TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/20 96/08/0389

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Veröffentlicht am 20.12.2001
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Index

L92054 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Oberösterreich;
L94404 Krankenanstalt Spital Oberösterreich;
L94454 Patientenanwalt Patientenentschädigung Pflegeanwaltschaft
Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
KAG OÖ 1976 §27 Abs2;
KAG OÖ 1976 §27 Abs4;
KAG OÖ 1976 §28;
SHG OÖ 1973 §11 Abs1 litc;
SHG OÖ 1973 §11;
SHG OÖ 1973 §2;
SHG OÖ 1973 §56 Abs1;
SHG OÖ 1973 §7;
SHG OÖ 1973 §9 Abs1;
SHG OÖ 1973 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Kongregation der Barmherzigen Schwestern XY als Rechtsträger des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern XY in W, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück u.a., Rechtsanwälte in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Oktober 1996, Zl. SH- 130125/4-1996/Mag. BSt/Si, betreffend Antrag auf Kostenersatz nach dem Oberösterreichischen Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- (EUR 331,75) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem auf Grund eines Devolutionsantrages ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei (der Trägerin eines Krankenhauses) vom 5. Mai 1995 auf Ersatz der Kosten für den stationären Aufenthalt des Patienten Metin C. in der Zeit vom 2. bis 8. März 1995 in Höhe von S 24.783,-

- unter Berufung auf § 56 iVm §§ 7, 8, 9, 11 und 15 des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 66/1993 (O.ö. SHG), als unbegründet abgewiesen.

Nach der Begründung sei Metin C. am 18. Februar 1995 während seiner Tätigkeit für die in Istanbul befindliche Firma G. wegen einer Lumboischialgie sin. vom Grenzübergang Suben in das Landeskrankenhaus Schärding eingewiesen worden. Am 2. März 1995 habe dieses Krankenhaus den Genannten in das Krankenhaus der beschwerdeführenden Partei überwiesen. Die Einlieferung sei dabei durch das Österreichische Rote Kreuz erfolgt. Am 8. März 1995 sei der Genannte schließlich in die Landesnervenklinik Salzburg überstellt worden.

Mit Schreiben vom 5. Mai 1995 habe die beschwerdeführende Partei beim Magistrat der Stadt Wels den Antrag auf Ersatz der Kosten für den stationären Aufenthalt des Metin C. gestellt. Die beschwerdeführende Partei habe dabei vorgebracht, dem Genannten habe die Hilfe so dringend gewährt werden müssen, dass die Bezirksverwaltungsbehörde nicht vorher habe benachrichtigt werden können. Dem Antrag sei unter anderem zu entnehmen gewesen, dass Metin C. zur Zeit seines stationären Krankenhausaufenthaltes bei der Firma G. in Istanbul als Kraftfahrer beschäftigt und in der Türkei (angeblich) versichert gewesen sei. Er habe jedoch keinen Betreuungsauftrag bei sich gehabt. Eine Kostenübernahme durch die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse habe nicht erwirkt werden können. Nach dem Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 9. November 1995 habe die türkische Versicherung mit Schreiben vom 11. Oktober 1995 eine Übernahme der aushaftenden Kosten abgelehnt. Da der Bürgermeister der Stadt Wels über den Antrag der beschwerdeführenden Partei nicht entschieden habe, sei von der beschwerdeführenden Partei bei der belangten Behörde ein Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht gestellt worden.

Die beschwerdeführende Partei sei von der belangten Behörde mit Schreiben vom 11. September 1996 aufgefordert worden, darzulegen, aus welchen Gründen sie zu der Auffassung gelangt sei, dass es sich bei Metin C. in der relevanten Zeit um einen Hilfebedürftigen im Sinne des Sozialhilfegesetzes gehandelt habe sowie welche Schritte zur Hereinbringung der Kosten unternommen worden seien. Die beschwerdeführende Partei habe daraufhin mitgeteilt, dass es sich bei dem Genannten um einen unabweisbaren Patienten gehandelt habe. Auf Grund des bestehenden Abkommens über die soziale Sicherheit sei eine direkte Geltendmachung der aushaftenden Kosten bei einem ausländischen Versicherungsträger bzw. beim Patienten selbst durch die Krankenhausverwaltung nicht möglich. Da der Patient zum Zeitpunkt der Aufnahme jedenfalls mittellos gewesen sei, bestehe ein Anspruch der beschwerdeführenden Partei auf Abdeckung der Pflegegebühren aus Mitteln der Sozialhilfe. Eine Deckung der Kosten durch die Versicherung bestehe nicht. Andere Mittel des Patienten seien nicht bekannt bzw. stünden nicht zur Verfügung. Der Krankenhausverwaltung sei es auch nicht möglich, festzustellen, ob Metin C. bei der Firma G. in Istanbul beschäftigt sei.

