TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/10 2001/10/0049

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Veröffentlicht am 10.12.2001
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Index

L40015 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
Polizeistrafen Salzburg;
L40055 Prostitution Sittlichkeitspolizei Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

PolStG Slbg 1975 §3 Abs2 litd;
PolStG Slbg 1975 §3 Abs3;
VStG §21 Abs1;
VStG §31 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des H in St. Johann im Pongau, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Konradsheim, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rochusgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 22. Jänner 2001, Zl. UVS-14/10122/5-2001, betreffend Übertretung des Salzburger Landes-Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe Räumlichkeiten des Hauses "Cherie" in St. Johann im Pongau, R-Siedlung 7, durch Vermietung an H.R. mit schriftlichem Mietvertrag vom 1. September 1997 seit zumindest diesem Tag bis zumindest 27. Juli 2000 für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung gestellt, ohne dies der Gemeinde St. Johann angezeigt zu haben. Er habe hiedurch die Übertretung nach § 3 Abs. 2 lit. d iVm § 3 Abs. 3 Salzburger Landes-Polizeistrafgesetz begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Begründend wurde festgestellt, der Beschwerdeführer habe mit Kaufvertrag vom 15. Juli 1997 das in Rede stehende Haus erworben. Mit Vertrag vom 1. September 1997 habe er das Objekt auf die Dauer von 5 Jahren an H.R. vermietet. Er gebe selbst an, es sei allgemein bekannt, dass das Haus seit 20 Jahren für die Prostitution genützt werde. Erst am 19. Dezember 2000 habe er durch ein Schreiben seines Rechtsvertreters die Nutzung für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution angezeigt. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bereits ein unbefristeter Mietvertrag mit H.R. bestanden habe. Er habe das Objekt in Kenntnis des Umstandes, dass es vom Mieter für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution genutzt werde, erworben. Bei dieser Sachlage habe er zumindest für jene Zeit, die es in Anspruch nehme, das Vertragsverhältnis zu lösen, in Kauf genommen, das Objekt der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung zu stellen. Spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages sei somit auch die Absicht vorgelegen, das Objekt für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung zu stellen. Der Beschwerdeführer wäre verpflichtet gewesen, die Anzeige spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zu erstatten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:

Nach § 3 Abs. 3 Sbg. L-PolStG hat, wer beabsichtigt, eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zu nutzen oder zur Verfügung zu stellen, dies der Gemeinde anzuzeigen. Die künftige oder weitere solche Verwendung ist zu untersagen, wenn hiegegen Bedenken der im Abs. 4 genannten Art bestehen.

Nach § 3 Abs. 2 lit. d Sbg. L-PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß Abs. 1 zu bestrafen, wer die Anzeige gemäß Abs. 3 nicht erstattet.

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er habe nie beabsichtigt, eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten zum Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung zu stellen. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages sei ihm vielmehr gänzlich unbekannt gewesen, dass in dem Haus der erwerbsmäßigen Prostitution nachgegangen werde.

Auf diese Darlegungen ist nicht Bedacht zu nehmen, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren Derartiges nicht behauptet hatte. Abgesehen davon, dass auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet wird, dem Beschwerdeführer sei die Nutzung des Gebäudes für Zwecke der Prostitution auch im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages unbekannt gewesen, hatte der Beschwerdeführer dem Vorhalt der Behörde erster Instanz vom 6. November 2000, wonach "das Haus R-Siedlung 7 (Haus Cherie) zweifellos einen illegalen Bordellbetrieb beherbergt und diese Tatsache, die weit über die Bezirksgrenzen bekannt ist, auch ihnen nicht verborgen sein konnte", erwidert, die Übertretung sei ihm nicht anzulasten, weil er das Haus mit einem unbefristeten Mietvertrag gekauft habe. Im Übrigen sei es weit über die Bezirksgrenzen hinaus und somit auch der Behörde selbst bekannt, dass das fragliche Haus seit 20 Jahren einen illegalen Bordellbetrieb beherberge. Auch in der Berufung hat der Beschwerdeführer lediglich geltend gemacht, dass eine Anzeige keine Änderung des Kenntnisstandes der Behörde bewirkt hätte, weil seit langem allgemein und über die Grenzen des Bezirkes hinaus bekannt sei, dass im gegenständlichen Haus die erwerbsmäßige Prostitution ausgeübt werde. Die belangte Behörde konnte diese Darlegungen des Beschwerdeführers ohne Rechtswidrigkeit als Zugeständnis des Umstandes werten, dass ihm schon beim Erwerb des Objektes, jedenfalls aber im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages die Verwendung des Objekts für Zwecke der Prostitution bekannt war. Keinesfalls hatte der Beschwerdeführer glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden träfe.

Ebenso wenig zielführend ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Tatbestand der Verwaltungsübertretung sei nicht verwirklicht, weil "jemand, der ein mit einem unbefristeten Mietvertrag belastetes Objekt, welches zu erwerbsmäßigen Prostitution genutzt wird, lediglich erwirbt, noch nicht beabsichtigt, dieses Objekt ... für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung zu stellen". Der Beschwerdeführer habe (vielmehr) danach getrachtet, "das bestehende Mietverhältnis zu beenden, weshalb er den unbefristeten Mietvertrag in einen befristeten umwandelte".

