TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/17 2001/14/0143

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Veröffentlicht am 17.12.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der O Gesellschaft mbH in K, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 6. Dezember 2000, RV 631/1- T6/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

GO hält 100 % der Anteile an der beschwerdeführenden GmbH und ist deren alleiniger Geschäftsführer.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für den Prüfungszeitraum Jänner 1994 bis Dezember 1997 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und Beträge an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Handelskammerumlage) unter Berufung auf § 57 Abs. 7 und 8 des Handelskammergesetzes vorgeschrieben. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass die an GO geleisteten Geschäftsführervergütungen nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Das Finanzamt habe daraufhin die entsprechenden Beträge an Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.

Der Berufung gegen diese Vorschreibungen könne kein Erfolg beschieden sein. Die Tätigkeit des Geschäftsführers weise nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, wenn man von der auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden Weisungsunterworfenheit absehe. Der Geschäftsführer sei in den Betrieb der Beschwerdeführerin organisatorisch eingegliedert, zumal er über einen Zeitraum von mehreren Jahren die Geschäftsführung zu besorgen habe. Der Geschäftsführer trage kein Unternehmerrisiko. Er erhalte einen garantierten Mindest-Jahresbezug. Dieser Mindest-Jahresbezug habe in den Jahren 1994 und 1995 jeweils 600.000 S betragen, in den darauffolgenden Jahren 1996 und 1997 jeweils 1,200.000 S. Es sei weiters vereinbart, dass der Geschäftsführerbezug auch nicht unter einem bestimmten Prozentsatz des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit liegen dürfe (1994 und 1995 jeweils 25%, 1996 und 1997 jeweils 35%); in drei der vier geprüften Kalenderjahren sei aber der mit diesem Prozentsatz berechnete Bezug unter dem garantierten Mindest-Jahresbezug gelegen. Im Geschäftsführervertrag sei zwar festgehalten, dass die "Auszahlung" des Bezuges "unter Berücksichtigung der Liquidität" der Beschwerdeführerin zu erfolgen habe; das bedeute aber in keiner Weise, dass der Geschäftsführer im Falle der Illiquidität der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf den Mindest-Jahresbezug hätte. Inhalt der angesprochenen Vereinbarung sei lediglich, dass der Geschäftsführer über die Auszahlung des Bezuges unter Berücksichtigung der Liquidität der Beschwerdeführerin selber disponieren dürfe. Es liege kein Unterschied zu klassischen Dienstnehmern vor, denen im Falle der Liquiditätsschwierigkeiten des Arbeitgebers der Lohnanspruch erhalten bleibe, die aber (zunächst) keine Zahlung erlangen könnten. Der garantierte Mindest-Jahresbezug stelle einen Fixbezug dar und stehe daher einem einnahmenseitigen Unternehmerwagnis entgegen. Auf der Ausgabenseite trage GO keinerlei Risiko, weil ihm die Beschwerdeführerin seine beruflich veranlassten Aufwendungen ersetze. Ersetzt würden sogar die vom Geschäftsführer zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge.

Mit Beschluss vom 27. Juni 2001, B 209/01, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen und -ausfälle trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug monatlich und in gleich bleibenden Beträgen ausbezahlt wird (vgl. abermals das oben zitierte Erkenntnis vom 23. April 2001).

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer ist im Beschwerdefall unbestritten gegeben. Ebenso gegeben ist die kontinuierliche Entlohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers. Die Beschwerde tritt der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde betreffend den dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Anspruch auf einen Mindest-Jahresbezug von 600.000 S bzw. 1,2 Mio. S nicht entgegen. Auch die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, wonach der Entlohnungsanspruch des Gesellschafter-Geschäftsführers ein Mindest-Fixum in der genannten Höhe beinhalte und der im Geschäftsführervertrag enthaltene Hinweis auf die Liquidität der Beschwerdeführerin nicht den Entlohnungsanspruch beschränke, sondern sich nur auf die Auszahlungsmodalität beziehe, bleibt in der Beschwerde unbekämpft. Die Beschwerdeführerin bringt auch nicht vor, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer jemals den Bezug nicht erhalten hätte. Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die im gegenständlichen Fall gegebene Art der Entlohnung ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko ausgeschlossen hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 2001, 2001/14/ 0092, vom 25. September 2001, 2001/14/0117, und vom 25. September 2001, 2001/14/0051). Dazu kommt im gegenständlichen Fall, dass den Gesellschafter-Geschäftsführer auch auf der Ausgabenseite kein Unternehmerrisiko getroffen hat.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001140143.X00

Im RIS seit

08.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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