Index
60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des B in H, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 11. Jänner 1999, Zl. 1-0584/97/K3, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer - unter Bedachtnahme auf die inhaltlich unverändert übernommenen Spruchteile des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe in der Zeit von 14. bis 18. Juli 1996 den polnischen Staatsangehörigen Z als Arbeitgeber in H ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe - nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) und ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von S 1.500,-- verhängt.
Hinsichtlich der Bestrafung wegen unerlaubter Beschäftigung eines weiteren Ausländers (mit dem vermutlichen Namen T) wurde der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis insoweit aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang eingestellt.
Gegen diesen Bescheid - insoweit seiner Berufung nicht Folge gegeben wurde - erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 14. Juni 1999, B 368/99-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie entsprechend dem nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 21. August 1999, B 368/99-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 87 Abs. 3 VfGG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer entsprechend seiner mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1999 erstatteten Beschwerdeergänzung in den Rechten "nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen wegen einer Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 AuslBG bestraft zu werden, auf Beachtung der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK, auf Durchführung einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung vor einem unabhängigen Tribunal nach Art. 6 EMRK unter Beteiligung eines öffentlichen Anklägers, auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, auf richtige und vollständige Sachverhaltsfeststellung sowie auf ordnungsgemäße Bescheidbegründung" verletzt. Er beantragt, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durchzuführen und den angefochtenen Bescheid - erkennbar im Umfang seiner Anfechtung - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt mit den unter Punkt 4.1. erstatteten (allgemeinen) Beschwerdeausführungen einen Verstoss gegen die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK und gegen den Grundsatz der amtswegigen Wahrheitsfindung. Diesen Verstoß habe die belangte Behörde durch ihre Vorgangsweise im Sinne ihres Schreibens vom 3. November 1998 betreffend den vom Beschwerdeführer beantragten Entlastungszeugen (Z) begangen.
Bei diesem Vorbringen lässt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, dass er in der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde am 20. November 1997 die Einvernahme des Zeugen Z unter der Adresse wie im Fremdenpolizeiakt der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, sohin unter einer Anschrift in Polen, zum Beweis dafür beantragte, dass dieser Ausländer nicht als sein Arbeitnehmer gearbeitet habe. Die belangte Behörde hat dem Beweisantrag des Beschwerdeführers stattgegeben und eine Einvernahme dieses Entlastungszeugen im Rechtshilfeweg angeordnet.
Die Bemühungen der belangten Behörde, den Zeugen im Rechtshilfeweg in Polen einvernehmen zu lassen, mussten jedoch - mangels einer dafür bestehenden Rechtsgrundlage - vorhersehbar scheitern. Die belangte Behörde wurde darüber mit dem Schreiben des Bundesministers für Justiz vom 25. April 1997 und den Schreiben der österreichischen Botschaft Warschau vom 20. Mai 1998 sowie vom 6. Juli 1998 in Kenntnis gesetzt.
Daraufhin hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 3. November 1998 unter Hinweis auf diese gescheiterte Einvernahme im Rechtshilfeweg (in Polen) dem Beschwerdeführer Gelegenheit geboten, den Entlastungsbeweis in anderer Weise zu erbringen. Der Beschwerdeführer ließ diese ihm gebotene Gelegenheit ungenützt.
Der Beschwerdeführer - und ebenso die belangte Behörde, die seinem Beweisantrag stattgegeben hat - übersieht, dass bei der Fällung des Erkenntnisses gemäß § 51i VStG nur auf das Rücksicht zu nehmen ist, was in der Verhandlung (vor dem unabhängigen Verwaltungssenat) vorgekommen ist. Die Einvernahme von Personen im Wege mittelbarer Beweiserhebungen ist ausgeschlossen (vgl. hiezu auch Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage 1992, Seite 303). Auf welcher Rechtsgrundlage die belangte Behörde das Erscheinen des nicht mehr im Bundesgebiet aufhältigen Entlastungszeugen hätte durchsetzen können, wird in der Beschwerde nicht dargetan. Dem auf Einvernahme eines in Polen aufhältigen Zeugen gerichtet gewesenen Beweisantrag des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde daher nicht stattgeben dürfen. Die auf Unterlassung der Vernehmung des betroffenen Ausländers als Zeugen gestützte Verfahrensrüge ist nicht begründet (vgl. in dieser Hinsicht etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0247, vom 29. November 2000, Zl. 89/09/0280, sowie vom 3. Juli 2000, Zl. 99/09/0057, und viele andere).
