TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/13 2001/07/0070

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Veröffentlicht am 13.12.2001
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Index

L61207 Feldschutz Landeskulturwachen Tirol;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

FeldschutzG Tir 1988 §2 Abs2 litb;
FeldschutzG Tir 1988 §8 Abs1 lita;
StGB §4 impl;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Hinterwirth als Richter im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Z in S, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, Burghard Breitner-Straße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Tirol vom 27. März 2001, Zl. uvs-2000/21/017- 1, betreffend Übertretung des Tiroler Feldschutzgesetzes (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

T erstattete am 7. Juni 2000 an die Bezirkshauptmannschaft Lienz (BH) Anzeige gegen die B Flugschule GmbH und deren handelsrechtlichen Geschäftsführer, den Beschwerdeführer, wegen Übertretung des Tiroler Feldschutzgesetzes, LGBl. Nr. 8/1989 (FeldschutzG). In dieser Anzeige heißt es, der Anzeiger sei Eigentümer der Grundstücke 451, 459 und 462 der KG S. Er habe den Beschwerdeführer mehrfach darauf aufmerksam gemacht, es sei unzumutbar, dass vor allem das Grundstück Nr. 462, welches direkt an den Landeplatz der B Flugschule GmbH angrenze, als Landeplatz mitbenützt werde und die Flugschule sich so verhalte, wie wenn auch dieses Grundstück für ihre Zwecke nutzbar wäre. Das Gras werde in alle Richtungen zertrampelt und zertreten, wodurch sich das Mähen des Feldes als ausgesprochen schwierig gestalte. Versuche, mit dem Beschwerdeführer ein klärendes Gespräch zu führen, seien gescheitert. Am 9. Mai 2000 vormittags seien beispielsweise zahllose neue Flugschüler am Flugfeld gewesen, welche gerade das Aufziehen der Schirme geübt hätten. Dabei habe der Sohn des Anzeigers feststellen müssen, dass diese auch das Grundstück des Anzeigers benutzt und dort das Gras niedergetrampelt hätten. Als die Flugschüler darauf angesprochen worden seien, ob sie nicht wüssten, wo das Flugfeld sei, hätten sie zur Antwort gegeben, dass niemand sie darauf hingewiesen hätte, wo die Grenze des Flugfeldes verlaufe. Der Anzeiger habe durch seine ausgewiesene Vertreterin am 16. Mai 2000 ein entsprechendes Schreiben an die B Flugschule gerichtet, welches ohne Reaktion geblieben sei. Vom 1. Juni 2000 bis 4. Juni 2000 habe der Sohn des Anzeigers feststellen müssen, dass wieder zahllose Drachenflieger und Paragleiter auf dem Feld des Anzeigers gelandet seien. Darauf angesprochen, ob sie wüssten, wo der Landeplatz sei, hätten sie durchwegs zur Antwort gegeben, man habe ihnen in der Flugschule gesagt, dass man überall landen könne.

Die BH leitete ein Strafverfahren ein, in welchem sie dem Beschwerdeführer vorwarf, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B Flugschule GmbH zu verantworten, dass auf Grundstück 462 der KG S 1. am 9. Mai 2000 vormittags mehrere Flugschüler das Gras niedergetrampelt hätten und 2. vom 1. Juni 2000 bis 4. Juni 2000 zahlreiche Drachenflieger und Paragleiter der Flugschule auf dem Feld des Grundeigentümers (gemeint: auf dem Grundstück Nr. 462 des X) und dadurch auf diesem zur Zeit des Graswuchses gelandet seien, wodurch Feldfrevel begangen worden sei, obwohl es verboten sei, einen Feldfrevel zu begehen.

