TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/12 2001/04/0102

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Veröffentlicht am 12.12.2001
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §22 Abs2;
GewO 1994 §373c;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des M in R, vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer und Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 4. April 2001, Zl. 322.399/1-III/A/9/00, betreffend Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis ersetzenden Qualifikation gemäß § 373c GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. April 2001 verweigerte der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit dem Beschwerdeführer gemäß § 373c GewO 1994 iVm § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für Staatsangehörige von Mitgliedsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl. Nr. 775/1993 (im Folgenden: Verordnung über die Nachsicht vom Befähigungsnachweis), die Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis ersetzenden Qualifikation zur Ausübung des Gewerbes der Gas- und Wasserleitungsinstallateure.

Für die Abweisung der Berufung seien die Gründe des Erstbescheides maßgeblich. Ergänzend werde zu den Berufungsausführungen Folgendes bemerkt:

Der im Erstbescheid festgestellte Sachverhalt sei rechtlich dahin zu würdigen, dass die vom Beschwerdeführer, der keine mindestens dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung für das gegenständliche Gewerbe absolviert habe, nachgewiesene Fachpraxis nicht den in § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Nachsicht vom Befähigungsnachweis normierten Anerkennungsvoraussetzungen entspreche. Für die Ausübung des Gewerbes als Selbstständiger sei die persönliche Ausübung des Gewerbes durch den Antragsteller erforderlich. Der handelsrechtliche Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. übe das Gewerbe jedoch nicht selbst aus, sondern die Gesellschaft. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M.-GmbH könne daher nicht als selbstständige Tätigkeit im Sinn der zitierten Verordnung gelten. Der im § 2 Abs. 1 Z. 1 und 2 dieser Verordnung verwendete Begriff "Betriebsleiter" entstamme der deutschen Handwerksordnung und entspreche der Tätigkeit eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, welche Funktion der Beschwerdeführer bisher nicht ausgeübt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis ersetzenden Qualifikation zur Ausübung des Gewerbes "Gas- und Wasserleitungsinstallateur" gemäß § 373c Gewerbeordnung 1994 iVm § 2 der Verordnung über die Nachsicht vom Befähigungsnachweis bzw. in seinem Recht auf Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 GewO 1994 verletzt.

Dazu bringt er vor, er sei im Zeitraum vom 1. September 1988 bis 31. Dezember 1993 bei der O.-GmbH fachlich einschlägig tätig gewesen, wobei er sich insbesondere mit der Errichtung von Gas- und Wasserleitungsinstallationen beschäftigt habe. Seit 8. Juni 1994 sei er persönlich haftender und vertretungsbefugter Gesellschafter der L.-OEG gewesen. Diese OEG habe zwar nur über ein Handelsgewerbe verfügt, sie habe jedoch insbesondere auch Installationsmaterialien und Produkte für die Gas- und Wasserleitungsinstallation vertrieben. Seit 30. Mai 1995 sei er Geschäftsführer der M.-GmbH. Diese Gesellschaft verfüge über die Berechtigung zur Ausübung des Gas- und Wasserleitungsinstallateurgewerbes. Als persönlich haftender und vertretungsbefugter Gesellschafter der L.-OEG und als geschäftsführender Gesellschafter der M.-GmbH sei der Beschwerdeführer laufend und ohne Unterbrechung als Betriebsleiter im Sinn der Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Nachsicht vom Befähigungsnachweis tätig gewesen. Der Interpretation des Begriffes "Betriebsleiter" durch die belangte Behörde könne sich der Beschwerdeführer nicht anschließen. Insbesondere sei eine Differenzierung zwischen dem handelsrechtlichen und dem gewerberechtlichen Geschäftsführer bei der Auslegung dieses Begriffes nicht gerechtfertigt. Bei einer Gesamtbetrachtung der zitierten Verordnung ergebe sich, dass die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis dann zu erteilen sei, wenn die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen vorhanden seien. Dies sei beim Beschwerdeführer der Fall.

Im Übrigen habe sich weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde mit § 28 GewO 1994, auf welche Bestimmung der Antrag ebenfalls gestützt gewesen sei, auseinander gesetzt. Nur in diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer auch Verfahrensmängel.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 373c Abs. 1 erster Satz GewO 1994 ist die Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis ersetzenden Qualifikation eines Staatsangehörigen einer EWR-Vertragspartei vom Landeshauptmann auf Antrag durch Bescheid auszusprechen, wenn der betreffende EWR-Staatsangehörige die in einer Verordnung gemäß Abs. 4 bis 6 festgelegten Ankerennungsvoraussetzungen erfüllt und keine Auschlussgründe gemäß § 13 vorliegen.

