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90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §7 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in K, vertreten durch die Rechtsanwalts-Partnerschaft Etti & Kocher, 2345 Brunn am Gebirge, Leopold Gattringer-Straße 40, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. September 2001, Zl. 11 - 39 - 1440/01 - 8, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:
Mit Spruchpunkt I. des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 2 und Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Z. 1 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab der am 18. Jänner 2001 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, entzogen. Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung aufgetragen.
In der Begründung führte die belangte Behörde zur Entziehung der Lenkberechtigung im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 21. Dezember 2000 auf Grund eines Vorfalles vom 22. Juli 2000 rechtskräftig wegen der Vergehen nach § 269 Abs. 1 StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt), §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 Z. 4 StGB (schwere Körperverletzung) und § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Weiters sei er mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 8. Juni 2001 rechtskräftig wegen eines Vorfalles vom 3. Dezember 2000 des Vergehens gemäß § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) und auf Grund eines Vorfalles vom 6. Dezember 2000 des Vergehens nach § 107 Abs. 1 StGB (gefährliche Drohung) schuldig erkannt worden. Es lägen somit bestimmte Tatsachen gemäß § 7 Abs. 4 Z. 3 FSG vor, nämlich die Begehung einer strafbaren Handlung gemäß § 84 StGB und die wiederholte Begehung von strafbaren Handlungen gemäß § 83 StGB. Bei der Wertung gemäß § 7 Abs. 5 FSG seien die mehrfache Begehung, die Schwere der Verletzung, das hohe Aggressionspotential des Täters sowie die Verwerflichkeit der Taten berücksichtigt worden. Die weiteren rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden, wegen fahrlässiger Körperverletzung (zwei Mal) und wegen schwerer fahrlässiger Körperverletzung stellten zwar keine bestimmten Tatsachen dar, dienten aber zur Abrundung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers. Auf Grund der Ergebnisse der Wertung sei davon auszugehen, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers für einen Zeitraum von sechs Monaten nicht gegeben gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid, und zwar - wie sich aus den Angaben zum Beschwerdepunkt (der Beschwerdeführer erachtet sich "in seinem einfach gesetzlichen Recht auf Unterbleiben des Führerscheinentzuges gemäß § 7 FSG in Verbindung mit § 24 FSG" als verletzt) und aus den Beschwerdegründen, die zum Auftrag betreffend Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens keinerlei Ausführungen enthalten, zweifelsfrei ergibt - nur gegen den Spruchpunkt I. betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 7 Abs. 2 FSG gilt als nicht verkehrszuverlässig eine Person, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 4) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.
Gemäß § 7 Abs. 4 Z. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.
Gemäß § 7 Abs. 5 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch bei Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 4 FSG eine Wertung gemäß § 7 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 FSG vorzunehmen (siehe dazu das Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 99/11/0074, mwN).
Der Beschwerdeführer geht zutreffend davon aus, dass die Verkehrszuverlässigkeit eine Charaktereigenschaft ist, die auf Grund der nach außen in Erscheinung getretenen Handlungen einer Person zu beurteilen ist (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/11/0153, mwN). Er meint, dazu sei es erforderlich, dass gesamte Leben des zu Beurteilenden auf für die Wertung relevante Handlungen zu "durchforsten". Dies habe die belangte Behörde unterlassen.
Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde nur die auf Grund der rechtskräftigen Verurteilungen feststehenden strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Wertung berücksichtigt hat. Welche weiteren "für die Wertung relevanten Handlungen" die belangte Behörde - gemeint offenbar zugunsten des Beschwerdeführers - hätte berücksichtigen müssen, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen, sodass die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht zu erkennen ist. Die Tatsache, dass die (bestimmte Tatsachen gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG darstellenden) strafbaren Handlungen in einem Zeitraum von weniger als einem halben Jahr begangen wurden, ist aktenkundig. Inwieweit durch die vom Beschwerdeführer vermisste Einholung österreichischer und ausländischer Strafregisterauskünfte betreffend den Beschwerdeführer Umstände hervorkommen hätten können, die eine für den Beschwerdeführer günstigere Beurteilung seines Charakters ermöglicht hätten, wird in der Beschwerde nicht näher begründet und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar.
Der Beschwerdeführer vertritt (gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1983, Zl. 82/11/0042) mit Recht die Ansicht, dass für die Qualifikation als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 2 FSG eine bloße Mehrzahl von Verstößen nicht genügt, er übersieht aber, dass sich die genannten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes (damals zu § 66 Abs. 1 und 2 KFG 1967) auf jene Fälle bezogen haben, in denen dem Betreffenden keine in der beispielsweisen Aufzählung (§ 66 Abs. 2 KFG 1967) enthaltenen, als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 geltenden, strafbaren Handlungen zur Last liegen, sondern in denen auf Grund anderer strafbarer Handlungen auf die Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden geschlossen werden soll. Im vorliegenden Fall lagen aber zwei bestimmte Tatsachen gemäß § 7 Abs. 4 Z. 3 FSG vor, weil der Beschwerdeführer wiederholt strafbare Handlungen gemäß § 83 StGB und eine strafbare Handlung gemäß § 84 StGB begangen hat. Diese Verstöße haben nach § 7 Abs. 4 FSG als bestimmte Tatsachen zu gelten.
Die belangte Behörde durfte auf Grund jener strafbaren Handlungen, derentwegen der Beschwerdeführer rechtskräftig schuldig erkannt wurde, auf ein bei ihm bestehendes hohes Aggressionspotential schließen. Eines verkehrspsychologischen Gutachtens bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht. Dass die auf Grund der genannten rechtskräftigen Verurteilungen als erwiesen anzunehmenden strafbaren Handlungen innerhalb weniger Monate begangen wurden, spricht jedenfalls nicht gegen den von der belangten Behörde gezogenen Schluss. Von der Begehung der letzten strafbaren Handlung (im Dezember 2000) bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides (am 18. Jänner 2001) sind nur rund eineinhalb Monate verstrichen. Die seit der Tat verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit bis zum Wirksamkeitsbeginn der Entziehungsmaßnahme können daher auf Grund der Kürze dieser Zeit nicht zugunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht fallen. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keine gleichartigen Vorstrafen aufgewiesen hat, ist für ihn angesichts der Art und Anzahl der von ihm begangenen strafbaren Handlungen nichts zu gewinnen. Im Falle gleichartiger Vorstrafen wäre eine wesentlich längere Entziehungsdauer gerechtfertigt gewesen.
Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001110352.X00Im RIS seit
20.03.2002