TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/22 99/09/0209

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2002
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4 Abs2 impl;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs5;
AuslBG §29;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs3 Z4;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Dr. L in W, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Foglar-Deinhardstein & Brandstätter KEG in 1015 Wien, Plankengasse 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. August 1999, Zl. UVS-07/A/36/00801/97, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. August 1999 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R-Fachspedition Gesellschaft mbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin den slowakischen Staatsangehörigen A V von 2. September 1991 bis 26. September 1996 an einem näher bezeichneten Tatort ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von S 35.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sieben Tage) und ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von S 3.500,-- verhängt.

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zugrundegelegt, dass A V während der Tatzeit von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft im Hafen Albern beschäftigt worden sei, obwohl eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung hiefür nicht vorgelegen sei. A V habe dabei - vom Beschwerdeführer selbst näher angegebene - Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Abfertigung von Lkws ausgeführt. Die belangte Behörde gehe auch davon aus, dass der vorgelegte "Werkvertrag" vom 2. September 1991 nur zum Schein abgeschlossen worden sei, um - bei einer allfälligen Kontrolle - zu verschleiern, dass A V tatsächlich zumindest in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zu der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft gestanden sei. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Ausländer habe kein selbstständiges "Werk" hergestellt. Es sei nicht entscheidend, dass die Zusammenarbeit mit dem Ausländer auf Grund der Sprachregelung "Werkvertrag" erfolgt sei. Nach dem maßgebenden wahren wirtschaftlichen Gehalt sei der Ausländer tatsächlich in einem nach dem AuslBG bewilligungspflichtigen Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnis verwendet worden. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Vertragsverhältnis über die "Betreuung von Fahrzeugen" ändere daran nichts, dass eine bewilligungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG und nicht ein Werkvertragsverhältnis vorgelegen sei, weil die vom Ausländer tatsächlich erbrachten Arbeiten kein Werk darstellten. Eine leistungsbezogene Entlohnung (etwa mit einem Akkordlohn) sei nicht unüblich, sodass aus der gewählten Entgeltsform (Entlohnung pro abgefertigtem Lkw) für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen sei. Betriebsmittel seien dem Ausländer durch die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft beigestellt worden. Hinsichtlich der Strafbemessung nahm die belangte Behörde an, dass der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat im Hinblick auf die lange Dauer der unerlaubten Beschäftigung erheblich sei. Als Milderungsgrund sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen; Erschwerungsgründe seien nicht vorgelegen. Die "Nichtanmeldung zur Sozialversicherung" sei nicht als Erschwerungsgrund zu werten. Nach den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen sei davon auszugehen, dass er verheiratet und für ein Kind sorgepflichtig sei, über kein Vermögen verfüge und ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 33.000,-- erziele.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden bzw. auch in dem Recht auf fehlerfreie Handhabung des auszuübenden Ermessens bei der Strafbemessung. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 VwGG kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Beweiswürdigung der belangten Behörde als Scheinbegründung. Die belangte Behörde habe die Aussagen des Ermittlungsverfahrens nur wiederholt und als unglaubwürdig abgetan ohne sich mit diesen inhaltlich auseinander zu setzen. Desweiteren habe sie hinsichtlich des angenommenen Tatzeitraumes und der Annahme eines Arbeitsverhältnisses ihre Begründungspflicht verletzt.

Die Behörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - unter in gleicher Weise vorzunehmender Berücksichtigung der den Beschuldigten entlastenden und belastenden Umständen (vgl. § 25 Abs. 2 VStG) - nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (vgl. § 45 Abs. 2 AVG), wobei die hiebei maßgebenden Erwägungen nach den Grundsätzen der §§ 60 und 67 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) in der Bescheidbegründung in klarer und übersichtlicher Weise zusammenzufassen sind. Liegen widersprechende Beweisergebnisse vor, muss die Behörde dazu in der Begründung im Einzelnen Stellung nehmen und schlüssig darlegen, was sie veranlasst hat, dem einen mehr Vertrauen entgegenzubringen als dem anderen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage 2000, Seite 510 E 67 bis 68 wiedergegebene hg. Judikatur).

