TE Vfgh Beschluss 1999/2/23 G247/98

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Veröffentlicht am 23.02.1999
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/02 Kraftfahrgesetz 1967, Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
FührerscheinG §7
FührerscheinG §26
FührerscheinG §37
FührerscheinG §39

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des FührerscheinG betreffend Entziehung der Lenkberechtigung mangels tatsächlicher Wirksamkeit der angefochtenen Bestimmungen bzw infolge Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit Rechtshilfeersuchen vom 19. November 1998 an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn legte die Bundespolizeidirektion Graz dem nunmehrigen Antragsteller unter anderem zur Last, am 16. Oktober 1998 um 01.51 Uhr in Graz, Joanneumring-Höhe Schmiedgasse, die im Ortsgebeit erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §20 Abs2 StVO 1960 begangen zu haben.

1.2. Mit dem beim Verfassungsgerichtshof am 14. Dezember 1998 eingelangten Antrag begehrt der Einschreiter die gänzliche bzw. teilweise Aufhebung der §§7 Abs3 Z4 und 7 Abs6 FSG, BGBl. I 1997/120, sowie des §26 Abs7 erster Satz FSG, BGBl. I 1998/2, als verfassungswidrig. Der Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz vom 17. Oktober 1998 sei neben der Zitierung der Bestimmung des §7 Abs3 Z4 FSG nämlich auch zu entnehmen, daß die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 50 km/h überschritten worden sei.

2. Über die Zulässigkeit des Antrages nach Art140 Abs1 B-VG wurde erwogen:

2.1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die "Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ...".

2.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur - beginnend mit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 - ausführte, erfordert die Antragslegitimation nicht nur, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als verfassungswidrig angefochtene Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern auch, daß dieses Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt und - im Falle der Verfassungswidrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sein und die rechtlich ge-schützten Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß dem Antragsteller wegen der oben genannten Geschwindigkeitsüberschreitung bislang die Lenkberechtigung nicht entzogen wurde. Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind daher für den Antragsteller tatsächlich nicht wirksam geworden. Der Antrag ist sohin schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

Aber auch dann, wenn aufgrund eines Strafbescheides erster Instanz ein Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung gegen den Antragsteller eingeleitet worden wäre, wäre der Antrag zurückzuweisen, weil es an einem "unmittelbaren" Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers fehlen würde, stünde doch dem Antragsteller zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmungen entstandenen - Rechtsverletzung ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung. Ein solcher - die Antragslegitimation ausschließender - zumutbarer Weg besteht grundsätzlich nämlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das dem von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normenprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof anzuregen. In einem allfälligen Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung muß es dem Beschuldigten durchaus zugemutet werden, den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen und sodann beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde nach Art144 B-VG zu erheben und darin seine Bedenken gegen die generelle Norm vorzubringen.

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Kraftfahrrecht, Lenkerberechtigung, Führerschein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:G247.1998

Dokumentnummer

JFT_10009777_98G00247_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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