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nach Maßgabe der Anerkennungsregelungen der im Abs. 2 genannten Richtlinien durch Verordnung festzulegen, durch welche der im Abs. 3 bezeichneten Belege das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis ersetzenden Qualifikation für bestimmte Gewerbe nachzuweisen ist; in dieser Verordnung ist auch die Dauer einer vorgesehenen einschlägigen fachlichen Tätigkeit festzulegen. Gemäß § 2 Abs. 1 der auf Grund des § 373c Abs. 4 bis 6 GewO 1994 ergangenen Verordnung über die Nachsicht vom Befähigungsnachweis ist zur Ausübung u.a. des Gewerbes der Gas- und Wasserleitungsinstallateure die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn der Nachsichtwerber durch Zeugnisse die Absolvierung folgender fachlicher Tätigkeiten (§ 22 Abs. 2 GewO) in einem EWR-Mietgliedsstaat nachweist:

1. Ununterbrochene sechsjährige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, oder

2. ununterbrochene dreijährige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, nachdem der Nachsichtswerber eine mindestens dreijährige staatlich anerkannnte Ausbildung für die Ausübung des betreffenden Gewerbes absolviert hat, oder

3. ununterbrochene dreijährige Tätigkeit als Selbstständiger und mindestens fünfjährige Tätigkeit als Unselbstständiger, oder

4. ununterbrochene fünfjährige Tätigkeit in leitender Stellung (Abs. 3) einschließlich einer mindestens dreijährigen Tätigkeit mit technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens, nachdem der Nachsichtwerber eine mindestens dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung für die Ausübung des betreffenden Gewerbes absolviert hat.

Gemäß § 22 Abs. 2 erster Satz GewO 1994 ist unter fachlicher Tätigkeit eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, keine mindestens dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung für die Ausübung des Gewerbes der Gas- und Wasserleitungsinstallateure absolviert zu haben, und wendet sich auch nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass er nicht die erforderliche Zeit als Selbstständiger fachlich tätig gewesen sei. Er beruft sich vielmehr darauf, dass er 6 Jahre als Betriebsleiter gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung über die Nachsicht vom Befähigungsnachweis fachlich tätig gewesen sei.

Nach seinem Vorbringen hat sich der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschäftigung bei der O.-GembH mit der Errichtung von Gas- und Wasserleitungsinstallationen beschäftigt. Ein Vorbringen, dass er hiebei die Position eines Betriebsleiters innegehabt hätte, hat er weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde erstattet. Nach den - von der belangten Behörde durch den Verweis auf die Gründe des Erstbescheides übernommenen- Feststellungen des Bescheides der Behörde erster Instanz war der Beschwerdeführer seit 8. Juni 1994 persönlich Haftender und vertretungsbefugter Gesellschafter der L.-OEG und ist seit 30. Mai 1995 geschäftsführender Gesellschafter der M.-GmbH. Die L.-OEG verfügte über keine Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Gas- und Wasserleitungsinstallateure. Auch die M.-GmbH verfügte zunächst nicht über eine derartige Gewerbeberechtigung, diese wurde erst am 5. Oktober 1995 erteilt. Dies stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede.

Es kann dahinstehen, ob die Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer als solche eines "Betriebsleiters" im Sinn der Verordnung über die Nachsicht vom Befähigungsnachweis anzusehen ist, weil der Beschwerdeführer bis 4. Oktober 1995 nur Gesellschafter bzw. Geschäftsführer von Gesellschaften war, die das Gewerbe der Gas- und Wasserleitungsinstallateure nicht ausübten. Dabei handelt es sich keinesfalls um eine "fachliche Tätigkeit" im Sinn des § 22 Abs. 2 GewO 1994, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des Gas- und Wasserleitungsinstallateurgewerbes erforderlich sind. Der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass von der L.-OEG insbesondere auch Installateurmaterialien und Produkte für die Gas- und Wasserleitungsinstallation vertrieben worden seien, kann daran nichts ändern. Seit der Erteilung der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Gas- und Wasserleitungsinstallateure an die M.- GmbH am 5. Oktober 1995 ist aber - im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - der gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung über die Nachsicht von Befähigungsnachweis für die Tätigkeit als Betriebsleiter ohne zumindest dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung geforderte Zeitraum von 6 Jahren noch nicht verstrichen.

Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass er auch die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 GewO 1994 beantragt habe und in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel geltend macht, gelingt es ihm schon deshalb nicht, eine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, weil mit dem angefochtenen Bescheid nicht über einen derartigen Antrag abgesprochen wurde.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001040102.X00

Im RIS seit

12.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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