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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
HGB §142;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der D GmbH in W, vertreten durch MMag. Dr. Bernhard Gröhs, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie die Exinger GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, beide in Wien I, Friedrichstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 1. Juni 1999, Zl. RV 0070- 09/07/98, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 15.000,-- (1.090,05 EUR) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
G war zu 95 % Gesellschafter, E zu 5 % Gesellschafterin der D-GmbH. Mit Beschluss der Generalversammlung der D-GmbH vom 29. Jänner 1996 wurde diese Gesellschaft gemäß §§ 5 ff UmwG in eine Kommanditgesellschaft, nämlich die M-GmbH & Co KG umgewandelt. An dieser Gesellschaft waren G und E wieder im selben Ausmaß wie an der untergegangenen D-GmbH als Kommanditisten beteiligt, die am 12. Jänner 1996 gegründete Beschwerdeführerin trat der M-GmbH & Co KG als Komplementärin ohne Beteiligung am Stammkapital bei, die D-GmbH wurde gelöscht. Gesellschafter der Beschwerdeführerin waren wiederum G und E zu 95 bzw. 5 %.
Mit dem hier gegenständlichen "Sacheinlagevertrag über die Einbringung von Mitunternehmeranteilen" vom 22. November 1996 brachten G und E ihre Kommanditanteile mit Wirkung vom 29. Februar 1996 in die beschwerdeführende Gesellschaft ein. Im Vertrag war festgehalten, dass aufgrund der Einbringung das Unternehmen der M-GmbH & Co KG samt allen Aktiven und Passiven gemäß Art II Umgründungsteuergesetz ohne Liquidation im Wege der Anwachsung gemäß § 142 Handelsgesetzbuch auf die Beschwerdeführerin als verbleibenden Gesellschafter übergehen sollte. Dem Vertrag war eine Einbringungsbilanz angeschlossen. Die M-GmbH & Co KG wurde im Firmenbuch gelöscht.
Der Vertrag wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (im Folgenden: Finanzamt) angezeigt. Dieses forderte die Beschwerdeführerin mit einem Schreiben vom 11. Juli 1997 zunächst zu einer Aufgliederung der Finanzeinlagen der M-GmbH & Co KG lt. Einbringungsbilanz binnen einem Monat auf, schrieb der Beschwerdeführerin jedoch bereits am 5. August 1997 auf Grundlage der in der Einbringungsbilanz ausgewiesenen Werte (Eigenkapital und Rücklagen) bezüglich des Erwerbs der Kommanditanteile von G und E mit einem gemäß § 200 BAO vorläufigen Bescheid Börsenumsatzsteuer vor. Die Einbringung der Anteile stelle gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG ein Anschaffungsgeschäft dar.
In ihrer - offenbar vor Zustellung des Bescheides vom 5. August 1997 verfassten - Stellungnahme vom 6. August 1997 (zum Vorhalt vom 11. Juli 1997) teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mit, die unter § 142 HGB fallende Anwachsung des Vermögens der M-GmbH & Co KG auf sie stelle kein börsenumsatzsteuerpflichtiges Rechtsgeschäft dar, da diese ebenfalls unter das UmgrStG und damit unter § 22 Abs. 3 UmgrStG falle. Da das übertragene Vermögen subjektiv die dort vorgesehene Zweijahresfrist erfülle, bestehe für die Vorschreibung von Börsenumsatzsteuer keine Rechtsgrundlage, damit sei auch eine Aufgliederung und Bewertung der Finanzanlagen nicht erforderlich.
Auch in der gegen den Bescheid vom 5. August 1997 gerichteten Berufung berief sich die Beschwerdeführerin auf die Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 22 Abs. 3 UmgrStG.
Nach abweisender Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Auch sie ging von einem Anschaffungsgeschäft nach § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG aus. Die Befreiungsbestimmung des § 22 Abs. 3 UmgrStG sei nicht anwendbar, weil die zweijährige Behaltefrist nicht eingehalten worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung von Börsenumsatzsteuer sowie in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Ermittlung der Bemessungsgrundlage verletzt und macht darüber hinaus Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten
und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Die Beschwerdeführerin replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (idF. BGBl. Nr. 629/1994; KVG) unterliegt der Börsenumsatzsteuer der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden. Nach § 18 Abs. 1 KVG sind Anschaffungsgeschäfte entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums von Wertpapieren gerichtet sind. Als Anschaffungsgeschäfte gelten nach § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG auch Geschäfte, die das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Personenvereinigung zum Gegenstand haben. Als Wertpapiere gelten zufolge § 19 Abs. 1 Z. 2 KVG unter anderem Dividendenwerte, wobei unter Dividendenwerten nach § 19 Abs. 2 KVG insbesondere auch sämtliche Anteile an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften zu verstehen sind.
