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L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;Norm
GVG Tir 1983 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der HS und des RS, beide in R, Deutschland, beide vertreten durch Thaler & Huber, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, Dorfplatz 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Februar 1997, Zl. 4/11-8/1996, 4/12-8/1996, betreffend Übertretung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol jeweils Aufwendungen in der Höhe von S 2.282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 13. März 1996 wurde der Erstbeschwerdeführerin vorgeworfen, es sei ihr ab dem 1. März 1984 "durch Verlängerung des Mietvertrages vom 24.02.1964" auf unbestimmte Zeit die Hofstelle eines näher bezeichneten geschlossenen Hofes von Leopoldine B. als Zweitwohnsitz weiterhin überlassen worden (Zweitwohnsitz seit 2. Mai 1963). Sie habe es als Rechtserwerber entgegen § 15 Abs. 1 des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. Nr. 69, (GVG 1983) unterlassen, binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluss bei der Grundverkehrsbehörde um Zustimmung anzusuchen, obwohl gemäß § 3 Abs. 1 lit. e GVG 1983 eine solche Überlassung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes zu einer die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung wesentlich beeinträchtigenden oder gänzlich ausschließenden Benutzung der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfe. Die Erstbeschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung in der Form eines Dauerdeliktes nach den §§ 19 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 15 Abs. 1 und 3 Abs. 1 lit. e GVG 1983, in der Fassung LGBl. Nr. 45/1988 (bis zum 30. September 1991) und ab dem 1. Oktober 1991 in der Fassung LGBl. Nr. 74/1991, begangen. Gemäß § 19 Abs. 1 GVG 1983 wurde über die Erstbeschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen) verhängt.
Mit einem weiteren Straferkenntnis vom 13. März 1996 wurde der Zweitbeschwerdeführer für schuldig befunden, spätestens ab dem 1. März 1984 sei ihm "durch Mietvertrag" von Leopoldine B. die Hofstelle desselben geschlossenen Hofes als Zweitwohnsitz weiterhin überlassen worden (Zweitwohnsitz seit 18. Mai 1963). Der Zweitbeschwerdeführer habe es als Rechtserwerber ... (der restliche Spruch dieses Straferkenntnisses ist ident mit jenem, welches an die Erstbeschwerdeführerin gerichtet worden war).
Den gegen diese beiden Straferkenntnisse jeweils erhobenen Berufungen gab die belangte Behörde mit (zusammenfassendem) Bescheid vom 19. Februar 1997 hinsichtlich der Schuldsprüche (lediglich) insoweit Folge, als im Spruch des die Erstbeschwerdeführerin betreffenden Straferkenntnisses die Worte "durch Verlängerung des Mietvertrages vom 24.02.1964" und im Spruch des den Zweitbeschwerdeführer betreffenden Straferkenntnisses die Worte "durch Mietvertrag" zu entfallen hätten. Weiters wurden die Geldstrafen auf jeweils S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) herabgesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 8. Juni 1998, B 356/98, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Dieser hat erwogen:
Was zunächst die von der belangten Behörde anzuwendende Rechtslage betrifft, so hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, G 84/96 u.a. (darunter auch G 214/96), ausgesprochen, dass das Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 82/1993, verfassungswidrig war. Der vorliegende Beschwerdefall bildete einen Anlassfall, sodass das erwähnte Gesetz im Grunde des Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG von der belangten Behörde nicht anzuwenden war. Weiters hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. September 1996, G 50/96 u.a., ausgesprochen, dass das Gesetz vom 3. Juli 1991, mit dem das GVG 1983 geändert wurde, LGBl. Nr. 74/1991, verfassungswidrig war. Dieses Gesetz war jedoch auf den vorliegenden Beschwerdefall im Grunde des Art. 140 Abs. 7 B-VG weiterhin anzuwenden.
Gemäß § 3 Abs. 1 lit. e GVG 1983 bedarf der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, soweit im Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist (ein solcher Fall liegt nicht vor), jede Überlassung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zu einer die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung wesentlich beeinträchtigenden oder gänzlich ausschließenden Benutzung.