In der weiteren Folge der Begründung führte die belangte Behörde aus, den ersatzberechtigten Dritten treffe bezüglich der Hilfsbedürftigkeit eines Pfleglings keine Beweislast, er habe aber die Notlage des Hilfeempfängers durch schlüssiges Vorbringen glaubhaft zu machen. Mit der bloßen Behauptung, Metin C. sei zur Zeit der stationären Behandlung mittellos und daher selbst nicht in der Lage gewesen, die offenen Krankenhauskosten zu bezahlen, habe die beschwerdeführende Partei im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis des Genannten bei der Firma G. in Istanbul dessen Hilfsbedürftigkeit im relevanten Zeitraum nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere könne der Auffassung der beschwerdeführenden Partei nicht gefolgt werden, dass es für die Gewährung der Sozialhilfeleistung nicht darauf ankomme, ob der Patient unter anderem über ein Einkommen verfüge. Auch der Umstand, dass der Genannte im Inland nicht sozialversichert gewesen sei und wegen des fehlenden Betreuungsauftrages eine Kostenübernahme durch die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse nicht habe bewirkt werden können, sowie der Umstand, dass die türkische Versicherung eine Übernahme der Krankenhauskosten abgelehnt habe, bedeute noch nicht, dass der Betreffende hilfsbedürftig im Sinne des Sozialhilfegesetzes gewesen sei. Die beschwerdeführende Partei wäre verpflichtet gewesen, schlüssig darzulegen, aus welchen Gründen sie zur Auffassung gelangt sei, dass der Hilfeempfänger trotz bestehendem Arbeitsverhältnis zur Zeit des Aufenthaltes im Krankenhaus mittellos und somit hilfsbedürftig gewesen sei. Weiters hätte die beschwerdeführende Partei auch vorbringen müssen, welche Schritte sie konkret zur Hereinbringung der Kosten unternommen habe. Da dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei nicht genügend Hinweise im Sinne der geforderten Glaubhaftmachung zu entnehmen seien, habe der Antrag abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Musste Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes so dringend gewährt werden, dass die Bezirksverwaltungsbehörde nicht vorher benachrichtigt werden konnte, so sind gemäß § 56 Abs. 1 O.ö. SHG demjenigen, der die Hilfe geleistet hat, auf Antrag die Kosten zu ersetzen.

Nach § 7 leg. cit. hat auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes einen Rechtsanspruch, wer den Lebensbedarf (§ 11) für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn noch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen (§ 8) erhält.

Gemäß § 9 Abs. 1 O.ö. SHG ist Hilfe nur so weit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

Nach § 11 Abs. 1 lit. c gehört zum Lebensbedarf auch die Krankenhilfe (§ 15).

Eine der Voraussetzungen des Ersatzanspruches eines Dritten nach § 56 Abs. 1 O.ö. SHG ist, dass (im Zeitraum der Hilfeleistung durch den Dritten) derjenige, dem Hilfe geleistet wurde, Anspruch auf entsprechende Sozialhilfeleistungen gehabt hätte; bezogen auf die Krankenhilfe bedeutet dies, dass er sich im Zeitraum der Gewährung der Krankenhilfe durch den Dritten in einer Notlage im Sinne des § 2 iVm § 7 leg. cit. befunden hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 10. Oktober 1984, Zl. 83/11/0079).

