TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/11 2001/05/0931

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Veröffentlicht am 11.12.2001
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs1;
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. März 2000, Zl. 600.501/6-II/13/00, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Gemeinde Gedersdorf in Theiß, 2. Vassiliki Plangl in Theiß, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in Wien IX, Prechtlgasse 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Die am 14. Mai 1964 in Thessaloniki geborene, verheiratete Zweitmitbeteiligte war von 19. Juli 1985 bis 14. Mai 1999 mit Hauptwohnsitz in Wien XIV, Isbarygasse 5-7, gemeldet. Am 14. Mai 1999 meldete sich die Zweitmitbeteiligte in Steinriegl, Gemeinde Gedersdorf, mit Hauptwohnsitz, der bisherige Hauptwohnsitz in Wien wurde als weiterer Wohnsitz deklariert.

In Steinriegl hat die Zweitmitbeteiligte gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Einfamilienwohnhaus errichtet. Sowohl die Zweitmitbeteiligte als auch deren Ehemann sind in Wien berufstätig, der 1989 geborene Sohn besucht in Wien die Schule, Ehemann und Sohn sind in Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in Gedersdorf ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Zweitmitbeteiligte hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Da beide Ehegatten in Wien berufstätig sind und das gemeinsame, 1989 geborene Kind in Wien die Schule besucht, sowohl der Ehegatte als auch der Sohn in Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet sind, kann die durch die Kapitalbindung für das Einfamilienhaus entstandene wirtschaftliche Beziehung jedenfalls noch nicht als derart intensiv angesehen werden, dass daraus ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen entsteht.

Im Hinblick auf die im Beschwerdefall bestehende aufrechte Ehe und die auch mit dem Sohn bestehende Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in der Wohnung in Wien ist allein die Bundeshauptstadt als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Zweitmitbeteiligten anzunehmen, weil auch unter Bedachtnahme auf Art. 8 MRK (Achtung des Familienlebens) eine derartige familiäre und wirtschaftliche Beziehung als so intensiv angesehen werden muss, dass ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen an einem anderen Ort auszuschließen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0932).

Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall die Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Anwendungsfall des § 47 Abs. 4 VwGG liegt nicht vor (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 9. Oktober 2001, Zl. 2001/05/0255). Das Kostenersatzbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen (angesprochen wird Schriftsatzaufwand), weil er nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997).

Wien, am 11. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001050931.X00

Im RIS seit

18.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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