Dem ist entgegen zu halten, dass auch derjenige, der ein Objekt in Kenntnis des Umstandes, dass dort die erwerbsmäßige Prostitution (weiterhin) ausgeübt wird, erwirbt, sofern die nach Abs. 3 vorgeschriebene Anzeige weder erstattet wurde noch vom Erwerber im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang erstattet wird, den Tatbestand des § 3 Abs. 2 lit. d Sbg L-PolStG verwirklicht; nach dem Gesetz besteht die Anzeigepflicht, solange die Verfügungsmacht besteht und die Nutzung für Zwecke der Prostitution andauert. Dafür, dass vor dem 19. Dezember 2000 die vorgeschriebene Anzeige erstattet worden wäre, liegt kein Anhaltspunkt vor. Der Beschwerdeführer hat nach Vorhalt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren lediglich erklärt, dies entziehe sich seiner Kenntnis. Soweit er sich in seiner ergänzenden Stellungnahme auf das (ihm in anderem Zusammenhang vorgehaltene) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 1988, Zlen. 88/10/0005 u.a., beruft und die Auffassung vertritt, den Tatbestand der Verwaltungsübertretung verwirkliche nur derjenige, der "erstmals beabsichtigt", ein Objekt für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung zu stellen, ist ihm entgegen zu halten, dass sich die dem erwähnten Erkenntnis zu Grunde liegende Rechtslage (§ 2 Abs. 3 lit. d iVm § 2 Abs. 1 O. ö. PolStG) unter anderem in Ansehung der zeitlichen Dimension der Anzeigepflicht ("mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution"), aus der die von der Beschwerde wiedergegebene Auffassung im Vorerkenntnis abgeleitet wurde, von der hier zu beurteilenden Rechtslage wesentlich unterscheidet.

Auch die vom Beschwerdeführer behauptete "Umwandlung" des unbefristeten in einen befristeten Mietvertrag vermag nichts daran zu ändern, dass - bezogen auf das in Rede stehende Objekt - das Tatbestandsmerkmal "für Zwecke der Prostitution zur Verfügung stellen" verwirklicht ist. Die behauptete "Umwandlung" des Mietvertrages stellt keinen Umstand dar, der zur Beseitigung der Anzeigepflicht geführt hätte.

Die Beschwerde zeigt auch keine Rechtswidrigkeit auf, wenn sie geltend macht, eine Anzeige des Beschwerdeführers hätte keine Änderung des Kenntnisstandes der Gemeinde bewirkt; der Behörde sei nämlich seit langer Zeit bekannt gewesen, dass in dem Haus die erwerbsmäßige Prostitution ausgeübt werde. Nach dem Gesetz besteht die Anzeigepflicht unabhängig davon, ob die Gemeinde anders als durch Anzeige des hiezu Verpflichteten von der Überlassung für Zwecke der Prostitution Kenntnis erlangt.

Unberechtigt ist auch der - erst im Hinblick auf den gemäß § 41 Abs. 1 VwGG ergangenen Vorhalt vom 22. März 2001 mit ergänzender Stellungnahme vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene -

Verjährungseinwand. Die Übertretung besteht in der Unterlassung der Erstattung der "Anzeige gemäß Abs. 3". Die (strafbare) Unterlassung dauert an, so lange die Pflicht zur "Anzeige gemäß Abs. 3" besteht; nach dem dort normierten Tatbestand somit so lange, als das Objekt für Zwecke der erwerbsmäßigen Prostitution zur Verfügung gestellt wird. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt daher erst mit jenem Zeitpunkt, in dem die Anzeige erstattet oder die Verpflichtung zur Erstattung weggefallen ist, weil die Nutzung für Zwecke der Prostitution beendet wurde oder die Verfügungsmacht des Anzeigepflichtigen erloschen ist. Im vorliegenden Fall begann der Lauf der Verjährungsfrist somit erst mit der Erstattung der Anzeige durch den Beschwerdeführer im Dezember 2000. Im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt bereits gesetzten Verfolgungshandlungen ist Verjährung nicht eingetreten.

Auf das zu § 2 Abs. 3 lit. d O.ö.-PolStG. ergangene Erkenntnis vom 11. Juli 1988, Zlen. 88/10/0005 u.a., beruft sich die Beschwerde auch im Zusammenhang mit der Frage des Beginns der Verjährungsfrist zu Unrecht, weil die Rechtslage der hier zu beurteilenden auch insoweit nicht entspricht.

Die Beschwerde vertritt die Auffassung, die Schuld des Beschwerdeführers sei geringfügig, weil er "lediglich ein Objekt, in dem die erwerbsmäßige Prostitution ausgeübt wird, belastet mit einem unbefristeten Mietvertrag gekauft hat und zudem zum Zwecke der Beendigung des Mietverhältnisses den unbefristeten Mietvertrag in einen befristeten umgewandelt hat". Die Folgen der Übertretung seien völlig unbedeutend, weil die Gemeinde in Kenntnis der Ausübung der Prostitution gewesen sei.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Davon kann nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. die bei Walter /Thienel, Verwaltungsverfahren II2, § 21 VStG, E 5 referierte Rechtsprechung). In den von der Beschwerde angeführten Umständen liegt jedoch keine solche Besonderheit des Falles, dass von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens hinter dem in § 3 Abs. 2 lit. d iVm § 3 Abs. 3 Sbg. L-PolStG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt gesprochen werden könnte. Für den Standpunkt der Beschwerde wäre somit selbst dann nichts gewonnen, wenn die Folgen der Übertretung als im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG unbedeutend anzusehen wären.

Ihre Auffassung, die Geldstrafe sei überhöht, begründet die Beschwerde mit dem Hinweis, dass die nachteiligen Folgen der Tat und das Verschulden des Beschwerdeführers äußerst gering seien. Damit wird nicht konkret aufgezeigt, dass die Behörde bei der Strafbemessung auf Gründe, die zur Bemessung einer geringeren Strafe hätten führen können, nicht Bedacht genommen habe.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001100049.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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