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83 Natur- und UmweltschutzNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung einerMaßnahmenbeschwerde gegen die abfallpolizeiliche Anordnung derRäumung einer Grundfläche von gefährlichen Abfällen; willkürlicheBeurteilung des Liegenschaftseigentümers als Anlageninhaber im Sinnedes Abfallwirtschaftsgesetzes 2002; Beendigung des Mietverhältnisseszum früheren Anlagenbetreiber sowie dessen Konkurs kein ausreichenderGrund für die Annahme des Übergangs der AnlageninhaberschaftSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die ÖSTAB Abfallbeseitigungsgesellschaft mbH & Co KG (im Folgenden: ÖSTAB) hat auf einem vom (inzwischen verstorbenen) Liegenschaftseigentümer seit dem Jahr 1985 gemieteten Areal in Wien mit einer Fläche von 3.453 m² eine (abfallbehördlich genehmigte) Abfallbehandlungsanlage betrieben, in der sowohl gefährliche als auch nicht gefährliche Abfälle (zT nicht genehmigungskonform) gelagert und behandelt wurden.römisch eins. 1. Die ÖSTAB Abfallbeseitigungsgesellschaft mbH & Co KG (im Folgenden: ÖSTAB) hat auf einem vom (inzwischen verstorbenen) Liegenschaftseigentümer seit dem Jahr 1985 gemieteten Areal in Wien mit einer Fläche von 3.453 m² eine (abfallbehördlich genehmigte) Abfallbehandlungsanlage betrieben, in der sowohl gefährliche als auch nicht gefährliche Abfälle (zT nicht genehmigungskonform) gelagert und behandelt wurden.
Wegen längerfristig aufgelaufener Mietzinsrückstände (monatlich rund € 4.800,-) brachte der Liegenschaftseigentümer im Jahr 2004 gegen die Anlagenbetreiberin Klage auf Bezahlung der aushaftenden Beträge sowie auf Räumung des Hauptgebäudes des Mietgegenstandes (samt Auflösungserklärung gemäß §1118 ABGB) bei Gericht ein. Nach Angaben der beschwerdeführenden Partei sind Mietzinsforderungen iHv insgesamt € 304.755,83 nach wie vor offen. Das (End-)Urteil sei (nach Fällung eines Teilurteils im Jahr 2005) noch nicht ergangen.
Über die ÖSTAB wurde im August 2005 Konkurs eröffnet. Nach Verteilung des Massevermögens an die Gläubiger und (nicht befolgter) konkursgerichtlicher Anordnung der Anlagenschließung (mit Beschluss vom 2.9.2005) wurde der Konkurs (rechtskräftig mit 15.5.2006) aufgehoben; am 5. Juli 2006 erfolgte die Löschung der ÖSTAB aus dem Firmenbuch.
Mit Schreiben vom 10. März 2006 anerkannte der Masseverwalter der ÖSTAB die mit dem erwähnten Räumungsbegehren verbundene Auflösungserklärung betreffend die Mietrechte der ÖSTAB am Bestandsobjekt; die Berichtigung aushaftender Mietzinse sowie die Räumung des Bestandsobjekts sind indes unterblieben.
2. Die Anlage wurde u.a. am 24. Mai 2006 gemäß §62 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) idF BGBl. I 34/2006 einer abfallbehördlichen Revision unterzogen, aus deren Anlass gegenüber dem Liegenschaftseigentümer (als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) gemäß Abs4 leg.cit. abfallpolizeiliche Sofortmaßnahmen (vollständige Umzäunung des Geländes zur Verhinderung des Betretens durch Unbefugte, Umlagerung von in - im Freien gelagerten - Fässern befindlichen Abfällen, Entsorgen angesammelter Öl-Wasser-Emulsionen) angeordnet und im Wege einer Ersatzvornahme auf Kosten des Grundeigentümers am 2. Die Anlage wurde u.a. am 24. Mai 2006 gemäß §62 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 34 aus 2006, einer abfallbehördlichen Revision unterzogen, aus deren Anlass gegenüber dem Liegenschaftseigentümer (als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) gemäß Abs4 leg.cit. abfallpolizeiliche Sofortmaßnahmen (vollständige Umzäunung des Geländes zur Verhinderung des Betretens durch Unbefugte, Umlagerung von in - im Freien gelagerten - Fässern befindlichen Abfällen, Entsorgen angesammelter Öl-Wasser-Emulsionen) angeordnet und im Wege einer Ersatzvornahme auf Kosten des Grundeigentümers am
30. und 31. Mai 2006 durchgeführt wurden (wogegen die beschwerdeführende Partei - ebenfalls [protokolliert zu B340/07 und zu B428/08] - beim Verfassungsgerichtshof Beschwerden eingebracht hat).
