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63/05 Reisegebührenvorschrift;Norm
RGV 1955 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 24. Februar 2000, Zl. 312285/1- III 8/00, betreffend Reisegebühren (§§ 4 und 47 RGV 1955), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor der Justizwache in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle war bis 30. Juni 1997 die Justizanstalt Stein.
Mit Schreiben vom 24. Mai 1997 ersuchte der Beschwerdeführer im Dienstweg bei der belangten Behörde unter Hinweis auf die von ihm von 1995 bis 1997 gelegten Reiserechnungen um Auszahlung der Reisekosten und Tagesgebühren oder um bescheidmäßige Absprache.
Nach weiterem Schriftwechsel erging schließlich der angefochtene Bescheid mit folgendem Spruch:
"Es wird festgestellt, dass Ihnen für die Reisebewegungen von und zur Außenstelle Meidling im Zeitraum vom 23.8.1995 bis 25.4.1997 kein Anspruch auf Gebühren nach § 4 der Reisegebührenvorschrift 1955 zusteht."
Zur Begründung wird nach Hinweis auf den vorher genannten Antrag des Beschwerdeführers weiter ausgeführt, er habe diesen Antrag mit Schreiben vom 14. Dezember 1999 konkretisiert und vorgebracht, sein "Dienstort" sei vom 1. März 1992 bis 1. Juli 1997 die "Justizanstalt Stein" gewesen. Seit 1992 sei er fallweise zum Dienst in der Außenstelle Meidling (im Tale) als "Springer" eingeteilt worden, ohne jedoch dienstzugeteilt zu sein. Die vom Beschwerdeführer eingebrachten Reiserechnungen hätten sich auf Dienstverrichtungen in dieser Außenstelle bezogen. Bis zum Jahre 1995 seien ihm solche Reiserechnungen regelmäßig bezahlt worden, mit Juli 1995 seien die Zahlungen eingestellt worden.
Diesem Antrag komme - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:
Nach § 47 Abs. 1 RGV 1955 bestehe für die mit dem regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalten, und zwar sowohl bei der Gefangenenaufsicht als auch im Wirtschafts- und Arbeitsbetriebe verbundenen Gänge und auswärtigen Dienstverrichtungen in der Regel kein Anspruch auf Gebühren nach § 4. Eine Ausnahmebestimmung von diesem Grundsatz enthalte nunmehr § 47 Abs. 2 RGV 1955 i.d.F. BGBl. I Nr. 127/1999, wonach Strafvollzugsbedienstete, die zu regelmäßigen Dienstverrichtungen in außerhalb ihres Dienstortes liegenden Außenstellen von Justizanstalten oder solchen Krankenanstalten herangezogen würden, ein Gebührenanspruch zustehe. Diese Bestimmung sei jedoch erst am 1. August 1999, und zwar ohne Anordnung einer Rückwirkung, nach § 77 Abs. 15 Z. 1 RGV 1955 in Kraft getreten. Somit sei diese Bestimmung auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Reiserechnungen noch nicht anwendbar.
§ 47 Abs. 2 alte Fassung habe aber vorgesehen, dass die für diese Dienste allenfalls anfallenden Gebühren in "besonderen Vorschriften" geregelt seien. Den bislang auf Grundlage dieser Bestimmung ergangenen Erlässen der belangten Behörde (zuletzt Erlass vom 17. Mai 1961) komme jedoch mangels entsprechender Rechtsform - schon im Hinblick auf das aus Art. 18 Abs. 1 B-VG erfließende Legalitätsprinzip und in Ermangelung einer gehörigen Kundmachung - keine Verbindlichkeit im Sinne einer Berechtigung zur Geltendmachung eines subjektiven öffentlichen Rechts zu (Hinweis auf die allgemeinen Ausführungen zu den Sonderbestimmungen des zweiten Hauptstückes in Germ-Zach, RGV 1955, sowie die Anmerkung 2 zu § 47). Diese Auffassung sei auch vom Gesetzgeber der Novelle BGBl. I Nr. 127/1999 vertreten worden, weil nach den ErläutRV die Neufassung des § 47 RGV 1955 das erklärte Ziel verfolgt habe, einen Anspruch auf Ersatz von Mehraufwendungen im Zusammenhang mit Bewachungsdiensten in Außenstellen von Justizanstalten sowie Krankenanstalten vorzusehen, was aber bedeute, dass bis dahin ein solcher Anspruch nicht bestanden habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Reisegebühren nach den §§ 4 bis 19 RGV 1955 durch unrichtige Anwendung insbesondere des § 47 dieses Gesetzes in der Fassung vor Inkrafttreten der Änderung gemäß BGBl. I Nr. 127/1999, sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Der angefochtene Bescheid ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. September 2001, Zl. 98/12/0092, eingehend begründet dargelegt hat, (worauf nach § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG hingewiesen wird) -
inhaltlich rechtswidrig, weil § 47 Abs. 1 RGV 1955, auf den der angefochtene Bescheid gestützt ist, dann nicht anzuwenden ist, wenn der Justizwachebeamte in mehreren Ortsgemeinden Dienst verrichten muss und ihm daraus - typologisch betrachtet - Mehraufwendungen im Sinne des § 1 RGV 1955 entstehen.
Der angefochtene Bescheid war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Dezember 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000120095.X00Im RIS seit
03.04.2002