Für die Beurteilung der Frage, ob der Pflegling Metin C. im Zeitraum der Krankenhilfe durch die beschwerdeführende Partei außer Stande war, selbst (unter Einsatz eigener Mittel) oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen die Kosten der Krankenhilfe zu tragen, ist aber nicht ausschlaggebend, ob er selbst einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt hat; vielmehr hat die Behörde das Vorliegen eines Notfalles dann, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 56 vorliegen, von Amts wegen zu klären. Den Dritten trifft diesbezüglich keine Beweislast, er hat die Notlage des Hilfeempfängers im obigen Sinn nur glaubhaft zu machen (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 8. Oktober 1986, Zl. 86/11/0037, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, dass die Metin C. gewährte Hilfe so dringlich erforderlich war, dass eine Benachrichtigung der zuständigen Behörde nicht mehr möglich gewesen ist. Strittig ist ausschließlich die Frage, ob die beschwerdeführende Partei die Notlage dieses Hilfeempfängers im Sinne der Rechtsprechung glaubhaft gemacht hat.

Die beschwerdeführende Krankenanstaltenträgerin hat sich bei ihrem Antrag vom 5. Mai 1995 im Wesentlichen darauf berufen, dass die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse eine Kostenübernahme bisher abgelehnt habe. Der Hilfeempfänger sei bei der Einlieferung mittellos gewesen. Eine durch Geltendmachung der Kosten beim ausländischen Versicherungsträger sei der Krankenhausverwaltung untersagt. Damit hat die beschwerdeführende Partei die Hilfsbedürftigkeit des Patienten zur Zeit seines Krankenhausaufenthaltes noch nicht glaubhaft gemacht. Der Umstand, dass eine Person nicht sozialversichert ist, bedeutet nämlich noch nicht, dass sie im Zeitpunkt der Hilfeleistung hilfsbedürftig ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. April 1989, Zl. 89/11/0001).

Die beschwerdeführende Partei wurde daher von der belangten Behörde zu Recht aufgefordert, ein ergänzendes Vorbringen zu erstatten, aus welchen Gründen sie zu der Auffassung gelangt sei, beim Hilfeempfänger habe es sich um einen Hilfsbedürftigen gehandelt.

Die beschwerdeführende Partei hat daraufhin mit Schreiben vom 30. September 1996 im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt, wonach der zuständige Sozialversicherungsträger mitgeteilt habe, dass eine Versicherungsdeckung nicht gegeben sei. Damit wurde jedoch die Notlage des Hilfeempfängers im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung nicht glaubhaft gemacht.

Im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 27 Abs. 2 und 4 bzw. 28 O.ö. KAG trifft die beschwerdeführende Krankenanstalt bei unabweisbaren, behandlungsbedürftigen Patienten eine unbedingte Aufnahme- und Behandlungspflicht, sodass sie insoweit auch das Risiko der Einbringlichmachung der Kosten von Unterbringung und Behandlung im Nachhinein trifft. Die hier maßgebenden Bestimmungen des O.ö. Sozialhilfegesetzes ändern daran grundsätzlich nichts, räumen der Krankenanstalt im Fall einer solchen Nothilfe jedoch schon (aber auch nur) bei Glaubhaftmachung der Notlage des betreffenden Patienten einen Ersatzanspruch ein. Auf welche Weise die Krankenanstalt sich ausreichender Unterlagen zum Zwecke der Glaubhaftmachung der Notlage eines Patienten versichert, ist allein ihre Angelegenheit, da sie auch das Risiko des Nichtgelingens der Glaubhaftmachung trägt.

Die der Beschwerde beigelegte, an Metin C. persönlich gerichtete Rechnung der beschwerdeführenden Partei ist wegen unzureichender Adressenangabe als unzustellbar zurückgesandt worden. Dieses Schriftstück ist allerdings in den Verwaltungsakten nicht enthalten; auch der angefochtene Bescheid nimmt darauf nicht Bezug. Da es sich dabei somit um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 VwGG) handelt, auf die nicht einzugehen war, kann dahinstehen, ob bei Vorlage dieses Beweismittels im Verwaltungsverfahren damit ein ausreichender Hinweis im Sinne der Glaubhaftmachung erfolgt wäre (vgl. dazu etwa Pfeil, Pflege in Krankenanstalten und Sozialhilferecht, Soziale Sicherheit 1992, 502 ff, insbesondere 506).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 2001

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996080389.X00

Im RIS seit

07.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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