Der Beschwerdeführer verantwortete sich damit, bei den Vorkommnissen am 9. Mai 2000 und vom 1. Juni 2000 bis 4. Juni 2000 habe es sich um solche gehandelt, die nicht von Flugschülern seiner Flugschule, sondern von so genannten Freifliegern zu verantworten seien. An diesen Tagen seien in der Flugschule nur ca. 8 Flugschüler in Ausbildung gestanden, und zwar sämtliche mit Paragleitern (kein Drachenflieger). An den genannten Tagen seien die Flugschüler außerdem nicht in S, sondern unter Aufsicht der Fluglehrer in anderen Fluggebieten unterwegs gewesen. Flugschüler würden bei einem Landeanflug stets von einem Fluglehrer beaufsichtigt, der über Funk mit ihnen zwecks Einweisung in Verbindung stehe. Freiflieger hingegen seien Piloten, die auf Grund eines gültigen Pilotenscheines die Berechtigung zum Fliegen hätten. Sie unterstünden keiner fluglehrerischen Aufsicht und führten ihre Flüge eigenverantwortlich durch. Einem Piloten mit gültigem Schein könne die Flugschule keine luftverkehrsmäßigen Weisungen erteilen. Immer wieder komme es vor, dass ausländische Freiflieger im Bereich S starteten, ohne sich genau über die Verhältnisse am Landeplatz zu informieren. Die Begrenzungen eines Landeplatzes seien aus der Luft schwer erkennbar, sodass eine irrtümliche Landung von Freifliegern außerhalb des Landeplatzes vorkommen könne, ohne dass die Flugschule darauf einen Einfluss habe.

Aber auch wenn die Tathandlungen von Flugschülern begangen worden seien, komme eine Bestrafung nicht in Frage. Der Anzeiger stütze sich offensichtlich darauf, dass er eine Zustimmung zur Außenlandung auf seinen Feldern nach § 9 Abs. 4 des Luftfahrtgesetzes nicht erteilt habe; er übersehe dabei aber, dass eine solche Genehmigung - aus näher dargestellten Gründen - gar nicht erforderlich sei.

An den genannten Tagen sei die Landung am Feld des Anzeigers aber auch deswegen zulässig gewesen, weil starker Ostwind geherrscht habe. Der in S häufig auftretende Ostwind sei so stark gewesen, dass der Landeplatz nicht mehr habe erreicht werden können. Die alternative Pilotenentscheidung, nämlich ein Überfliegen des bebauten Gebietes von S, sei aus mehreren Gründen nicht möglich gewesen.

Die BH vernahm den Sohn des Anzeigers, der Pächter der landwirtschaftlichen Grundstücke ist. Dieser gab an, es gebe seit Jahren bereits Schwierigkeiten mit der Flugschule, die die Rechte der Bauern missachte. Am 9. Mai 2000 am Vormittag hätten auf der Parzelle 462 die Flugschüler der Flugschule das Aufziehen der Schirme geübt. Diese Personen hätten zweifelsohne zur Flugschule gehört. Das Gras sei naturgemäß niedergetrampelt worden. Auf seinen Einwand habe der Zeuge zur Antwort bekommen, dass niemand die Übenden darauf hingewiesen habe, wo die Grenze des Flugfeldes verlaufe. Es habe sich nicht um Freiflieger gehandelt, sondern um Flugschüler. Vom 1. Juni 2000 bis 4. Juni 2000 seien die ständig wiederkehrenden Flugtage abgehalten worden. Dabei seien zahlreiche Drachenflieger und Paragleiter auf dem Feld gelandet. Wenn sie darauf angesprochen worden seien, hätten sie erklärt, man habe ihnen in der Flugschule gesagt, dass man überall landen könne. Die Freiflieger hätten dem Zeugen mitgeteilt, dass sie sowohl Startals auch Landegebühr zu bezahlen hätten. Bei den in der Anzeige angeführten Tatzeitpunkten handle es sich nur um solche, die während der Zeit passierten, da der Graswuchs zu schonen sei. Gelandet werde nämlich das ganze Jahr über auf den Feldern des Zeugen und auch auf Feldern von Nachbarn. Der Beschwerdeführer, der auf die Problematik angesprochen worden sei, habe dem Zeugen geantwortet "Wenn Du Probleme hast, musst Du sie lösen, ich habe keine".

Mit Straferkenntnis der BH vom 13. November 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B Flugschule GmbH, zu verantworten, dass auf Grundstück 462 der KG S (Grundeigentümer X) am 9. Mai 2000 vormittags und sohin zur Zeit des Graswuchses das Aufziehen von Paragleitern bzw. Flugschirmen durch die B Flugschule GmbH geübt und im Zuge dessen das Gras niedergetrampelt worden sei, wodurch ein Feldfrevel begangen worden sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und 2 lit. b FeldschutzG begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt.

Hinsichtlich des Tatvorwurfes für die Zeit vom 1. Juni bis 4. Juni 2000 wurde das Strafverfahren mit der Begründung eingestellt, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat könne nicht mit der für eine Bestrafung ausreichenden Sicherheit erwiesen werden.

Der Beschwerdeführer berief.

Er machte geltend, weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter noch im Straferkenntnis werde ihm ein rechtswidriger Eingriff in eine "Wiese" vorgeworfen. Das Niedertrampeln von Gras auf irgendeiner Fläche sei aber nicht tatbildlich im Sinne des FeldschutzG.

Die Behörde habe auch nicht die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 27. September 2000 achtlos übergehen und die Bestrafung allein auf die Zeugenaussage des Anzeigers stützen dürfen. Ein fliegerischer Laie könne nicht unterscheiden, ob es sich um Freiflieger oder Flugschüler gehandelt habe. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Flugschüler entgegen ausdrücklicher Anweisung der Schule und der Fluglehrer eigenmächtig Aufziehübungen unternommen hätten, würde es am Verschulden des Beschwerdeführers fehlen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. März 2001 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und änderte den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dahingehend ab, dass er nunmehr wie folgt lautet:

"Der (Beschwerdeführer) hat es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B Flugschule GmbH mit dem Sitz in S zu verantworten, dass auf der Wiese Grundstück 462, KG S (Grundeigentümer X) am 9.5.2000 vormittags und sohin zur Zeit des Graswuchses Personen gegangen sind, indem das Aufziehen von Paragleitern geübt wurde bzw. hatte er es zugelassen, dass im Rahmen des Betriebs der B Flugschule GmbH so genannte "Freiflieger" ebendort gegangen sind und im Zuge dessen das Gras niedergetrampelt wurde, wodurch ein Feldfrevel begangen wurde."

In der Begründung heißt es, auf Grund der aufgenommenen Beweismittel stehe folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Mit Schreiben vom 7. Juni 2000 habe T als Eigentümer des Grundstückes 462 der KG S der BH zur Anzeige gebracht, dass am 9. Mai 2000 vormittags zahllose neue Flugschüler am Flugfeld gewesen seien, welche gerade das Aufziehen der Schirme geübt hätten. Der Sohn des Anzeigers habe festgestellt, dass diese Personen auch sein Grundstück 462 benützten und dort das Gras niedertrampelten. Das daraufhin von der Erstbehörde eingeleitete Verfahren habe ergeben, dass sich unmittelbar angrenzend an das Grundstück des Anzeigers ein von der B Flugschule GmbH gepachtetes Grundstück befinde. Auf diesem Grundstück werde Flugausbildung betrieben. Es fänden dort Start- und Landmanöver statt, und zwar sowohl von Flugschülern als auch von so genannten "Freifliegern". Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der B Flugschule GmbH.

Freiflieger könnten gegen Entgelt (Start- und Landgebühr) das Pachtgelände der B Flugschule mitbenützen. Es könne nicht festgestellt werden, ob vom Beschwerdeführer oder anderen Angehörigen der B Flugschule Flugschülern und Freischülern Anweisungen dahingehend gegeben worden seien, dass auf der Wiese des Anzeigers weder gestartet noch gelandet noch sonstige Flugübungen durchgeführt werden dürften. Unabhängig davon, ob solche Anweisungen durch die Flugschule erteilt würden oder nicht, stehe fest, dass die Wiese des Anzeigers mit der Grundstücks-Nr. 462 zu Flugübungszwecken am 9. Mai 2000 benutzt worden sei. Bei diesem Grundstück handle es sich um eine Wiese, Gras sei niedergetrampelt worden. Es sei evident, dass der 9. Mai eines jeden Jahres zur Graswachstumsperiode gehöre. Es könne zwar nicht festgestellt werden, ob am 9. Mai 2000 auf der Wiese Flugschüler oder Freiflieger geübt hätten; feststehe auf jeden Fall, dass dort Personen offensichtlich im Rahmen des Betriebs der Flugschule geübt hätten.

Der Sachverhalt ergebe sich aus dem vorliegenden Akteninhalt. Es bestehe kein Grund, an den Ausführungen des Anzeigers sowie der Aussage des Zeugen X zu zweifeln. In seiner Einvernahme vor der BH am 7. September 2000 habe der Zeuge glaubhaft geschildert, dass am 9. Mai 2000 auf der Wiese Flugschüler der Flugschule das Aufziehen der Schirme geübt hätten. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach am 9. Mai 2000 zwar keine Flugschüler, wohl aber so genannte Freiflieger die Wiese des Anzeigers zu Übungszwecken benützt hätten, werde durchaus für wahr gehalten. Der Beschwerdeführer habe im Schriftsatz vom 3. Juli 2000 sogar zugestanden, dass die Wiese des Anzeigers am 9. Mai 2000 von Freifliegern benutzt worden sei, was er mit starkem Ostwind gerechtfertigt habe.

In der "rechtlichen Würdigung" des angefochtenen Bescheides heißt es, gemäß § 1 Abs. 2 FeldschutzG begehe einen Feldfrevel, wer auf Wiesen zur Zeit des Graswachsens gehe oder lagere.

Im durchgeführten erstbehördlichen Verfahren sei klar hervorgekommen, dass am 9. Mai 2000 entweder Flugschüler oder so genannte Freiflieger die Wiese des Anzeigers zu Übungszwecken benützt hätten. Es spiele keine Rolle, ob es sich bei jenen Personen um Flugschüler oder Freiflieger handle. Auch wenn die Verwaltungsübertretung von Freifliegern begangen worden sei, sei sie doch der B Flugschule bzw. deren Geschäftsführer zuzurechnen. Die Flugschule betreibe unmittelbar angrenzend an die Wiese des Anzeigers ein gepachtetes Fluggelände. Wie schon dem Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2000 zu entnehmen sei, werde von der Flugschule ausdrücklich in Kauf genommen, dass auch die Wiese des Anzeigers bei Ostwind zu Landezwecken benützt werde. Somit sei klar, dass die Flugschule von vornherein die Wiese des Anzeigers bei gewissen Witterungsbedingungen als (Not-)Landebereich betrachte. Mit der Berufung auf das Luftfahrgesetz sei für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, da dieses mit seinen Regelungen betreffend so genannte "Außenlandungen" ausdrücklich auf Notfälle abstelle. Von einem Notfall könne jedoch nicht gesprochen werden, wenn die Flugschule von vornherein bei gewissen Windverhältnissen die Wiese des Anzeigers in den Flugbetrieb regelmäßig mit einbeziehe. Die Flugschule als Betreiber eines Flugübungsgeländes habe alles ihr Zumutbare zu unternehmen, um die Beeinträchtigungen von an das Übungsgelände angrenzenden Grundstücken zu verhindern. Das entspringe schon dem Grundsatz, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schaffe, auch für deren Absicherung zu sorgen habe. Wenn die B Flugschule meine, sie sei für das Verhalten von Freifliegern nicht verantwortlich, so irre sie, da sie durch Zurverfügungstellung ihres Übungsgeländes und in der Folge für Schäden von Freifliegern an Nachbargrundstücken selbstverständlich haftbar sei; dies insbesondere auch deshalb, weil die Flugschule Start- und Landegebühr von Freifliegern einhebe. Schon die schriftlichen Eingaben des Beschwerdeführers ließen erkennen, dass er offensichtlich der Meinung sei, sich unter Berufung auf das körperliche Wohl von Flugschülern und Freifliegern und unter Berufung auf das Luftfahrtgesetz über die Bestimmungen des FeldschutzG jederzeit hinwegsetzen zu können. Die von Personen im Rahmen des Betriebes der B Flugschule am 9. Mai 2000 vorgenommenen Aufziehübungen stellten auf keinen Fall eine Notsituation im Sinne des Luftfahrtgesetzes dar und könnten auch nicht unter den Begriff "Außenlandungen" subsumiert werden.