Die belangte Behörde hat vorliegend nicht ihre Begründungspflicht verletzt. Entgegen den Beschwerdeausführungen hat sie sich im angefochtenen Bescheid (vgl. die Seiten 17 bis 30 erster Absatz der Bescheidausfertigung, die in der Beschwerde jedoch unberücksichtigt blieben) nachvollziehbar und eingehend mit sämtlichen Beweisergebnissen auseinander gesetzt. Demnach sind aber sehr wohl (auch) Beweisergebnisse für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorgelegen. Hinsichtlich des Beweiswertes der Angaben von A V in seinem Personenblatt ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, dass sich aus dieser Urkunde - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - genügend Anhaltspunkte für eine Verwendung dieses Ausländers in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis ergeben. Er hat nämlich darin selbst angegeben, dass er seit September 1991 tatsächlich fünf bis acht Stunden bei der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft als Transportarbeiter beschäftigt und für das Ein- und Ausladen sowie für Abfertigungsarbeiten bei den Fahrzeugen zuständig gewesen sei. Demnach ist auch das Beschwerdevorbringen hinsichtlich des angeblichen Mangels von Beweisergebnissen für den Tatzeitraum widerlegt. Die behaupteten Mängel der Beweiswürdigung sind somit nicht vorgelegen.

Geht man von den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen aus, dann wurde die Rechtsfrage betreffend das Vorliegen einer nach dem AuslBG bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 2 Abs. 2 AuslBG rechtlich fehlerfrei gelöst.

Der Beschwerdeführer geht bei seinen Beschwerdeausführungen unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit allerdings nicht von diesen getroffenen Feststellungen aus. Er lässt bei seinem auf den Inhalt des "Werkvertrages" gestützten Vorbringen unberücksichtigt, dass der Inhalt dieses Vertrages nicht maßgeblich sein kann, weil er - nach den getroffenen Feststellungen - "nur zum Schein abgeschlossen wurde". Es erübrigt sich daher darauf einzugehen, welche rechtlichen Folgerungen sich aus diesem Scheinvertrag ergeben könnten.

Der Beschwerdeführer rügt die Strafbemessung. Er macht geltend, dass die verhängte Geldstrafe überhöht sei, weil der Milderungsgrund (der Unbescholtenheit) nicht entsprechend berücksichtigt worden sei. Desweiteren habe die belangte Behörde seine Sorgepflichten für seine Ehegattin nicht berücksichtigt.

Entgegen den Beschwerdeausführungen ist die belangte Behörde bei der Strafbemessung sehr wohl von den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ausgegangen. Der Beschwerdeführer hat dabei jedoch nicht angegeben, dass er für seine Ehegattin sorgepflichtig sei, sondern er hat lediglich vorgebracht, für ein Kind Sorgepflichten zu haben. Da der Beschwerdeführer - folgt man den Beschwerdeausführungen - somit seine gesamten Sorgepflichten nicht vollständig angegeben und in dieser Hinsicht nur mangelhaft mitgewirkt hat, kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, dass sie die nunmehr in der Beschwerde ins treffen geführte weitere Sorgepflicht nicht berücksichtigte (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, a.a.O., Seite 369 E 447 bis 449 angegebene Judikatur).

Die belangte Behörde ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die "Nichtanmeldung zur Sozialversicherung" nicht als Erschwerungsgrund zu werten ist. Das Fehlen eines mildernden Umstandes, wie etwa die Anmeldung der verwendeten ausländischen Arbeitskräfte bei der Sozialversicherung (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., Seite 352 E 347 bis 348 angegebene Judikatur) bedeutet nämlich nicht, dass dies als Erschwerungsgrund zu werten ist. Die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften sind nicht mit den Lohn- und Arbeitsbedingungen (entsprechend Normen der kollektiven Rechtsgestaltung) im Sinne des § 28 Abs. 5 AuslBG gleichzusetzen (vgl. hiezu auch § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG). Hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht des (unerlaubt beschäftigten) Ausländers ist auf § 29 AuslBG zu verweisen (vgl. auch Schnorr, AuslBG, 4. Auflage 1998, § 29, Rz 11).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführungen zur Strafhöhe nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde angesichts der Dauer der unerlaubten Beschäftigung (2. September 1991 bis 26. September 1996) bei Verhängung einer im mittleren Bereich des angewendeten Strafsatzes liegenden Geldstrafe von dem ihr im Rahmen der Strafzumessung eingeräumten Ermessen nicht im Rahmen des Gesetzes Gebrauch gemacht habe.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Jänner 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung und andere Rechtsgebiete Erschwerende und mildernde Umstände Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999090209.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten