TE Vwgh Erkenntnis 2001/12/21 2001/19/0078

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Veröffentlicht am 21.12.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §16;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
FrG 1997 §15 Abs1;
FrG 1997 §15 Abs2;
FrG 1997 §15 Abs3;
FrG 1997 §37;
VwGG §30 Abs2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2002/21/0090 E 15. Oktober 2002 2001/19/0077 E 21. Dezember 2001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der am 24. März 1964 geborenen MF in D, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. August 2001, Zl. 129.018/2-III/11/01, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht i. A. einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine marokkanische Staatsangehörige, verfügte seit November 1988 über Sichtvermerke und Aufenthaltsbewilligungen. Die ihr zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung endete am 31. Jänner 1998. Am 16. Dezember 1997, am 24. November 1998, am 1. September 1999 und zuletzt am 17. Oktober 2000 beantragte die Beschwerdeführerin jeweils die Verlängerung der ihr zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung bzw. der Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung.

Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn wies die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 15. Juni 1998 aus dem Bundesgebiet aus. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 2. Dezember 1998 abgewiesen. Der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Beschluss vom 7. Jänner 1999, Zl. AW 98/21/0402, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Schriftsatz vom 19. Jänner 2001 teilte die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 15 Abs. 3 letzter Satz FrG 1997 mit, ihre Anträge vom 1. September 1999 und vom 17. Oktober 2000 auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels seien nach Eintritt der Rechtskraft im aufenthaltsbeendenden Verfahren ex lege eingestellt und es habe darüber aus diesem Grund keine bescheidmäßige Erledigung zu erfolgen. Das Verfahren auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels sei gemäß § 15 Abs. 3 FrG 1997 eingestellt.

Die Beschwerdeführerin stellte daraufhin am 3. Mai 2001 einen (nicht im Akt erliegenden) Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf den Bundesminister für Inneres, der sich nach den Beschwerdebehauptungen auf ihren Bewilligungsantrag vom 17. Oktober 2000 bezog.

Dieser Devolutionsantrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. August 2001 gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 FrG 1997 zurückgewiesen. Nach Wiedergabe der bezughabenden Gesetzesbestimmungen stellte die belangte Behörde fest, die Beschwerdeführerin sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 15. Juni 1998 ausgewiesen worden. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung sei von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg mit Bescheid vom 2. Dezember 1998 abgewiesen worden. Auf Grund einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei von diesem mit Beschluss vom 7. Jänner 1999 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden; eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren sei noch nicht ergangen. Im Fall der Beschwerdeführerin sei festzustellen, dass diese bis 31. Jänner 1998 im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gewesen sei. Am 17. Oktober 2000 habe sie durch ihren Rechtsvertreter einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gestellt, welcher am 20. Oktober 2000 bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn eingelangt sei. Vor dieser Antragstellung sei bereits die Einleitung eines aufenthaltsbeendenden Verfahrens, welches derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei, erfolgt. Gemäß § 15 FrG 1997 sei ein Verfahren auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels einzustellen, sofern eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft erwachsen sei. Das Verfahren auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels sei jedoch dann fortzuführen, wenn das aufenthaltsbeendende Verfahren vom Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei. Dieser Sachverhalt sei der Beschwerdeführerin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. Jänner 2001 nachweislich mitgeteilt worden. Es stehe somit fest, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung des gegenständlichen Devolutionsantrages eine Hemmung der im § 73 AVG normierten Frist gegeben gewesen sei und sich der Devolutionsantrag daher als unzulässig erweise.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Die §§ 12 Abs. 3 und 15 FrG 1997 lauten:

"§ 12. ...

(3) Fremden darf wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zulässt, ein weiterer Aufenthaltstitel für den selben Aufenthaltszweck nicht versagt werden.

§ 15. (1) Werden in einem Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels Versagungsgründe bekannt, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme - den Antragsteller vom Versagungsgrund in Kenntnis zu setzen, ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltbeendigung (§ 33 ff) beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 37) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist, zu äußern.

(2) Nach Ablauf dieser Frist ist bei unverändertem Sachverhalt das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen; der Ablauf der Frist des § 73 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, wird dadurch bis zum Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Sobald sich ergibt, dass eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig ist, hat die Behörde den weiteren Aufenthaltstitel zu erteilen.

(3) Erwächst jedoch eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Dieses Verfahren ist fortzusetzen, sobald nach einer Aufhebung der Ausweisung oder des Aufenthaltsverbotes durch den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof feststeht, dass deren Verhängung nunmehr unterbleibt."

§ 73 AVG lautet (auszugsweise):

"§ 73. (1) Die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

(2) Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. ..."

