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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2001/03/0392Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde der Dr. E in Innsbruck, vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 12, gegen die in einer gemeinsamen Ausfertigung zusammengefassten Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenats für Steiermark (Kammer und Einzelmitglied) vom 13. November 2000, Zl. UVS 303.7-8,9/2000-10, UVS 30.7-89,90/2000-4, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, des Kraftfahrgesetzes 1967 und des Führerscheingesetzes,
1. zu Recht erkannt:
a)
Spruch
c) Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches des angefochtenen Bescheides der Kammer als unbegründet abgewiesen; im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruchs über die verhängten Strafen und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid der Kammer wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
d) Der angefochtene Bescheid des Einzelmitgliedes wird in Ansehung der Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 hinsichtlich des Ausspruches über die Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, im Übrigen wird die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abgewiesen.
e) Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 27.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde hinsichtlich des Bescheides des Einzelmitgliedes betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 97 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960 wird abgelehnt.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 27. Juli 2000 wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe
1. am 7. Mai 2000 um 16.00 Uhr in Gratkorn auf der Gemeindestraße "Brucker Straße", auf Höhe des Hauses Nr. 28 als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels erhobenen Armes deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten nicht Folge geleistet, weil sie die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt habe, wodurch sie eine Verwaltungsübertretung nach § 97 Abs. 5 StVO i.V.m. § 99 Abs. 3 lit. j StVO begangen habe, weshalb über sie eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde;
2. das gegenständliche Fahrzeug am angeführten Ort zur angeführten Zeit gelenkt, obwohl sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse gewesen sei, da ihr diese mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 20. Juli 1999 entzogen worden sei, wodurch sie eine Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs. 1 FSG i. V.m. § 1 Abs. 3 FSG begangen habe, weshalb über sie gemäß § 37 Abs. 4 Z. 1 FSG eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Tage) verhängt wurde;
3. keinen Zulassungsschein mitgeführt, wodurch sie eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG begangen habe, weshalb über sie gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe von S 500,-
- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt wurde, und
4. das Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden habe können, dass sie sich beim Lenken in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden habe; die Verweigerung sei am 7. Mai 2000 um
16.10 Uhr in Gratkorn, auf dem SPAR-Parkplatz erfolgt. Dadurch habe sie eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i. V.m. § 5 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Tage) verhängt wurde.
1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtete die Beschwerdeführerin folgende Berufung:
"Ich erhebe innerhalb offener Frist gegen das iG. erwähnte
Straferkenntnis
BERUFUNG
UND BEGRÜNDE DIES WIE FOLGT:
ad 1:
kein deutlich sichtbares Zeichen zum Anhalten, sondern ich sah nur einen Gendarmeriebeamten auf dem Gehsteig und brachte diesen nicht in Zusammenhang mit mir.
Daher ist die verhängte Geldstrafe keinesfalls berechtigt! ad 2:
Die verhängte Geldstrafe ist bei weitem überhöht, da durch das Nichtmitführen des FS niemand gefährdet wurde und ich über 30 Jahre die Lenkerberechtigung besitze (seit 1969 unfallfrei). Daher verlangte ich auch in diesem Falle eine rigorose Herabsetzung der Strafe.
ad 4:
Zur Verweigerung des Alkotests ist zu sagen, dass dies nur eine Vermutung war und der Beamte keinerlei Angaben machte, worauf er diese Vermutung stützte.
Denn nur bei einem BEGRÜNDETEN Verdacht trifft § 5 Abs. 1 i. V. mit § 99 Abs. 1 StVO 1960 i.g.F. zu. Denn bei der novellierten Bestimmung des § 5 leg. cit., wonach jederzeit ohne begründeten Verdacht ein Alkotest verlangt werden kann, hat der Gesetzgeber vergessen, in der Strafbemessung des § 99 ein Strafausmaß diesbezüglich vorzusehen. Hier besteht eine Gesetzeslücke, weshalb die Verhängung einer Strafe gesetzlich nicht gedeckt ist.
Aus all diesen angeführten Gründen beantrage ich die Herabsetzung der verhängten Strafen!"
1.3. Mit den in einer gemeinsamen Ausfertigung zusammengefassten angefochtenen Bescheiden wurde die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG (hinsichtlich der Spruchpunkte 2 und 4 des genannten Straferkenntnisses durch die Kammer, hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 3 dieses Straferkenntnisses durch das Einzelmitglied) abgewiesen. Weiters wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG aufgetragen, als Beitrag zu den Kosten des beide Bescheide umfassenden Berufungsverfahrens einen Betrag von S 16.300,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des angefochtenen Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.
