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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §22 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde der G GmbH in W, vertreten durch Dr. Heinz-Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in Wien I, Annagasse 3A/22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. August 1999, GZ RV/298-06/03/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für Jänner 1994 bis Juni 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden der beschwerdeführenden GmbH Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag von den Bezügen des Alleingesellschafters und Geschäftsführers Mag. Manfred G. für die Monate Jänner 1994 bis Juni 1997 vorgeschrieben.
In der Berufung gegen diese Vorschreibung wurde vorgebracht, folgende Merkmale, die für die Annahme eines Dienstverhältnisses maßgeblich seien, würden auf den Geschäftsführer nicht zutreffen:
Abgeltung von Überstunden unter der Bedingung: kein Vorliegen einer Überstundenpauschale
13. und 14. Gehalt mit Inanspruchnahme des Jahressechstels Zahlung der Pflichtversicherung durch den Dienstgeber gesetzlicher Anspruch auf Urlaub
Anspruch auf Abfertigung bei Kündigung durch den Dienstgeber unter Berücksichtigung des begünstigten Steuersatzes
Anwendung des Begriffes der Dienstreise des § 26 EStG Anspruch auf Bezahlung eines Krankenentgeltes durch die
gesetzliche Krankenversicherung
Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzettels
Weiters wurde in der Berufung ausgeführt, die Entlohnung des Geschäftsführers bestehe ausschließlich in einer monatlichen Zahlung von S 45.000 ohne Berücksichtigung von 13. und 14. Gehalt und Überstunden. Die Zahlung der Beiträge zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft erfolge durch den Geschäftsführer persönlich. Der Urlaub richte sich ausschließlich nach dem Geschäftsverlauf und der Abkömmlichkeit im Unternehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass laufend ein Gehalt ausgezahlt worden sei. Dabei sei es nicht von wesentlicher Bedeutung, dass ein 13. und 14. Bezug nicht ausgezahlt worden sei. Die arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Beurteilung sei nicht maßgeblich. Merkmale, die mit der Eigenschaft als Gesellschafter zusammenhängen (Unternehmerwagnis auf Grund der Beteiligung, Übernahme der Haftung für Bankkredite der GmbH) seien für das Vorliegen des Unternehmerrisikos nicht entscheidend.
Den am 20. Dezember 2000 vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer21, § 19 Anm. 72f). Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl abermals das oben zitierte Erkenntnis vom 23. April 2001).
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte.
Insbesondere geht dabei das Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Geschäftsführer könne sich alle Weisungen selbst geben, im Hinblick darauf, dass das Merkmal der Weisungsgebundenheit bei der Beurteilung des Sachverhalts auszublenden ist, ins Leere. Der Umstand, dass der Geschäftsführer die Sozialversicherungsbeiträge trägt, ist für die Frage des Vorliegen eines Unternehmerrisikos für sich allein nicht von Bedeutung (vgl zB die hg Erkenntnisse vom 12. September 2001, Zl 2001/13/0045, Zl 2001/13/0101, Zl 2001/13/0111).
Bei den weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin über die Tätigkeit des Geschäftsführers und die von diesem getragenen Kosten handelt es sich um im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliches neues Vorbringen. So steht das Beschwerdevorbringen, der Geschäftsführer trage die PKW-Kosten und die Reisekosten selbst, im Widerspruch zur Eingabe vom 2. März 1998, in der angegeben worden ist, an den Geschäftsführer würden Auslagenersätze gezahlt. Das in der Beschwerdeschrift erstmals erhobene Vorbringen, die Tätigkeit des Geschäftsführers umfasse die Herstellung von Erstkontakten sowie Verkaufsbesprechungen und Verkaufsabwicklungen mit Kunden, überwiegend im Ausland, sowie die Erstellung von Kalkulationen, lässt überdies den Schluss zu, der Geschäftsführer sei in den betrieblichen Organismus der GmbH eingegliedert. Dass die Kalkulationen im Privathaus des Geschäftsführers erstellt werden, steht einer solchen Beurteilung nicht entgegen.
Auch der erstmals in der Beschwerdeschrift vorgebrachte Umstand, der Geschäftsführer sei auch bei einer anderen GmbH Geschäftsführer und überdies Gesellschafter zweier weiterer Gesellschaften, ist für den Beschwerdefall nicht von Bedeutung.
Im Hinblick auf den Umstand, dass die Abgabenbehörde erster Instanz die Beschwerdeführerin in einem umfangreichen Vorhalt ausdrücklich zum Sachverhalt befragt hat und diese nach Erlassung einer entsprechend begründeten Berufungsvorentscheidung neuerlich Gelegenheit zur Darstellung des Sachverhaltes hatte, liegt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor.
Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 1 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 19. Dezember 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001130087.X00Im RIS seit
07.05.2002