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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M in Wien, geboren 1979, vertreten durch Mag. Gabriel Wutti, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. April 1999, Zl. SD 228/99, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 2. April 1999 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei seit 5. August 1995 in Österreich und habe zunächst über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Sinn der zu § 12 Aufenthaltsgesetz ergangenen "Bosnierverordnung" (gemeint: Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina) verfügt. Am 19. August 1997 habe er einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Da er zu diesem Zeitpunkt nicht über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe, habe es sich bei diesem Antrag, wie der Bundesminister für Inneres zu Recht festgestellt habe, um einen Erstantrag gehandelt, der dem Beschwerdeführer nach Ablauf des vorübergehenden Aufenthaltsrechtes, das heißt Ende August 1997, keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung habe verschaffen können. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, nunmehr:
Niederlassungsbewilligung, sei im Instanzenzug vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 9. März 1999 abgewiesen und von ihm festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des am 1. August 1998 in Kraft getretenen Bundesgesetzes, mit dem integrierten Vertriebenen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird (BGBl. I Nr. 85/1998), nicht erfülle, weil bei ihm die Voraussetzungen der §§ 5 bis 16 FrG nicht gesichert erschienen und ihm daher weder eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck noch eine solche für Private noch eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sei. Der Antrag auf Erteilung einer Erstaufenthaltsbewilligung aus dem Jahr 1997 sei daher nicht zu einem Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels geworden, und der Beschwerdeführer, der nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gehabt habe und nicht niedergelassen gewesen sei, könne seinen Niederlassungsantrag nicht im Inland stellen. Mit Inkrafttreten des FrG habe er auch kein vorläufiges Aufenthaltsrecht im Sinn des § 31 Abs. 4 leg. cit. erlangt. Es habe ihm daher eine solche Rechtsstellung auch nicht die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof an die gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. März 1999 erhobene Beschwerde verschaffen können.
Die Voraussetzungen für die Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG seien daher - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 leg. cit. - erfüllt.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 leg. cit. betreffe, so sei zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass sich der Beschwerdeführer seit etwa dreieinhalb Jahren in Österreich befinde, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, dass es sich dabei nur um ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gehandelt habe und dass sein Aufenthalt seit mehr als einem Jahr unrechtmäßig sei. Im Bundesgebiet lebe eine Tante des Beschwerdeführers, bei der er jedoch offensichtlich nicht wohne, obwohl er über einen Schlüssel zu deren Wohnung verfüge. Er gehe keiner Beschäftigung nach, sei ohne Einkommen und weise darauf hin, dass er von seiner Tante unterstützt würde. Zwar sei von einem Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen, jedoch sei dieser Eingriff zum Schutz der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen dringend geboten. Denn die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer sei rechtens nicht in der Lage, einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet zu erlangen und so seinen Aufenthalt zu legalisieren. Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Es liefe dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwider, wenn ein Fremder auf diese Weise den Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.
Vor diesem Hintergrund habe auch die der Behörde zustehende Ermessensentscheidung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen müssen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
2. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Annahme des Vorliegens dieser Tatbestandsvoraussetzung erweist sich als unzutreffend.
Nach den im Einklang mit dem Beschwerdevorbringen stehenden Ausführungen der belangten Behörde verfügte der seit 5. August 1995 in Österreich lebende Beschwerdeführer zuletzt über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht bis zum 31. August 1997 nach der Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina und stellte am 19. August 1997 einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Dieser Antrag wurde als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (vgl. § 112 FrG) im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. März 1999 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 18. März 1999, Zl. AW 99/19/0016) die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. November 2000, Zl. 98/19/0181, dargelegt hat, findet auf einen Fremden, dem, wie dem Beschwerdeführer, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz (so etwa nach der obzitierten Verordnung) zukam und der vor Ablauf der Gültigkeitsdauer dieses Aufenthaltsrechts einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz stellte, die - mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretene (vgl. § 111 FrG) - Bestimmung des § 31 Abs. 4 FrG Anwendung, sodass er sich bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Wenn auch im vorliegenden Fall der Antrag des Beschwerdeführers vom 19. August 1997 mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. März 1999 rechtskräftig abgewiesen wurde, so erlangte der Beschwerdeführer infolge der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wieder die Rechtsstellung, die er vor Bescheiderlassung hatte, sodass der Beschwerdeführer wieder in den Genuss eines Aufenthaltsrechtes kam.
3. Da somit im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage der angefochtene Bescheid der Tatbestandsvoraussetzung der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entbehrte, erweist er sich seinem Inhalt nach als rechtswidrig, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl I Nr. 72/2000, und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 22. Jänner 2002
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999180143.X00Im RIS seit
12.03.2002