In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Gendarmeriebeamten BI H und GI H am 7. Mai 2000 überörtlichen Verkehrsdienst im Bereich der Marktgemeinde Gratkorn in der Nähe der Papierfabrik versehen hätten. Die beiden Gendarmeriebeamten seien in einem Abstand von 20 m voneinander auf der Gemeindestraße "Brucker Straße" gestanden. Um ca. 16.00 Uhr sei die Beschwerdeführerin mit ihrem dem Kennzeichen nach näher bestimmten Personenkraftwagen auf der Brucker Straße in Richtung Süden gefahren und GI H habe ihr mit ausgestrecktem geschwenkten rechten Arm ein deutliches Haltezeichen gegeben, welches die Beschwerdeführerin ignoriert habe und weiter gefahren sei, wobei BI H ebenfalls mit ausgestrecktem Arm deutliche Handzeichen gegeben hätte, was die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht beachtet habe. BI H sei ihr mit seinem Dienstwagen nachgefahren, die Beschwerdeführerin habe einige hundert Meter weiter auf dem Parkplatz eines Supermarktes ihr Fahrzeug abgestellt. BI Hechtl habe der Beschwerdeführerin das Nichtanhalten trotz Haltezeichen vorgehalten und im Zuge der Amtshandlung einerseits ein auffälliges Verhalten der Beschwerdeführerin bemerkt, andererseits habe er Alkoholgeruch aus ihrem Munde festgestellt. Aus diesem Grund habe er die Beschwerdeführerin, die weder den Führerschein noch den Zulassungsschein habe vorweisen können, zur Ablegung des Alkotestes aufgefordert, den die Beschwerdeführerin jedoch trotz eingehender Rechtsbelehrung verweigert habe. Befragt habe die Beschwerdeführerin angegeben, kurz zuvor ein Glas Sekt Orange getrunken zu haben. Der Sachverhalt habe auf Grund der Aussage der beiden amtshandelnden Gendarmeriebeamten festgestellt werden können, welche den Eindruck von erfahrenen, seit vielen Jahren im Verkehrsdienst stehenden Exekutivbeamten vermittelt hätten; es habe kein Anlass bestanden, den übereinstimmenden, in sich logischen Aussagen der beiden Beamten keinen Glauben zu schenken. Zum Spruchpunkt 1 des genannten Straferkenntnisses sei aus rechtlicher Sicht auszuführen, dass zweimal durch Schwenken des erhobenen rechten Arms versucht worden sei, die Beschwerdeführerin anzuhalten, diese offenbar aus unerfindlichen Gründen die klar und deutlich gegebenen Anhaltezeichen ignoriert habe und dadurch die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten habe. Zu Spruchpunkt 4 dieses Straferkenntnisses sei aus rechtlicher Sicht festzuhalten, dass der Gendarmeriebeamte BI H schon allein deswegen, dass die Beschwerdeführerin ihm gegenüber zugegeben habe, ein alkoholisches Getränk (ein Glas Sekt Orange) vor dem - unstrittigen - Lenken des Kraftfahrzeugs zu sich genommen zu haben, berechtigt gewesen sei, die Beschwerdeführerin zur Ablegung des Alkotests aufzufordern. Die der Beschwerdeführerin unter den Spruchpunkten 2 und 3 des in Rede stehenden Straferkenntnisses vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen seien von ihr dem Grunde nach unbestritten geblieben, weshalb sich ein weiteres Eingehen auf diese Punkte (aus rechtlicher Sicht) erübrige. Zu der von der Beschwerdeführerin beantragten Herabsetzung der verhängten Geldstrafen sei auszuführen, dass es sich bei dieser offenbar um eine Person handelt, "die notorisch einerseits trotz entzogener Lenkerberechtigung ein Kraftfahrzeug lenkt, andererseits dieses in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand". Gerade Alkoholdelikte trügen immer wieder zu schweren und schwersten Verkehrsunfällen bei, die verhängten Strafen seien in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Wiederholungstäterin handle, jedenfalls schuld- und tatangemessen. Zur Strafbemessung habe die genannte Bezirkshauptmannschaft ausgeführt, dass keine Milderungsgründe vorgelegen seien. Erschwerend hinsichtlich der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i. V.m. § 5 Abs. 2 StVO seien zwei einschlägige Vormerkungen aus dem Jahre 2000 zu werten gewesen, hinsichtlich der Übertretung nach dem Führerscheingesetz eine einschlägige Vorstrafe ebenso aus dem Jahr 2000. Die (nach Ausweis der Verwaltungsakten hierzu ordnungsgemäß geladene) Beschwerdeführerin sei zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erschienen, sodass die belangte Behörde gezwungen gewesen sei, hinsichtlich ihrer Einkommens-, Vermögens-, und Familienverhältnisse eine Einschätzung (S 30.000,-- , kein Vermögen, keine Sorgepflichten) vorzunehmen; eine Veranlassung, die verhängten Geldstrafen zu reduzieren, habe nicht bestanden.