Eine Kommanditgesellschaft, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehört, also insbesondere eine GmbH & Co KG, gilt gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 KVG - auch für den Bereich der Börsenumsatzsteuer - als Kapitalgesellschaft im Sinne des KVG. Der Börsenumsatzsteuer unterliegen allerdings - ebenso wie nach § 5 Abs. 1 Z. 1 KVG hinsichtlich der Gesellschaftsteuer - nur Kommanditanteile an der GmbH & Co KG, nicht aber Komplementäranteile (vgl. Dorazil, KVG2 (1997), § 19, Pkt. II. 3. und die unten näher erläuterte Entscheidung des BFH). Demnach sind also Kommanditanteile, nicht aber Komplementäranteile, an einer GmbH & Co KG als Wertpapiere im Sinne des KVG anzusehen.
Derartige Kommanditanteile wurden mit dem gegenständlichen Sacheinlagevertrag (Pkt. II, Einbringungserklärung) in die Beschwerdeführerin eingebracht. Dieser Vorgang unterliegt aber aus nachstehenden Erwägungen nicht der Börsenumsatzsteuerpflicht:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem Urteil vom 13. Februar 1980, Zl. II R 12/78, BStBl. 1980 II (zitiert bei Dorazil aaO., § 17, Pkt. I. 4), einen ganz ähnlich gelagerten Fall zu beurteilen. Die Gesellschafter der haftenden Komplementär-GmbH waren gleichzeitig Kommanditisten der GmbH & Co KG; das Stammkapital der GmbH wurde erhöht und die beiden Gesellschafter brachten ihre Kommanditanteile als Sacheinlage ein, sodass sich die Beteiligungen an der KG in der Hand der GmbH vereinigten und die KG erlosch. Wörtlich führte der BFH aus:
"Den §§ 17 und 18 KVStG 1972 (Anm.: identisch mit §§ 17, 18 KVG) lässt sich entnehmen, dass bestimmte Fälle, die den Untergang des Wertpapieres zum Inhalt haben, nicht besteuert werden sollen. So entsteht keine Börsenumatzsteuer, wenn der aus dem Papier Verpflichtete die verbriefte Forderung erfüllt; denn das Rechtsgeschäft ist dann in erster Linie nicht "auf den Erwerb des Eigentums am Wertpapier" sondern auf die Tilgung der Schuld gerichtet (vgl. das Urteil des Reichsfinanzhofes - RFH - vom 23. Mai 1933 II A 605/31, RStBl 1933, 916 sowie die RFH-Urteile vom 5. Oktober 1928 II A 403/28, RFHE 24, 140 und vom 30. Oktober 1931, II A 344/31, RStBl 1932, 745). Diese wortlautgemäße Auslegung entspricht dem Sinn des Gesetzes. Besteuert werden soll eine bestimmte Art des Kapitalverkehrs, nämlich die rechtsgeschäftliche Übertragung "verkehrsfähiger" geldwerter Rechte. Die Besteuerung der Erfüllung dieser Rechte liegt nicht mehr im Rahmen des Gesetzeszweckes.
(...)"
Der BFH hat in seinem Urteil weiter ausgeführt, die Kommanditanteile an der GmbH & Co KG würden durch Übertragung auf die Komplementär-GmbH zwingend in Komplementäranteile umgewandelt, denn eine derartige Übertragung sei stets auf den Untergang des Kommanditanteiles und damit - mangels Wertpapiercharakters von Komplementäranteilen - auch auf den Untergang des Wertpapiers im Sinne des KVG gerichtet.
Dieser überzeugenden Auslegung durch den BFH schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass nur die untergehenden Kommanditanteile nicht der Besteuerung nach dem KVG unterliegen. Bei der (hier vorliegenden) Anwachsung gem. § 142 HGB liegt in Bezug auf die zum Betriebsvermögen gehörenden Wertpapiere ein steuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft vor (Brönner-Kamprad, Komm zum KVStG4, 168). Sollten sich im Vermögen der erlöschenden GmbH & Co KG börsenumsatzsteuerpflichtige Wertpapiere befinden, so unterliegt deren Erwerb durch die Komplementär-GmbH, sofern nicht Befreiungsbestimmungen eingreifen, der Börsenumsatzsteuer. Über eine Besteuerung derartiger Wertpapiere wurde aber im angefochtenen Bescheid, welcher möglicherweise auch zwecks Klärung des Vorhandenseins solcher Wertpapiere nur gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassen wurde, nicht abgesprochen.
Da die Übertragung der Kommanditanteile an die Beschwerdeführerin somit kein börsenumsatzsteuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft darstellt, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Da die Schriftsätze der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, konnte von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 29. November 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999160237.X00Im RIS seit
17.01.2002