TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/21 2001/02/0127

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Veröffentlicht am 21.12.2001
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller , über die Beschwerde des ML in V, vertreten durch Mag. Christian Schönhuber, Rechtsanwalt in 4690 Schwanenstadt, Stadtplatz 28, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 24. April 2001, Zl. VwSen-107486/17/SR/Ri, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. April 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Februar 2000 um 12.10 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kfz an einem näher bezeichneten Ort gelenkt. Obwohl vermutet werden konnte, dass er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (deutlicher Alkoholgeruch, unsicherer Gang, veränderte Aussprache, gerötete Augen), habe er sich am 5. Februar 2000 um

12.45 Uhr am Gendarmerieposten V. gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Er habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 verletzt. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass auf Grund der mündlichen Verhandlung folgender relevanter Sachverhalt fest stehe:

"Der Bw (Anmerkung: das ist der Beschwerdeführer) hat das bezeichnete Fahrzeug entsprechend der Spruchanlastung im angefochtenen Straferkenntnis gelenkt. Schon bei der ersten Kontaktaufnahme des Zeugen GI E. mit dem Bw hat ersterer Wahrnehmungen gemacht, die auf eine Alkoholisierung gedeutet haben. Der Zeuge GI E. hat den Zustand des Bw als erregt und das Verhalten als unhöflich bezeichnet. An Alkoholisierungsmerkmalen wurden von ihm 'rote Augen' und deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund festgestellt. Trotz Befragen haben weder die Beifahrerin und Zeugin H. noch der Bw eine Verletzung behauptet. Vom Zeugen GI E. wurde während der gesamten Amtshandlung keine sichtbare Verletzung und auch keine blutende Lippenverletzung wahrgenommen.

Auf Grund der großen Personenansammlung am Unfallort (Beteiligte, Schaulustige) wurde die Amtshandlung am nahegelegenen Gendarmerieposten V. fortgesetzt und der Bw am 5. Februar 2000, um

12.45 Uhr, aufgefordert, den Alkoholgehalt der Atemluft mit einem Alkoholmessgerät untersuchen zu lassen. Die Aufforderung erfolgte klar und deutlich, wurde von dem Bw verstanden und der Bw ist vorerst dieser Aufforderung nachgekommen. Zum Zeitpunkt der Aufforderung am Gendarmerieposten konnte keinerlei Verletzung im Lippen- bzw. Mundbereich des Bw wahrgenommen werden. Die Atemluftuntersuchung wurde ohne Angabe von Gründen mit den Worten 'Ich werde nicht blasen' verweigert. Der Bw wurde über die Folgen der Verweigerung belehrt. Bei der Datenaufnahme und den Fragen, die den Unfall betroffen haben, sind keine Anzeichen wahrgenommen worden, die auf eine mangelnde Dispositionsfähigkeit schließen lassen hätten können. Die an den Bw gerichteten Fragen wurden sinnrichtig beantwortet. Zu keinem Zeitpunkt während der gesamten Amtshandlung hat der Bw gegenüber dem Zeugen GI E. über Schmerzen geklagt.

Das vom Bw vorgelegte Foto zeigt eine Rötung und ein kleines Ritzerl an der Innenseite der Unterlippe im unmittelbaren Bereich des Zahnansatzes. Auf dem Foto, das am Unfalltag aufgenommen worden ist, kann weder ein abgebrochener Schneidezahn noch eine Schwellung erkannt werden. Der vom Bw angesprochene Teil des Schneidezahns ist erst einige Tage nach dem Verkehrsunfall abgebrochen.

Für den Bw hat bis zum Ende der Unfallaufnahme - 12.55 Uhr - die Möglichkeit bestanden, die Atemluftuntersuchung vorzunehmen. Da der Bw bei seiner Weigerung geblieben ist, wurde die Amtshandlung um 12.55 Uhr beendet.

Ca. eine Stunde nach der Amtshandlung hat der Bw in Begleitung den Gendarmerieposten V. aufgesucht und um Durchführung der Atemluftuntersuchung ersucht. Nach entsprechender Belehrung hat der Bw den Gendarmerieposten wieder verlassen.

Wegen der Lippenverletzung hat der Bw keinen Arzt aufgesucht. Eine derartige Verletzung wurde auch nicht bei der am 7. Februar 2000 vorgenommenen Untersuchung im Landeskrankenhaus V. festgestellt. Im Unfallbericht ist ausgeführt, dass der Bw wegen eines aufgetretenen Schwindelgefühles nach einem Verkehrsunfall vorgesprochen hat. Der untersuchende Arzt hat eine Schädelprellung und eine Gehörüberempfindlichkeit festgestellt. Weder der empfohlenen HNO-Untersuchung noch der Nachuntersuchung im LKH ist der Bw nachgekommen.