2. Über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zu 1.:
a) Die gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobene Berufung richtet sich - wenngleich sie formell das gesamte Straferkenntnis bekämpft - tatsächlich bloß gegen die Spruchpunkte 1, 2 und 4 dieses Straferkenntnisses, und zwar hinsichtlich des Spruchpunktes 2 nur gegen die Strafbemessung. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Berufung in Verbindung mit dem ausdrücklich gestellten - begründeten - Berufungsantrag. Daraus folgt, dass die im erstinstanzlichen Straferkenntnis getroffene Entscheidung betreffend die Schuldfrage zu Spruchpunkt 2 (Übertretung des Führerscheingesetzes) sowie die in diesem Straferkenntnis getroffene Entscheidung über Spruchpunkt 3 (sowohl betreffend den Schuldspruch als auch die Strafbemessung) in Rechtskraft erwachsen sind. Bezüglich der Schuldfrage zu Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses sowie zur Schuld- und Straffrage betreffend den Spruchpunkt 3 dieses Straferkenntnisses hatte die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Fällung einer Sachentscheidung der belangten Behörde, da über diese Fragen durch die Erstbehörde bereits rechtskräftig entschieden worden war. Soweit die Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates für Steiermark als belangte Behörde betreffend den Spruchpunkt 2 und das Einzelmitglied dieses Unabhängigen Verwaltungssenates als belangte Behörde betreffend den Spruchpunkt 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Berufung der Beschwerdeführerin gegen dieses Straferkenntnis keine Folge gegeben und dieses bestätigt haben, liegt darin zwar eine objektive Rechtswidrigkeit, durch die aber subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1997, Zl. 97/02/0261). Die Beschwerde war daher in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen. Soweit die belangte Behörde aber hinsichtlich des genannten Spruchpunktes 3 der Beschwerdeführerin auch Kosten des Berufungsverfahrens vorgeschrieben hat (vgl. § 64 Abs. 2 VStG), wurde die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, keine solchen Kosten leisten zu müssen. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war der angefochtene Bescheid in Ansehung des Spruchpunktes 3 gemäß § 42 Abs. 1 leg.cit. als unbegründet abzuweisen.
b) Gemäß § 5 Abs. 2 erster Satz StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Die Beschwerdeführerin lässt unbestritten, dass sie das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hat, rügt jedoch, dass sie ohne Angabe von Gründen zum Alkotest aufgefordert worden sei. Nach der dargestellten Rechtslage kann jedoch jederzeit - somit auch ohne Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2001, Zlen. 2000/02/0177, 0178) - die Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden, und der objektive Tatbestand ist bereits mit der Weigerung, sich dem Test zu unterziehen, vollendet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 2000/03/0172). Die Rüge der Beschwerdeführerin "selbstverständlich nicht alkoholisiert gewesen zu sein", geht daher fehl. Soweit die Beschwerdeführerin - erstmals in der Beschwerde - vorbringt, dass sie davon ausgegangen sei, dass die Beamten grundsätzlich nicht berechtigt gewesen seien, sie ohne Begründung zu einer Untersuchung der Atemluft anzuhalten, weil die Beamten weder Organe des amtsärztlichen Dienstes gewesen seien, noch sich ihr als besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht zu erkennen gegeben hätten, unterliegt dieses neue Tatsachenvorbringen dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot.
c) Bezüglich der Strafbemessung bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die verhängten Geldstrafen weit überhöht seien, da sie nicht "offenbar" eine Person sei, die notorisch trotz entzogener Lenkerberechtigung ein Kraftfahrzeug lenke und dies in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, da sie weiters auch noch nie zu schweren oder schwersten Verkehrsunfällen beigetragen habe und auch keine Wiederholungstäterin sei. Zudem seien die Strafhöhen nicht ihren Einkommens-, Vermögens-, und Familienverhältnissen angemessen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) sind nach Abs. 2 der genannten Bestimmung überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung der Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Ermessensentscheidung dar. Gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessensrechts Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfung des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. März 1991, Zl. 90/03/0138).