Am 28. Juli 2006 und am 31. Juli 2006 fanden (neuerliche) behördliche Begehungen des Areals statt, nachdem kurz davor Umweltaktivisten das Gelände wiederholt zur Abhaltung medienwirksamer Protestaktionen illegal betreten hatten. Im Rahmen einer am 2. August 2006 durchgeführten Ortsverhandlung wurde gegenüber dem nach dem Inhalt des Bezug habenden Protokolls als Anlageninhaber qualifizierten Liegenschaftseigentümer N. L. vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 22, (für den Landeshauptmann von Wien) gemäß §62 Abs4 AWG 2002 - abermals in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - wegen Gefahr im Verzug der (mündliche) Auftrag zur unverzüglichen Räumung der Liegenschaft von gefährlichen Abfällen sowie zur Absperrung des Areals erteilt.
Da der Liegenschaftseigentümer bekannt gab, dem behördlichen Auftrag nicht Folge zu leisten, veranlasste die Behörde gemäß §62 Abs4 AWG 2002 die sofortige Durchführung der Maßnahmen durch die Magistratsabteilung 68/Feuerwehr, einen privaten Wachdienst und ein Unternehmen für Abfallräumung; die letztlich vorgenommene Totalräumung des Geländes von sämtlichen Abfällen nahm mehrere Wochen in Anspruch; bereits im Vorfeld der Auftragserteilung ging die Behörde in einer Kostenschätzung von einem finanziellen Aufwand iHv rd. € 1 Mio. aus.
3. Gegen die Anordnung der Maßnahmen erhob (ersichtlich) die Verlassenschaft nach dem am 6. August 2006 verstorbenen N. L. (als dessen Rechtsnachfolgerin) beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (im Folgenden: UVS) Maßnahmenbeschwerde, die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Bescheid vom 1. August 2007 als unbegründet abgewiesen wurde: Der Liegenschaftseigentümer (bzw. die Verlassenschaft) sei zu Recht als Anlageninhaber in Anspruch genommen worden, in der Anlage würden nach wie vor Abfälle gelagert, die Anlage werde folglich betrieben, weshalb die Behörde berechtigt gewesen sei, gegenüber N. L. bzw. seiner Rechtsnachfolgerin Anordnungen gemäß §62 Abs4 AWG 2002 zu treffen.
Zur entscheidenden Frage der Verpflichtung des Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei nach §62 AWG 2002 wird wörtlich ausgeführt:
"Der Begriff des Betriebs- oder Anlageninhabers nach AWG ist jenem nach der Gewerbeordnung nachgebildet (vgl. VwGH 26.2.1998, 97/07/0172). Das Anknüpfen an die bloße Inhaberschaft bezweckt in erster Linie, dass ein Verantwortlicher immer verfügbar ist und verweist auf das Zivilrecht, wonach ein Besitzwille ('animus possedendi') nicht erforderlich ist. Aus dem Zivilrecht ergibt sich auch, dass bei Beendigung eines Mietverhältnisses der Eigentümer die Bestandsache innehat, mag er nun einen Schlüssel besitzen oder nicht. Zurecht verweist die belangte Behörde hiezu auf 984 BlgNR, XXI GP, wo der Begriff des Inhabers erläutert wird. Die Überleitung dieses terminus behelfs des Zivilrechts analog zu §309 ABGB stößt bei der erkennenden Behörde auf keine Bedenken. Die von den BfV hiezu relevierten Erwägungen zu §51 AWG 2002 iV §83 GewO verfehlen somit ihre angestrebte rechtl Argumentation des unrichtigen Anordnungsadressaten. Die weiteren Ausführungen der BfV zu Haftungsfragen sind im öffentl rechtl Verfahren nicht näher zu erörtern. "Der Begriff des Betriebs- oder Anlageninhabers nach AWG ist jenem nach der Gewerbeordnung nachgebildet vergleiche VwGH 26.2.1998, 97/07/0172). Das Anknüpfen an die bloße Inhaberschaft bezweckt in erster Linie, dass ein Verantwortlicher immer verfügbar ist und verweist auf das Zivilrecht, wonach ein Besitzwille ('animus possedendi') nicht erforderlich ist. Aus dem Zivilrecht ergibt sich auch, dass bei Beendigung eines Mietverhältnisses der Eigentümer die Bestandsache innehat, mag er nun einen Schlüssel besitzen oder nicht. Zurecht verweist die belangte Behörde hiezu auf 984 BlgNR, römisch XXI GP, wo der Begriff des Inhabers erläutert wird. Die Überleitung dieses terminus behelfs des Zivilrechts analog zu §309 ABGB stößt bei der erkennenden Behörde auf keine Bedenken. Die von den BfV hiezu relevierten Erwägungen zu §51 AWG 2002 iV §83 GewO verfehlen somit ihre angestrebte rechtl Argumentation des unrichtigen Anordnungsadressaten. Die weiteren Ausführungen der BfV zu Haftungsfragen sind im öffentl rechtl Verfahren nicht näher zu erörtern.
