Index
41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §1 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Jänner 2001, Zl. 600.566/5-II/13/00, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Stadtgemeinde Güssing in Güssing, vertreten durch Dax - Klepeisz - Klimburg, Rechtsanwaltspartnerschaft in Güssing, Hauptplatz 4, 2. Andreas Kulovits in Wien XVIII, Gregor-Mendel-Straße 12-14/IV/1, bzw. in Güssing, Meierhofgasse 17), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Der am 26. März 1973 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte ist mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters gemeldet. Dort haben auch seine Eltern und seine Großmutter ihren Hauptwohnsitz. Seit 2. Oktober 1991 ist er mit weiterem Wohnsitz in Wien gemeldet, wo er studiert. Er tritt den Weg zur Studieneinrichtung überwiegend von Wien aus an. In Wien wohnt er in der Wohnung seiner Großmutter. Seinen letzten Angaben zufolge hält er sich in Wien studienbedingt ca. 190 Tage im Jahr auf, in der Gemeinde seines Hauptwohnsitzes, in den Ferien, ebenfalls rund 190 Tage im Jahr (Anmerkung: diese zahlenmäßigen Angaben sind widersprüchlich, in dieser Stellungnahme hatte der Zweitmitbeteiligte die Aufenthaltsdauer an seinem Hauptwohnsitz offensichtlich von 170 auf 190 Tage im Jahr korrigiert, die Angaben hinsichtlich Wien aber unverändert gelassen).
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab. Hiezu stellte die belangte Behörde fest, dass der ausbildungsmäßige Mittelpunkt der Lebensbeziehungen auf Grund des Studiums in Wien liege, der "Familienwohnsitz" und somit der gesellschaftliche Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Zweitmitbeteiligten liege hingegen eindeutig in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters. Dort sei auch das soziale Umfeld des Zweitmitbeteiligten konzentriert. Das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", welches nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck komme, gebe daher im Beschwerdefall den Ausschlag.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die erstmitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Auch die zweitmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte der Zweitmitbeteiligte bereits das 26. Lebensjahr vollendet, sodass im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, davon auszugehen ist, dass der Zweitmitbeteiligte zum Studienort so intensive Lebensbeziehungen geknüpft hat, dass der Mittelpunktcharakter des Studienortes nicht zu leugnen ist, wo hingegen der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr bejaht werden kann, zumal nicht hervorgekommen ist, dass eine neue familiäre Bindung (Ehe oder Lebensgemeinschaft) am früheren Heimatort besteht.
Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes noch bejaht werden könne und dem Zweitmitbeteiligten somit ein Wahlrecht nach § 1 Abs. 7 MeldeG zukomme, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Anwendungsfall des § 47 Abs. 4 VwGG liegt nicht vor (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 9. Oktober 2001, Zl. 2001/05/0255). Das Kostenersatzbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, weil er nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997).
Wien, am 11. Dezember 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001050973.X00Im RIS seit
11.04.2002