Die medizinische Amtssachverständige hat festgestellt, dass keine Befunde vorliegen, die auf eine schwere oder relevante Lippenverletzung zum Tatzeitpunkt hinweisen. Der medizinische Aufnahmebefund des LKH V. - erstellt zwei Tage nach dem Verkehrsunfall - weist auf keine Lippenverletzung hin. Eine schwere oder relevante Lippenverletzung, die ein Umschließen des Mundstückes beeinträchtigen könnte, würde mit einer starken Blutung einhergehen und einer sofortigen Wundversorgung im Sinne einer Blutstillung bedürfen. Hinweise auf das Vorliegen eines Schockzustandes haben sich nicht ergeben."

Das Verwaltungsstrafverfahren habe - so die belangte Behörde weiter - keinen Hinweis auf eine mangelnde Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Aufforderung erbracht. Durch die Verweigerung der Atemluftkontrolle sei der Tatbestand erfüllt und mit der Beendigung der Amtshandlung habe die Strafbarkeit eingesetzt. Dass der Beschwerdeführer etwa aus medizinischen Gründen unfähig gewesen wäre, die Atemluftprobe abzulegen, sei nicht hervorgekommen. Die Bereitschaft, ca. eine Stunde nach Beendigung der Amtshandlung nunmehr doch die Atemluftuntersuchung vornehmen zu lassen, sei nicht geeignet, eine Straflosigkeit zu bewirken. Die Argumentation, zum Zeitpunkt des Lenkens nicht "alkoholisiert" gewesen zu sein, gehe ins Leere. Zur Verwirklichung des angelasteten Tatbestandes sei nicht erforderlich, ob der Beschwerdeführer tatsächlich alkoholisiert gewesen sei, sondern ob er die Atemluftuntersuchung verweigert habe.

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer "mit der teilweise widersprüchlichen und unschlüssigen Verantwortung" mangelndes Verschulden nicht habe glaubhaft machen können. Es sei von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer entfernt sich mit seinem in der Beschwerde vorgebrachten Sachverhalt weitgehend von jenem Sachverhalt, der von der belangten Behörde festgestellt wurde.

Insoweit er sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Oktober 19 85, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Insbesondere übersieht der Beschwerdeführer, dass die wesentlichen Feststellungen (er sei zum Zeitpunkt der Verweigerung nicht in einem Zustand gewesen, in dem er aus körperlichen oder geistigen Gründen außer Stande gewesen wäre, die geforderte Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt zu leisten), auf dem in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 27. März 2001 erstellten Gutachten einer ärztlichen Sachverständigen beruhte. Es reicht nicht, bloß zu behaupten, dass die Sachverständige auf Grund der vorhandenen Beweisunterlagen ein derartiges Gutachten nicht hätte erstellen können. Denn ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten kann in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 93/07/0005, uva.), was auch für die Behauptung gilt, die Sachverständige hätte inhaltlich ein derartiges Gutachten nicht erstellen können.

Sohin ist von jenem Sachverhalt auszugehen, der von der belangte Behörde festgestellt wurde. Mangels berechtigter Zweifel am Inhalt des Gutachtens kommt auch die vom Beschwerdeführer geforderte Anwendung des Grundsatzes "indubio pro reo" nicht in Betracht.

Steht aber fest, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verweigerung in der Lage gewesen wäre, der geforderten Atemluftalkoholuntersuchung nachzukommen, so kann auch nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde von seinem Verschulden ausgegangen ist. Auf die "subjektive" Betrachtungsweise des Beschwerdeführers kommt es nicht an.

Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, es sei der Zeuge G., der den Beschwerdeführer "ca. eineinhalb Stunden nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall zum GPK V. begleitet" habe (bei diesem Zeitpunkt handelt es sich im Einklang mit anderen Ausführungen des Beschwerdeführers und der Aktenlage um jenen Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer neuerlich am Gendarmerieposten erschien, um die bereits zuvor verweigerte Atemluftalkoholuntersuchung nachzuholen) nicht einvernommen worden. Die Einvernahme dieses Zeugen war aber entbehrlich, weil der Beschwerdeführer selbst davon ausgeht, er habe sich zum Zeitpunkt, als er die Atemluftuntersuchung hätte ablegen wollen, hiezu in der Lage gefühlt und andererseits nicht behauptet, dass der Zeuge G. Auskunft über den Zustand des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Verweigerung der Atemluftuntersuchung hätte geben können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 2001

Schlagworte

Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001020127.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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