Wenn der Beschwerdeführer meine, dass ihm der Schuldvorwurf nicht innerhalb der Verjährungsfrist zur Gänze von der Erstbehörde vorgehalten worden sei, so verkenne er, dass er durch seinen ausgewiesenen Vertreter sowohl am 30. Juni 2000 als auch am 20. September 2000 Einsicht in den Akt der BH genommen habe. Im Akt sei der Schuldvorwurf tatbestandsmäßig zur Gänze umrissen und abgedeckt.

Die belangte Behörde sei durchaus geneigt, den Ausführungen des Beschwerdeführers zu glauben, wonach am 9. Mai 2000 nicht Flugschüler, sondern Freiflieger die Wiese des Anzeigers benützt und Gras niedergetrampelt hätten. Für den Beschwerdeführer sei dadurch jedoch nichts gewonnen, da er für das Verhalten der im Rahmen der Flugschule auf deren Gelände übenden und fliegenden Freiflieger verantwortlich sei. Offensichtlich habe es die B Flugschule bzw. der Beschwerdeführer unterlassen, die Freiflieger entsprechend zu unterweisen bzw. sei es unterlassen worden, sie von Übergriffen auf außerhalb des von der Flugschule gepachteten Grundstückes liegende Flächen abzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt erachtet, nicht nach dem FeldschutzG bestraft zu werden, wenn er keinen Tatbestand nach diesem Gesetz zu verantworten hat.

Der Beschwerdeführer macht geltend, weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch im Straferkenntnis erster Instanz sei ihm ein rechtswidriger Eingriff in eine Wiese vorgeworfen worden. Das Niedertrampeln von Gras auf irgendeiner Fläche sei nicht tatbildlich im Sinne des FeldschutzG. Die Konkretisierung im angefochtenen Bescheid sei außerhalb der Verjährungsfrist erfolgt.

Zum Tatbestand des § 2 FeldschutzG gehöre die Vernichtung oder Beschädigung von Feldgut. Derartiges werde dem Beschwerdeführer nicht angelastet.

In der Beschuldigtenladung sei dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden, am 9. Mai 2000 hätten mehrere Flugschüler das Gras niedergetrampelt. Im Straferkenntnis der BH habe der Vorwurf gelautet, am 9. Mai 2000 sei zur Zeit des Graswuchses das Aufziehen von Paragleitern bzw. Flugschirmen durch die B Flugschule GmbH geübt und im Zuge dessen das Gras niedergetrampelt worden. In der Berufung habe sich der Beschwerdeführer damit verantwortet, dass am genannten Tag keine Flugschüler unterwegs gewesen seien und wenn überhaupt, die beanstandeten Schirmaufziehübungen durch Freiflieger vorgenommen worden seien, welche nicht der Verantwortung der Flugschule unterstünden. Dem habe die belangte Behörde nun dadurch Rechnung getragen, dass dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid ein Alternativtatbestand angelastet werde, nämlich dass er es zugelassen habe, dass im Rahmen des Betriebes der Flugschule Freiflieger auf der Wiese gegangen seien und im Zuge dessen das Gras niedergetrampelt worden sei. Abgesehen davon, dass der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe am 9. Mai 2000 ein Verhalten von nicht der Aufsicht der Flugschule unterstehenden Personen (Freifliegern) zugelassen, erstmals und somit außerhalb der Verjährungsfrist im angefochtenen Bescheid erhoben werde, sei dem Verwaltungsstrafrecht ein Alternativtatbestand fremd.

