TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/22 2000/09/0119

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2002
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §1151;
AuslBG §2 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 10. Januar 2000, Zl. UVS-11/10.074/6-2000, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Landeshauptstadt Salzburg vom 25. Juni 1998 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG - schuldig erkannt und mit einer Geldstrafe von S 40.000,-- bestraft, weil er als Pächter des Nachtlokales (Haus "C") und daher als Arbeitgeber zu verantworten habe, dass eine namentlich genannte Ausländerin vom 18. bis zum 27. November 1997 als Tanz- und Animierdame beschäftigt wurde, ohne dass eine Beschäftigungsbewilligung, eine Anzeigenbestätigung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein vorgelegen sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Im Wesentlichen bestritt er das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bzw. eines auch nur arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zur Ausländerin; diese sei lediglich Mieterin in dem Privathaus unter der bezeichneten Anschrift gewesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 10. Januar 2000 gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG (offenkundig lediglich in der Schuldfrage) keine Folge, setzte jedoch die verhängte Geldstrafe auf S 20.000,-- herab. Auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Berufungsverhandlung stellte sie fest, dass der Beschwerdeführer als Pächter des Nachtlokales "C" die dominikanische Staatsbürgerin D.M.DA. vom 18. bis 27. November 1997 als Tanz- und Animierdame in St. J. beschäftigt habe, ohne dass eine Beschäftigungsbewilligung, eine Anzeigebestätigung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein vorgelegen sei. Die belangte Behörde legte sodann detailliert ihre Erwägungen zur Beweiswürdigung dar und kam zum rechtlichen Schluss, die Ausländerin habe als Animiermädchen und Tänzerin gearbeitet und für diese Tätigkeit jeweils Pauschbeträge erhalten. Damit sei ihre Tätigkeit zumindest als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit zu qualifizieren gewesen. Hinweise auf eine selbständige Ausübung dieser Tätigkeit oder zugunsten einer anderen Person hätten sich nicht ergeben. Im Zweifel sei der Beschwerdeführer als Inhaber des Objekts als Arbeitgeber anzusehen, wobei ihm zumindest Fahrlässigkeit anzulasten gewesen sei. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Er erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung sowie in seinem Recht auf ordnungsgemäße Bescheidbegründung verletzt.

Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde - im Wesentlichen als Wiederholung der Darstellung des Sachverhaltes, wie er ihn im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat - geltend, er sei nicht Betreiber eines Nachtlokales gewesen; diesbezüglich äußert er vielmehr Vermutungen in Richtung des als "Türsteher" tätig gewesenen G. Selbst die Ausländerin habe nicht ihn als Arbeitgeber bezeichnet. Auch sei die Strafe (noch immer) unangemessen hoch.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 2 Abs. 2 AuslBG in der in Hinblick auf den Tatzeitraum anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 895/1995 gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

              c)              in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

Nach § 3 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der zuerst genannten Fassung begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S.

Aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 AuslBG folgt, dass der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse umfasst, und dass unter Arbeitgeber nicht nur der Vertragspartner eines (schriftlichen oder mündlichen) Arbeitsvertrages zu verstehen ist. Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft vielmehr nach § 3 Abs. 1 AuslBG auch den Inhaber eines Betriebes, der Leistungen entgegen nimmt, die ihm in wirtschaftlicher Abhängigkeit erbracht wurden, oder deren Nutzen er lukriert. Zur Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses genügt mithin, dass dem verfügungsberechtigten Unternehmer eines Betriebes die Arbeitsleistung des "Arbeitnehmerähnlichen" zugute kommt. Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist jedenfalls nicht persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig. Seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muss daher darin erblickt werden, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist. Bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit unter dem "finanziellen" Gesichtspunkt ist nicht konkret zu prüfen, ob der "Arbeitnehmerähnliche" auf die Gegenleistungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Empfänger der Arbeitsleistung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 84/11/0234, VwSlg 12015 A/1986 und das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl.94/09/0195). Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft daher nach § 3 Abs. 1 AuslBG auch den Empfänger (Vertragspartner) einer Leistung aus einem freien Dienstvertrag, wenn dessen wahrer wirtschaftlicher Gehalt Arbeitnehmerähnlichkeit indiziert.

Die Beschwerdeausführungen richten sich schwerpunktmäßig gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung zwar nicht, dass der in der Begründung des verwaltungsbehördlichen Bescheides niederzulegende Denkvorgang der Kontrolle des Verwaltungsgerichtes nicht unterliegt. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Falle einer Bescheidbeschwerde aber die Beweiswürdigung nur insoweit überprüfen, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommen Erwägungen schlüssig sind (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 548 ff, angeführte Judikatur).

Im Beschwerdefall ist die Behörde auf Grund der Angaben der Erhebungsorgane davon ausgegangen, dass in dem in Rede stehenden Einfamilienhaus unter dem Begriff "Haus C" ein Bordell betrieben werde. Hinzu kommt, dass die Ausländerin ausdrücklich selbst die Animiertätigkeit sowie die Prostitution durch andere Bewohnerinnen dieses Hauses dargetan hat. Hierüber wollte der Beschwerdeführer zwar nichts gewusst haben, er stellte dies aber konkret nicht in Abrede. In diesem Zusammenhang erhebt sich aber für den unbefangenen Betrachter die Frage, welchen Vorteil der Beschwerdeführer durch die Anmietung eines Einfamilienhauses zu gewinnen hoffte, das er selbst nur sporadisch - allenfalls zu den Wochenenden - bewohnt haben will, und für welches die Mieten nach seinen Angaben von den tatsächlichen Bewohnerinnen direkt an den Vermieter bezahlt worden sein sollen, ohne dass ihm zumindest ein Differenzbetrag (etwa als Untermietzins) zugekommen wäre. Dass die belangte Behörde eine derart altruistische Haltung des Beschwerdeführers bei der Beurteilung der Gesamtumstände als nicht glaubwürdig eingestuft hat, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Daran anknüpfend folgt - unter Berücksichtigung der eingehenden und schlüssigen Überlegungen im angefochtenen Bescheid - rechtlich unbedenklich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich - wenn auch nicht nötigerweise in räumlichem Naheverhältnis befindlicher - Betreiber dieses Bordells war. Demnach treffen ihn auch die sich aus den Bestimmungen des AuslBG ergebenden Verpflichtungen. Aus dem Gesamtzusammenhang aller in der mündlichen Verhandlung vorgekommenen Beweismittel ist daher der belangten Behörde zu folgen, wenn sie schlüssig einen Sachverhalt feststellte, der in rechtlicher Hinsicht eine bewilligungspflichtige Beschäftigung nach dem AuslBG darstellt.

Der Strafrahmen der in Rede stehenden inkriminierten Tat umfasst somit Geldstrafen von S 10.000,-- bis S 60.000,--. Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die Höhe der ausgesprochenen Strafe auch noch in der Beschwerde wendet, ist darauf hinzuweisen, dass dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, dass die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet wäre, nur die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 7. September 1995, Zl. 94/09/0123, vom 22. Juni 1995, Zl. 94/09/0306 u.a.).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zur Gänze als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Jänner 2002

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Beschäftigung Sachverhalt Beweiswürdigung freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000090119.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten