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L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
F-VG 1948 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des KK in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Februar 1999, Zl. UVS- 05/K/20/00033/99, betreffend Übertretung des Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- (EUR 1.090,05) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom 30. Dezember 1998 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, am 16. Juni 1998 ein näher bezeichnetes mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone (auf dem Gehsteig vor dem landesgerichtlichen Gefangenenhaus) abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben. Er habe damit die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt.
In der Berufung bestritt der Beschwerdeführer, ein Bediensteter des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich, das Abstellen und die Nichtentwertung eines Parkscheines nicht, brachte aber vor, es habe sich um eine im Dienste der Strafrechtspflege unternommene Fahrt mit einem angemieteten Kraftfahrzeug gehandelt (Einlieferung eines in Verwahrungshaft befindlichen mutmaßlichen Suchtgifthändlers in das landesgerichtliche Gefangenenhaus Wien). Es sei erforderlich, die Gesellschaft vor derartigen Personen zu schützen und es wäre daher für die öffentliche Sicherheit unvertretbar gewesen, einen weiter entfernten Parkplatz zu wählen, den Tatverdächtigen von dort zu Fuß in das landesgerichtliche Gefangenenhaus zu eskortieren und das Risiko einer Flucht unnötig zu erhöhen. Es wäre ebenso unvertretbar und gegen die internen polizeilichen Vorschriften gewesen, das Fahrzeug zum Zweck des Ankaufs von Parkscheinen zu verlassen und die in Haft befindliche Person, wenn auch nur kurzzeitig in der alleinigen Obhut des mitfahrenden Kollegen zu belassen, weil dies ebenfalls ein untragbares Sicherheitsrisiko bedeutet hätte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer keine Kurzparkscheine mitgeführt habe, sei aus seiner Sicht ebenfalls nicht als fahrlässiges Verhalten einzustufen, weil er nicht vorhersehen habe können, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone parken zu müssen. Er sei der Meinung gewesen, sein Fahrzeug unmittelbar im Eingangsbereich des landesgerichtlichen Gefangenenhauses, ohne gegen das Parkometergesetz zu verstoßen, abstellen zu können. Dies sei auf Grund der vorgefundenen Situation aber nicht möglich gewesen. Es sei dadurch zu einer Pflichtenkollision gekommen, weil die Einhaltung der Vorschriften über die Entrichtung der Parkometerabgabe eine Gefahr für die Beamten und die Bevölkerung herbeigeführt hätte.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Dies mit der Begründung, es habe kein rechtfertigender oder entschuldigender Notstand nach § 6 VStG vorgelegen. Ein rechtfertigender Notstand sei deswegen nicht gegeben, weil der Beschwerdeführer durch das ordnungsgemäße Entwerten eines Parkscheines nicht darin gehindert gewesen wäre, seinen Aufträgen pflichtgemäß nachzukommen. Die unterlassene Entwertung eines Parkscheines habe auch nicht der unmittelbaren Gefahrenabwehr gedient, sodass auch kein entschuldigender Notstand vorliege. Zum Einwand, der Beschwerdeführer habe nicht damit gerechnet, sein Fahrzeug im Einfahrtsbereich des landesgerichtlichen Gefangenenhaus abstellen zu können, sei zu erwidern, dass es sich bei dem gesamten 8. Wiener Gemeindebezirk um eine Kurzparkzone handle. Dementsprechend sei für einen Fahrzeuglenker, der beabsichtige, das von ihm gelenkte Fahrzeug in diesem Bereich abzustellen, das Entstehen der Gebührenpflicht vorhersehbar. Die Hoffnung, das Fahrzeug in einem Bereich abstellen zu können, der nicht der Gebührenpflicht unterliege, ändere daran nichts. Der Beschwerdeführer hätte jedenfalls vorsorglich Parkscheine mitführen müssen. Indem der Beschwerdeführer dies und in weiterer Folge die Entwertung der Parkscheine unterlassen habe, habe er die für ihn bestehende und ihm zumutbare Sorgfaltspflicht verletzt und somit fahrlässig die Abgabe verkürzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Entrichtung der Parkometerabgabe ist unstrittig.
In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, es lägen die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Entrichtung der Parkometerabgabe vor. Der Beschwerdeführer sei nach § 26a StVO 1960 nicht zur Entrichtung der Abgabe verpflichtet gewesen. Auf Grund des §26a StVO, der die Lenker von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes für die Ausübung des Dienstes nicht an Parkverbote binde, dürfe der Begriff des "Abstellens eines Fahrzeuges in der Kurzparkzone" im Beschwerdefall nicht angewendet werden. Jede andere Interpretation wäre verfassungswidrig. Den Ländern sei es nicht gestattet, bürokratische Hürden zu errichten, welche die Vollzugstätigkeit des Bundes behinderten.
Die Lenker von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Militärstreife sind gemäß § 26a StVO 1960 bei Fahrten, soweit dies für die ordnungsgemäße Ausübung des Dienstes erforderlich ist, an Halte- und Parkverbote, an Geschwindigkeitsbeschränkungen, an Fahrverbote gemäß § 52 lit. a Z 1, Z 6a, Z 6b, Z 6c, Z 6d, Z 7a, Z 7b, Z 8a, Z 8b und Z 8c und an die Verbote bezüglich des Zufahrens zum linken Fahrbahnrand nicht gebunden. Sie dürfen auch Fahrstreifen und Straßen für Omnibusse benützen. Sie dürfen dabei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.
Nach § 3 Abs. 1 lit. b des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, ist für Einsatzfahrzeuge die Abgabe nicht zu entrichten.
Der Begriff "Einsatzfahrzeug" wird im Parkometergesetz nicht umschrieben.
Nach § 2 Abs. 1 Z 25 StVO 1960 ist Einsatzfahrzeug ein Fahrzeug, das auf Grund kraftfahrrechtlicher Vorschriften als Warnzeichen (§ 22) blaues Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne führt, für die Dauer der Verwendung eines dieser Signale.
Das Parkometergesetz verweist nicht auf diese Begriffsbestimmung der StVO 1960. Diese gesetzliche Definition nennt Definitionselemente, die für die straßenpolizeilichen Gegebenheiten von Bedeutung sind. Durch die Verwendung bestimmter Signale werden bestimmte Kraftfahrzeuge zu "Einsatzfahrzeugen", für die dann insbesondere im fließenden Straßenverkehr besondere Regelungen gelten.
Eine solche Definition kann jedoch nicht auf den davon verschiedenen Regelungsbereich des den ruhenden Verkehr betreffenden Parkometergesetzes übertragen werden, das der Einnahmenerzielung und Parkraumbewirtschaftung dient (hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2000, Zl. 96/17/0427). Die Verwendung bestimmter auffälliger Signale ist gerade im ruhenden Verkehr beim Abstellen der Fahrzeuge mangels Erfordernis der Auffälligkeit von untergeordneter Bedeutung. Der Inhalt des Begriffes "Einsatzfahrzeug" des Wiener Parkometergesetzes ist daher unter Berücksichtigung der Intentionen und Besonderheiten des Parkometergesetzes eigenständig und nicht unter Heranziehung der Legaldefinition der StVO zu ermitteln. Nach der wörtlichen Interpretation handelt es sich dabei um Fahrzeuge im Einsatz. Dies sind jedenfalls alle Fahrzeuge, die bei einer hoheitlichen Vollziehungshandlung Verwendung finden und dabei "abgestellt" werden. Eine solche Umschreibung gebietet auch die verfassungskonforme Interpretation dieser Regelung.
Bei der Wiener Parkometerabgabe handelt es sich um eine ausschließliche Gemeindeabgabe auf Grund des aus § 8 F-VG abgeleiteten Abgabenerfindungsrechtes der Länder (vgl. VfSlg. 12668/1991 und die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 1994, Zl. 93/17/0097, und vom 24. Juni 1997, Zl. 95/17/0500).
Im Rahmen dieses Abgabenerfindungsrechtes kann die Landesgesetzgebung grundsätzlich auf alle Besteuerungsgegenstände greifen, soweit sie damit nicht in Widerspruch zu Bundesgesetzen gerät und soweit der Bund Besteuerungsrechte nicht in Anspruch genommen hat (vgl. VfSlg. 5859/1968). Gegebenenfalls kann sich die landesgesetzliche Regelung einer Abgabe als missbräuchlich erweisen, was dann der Fall wäre, wenn die Abgabe zufolge ihrer besonderen Ausgestaltung so umfassend in eine Materie hineinwirkt, dass sie ungeachtet ihrer Qualifikation als Abgabe zugleich auch als Regelung dieser (fremden) Materie selbst gewertet werden muss (vgl. VfSlg. 10403). Weiters muss der Landesgesetzgeber im Rahmen des - der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung immanenten - Rücksichtnahmegebotes auf die Interessen des Bundesgesetzgebers Rücksicht nehmen (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht II4, Rz 353; VfSlg. 10.305/1984, zum unentgeltlichen Gebrauch öffentlichen Grundes für die Verlegung von Fernmeldeleitungen).
Aus diesen Erwägungen ist daher davon auszugehen, dass Fahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die in der ordnungsgemäßen Ausübung des Dienstes "eingesetzt" werden, "Einsatzfahrzeuge" nach § 3 Abs. 1 lit. b Parkometergesetz sind.
Im Beschwerdefall wurde vom Beschwerdeführer, einem Bediensteten des Landesgendarmeriekommandos Niederösterreich, im dienstlichen Auftrag eine des Suchtgifthandels verdächtige Person mit einem angemieteten Kraftfahrzeug in das landesgerichtliche Gefangenenhaus überstellt. Es handelte sich dabei um ein Fahrzeug des öffentlichen Sicherheitsdienstes, das im Rahmen der ordnungsgemäßen Ausübung des Dienstes verwendet und in einer Kurzparkzone unmittelbar vor dem Übergabeort des mutmaßlichen Suchtgifthändlers an das landesgerichtliche Gefangenenhaus während der Dienstausübung abgestellt war.
Ein solches Fahrzeug ist ein Einsatzfahrzeug iS des § 3 Abs. 1 lit. b Parkometergesetz und die Parkometerabgabe ist für das Abstellen dieses Kraftfahrzeuges in der Kurzparkzone nicht zu entrichten.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 sowie § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz.
Wien, am 17. Dezember 2001
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999170264.X00Im RIS seit
21.05.2002Zuletzt aktualisiert am
21.09.2016