Die belangte Behörde habe den Tatvorwurf ausgetauscht. Im erstinstanzlichen Straferkenntnis sei dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden, Flugschüler hätten am 9. Mai 2000 das Gras niedergetrampelt. Im angefochtenen Bescheid werde ihm ein gänzlich anderer Tatbestand angelastet, nämlich, er habe es zugelassen, dass auf der Wiese Personen gegangen seien. Abgesehen davon, dass ein solcher Vorwurf außerhalb der Verjährungsfrist erhoben worden und auch nicht Sache des Verfahrens sei, unterstelle die belangte Behörde dem Beschwerdeführer damit eine Pauschalverantwortung für eine zeitlich unbegrenzte Aufsicht über das Grundstück des Anzeigers, insbesondere eine Verantwortung für das Verhalten aller Freiflieger. Eine derartige Verantwortung, alle in der Nähe des Landeplatzes der Flugschule liegenden Grundstücke rund um die Uhr zu überwachen, sei aus keiner gesetzlichen Bestimmung abzuleiten. Es fehlten auch konkrete Feststellungen, weshalb gerade am Landeplatz der Flugschule den Beschwerdeführer eine derartige Rechtspflicht treffe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift die Auffassung, der Beschwerde sei nicht zu entnehmen, in welchem Recht sich der Beschwerdeführer verletzt fühle. Aus der Beschwerde gehe nicht hervor, ob sich der Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts oder durch einen Verfahrensmangel beschwert erachte. Schon aus diesem Grund sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 28 Abs. 1 VwGG lautet auszugsweise:

"(1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

...

4. die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte),

5. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

..."

Was die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt) betrifft, so enthält die Beschwerde eine ausdrückliche Anführung dieses Rechtes, nämlich des Rechtes, nicht nach den Bestimmungen des FeldschutzG bestraft zu werden, wenn kein Tatbestand nach diesem Gesetz verwirklicht wurde.

Die Beschwerde enthält auch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. Dass dabei nicht ausdrücklich in "Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" und "Rechtswidrigkeit des Inhalts" unterschieden wird, schadet nicht, da aus der Beschwerde erkennbar ist, welche Mängel des angefochtenen Bescheides der Beschwerdeführer anspricht.

Nach § 8 Abs. 1 lit. a FeldschutzG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Feldfrevel nach § 2 Abs. 1 und 2 begeht.

Nach § 2 Abs. 1 FeldschutzG begeht Feldfrevel, wer unbefugt Feldgut vernichtet, beschädigt, verunreinigt, unbenützbar macht, dem ordnungsgemäßen Gebrauch entzieht oder sich aneignet.

Nach § 2 Abs. 2 lit. b leg. cit. begeht insbesondere Feldfrevel, wer unbefugt auf bebauten oder zum Anbau vorbereiteten Äckern, auf Wiesen zur Zeit des Graswuchses oder in Gärten geht oder lagert.

§ 2 Abs. 1 FeldschutzG enthält somit eine Generalklausel, die durch die demonstrative Aufzählung im Abs. 2 konkretisiert wird.

Wie aus der Anordnung, dass insbesondere derjenige Feldfrevel begeht, der eine der im § 2 Abs. 2 lit. b leg. cit. angeführten Tathandlungen begeht, hervorgeht, bedarf es bei den Tathandlungen des § 2 Abs. 2 lit. b FeldschutzG nicht mehr der Prüfung, ob dadurch Feldgut geschädigt oder vernichtet wurde; vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass mit diesen Tathandlungen eine Schädigung oder Vernichtung von Feldgut automatisch verbunden ist. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es hätte ihm ausdrücklich eine Vernichtung oder Schädigung von Feldgut vorgeworfen werden müssen, erweist sich daher als unzutreffend.