Der verstorbene Liegenschaftseigentümer und nunmehr die beschwerdeführende Verlassenschaft sind daher Inhaber der auf ihrem Grundstück gelegenen Abfallbehandlungsanlage und der darin enthaltenen Abfälle, unbeschadet der mittlerweile in Konkurs gegangenen Firma ÖSTAB. ..."
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
Die beschwerdeführende Partei rügt zunächst die denkunmögliche Anwendung des §62 Abs4 AWG 2002: Der UVS habe es insbesondere unterlassen, die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Verpflichtung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu prüfen.
Im Übrigen werde das Erfordernis der wirtschaftlichen Zumutbarkeit durch die Vorschrift des §74 Abs2 AWG 2002 konkretisiert; der UVS habe das Vorliegen der in dieser Bestimmung festgelegten Haftungsvoraussetzungen nicht geprüft und durch Anwendung des §62 AWG 2002 die in §74 leg.cit. normierte Schranke für behördliches Handeln umgehen wollen. Die rechtliche Argumentation der Behörde in Bezug auf die Verantwortlichkeit des Liegenschaftseigentümers ziele darauf ab, eine amtswegige Entfernung der Abfälle gemäß §74 Abs5 AWG 2002 zu verhindern. Im Ergebnis führe die Interpretation des UVS dazu, dass der Liegenschaftseigentümer für vom Mieter auf dem Bestandsobjekt zurückgelassene Abfälle schrankenlos hafte.
Darüber hinaus habe sich der UVS bei Auslegung des Begriffes des Anlageninhabers an jenem des bloßen Sachinhabers gemäß §309 ABGB orientiert; für die Anlageninhabereigenschaft nach §62 Abs4 AWG 2002 könne es jedoch nicht auf die in diesem Zusammenhang von der Behörde herangezogene Auflösung des Mietverhältnisses durch Einbringung einer Mietzins- und Räumungsklage ankommen. Die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche gegen einen Vertragspartner könne keine anlagenrechtlichen Konsequenzen dahingehend auslösen, dass der Eigentümer als neuer Anlageninhaber zu qualifizieren sei. Eine solche - verfassungswidrige - Auslegung des §62 Abs4 AWG 2002 würde den Eigentümer hindern, seine zivilrechtlichen Ansprüche durchzusetzen.
Der UVS habe ferner zu Unrecht das Vorliegen eines aufrechten Betriebes der Abfallbehandlungsanlage angenommen; die Behörde gehe aufgrund der vom Mieter zurückgelassenen Abfälle vom Weiterbetrieb der Anlage sowie von der Anwendbarkeit des §62 Abs4 AWG 2002 aus, ohne zu berücksichtigen, dass der Grundstückseigentümer die Anlage selbst weder betrieben hat, noch betreiben wollte oder (mangels fachlicher Befähigung) betreiben durfte. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei die Anlage spätestens seit 2. September 2005 (Datum des Beschlusses des Konkursgerichtes, mit dem die Schließung angeordnet wurde) nicht mehr in Betrieb gestanden.
Schließlich fehle dem behördlichen Auftrag die erforderliche Bestimmtheit und habe es der UVS verabsäumt, sich mit dem Parteienvorbringen (insb. zur jahrelangen behördlichen Untätigkeit und zur Frage des Vorliegens von Gefahr im Verzug) auseinanderzusetzen. Die bekämpfte Anordnung der Totalräumung sei im Hinblick auf die (bloße) Gefahr des Betretens des Geländes durch unbefugte Personen überschießend.
