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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des V in G, geboren am 10. April 1972, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 18. Juli 1999, Zl. Fr-4250a-86/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 8 iVm den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf sechs Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1992 nach Österreich eingereist und verfüge über eine Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "Privat". Er sei daher nicht berechtigt, irgendeine Art von Beschäftigung aufzunehmen. Am 10. März 1998 sei er von einem Organ des Arbeitsinspektorates Bregenz bei einer Beschäftigung betreten worden, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen. Er habe Möbelteile aus einem Kleinlaster ausgeladen. Der Verantwortliche der Firma habe angegeben, dass es sich um Gegenleistungen für an den Beschwerdeführer übergebene Möbel handle. Der Arbeitgeber sei diesbezüglich mit Straferkenntnis vom 5. Oktober 1998 wegen §§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- bestraft worden. Dieses Straferkenntnis sei im Instanzenzug vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg mit Bescheid vom 4. Februar 1999 mit der Maßgabe bestätigt worden, dass der Tatzeitraum "Dezember 1997 bis 10.3.1998" zu lauten habe. Es sei "somit" rechtskräftig festgestellt worden, dass der Fremde von der gegenständlichen Firma über einen Zeitraum von zumindest vier Monaten illegal beschäftigt worden sei. Auf Grund des durch die zuständigen arbeitsmarktrechtlichen Behörden festgestellten illegalen Beschäftigungsverhältnisses bestünden keine Zweifel am Vorliegen der "Schwarzarbeit". Diese stelle eine bestimmte Tatsache dar, die gemäß § 36 Abs. 1 FrG die Annahme rechtfertige, dass ein weiterer Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde. Mangels eines vor dem maßgeblichen Zeitpunkt gelegenen achtjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet stehe der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch nicht der Tatbestand des § 35 Abs. 2 FrG entgegen.
Der Beschwerdeführer halte sich seit ca. acht Jahren im Bundesgebiet auf, lebe mit seinem Onkel im gemeinsamen Haushalt und habe eine österreichische Freundin. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen jedoch schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
In der Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer ebenso wie im Verwaltungsverfahren, dass er einer Beschäftigung nachgegangen sei, es habe sich im Gegenteil um einen Freundschaftsdienst gehandelt. Dieses Vorbringen wird im angefochtenen Bescheid wiedergegeben, ebenso die Verantwortung seitens der Firma, dass es sich um Gegenleistungen für an den Beschwerdeführer übergebene Möbel gehandelt habe. Der weitere Hinweis, "auf Grund des durch die zuständigen arbeitsmarktrechtlichen Behörden festgestellten illegalen Beschäftigungsverhältnisses" bestünden keine Zweifel am Vorliegen der "Schwarzarbeit", stellt aber keine eigenständige nachprüfbare Beweiswürdigung dar. Im Gegenteil ist durch die eingangs wiedergegebene Verwendung des Wortes "somit" klar ersichtlich, dass die belangte Behörde (allein) aus der rechtskräftigen Bestrafung des Arbeitgebers eine gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßende Beschäftigung des Beschwerdeführers ableitet.
Damit verkannte sie die Rechtslage. Die belangte Behörde hätte zwar das Ermittlungsverfahren in diesem Strafverfahren berücksichtigen können, wäre aber verpflichtet gewesen, dann in freier Beweiswürdigung selbständig Feststellungen zu treffen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0083). Eine Bindung der belangten Behörde an die rechtskräftige Bestrafung bestand schon deswegen nicht, weil nicht von einer Vorfrage im Sinn des § 38 AVG gesprochen werden kann. Da die belangte Behörde zu Unrecht von einer Bindung an dieses Straferkenntnis ausgegangen ist und es aus diesem Grund unterlassen hat, Feststellungen anhand eines Ermittlungsverfahrens eigenständig zu treffen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war wegen der Gewährung der Verfahrenshilfe abzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2001
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999210237.X00Im RIS seit
20.03.2002