Ein nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 73 Abs. 1 AVG eingebrachter Devolutionsantrag bewirkt den Zuständigkeitsübergang auf die Oberbehörde. Demgegenüber käme diese Wirkung einem verfrüht eingebrachten Devolutionsantrag nicht zu. Er wäre unzulässig und auch dann zurückzuweisen, wenn die sechsmonatige Frist im Zeitpunkt der Entscheidung über diesen Antrag bereits verstrichen ist. Vorliegendenfalls wurde der verfahrensgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung am 17. Oktober 2000 gestellt. In Ermangelung eines Hemmungs- bzw. Einstellungstatbestandes wäre die Sechsmonatsfrist des § 73 Abs. 1 AVG im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages am 3. Mai 2001 bereits abgelaufen.

Beim Antrag vom 17. Oktober 2000 handelt es sich um einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung; die Beschwerdeführerin, die über einen Zeitraum von 10 Jahren (beinahe ununterbrochen) über Sichtvermerke und Aufenthaltsbewilligungen verfügte, blieb nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten nach Ablauf der letzten Bewilligung unverändert im Bundesgebiet niedergelassen, sodass das Verfahren über den Antrag nach § 23 Abs. 1 FrG als solches auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu führen war. Diesfalls finden die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 3 und 15 FrG 1997 Anwendung. Zu prüfen war folglich, ob der Ablauf der der erstinstanzlichen Behörde zur Verfügung gestandenen Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG gemäß § 15 Abs. 2 FrG 1997 gehemmt wurde.

Nach dem Wortlaut der letztgenannten Bestimmung ergibt sich, dass die Veranlassung der Aufenthaltsbeendigung durch die Aufenthaltsbehörde bei der Fremdenpolizeibehörde die Ablaufhemmung der Frist des § 73 Abs. 1 AVG auslöst. Da die erstinstanzliche Niederlassungsbehörde vorliegendenfalls eine Aufenthaltsbeendigung nicht "veranlasst" hatte, vermag sich die belangte Behörde auf den Wortlaut des § 15 Abs. 2 FrG 1997 im vorliegenden Zusammenhang jedenfalls nicht zu stützen.

Auf Grund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den letztinstanzlichen Bescheid im Ausweisungsverfahren war jedenfalls seit 21. Jänner 1999 (Datum der Zustellung dieses Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes) davon auszugehen, dass an die Rechtskraft des Ausweisungsbescheides vom 2. Dezember 1998 keine Wirkungen mehr geknüpft werden konnten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0521). Eine ausdrückliche Vorschrift, wonach die Frist des § 73 AVG im Niederlassungsverfahren schon bei Anhängigkeit eines Ausweisungsverfahrens (in zweiter Instanz) gehemmt wäre, besteht nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einer vergleichbaren Konstellation ein rechtskräftiges, aber durch Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht wirksames Aufenthaltsverbot betreffend, im hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/19/0075, ausgeführt, dass es auch unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik nicht geboten erscheint, eine Hemmung der Entscheidungsfrist des § 73 AVG für die Aufenthaltsbehörde bloß auf Grund der Anhängigkeit eines nicht von ihr veranlassten Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung anzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsauffassung im Wesentlichen damit begründet, dass zwar nach § 15 Abs. 1 FrG 1997 ein die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung bzw. Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung versagender Bescheid nicht mehr erlassen werden darf; dies ändert aber nichts daran, dass die Niederlassungsbehörde verpflichtet ist, sich im Verfahren über die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung eigenständig und unabhängig von der Anhängigkeit eines aufenthaltsbeendenden Verfahrens eine Meinung darüber zu bilden, ob eine positive Entscheidung über diesen Antrag ergehen kann. Dabei reicht es allerdings aus, § 15 Abs. 1 FrG 1997 insoweit anzuwenden, als der Antragsteller vom Versagungsgrund in Kenntnis zu setzen und ihm darzulegen ist, warum (auch) nach Auffassung der Niederlassungsbehörde eine Aufenthaltsbeendigung unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens im Sinne des § 37 FrG 1997 zulässig scheint. Er ist zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, vierzehn Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Ein solches Verfahren ist auch nicht etwa deshalb obsolet, weil die zuständige Fremdenpolizeibehörde zweiter Instanz durch Erlassung eines aufenthaltsbeendenden Bescheides, an dessen Rechtskraft infolge Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof keine Wirkungen geknüpft werden können, zum Ausdruck gebracht hat, eine Aufenthaltsbeendigung sei ihres Erachtens geboten. Die Niederlassungsbehörde ist nämlich an diese Auffassung nicht gebunden. Dies zeigt sich schon daran, dass die in § 15 Abs. 1 FrG 1997 "gegebenenfalls", also nicht (einmal) zwingend, einzuholende Äußerung der Fremdenpolizeibehörde vom Gesetz als bloße "Stellungnahme" bezeichnet wird. Eine Bindung der Aufenthaltsbehörde an eine solche "Stellungnahme" normiert das FrG 1997 hingegen nicht. Die Niederlassungsbehörde kann also auch in dem hier nicht vorliegenden Fall, dass sie zunächst eine Aufenthaltsbeendigung erwogen hatte, selbst entgegen der von der Fremdenpolizeibehörde in einer gemäß § 15 Abs. 1 FrG 1997 eingeholten Stellungnahme vertretenen Auffassung auf Grund der Äußerung des Antragstellers schließlich doch eine positive Entscheidung über den Verlängerungsantrag (ohne neuerliche Rücksprache mit der Fremdenpolizeibehörde) treffen. Dies folgt im Übrigen auch e contrario aus § 15 Abs. 2 FrG 1997, wonach lediglich "bei unverändertem Sachverhalt" die Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen ist. Erst nach Durchführung eines Verfahrens im oben aufgezeigten Sinne ist der Niederlassungsbehörde eine abschließende Prüfung der Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung möglich. Erst dann kann feststehen, dass die Niederlassungsbehörde die beantragte weitere Niederlassungsbewilligung nicht erteilen darf, sie aber auch an der - sonst gebotenen - abweisenden Entscheidung gehindert wäre. Erst in einem solchen Fall wäre es wohl aus gesetzessystematischen und teleologischen Erwägungen geboten, trotz Unmöglichkeit der Veranlassung einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 15 Abs. 2 FrG 1997 im Hinblick auf ein bereits anhängiges darauf abzielendes fremdenpolizeiliches Verfahren der Niederlassungsbehörde die Möglichkeit zu eröffnen, die in § 15 Abs. 2 FrG 1997 vorgesehene Ablaufhemmung durch einen der Veranlassung eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung sinngemäß entsprechenden Akt herbeizuführen. Dabei wäre etwa an einen Aktenvermerk in Verbindung mit einer entsprechenden Mitteilung an den Antragsteller oder die Fremdenpolizeibehörde zu denken.