5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I 102/2002 idF BGBl. I 34/2006, lauten:römisch II. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, Bundesgesetzblatt Teil eins, 102 aus 2002, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 34 aus 2006,, lauten:
"Überwachung von Behandlungsanlagen
§62. (1) Die Behörde hat Behandlungsanlagen, die gemäß den §§37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig sind, längstens alle fünf Jahre zu überprüfen.
"8. Abschnitt
Behandlungsaufträge, Überprüfung
Behandlungsauftrag
§73. (1)
hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich der Untersagung des rechtswidrigen Handelns, dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen.
Subsidiäre Haftung für Behandlungsaufträge
§74. (1) Ist der gemäß §73 Verpflichtete nicht feststellbar, ist er zur Erfüllung des Auftrags rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen nicht beauftragt werden, so ist der Auftrag nach Maßgabe der folgenden Absätze dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Abfälle befinden, zu erteilen. Ersatzansprüche des Liegenschaftseigentümers an den gemäß §73 Verpflichteten bleiben unberührt.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften wurden nicht vorgebracht und sind aus Anlass des vorliegenden Falles auch nicht entstanden (vgl. im Übrigen zu §§18 und 32 AWG 1990 VfSlg. 14.263/1995). 1. Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften wurden nicht vorgebracht und sind aus Anlass des vorliegenden Falles auch nicht entstanden vergleiche im Übrigen zu §§18 und 32 AWG 1990 VfSlg. 14.263/1995).
2. Dem UVS ist jedoch bei Beurteilung des Liegenschaftseigentümers als Anlageninhaber - und damit als (gemäß §62 Abs4 AWG 2002 heranzuziehender) Adressat des maßgeblichen Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - ein gravierender, den angefochtenen Bescheid mit Willkür belastender Begründungsfehler unterlaufen.
2.1. Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde in die Verfassungssphäre reichende Willkür vorzuwerfen ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen; ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im Einzelfall entnommen werden (zB VfSlg. 17.903/2006; VfGH 17.6.2008, B1054/07 mwN). Ein (objektiv) willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht nur dann vor, wenn der angefochtene Bescheid etwa wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 11.436/1987, 12.030/1989, 14.394/1995), sondern u.a. auch dann, wenn die Behörde in einem Bescheid Gründe anführt, denen in Wahrheit kein Begründungswert zukommt (zB VfSlg. 13.302/1992, 14.506/1996, 17.230/2004), oder eine Begründung wählt, die überhaupt nicht nachvollziehbar ist (zB VfGH 17.6.2008, B1054/07).
2.2. §62 AWG 2002 regelt in seinen Abs2 bis 4 den behördlichen Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands im Fall eines konsenswidrigen Betriebes einer Behandlungsanlage. Bei Gefahr im Verzug hat die Behörde die geeigneten Maßnahmen in Anwendung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Inhaber der Anlage nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen (Abs4).
Adressat einer Anordnung nach dieser Vorschrift kann somit nur der Anlageninhaber sein; der Begriff des "Inhabers" einer Anlage wird im Gesetz nicht näher definiert, aber durchgängig für diejenige (physische oder juristische) Person verwendet, welche die Anlage betreibt oder zumindest die Sachherrschaft über die Anlage hat (vgl. Erläut. zur RV 984 BlgNR 21. GP, 87, 103; ferner VwGH 13.12.2007, 2006/07/0084). Adressat einer Anordnung nach dieser Vorschrift kann somit nur der Anlageninhaber sein; der Begriff des "Inhabers" einer Anlage wird im Gesetz nicht näher definiert, aber durchgängig für diejenige (physische oder juristische) Person verwendet, welche die Anlage betreibt oder zumindest die Sachherrschaft über die Anlage hat vergleiche Erläut. zur RV 984 BlgNR 21. GP, 87, 103; ferner VwGH 13.12.2007, 2006/07/0084).