Das monatliche Einkommen der Beschwerdeführerin wurde bereits im Ladungsbescheid zur mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde vom 29. September 2000, welcher von der Beschwerdeführerin eigenhändig am 13. Oktober 2000 übernommen wurde, auf S 30.000,-- eingeschätzt. Da die Beschwerdeführerin dieser Einschätzung nicht widersprochen und auch sonst diesbezüglich keine Äußerung gemacht hat, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, dass keine Veranlassung bestanden habe, von dieser Einschätzung abzugehen und die verhängte Geldstrafe im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin zu reduzieren.
Die belangte Behörde hat bezüglich der Strafbemessung im angefochtenen Bescheid ferner darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 zwei einschlägige Vormerkungen aus dem Jahr 2000, hinsichtlich der Übertretung nach dem Führerscheingesetz eine einschlägige Vorstrafe, ebenso aus dem Jahr 2000, zu werten gewesen seien. Diese Vorstrafen hat die Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten (vgl. OZ 4 der von der BH Graz-Umgebung geführten Akten) ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 2. Februar 2000 wegen Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Tage), und von der belangten Behörde mit Bescheid vom 19. Februar 2000 wegen Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage), und weiters mit dem eben genannten Straferkenntnis wegen Übertretung des § 37 Abs. 1 des Führerscheingesetzes iVm § 1 Abs. 3 leg. cit. zu einer Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) rechtskräftig bestraft worden ist.
Zwar ist der Unrechtsgehalt der der Beschwerdeführerin zur Last liegenden Taten - sowohl die Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 als auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne die dafür erforderliche Lenkerberechtigung zählen zu den schwersten Verstößen gegen straßenpolizeiliche bzw. kraftfahrrechtliche Vorschriften - als beträchtlich zu werten. Allerdings legt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Übertretung des Führerscheingesetzes lediglich eine, hinsichtlich der Übertretung betreffend § 5 Abs. 2 StVO 1960 zwei einschlägige Vorstrafen zur Last. Diese Vorstrafen lassen für sich genommen nicht den Schluss zu, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Person handelt, "die notorisch einerseits trotz entzogener Lenkerberechtigung ein Kraftfahrzeug lenkt, andererseits dieses in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand". Feststellungen, auf die sich diese Einstufung als notorische Wiederholungstäterin stützen ließe, können dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Eine - wenn auch hohe - einschlägige Vorstrafe betreffend die Übertretung nach dem Führerscheingesetz erlaubt aber auch unter Einbeziehung spezialpräventiver Erwägungen nicht, den für diese Übertretung im § 37 Abs. 1 des Führerscheingesetzes von S 500,-- bis S 30.000,-- reichenden Strafrahmen für Geldstrafen voll auszuschöpfen. Ebenso wenig können die beiden - ebenfalls hohen - Vorstrafen betreffend die Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO 1960 für sich genommen die Überschreitung der Hälfte des nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 vorgesehenen Strafrahmens von S 16.000,-- bis S 80.000,-- rechtfertigen. Angesichts der genannten Vorstrafen hätte bei einer alle für die Bemessung der Strafe maßgebenden Umstände berücksichtigenden und gegeneinander abwägenden Ermessensausübung eine niedrigere Geldstrafe verhängt werden müssen. Vor diesem Hintergrund sind die Erwägungen der belangten Behörde betreffend die Strafbemessung daher nicht nachvollziehbar.
Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde in Ansehung des angefochtenen Bescheides der Kammer (Spruchteil I.) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
d) Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Zu 2.:
In Ansehung der Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen der Verwaltungsübertretung nach § 97 Abs. 5 StVO 1960 iVm § 99 Abs. 3 lit. j leg. cit. sind die Voraussetzungen des § 33a VwGG erfüllt, sodass die Behandlung der Beschwerde in diesen Punkten abgelehnt werden konnte. Der Kostenausspruch beruht auf § 58 Abs. 1 VwGG.
Wien, am 12. Dezember 2001
Schlagworte
Alkotest VoraussetzungRechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenRechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenAllgemeinErschwerende und mildernde Umstände VorstrafenBegründung von ErmessensentscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001030027.X00Im RIS seit
05.03.2002Zuletzt aktualisiert am
16.10.2013