Dadurch, dass die belangte Behörde im Anschluss an ihre entbehrlich gewesenen Bemühungen (versuchte Rechtshilfevernehmung des Entlastungszeugen in Polen), mit Schreiben vom 3. November 1998 dem Beschwerdeführer Gelegenheit bot, einen Entlastungsbeweis in anderer Weise zu erbringen, wurde der Beschwerdeführer jedenfalls nicht in seinen Verteidigungsrechten verletzt. Das in diesem Zusammenhang gegen das Schreiben vom 3. November 1998 ins Treffen geführte Beschwerdevorbringen, die darin von der belangten Behörde angenommene Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers habe gar nicht bestanden, ist nicht zielführend bzw. vermag dieses Vorbringen daran nichts zu ändern, dass das Erscheinen und eine (unmittelbare oder mittelbare) Einvernahme des Entlastungszeugen in Polen auch von Amts wegen nicht durchsetzbar war.
Entgegen den Beschwerdeausführungen hat die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer nicht erbrachten Entlastungsbeweis nicht (im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen oder der Beweiswürdigung) als Schuldnachweis verwertet und dem Beschwerdeführer auch in dieser Hinsicht keine Beweislast auferlegt. Dass trotz gebotener Gelegenheit taugliche Entlastungsbeweise nicht angeboten wurden, hat der Beschwerdeführer zu verantworten. Die behauptete Verletzung der Unschuldsvermutung im Sinne von Art. 6 Abs. 2 EMRK bzw. des Grundsatzes der amtswegigen Wahrheitsfindung liegt somit nicht vor.
Der Beschwerdeführer rügt (unter Punkt 4.2. der Beschwerdeausführungen), dass die belangte Behörde die Beweiswürdigung ausdrücklich und allein auf die Aussage des Arbeitsinspektors H gestützt habe. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde verstoße aus den in der Beschwerde näher dargelegten Erwägungen gegen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens.
Dem Beschwerdeführer ist zu erwidern, dass der Zeuge H in der mündlichen Verhandlung vom 20. November 1997 in Anwesenheit des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers vernommen wurde. In welchem weiteren Umfang die belangte Behörde angesichts der bereits dargestellten Undurchführbarkeit der Einvernahme des Zeugen Z und der unentschuldigten Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Beschwerdeführers (vgl. hiezu § 51f Abs. 2 VStG) ein kontradiktorisches Verfahren durchführen hätte können, wird in der Beschwerde nicht begründet dargetan. Die Beweisaufnahme des Zeugen H ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - kontradiktorisch erfolgt, hatte der rechtsfreundliche Vertreter doch in der Verhandlung am 20. November 1997 Gelegenheit, an diesen Zeugen Fragen zu stellen und allfällige Mängel hiebei geltend zu machen.
Es trifft auch nicht zu, dass die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung ausschließlich auf die Aussage des Zeugen H stützte, hat sie nach der Begründung des angefochtenen Bescheides doch des weiteren die "erste Angabe des Beschuldigten", das Verhalten des Ausländers Z und ein von diesem ausgefülltes Personenblatt berücksichtigt. Die vorgedruckten Angaben auf diesem Personenblatt waren unter anderem auch in der polnischen Sprache abgefasst. Diese Beweismittel galten nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 20. November 1997 von den Parteien erklärten Verzicht auf die Verlesung des erstinstanzlichen Strafaktes als verlesen und sind somit in der Verhandlung vorgekommen.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eingehend und nachvollziehbar dargelegt, welche Erwägungen sie zur Einsicht kommen ließen, dass der festgestellte Sachverhalt als erwiesen angenommen wurde. Dass diese Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig wäre, wird in der Beschwerde nicht begründet dargetan (vgl. zur Überprüfung der Beweiswürdigung etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. März 1997, Zl. 95/09/0246, und vom 4. Juni 1996, Zl. 96/09/0044, und andere).
Insoweit der Beschwerdeführer - gleichlautend wie in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - der belangten Behörde (unter Punkt 4.3. - Verstoß gegen ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK) die Tribunalqualität abspricht, vermag der Verwaltungsgerichtshof diesem Vorbringen nicht zu folgen. Der unabhängige Verwaltungssenat ist - entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers - als Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK anzusehen (vgl. die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg. 13.381/1993, sowie etwa den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Februar 1999, B 92/99-3, und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/21/0020).
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1998, Zl. 96/09/0152, und vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 22. Jänner 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999090190.X00Im RIS seit
11.04.2002