Erfordert ein Rechtserwerb die Erteilung der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde nach § 3 Abs. 1, so ist nach § 15 Abs. 1 GVG 1983 der Erwerber, der Fruchtnießer, der Bauberechtigte, der Pächter oder sonstige Rechtserwerber ... verpflichtet, binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluss ... bei der Grundverkehrsbehörde um die Zustimmung anzusuchen.
Nach § 19 Abs. 1 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen (insoweit hat sich durch die am 1. Oktober 1991 in Kraft getretene Novelle LGBl. Nr. 74/1991 nichts geändert), wer (lit. a) es entgegen der Vorschrift des § 15 Abs. 1 unterlässt, um die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde anzusuchen.
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 27. Dezember 1986, Slg. Nr. 10 992, - worauf die belangte Behörde zutreffend verweist - zu § 3 Abs. 1 lit. e GVG 1983 die Rechtsansicht vertreten, dieser Genehmigungstatbestand knüpfe nicht an eine bestimmte Vertragsform an, sondern spreche von Überlassung; es seien daher im damaligen Beschwerdefall die Überlegungen, ob es sich bei dem damals vorliegenden Rechtsgeschäft um einen Pachtvertrag handle oder nicht, bedeutungslos. Ausgehend von dieser Rechtsansicht - der sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt - ist den weitwendigen Ausführungen der Beschwerdeführer, es handle sich bei der Rechtsgrundlage für die von ihnen vorgenommene Nutzung um einen "stillschweigend verlängerten Bestandvertrag" der Boden entzogen. Inwieweit dieser (ursprüngliche) Vertrag grundverkehrsbehördlich genehmigt worden sein soll, legen die Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht erkennbar.
Zu Recht hat die belangte Behörde auch darauf verwiesen, dass es sich im vorliegenden Fall um ein so genanntes Unterlassungsdelikt handelt, bei dem der Lauf der Verjährungsfrist erst mit dem Zeitpunkt, in dem die gebotene, jedoch bis dahin unterlassene Handlung gesetzt worden oder die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung weggefallen ist, beginnt, wobei die Pflicht zur Einholung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung mit Ablauf der im § 15 Abs. 1 GVG 1983 vorgesehenen zweimonatigen Frist nicht erloschen ist (vgl. das von der belangten Behörde zutreffend zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1979, Slg. Nr. 8673, sowie das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1995, Zl. 95/02/0079, welches auf das soeben zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Bezug nimmt). Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang offenbar auf § 16 Abs. 5 GVG 1983 verweisen (wonach eine Löschung im Grundbuch nach Abs. 3 oder 4 nicht zulässig ist, wenn seit der Eintragung 3 Jahre verstrichen sind), ist dem Gerichtshof eine Relevanz nicht erkennbar.
Auch mit dem Hinweis der Beschwerdeführer auf den Bescheid des Bürgermeisters vom 5. Jänner 1995, mit welchem gemäß § 16 Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 festgestellt wurde, dass der in Rede stehende Freizeitwohnsitz von der Erstbeschwerdeführerin weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf, ist für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil sich daraus kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass durch diese Feststellung die Zustimmungsbedürftigkeit der Überlassung eines Grundstückes im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. e GVG 1983 nicht besteht.
Schließlich gelingt es den Beschwerdeführern nicht, mit der Behauptung ihres mangelnden Verschuldens eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache eines Fremden, sich über die maßgebliche Rechtslage zu erkundigen; selbst mit dem Hinweis auf mangelnde Sprachkenntnisse (was bei den Beschwerdeführern ohnedies nicht zutrifft) kann fehlendes Verschulden nicht dargetan werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1995, Zl. 95/02/0042). Soweit die Beschwerdeführer allerdings darauf hinweisen, sie seien "ständig durch rechtskundige österreichische Personen vertreten" gewesen, so ist für sie schon deshalb nichts gewonnen, weil sie selbst nicht behaupten, dass ihnen von diesen Rechtsfreunden die "verlässliche" Auskunft erteilt worden wäre, jene Handlung, deren Unterlassung ihnen mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfen wurde, sei rechtlich nicht erforderlich (vgl. auch dazu das soeben zitierte hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1995).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Dezember 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998020312.X00Im RIS seit
02.04.2002