Wie die belangte Behörde ausgeführt hat, hat der Vertreter des Beschwerdeführers innerhalb der Verjährungsfrist zweimal Akteneinsicht genommen. Aus dem Akt geht zweifelsfrei hervor, dass es sich beim Grundstück des Anzeigers um eine Wiese handelt. Schon aus diesem Grund ist der Einwand des Beschwerdeführers verfehlt, das Tatbestandselement des Begehens einer "Wiese" sei ihm außerhalb der Verjährungsfrist erstmals vorgeworfen worden.

Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er meint, es treffe ihn keine Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Wiese des Anzeigers nicht von Flugschülern oder Freifliegern in Anspruch genommen werde.

Die Flugschule, für deren Verhalten der Beschwerdeführer einzustehen hat, schafft durch das Bereitstellen eines Übungs- und Landegeländes eine Situation, bei der ohne ausreichende Vorkehrungen typischerweise damit zu rechnen ist, dass angrenzende Felder in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Rechtsprechung leitet eine Verantwortlichkeit für bestimmte innerhalb des eigenen Herrschaftsbereichs gelegene Gefahrenquellen ab, soweit sich aus bestimmten Sachen, Anlagen oder Einrichtungen typische zustandsbedingte Risiken ergeben (vgl. Kienapfel, Grundriss des Österreichischen Strafrechts, Allgemeiner Teil7, 181).

Es trifft die Flugschule daher die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass diese Gefahrenquelle für fremde Rechtsgüter ausgeschaltet wird. Sie hat u.a. dafür zu sorgen, dass Personen, die ihre Anlagen benutzen, dabei nicht zur Zeit des Graswuchses auf Wiesen gehen, zu deren Benützung sie nicht befugt sind. Dabei ist die vom Beschwerdeführer ins Zentrum seiner Ausführungen gerückte Unterscheidung zwischen Flugschülern und Freifliegern für den Beschwerdefall ohne Bedeutung. Die Beschwerde lässt die Feststellungen im angefochtenen Bescheid unbestritten, dass es sich auch bei Freifliegern um Personen handelt, die gegen Entgelt befugt sind, die Einrichtungen der Flugschule, insbesondere den Landeplatz, zu benutzen. Damit aber trifft die Flugschule die Verpflichtung, auch Übertritte dieser Personen auf andere Felder zu verhindern.

Damit bricht auch die Argumentation des Beschwerdeführers in sich zusammen, die belangte Behörde habe ihm einen überdies außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erstmals geltend gemachten Alternativtatbestand angelastet. Da es im Beschwerdefall gleichgültig ist, ob es sich bei den Personen, die auf dem Feld gegangen sind, um Flugschüler oder um Freiflieger handelt, ist der von der belangten Behörde eingefügte Satz ("bzw. hat er es zugelassen, dass im Rahmen des Betriebs der B Flugschule GmbH so genannte "Freiflieger" ebendort gegangen sind und im Zuge dessen das Gras niedergetrampelt wurde") ein unzulässiger Alternativvorwurf, sondern lediglich eine Wiederholung und Erläuterung dessen, was bereits im Tatvorwurf des erstinstanzlichen Straferkenntnisses enthalten war. Auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht klar hervor, dass die belangte Behörde mit der Einfügung des vom Beschwerdeführer beanstandeten Passus lediglich ihre Auffassung zum Ausdruck bringen wollte, dass es ohne Bedeutung ist, ob es sich bei den Personen, die bei der Durchführung von Übungen auf der Wiese gegangen sind, um Flugschüler oder Freiflieger gehandelt hat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. Dezember 2001

Schlagworte

Allgemein Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001070070.X00

Im RIS seit

23.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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