Diese Überlegungen im zitierten Vorerkenntnis treffen auch auf den vorliegenden, eine Ausweisung betreffenden Fall zu. An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass im Beschwerdefall dieselbe Behörde, die (als Fremdenpolizeibehörde) die Ausweisung verfügt hatte, nämlich die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, nunmehr (im Namen des Landeshauptmannes von Vorarlberg) als Niederlassungsbehörde einzuschreiten hatte.

Da die erstinstanzliche Behörde vorliegendenfalls ein Verfahren im Sinne der obigen Ausführungen nicht führte - im Schriftsatz vom 19. Jänner 2001 ist ein solches Vorgehen jedenfalls nicht zu erblicken - und auch nicht auf die oben dargelegte Weise zum Ausdruck brachte, dass eine positive Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung nicht ergehen könne, wurde die Frist des § 73 Abs. 1 AVG nicht gehemmt. Sie war daher bei Stellung des Devolutionsantrages am 3. Mai 2001 bereits abgelaufen. Die Zurückweisung dieses Devolutionsantrages erfolgte zu Unrecht.

Angemerkt sei in diesem Zusammenhang noch, dass sowohl im Schriftsatz vom 19. Jänner 2001 als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides - ungeachtet der Zitierung des § 15 Abs. 2 FrG 1997 im Spruch - offenbar auf § 15 Abs. 3 zweiter Satz FrG 1997 Bezug genommen und darauf verwiesen wird, das Verfahrens sei (nur) dann fortzuführen, "wenn das aufenthaltsbeendende Verfahren vom Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben" worden wäre. Die belangte Behörde übersieht dabei, dass die beiden Sätze des dritten Absatzes nicht voneinander losgelöst betrachtet werden können; der zweite Satz bezieht sich ausschließlich auf die Fälle, in denen gemäß dem ersten Satz dieser Bestimmung das Verfahren rechtswirksam formlos eingestellt wurde.

Ein solcher Tatbestand im Sinne des § 15 Abs. 3 erster Satz FrG 1997 (formlose Einstellung des Niederlassungsverfahrens infolge rechtskräftiger Aufenthaltsbeendigung) lag aber - wie bereits dargelegt - nicht vor, weil der Beschwerde im Ausweisungsverfahren schon für den Zeitraum ab 21. Jänner 1999 - somit vor dem Zeitpunkt der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung vom 17. Oktober 2000 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden und diese Zuerkennung bei Einbringung des Devolutionsantrages noch aufrecht war (durch den erstgenannten Umstand unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation von jener, die dem hg. Erkenntnis vom 8. September 2000, Zl. 2000/19/0094, durch den zweitgenannten Umstand von jener, die dem hg. Erkenntnis vom 10. September 1999, Zl. 99/19/0102, zu Grunde lag.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ebenso wie über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG wurde von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 2001

Schlagworte

Parteistellung ParteienantragBesondere Rechtsgebiete DiversesBesondere Rechtsgebiete Polizeirecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001190078.X00

Im RIS seit

22.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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