStG 1988 (gegenüber dem EStG 1972) keineswegs vorliegt. Die belangte Behörde hat zwar bis einschließlich 1988 nach Maßgabe eines Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom 26. Juli 1957, Zl. 166.909-9/56, der vor dem rechtlichen Hintergrund des § 18 EStG 1953 die Tätigkeit eines Börsesensales zu den freien Berufen iS des § 18 EStG 1953 rechnete, auch im Geltungsbereich des EStG 1972 die Einkünfte des Beschwerdeführers der selbständigen Arbeit nach § 22 EStG 1972 zugerechnet. Diese Einkünftequalifikation fand aber keine gesetzliche Grundlage in der letztzitierten Gesetzesbestimmung, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit auch im Geltungsbereich des EStG 1972 nur dann gesprochen werden konnte, wenn die zu beurteilende Tätigkeit einer bestimmten der im § 22 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. aufgezählten Tätigkeiten unmittelbar ähnlich war (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1981, 17/3057/79). Die Einkünfte des Beschwerdeführers als Börsesensal wären daher zutreffend auch im Geltungsbereich des EStG 1972 als auch der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu beurteilen gewesen (vgl. Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 34 zu § 22).
Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. November 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998130059.X00Im RIS seit
03.04.2002