2.3. Die Annahme der belangten Behörde, dass N. L. nach Wegfall der Anlagenbetreiberin zufolge Konkurses und nachfolgender Löschung aus dem Firmenbuch aufgrund seiner Rechtsposition als Eigentümer des Betriebsgrundstückes und vormaliger Bestandgeber der früheren Anlagenbetreiberin zum Inhaber der Anlage geworden ist, lässt aus folgenden Erwägungen eine nachvollziehbare Begründung vermissen:
Wie oben dargelegt (Pkt. I.3.), bejaht der UVS die Richtigkeit der Einstufung des (verstorbenen) Grundstückseigentümers (und Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei) als Anordnungsadressat zunächst unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (demzufolge der Begriff des Anlageninhabers nach dem AWG den Vorschriften nach der GewO nachgebildet sei) und unter Verweis auf die (Erläuterungen zur) RV zum AWG 2002 zum Begriff des "Inhabers", ohne auszuführen, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die hier entscheidende Frage der Anlageninhabereigenschaft des Eigentümers der Betriebsliegenschaft ergeben. Der bloße Verweis auf die Gesetzesmaterialien genügt zur Begründung dessen Anlageninhabereigenschaft indes nicht. Schon deshalb fehlt dem angefochtenen Bescheid eine plausible Begründung für die Annahme, dass N. L. nur zufolge seiner Stellung als Eigentümer des Grundstückes, auf dem sich die Behandlungsanlage befindet, (unabhängig von seinem Willen) zum Anlageninhaber iSd §62 Abs4 AWG 2002 geworden ist. Auch die im angefochtenen Bescheid weiters angestellten Überlegungen zur Beendigung von Bestandverhältnissen nach den Regeln des Privatrechts vermögen weder für sich noch iVm den übrigen Ausführungen eine tragfähige Grundlage für die Annahme des Überganges der Anlageninhaberschaft auf den Grundstückseigentümer N. L. zu liefern. Wie oben dargelegt (Pkt. römisch eins.3.), bejaht der UVS die Richtigkeit der Einstufung des (verstorbenen) Grundstückseigentümers (und Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei) als Anordnungsadressat zunächst unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (demzufolge der Begriff des Anlageninhabers nach dem AWG den Vorschriften nach der GewO nachgebildet sei) und unter Verweis auf die (Erläuterungen zur) RV zum AWG 2002 zum Begriff des "Inhabers", ohne auszuführen, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die hier entscheidende Frage der Anlageninhabereigenschaft des Eigentümers der Betriebsliegenschaft ergeben. Der bloße Verweis auf die Gesetzesmaterialien genügt zur Begründung dessen Anlageninhabereigenschaft indes nicht. Schon deshalb fehlt dem angefochtenen Bescheid eine plausible Begründung für die Annahme, dass N. L. nur zufolge seiner Stellung als Eigentümer des Grundstückes, auf dem sich die Behandlungsanlage befindet, (unabhängig von seinem Willen) zum Anlageninhaber iSd §62 Abs4 AWG 2002 geworden ist. Auch die im angefochtenen Bescheid weiters angestellten Überlegungen zur Beendigung von Bestandverhältnissen nach den Regeln des Privatrechts vermögen weder für sich noch in Verbindung mit den übrigen Ausführungen eine tragfähige Grundlage für die Annahme des Überganges der Anlageninhaberschaft auf den Grundstückseigentümer N. L. zu liefern.
Die belangte Behörde hat es in diesem Zusammenhang zudem verabsäumt, sich mit dem durchgängigen (und in der Maßnahmenbeschwerde hervorgehobenen) Vorbringen des N. L. bzw. der beschwerdeführenden Partei, wonach N. L. die Anlage nie betrieben und auch niemals den Willen gehabt habe, diese Anlage zu betreiben oder als eigene Sache innezuhaben, auseinanderzusetzen. Anders als die belangte Behörde meint, wurde der Liegenschaftseigentümer nicht durch die bloße Beendigung des Mietverhältnisses zum Anlageninhaber.
2.4. Daraus erhellt, dass sich der UVS bei Bejahung der Zulässigkeit der Heranziehung des Liegenschaftseigentümers als Anlageninhaber - aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofes - auf keine hinreichend plausiblen Begründungselemente zu stützen vermochte und wesentliche Argumente der Maßnahmenbeschwerde übergangen hat. Dies fällt bei einer Entscheidung über einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit weit reichenden Folgen (wie hier) besonders ins Gewicht. Dem UVS ist deshalb insoweit (objektive) Willkür vorzuwerfen.
3. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Beschwerdeeinwände eingegangen werden musste.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 360,- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG enthalten.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Abfallpolizei, Ausübung unmittelbarer Befehls- undZwangsgewalt, Haftung, Ersatzvornahme, Verwaltungsverfahren,KostentragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B1702.2007Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010