TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/11 2001/05/1073

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Veröffentlicht am 11.12.2001
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §35;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des J B in T, vertreten durch Dr. Peter Kolb, Rechtsanwalt in Tulln, Hauptplatz 3/2/20, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. September 2001, Zl. RU1-V-00091/01, betreffend Antrag auf Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Tulln, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem beigelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat mit schriftlicher Eingabe vom 31. Jänner 2000 an die Stadtgemeinde Tulln den Antrag auf Abbruch bzw. Beseitigung der "neuen Donaubühne" gestellt.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Tulln vom 4. Mai 2000 wegen mangelnder Kompetenz der Baubehörde zurückgewiesen. In der dagegen erhobenen Berufung behauptete der Beschwerdeführer, die Zuständigkeit der Baubehörde liege vor, dem Beschwerdeführer komme Parteistellung gemäß § 6 NÖ BO 1996 zu. Diese Berufung blieb erfolglos. Auf Grund der gegen den Berufungsbescheid des Gemeinderates erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 11. Jänner 2001 den Berufungsbescheid wegen Unzuständigkeit der Berufungsbehörde behoben, zuständig sei der Gemeindevorstand (Stadtrat). In der Folge hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 5. März 2001 den Bescheid des Bürgermeisters bestätigt und die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Vorstellung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. September 2001 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die "Donaubühne" in Tulln sei unter den Anlagenbegriff des § 66 Abs. 1 des Schifffahrtsgesetzes zu subsumieren, die Donaubühne schwimme auf der Donau, werde vom Wasser getragen und sei mit dem rechten Donauufer lediglich mit zwei Schorbäumen, die auch als Laufstege verwendet würden, verbunden (Verankerung). Da diese Bühne weder direkt auf dem Boden aufliege noch über eine Konstruktion (Pfähle) ihr Gewicht auf den Boden übertragen werde, fehle eine wesentliche Voraussetzung (kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden), die Bühne sei daher kein Bauwerk im Sinne der Niederösterreichischen Bauordnung 1996. Daraus ergebe sich, dass keine Kompetenz der Baubehörde vorliege und der Bürgermeister der Stadtgemeinde Tulln nicht als Baubehörde einschreiten könne. Zwischen der Donaubühne und dem Grundstück des Beschwerdeführers lägen unbestritten mehrere Grundstücke, die nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stünden. Die Entfernung der Donaubühne zur Liegenschaft des Beschwerdeführers betrage ca. 90 m. Es erübrige sich daher, auf die Frage des Vorliegens einer Parteistellung gemäß § 6 NÖ Bauordnung 1996 überhaupt näher einzugehen.

Dem Einschreiter stehe es frei, seine Rechte in einem zivilrechtlichen Verfahren geltend zu machen (Klage nach § 364 Abs. 2 ABGB).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer die Beschwerde ergänzt und mitgeteilt, dass Eigentümerin der "neuen Donaubühne" die Stadtgemeinde Tulln sei, die Entfernung der Grundstücksgrenze der Liegenschaft des Beschwerdeführers zur Donaubühne betrage ca. 70 m.

Nach dem ausgeführten Beschwerdepunkt erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen ihm aus der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, insbesondere deren §§ 4 und 6 erfließenden Rechten verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-6, haben in Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 Parteistellung

1.

der Bauwerber und/oder der Eigentümer des Bauwerks

2.

der Eigentümer des Baugrundstücks

3.

die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischenliegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und ...

Die Parteistellung des Nachbarn im baupolizeilichen Verfahren ist nach § 35 der NÖ Bauordnung 1996 daran geknüpft, dass der Nachbar in einem solchen räumlichen Naheverhältnis zum Baugrundstück steht, dass er die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ BauO 1996 erfüllt. Das heißt, dass zwischen dem zu bebauenden bzw. bebauten Grundstück und der Grenze der Liegenschaft des Anrainers nicht mehr als 14 m liegen dürfen. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ausgeführt, dass zwischen der Donau, auf der die neue Donaubühne errichtet ist, und der Liegenschaftsgrenze des Beschwerdeführers mehrere Grundstücke liegen, die nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stehen, und die Entfernung ca. 90 m beträgt. Der Beschwerdeführer hat über ausdrückliches Befragen des Verwaltungsgerichtshofes angegeben, dass die Entfernung von seiner Liegenschaftsgrenze zur neuen Donaubühne 70 m beträgt. Es kann nun dahingestellt bleiben, welche der beiden Angaben, 70 m oder 90 m, zutreffen, jedenfalls liegen zwischen dem Grundstück des Beschwerdeführers und der Donau mehrere Grundstücke, die nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stehen. Die Entfernung der Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers zur Donau beträgt jedenfalls wesentlich mehr als 14 m, was sich auch aus dem der Beschwerde beigefügten Lärmgutachten und dem darin einliegenden Auszug aus der Digitalen Katastralmappe (DKM) ergibt. Damit ist aber eine Parteistellung hinsichtlich eines beantragten baupolizeilichen Auftrages nach § 6 der NÖ Bauordnung 1996 nicht gegeben, sodass die Beschwerde schon aus diesem Grund abzuweisen war. Bei dieser Rechtslage war nicht mehr darauf einzugehen, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass für das Bauwerk keine Baubewilligung erforderlich ist.

Schon mangels Parteistellung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren betreffend die Erlassung eines Auftrages gemäß § 35 NÖ BO 1996 hat die Behörde erster Instanz im Ergebnis den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen.

Auf die Möglichkeit der Einbringung einer Immissionsklage nach § 364 Abs. 2 ABGB hat schon die belangte Behörde verwiesen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2001

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001051073.X00

Im RIS seit

02.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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