TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/23 2001/13/0107

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2002
beobachten
merken

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

BAO §115 Abs1;
EStG 1988 §22 Z1;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S Ges.m.b.H. in M, vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in 7350 Oberpullendorf, Rosengasse 55, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. Juli 2000, Zl. RV/513-06/07/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für die Jahre 1994 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Ergebnis einer im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde ihr mit Bescheid des Finanzamtes vom 4. August 1999 der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) samt Zuschlägen (Handelskammerumlage) nach § 57 Abs. 7 des Handelskammergesetzes aus den ihrem wesentlich (zu 85 %) beteiligten Geschäftsführer für den Zeitraum der Jahre 1994 bis 1998 gewährten Vergütungen vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde von der Beschwerdeführerin u.a. vorgebracht, dass ihr Geschäftsführer in Ausübung seiner Tätigkeit weisungsungebunden und nicht in den geschäftlichen Organismus des Betriebes eingegliedert sei. Er erlasse (ohne selbst daran gebunden zu sein) Ordnungsvorschriften für die Dienstnehmer der Gesellschaft und überwache deren Einhaltung. Der Geschäftsführer trage auch ein Unternehmerrisiko, weil seine Geschäftsführer-Vergütung nach § 7 des (gleichzeitig vorgelegten) "Geschäftsführer-Werkvertrags" vom 5. April 1994 von der Liquiditäts- und Ertragslage des Unternehmens abhängig sei.

Aus dem Berufungsvorbringen ergebe sich, dass bei der Beschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers "kein Merkmal der Dienstnehmerähnlichkeit gegeben" sei und seine Bezüge daher zu Unrecht zum Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag herangezogen worden seien.

§ 7 (Entgelt) des angesprochenen Geschäftsführervertrags lautet:

"Die Entlohnung des Geschäftsführers ist grundsätzlich erfolgsabhängig von der Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens. Seine Entlohnung ist abhängig vom Ergebnis des Unternehmens, wobei diese Entlohnung angemessen und in Höhe eines Prozentsatzes vom Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Jahres, für welches die Entlohnung gebührt, festzulegen ist. Da das Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erst mit Erstellung der Bilanz für das betreffende Wirtschaftsjahr feststeht, ist zu diesem Zeitpunkt über die Entlohnung zu befinden. Als Vorschuss auf die Entlohnung wird ein monatlicher Pauschalbetrag zwischen S 15.000,00 und S 50.000,00 an den Geschäftsführer ausbezahlt. Das monatliche Pauschalentgelt gebührt 12 mal im Jahr. Für Zeiträume, für die vom Auftragnehmer ein Stellvertreter auf Kosten der Gesellschaft bestellt wird, entfällt der Entgeltanspruch. Ein Abfertigungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Abgeltung nicht konsumierter Urlaube besteht nicht."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Der Gesellschafter-Geschäftsführer sei für die laufende Geschäftsführung zuständig. Dies erfordere seine faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf sowohl in zeitlicher und örtlicher als auch in organisatorischer Hinsicht. Die in der Berufung behauptete Abhängigkeit der Geschäftsführervergütung von den Betriebsergebnissen der Gesellschaft finde in den von der belangten Behörde festgestellten tatsächlichen Verhältnissen keine Bestätigung.

Dem angefochtenen Bescheid lässt sich dazu folgende

Gegenüberstellung entnehmen:

Jahr

Einkünfte aus Gewerbetrieb der Beschwerdeführerin laut Bescheid

Geschäftsführungsentgelt laut G/V-Rechnung bzw. Einkommensteuererklärungen des Geschäftsführers

1994

415.996 S

438.672,-- S

1995

400.538 S

468.764,97 S

1996

- 92.980 S

631.817,17 S

1997

114.754 S

600.268,24 S

1998

- 277.795 S

549.094,16 S

Dem Geschäftsführer seien - so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiter - zudem die ihm anlässlich von Geschäftsreisen angefallenen Kosten durch die Beschwerdeführerin ersetzt worden. Wie den Einkommensteuererklärungen des Geschäftsführers entnommen werden könne, habe er an Betriebsausgaben im Zusammenhang mit seiner Geschäftsführertätigkeit lediglich die von ihm zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge sowie im Jahr 1998 das gesetzliche Betriebsausgabenpauschale von 6 % geltend gemacht. Ein relevantes Unternehmerrisiko treffe den Geschäftsführer in dieser Eigenschaft (auf ein Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter komme es nicht an) somit nicht.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses auszugehen, weshalb das Finanzamt die Bezüge des Geschäftsführers zu Recht dem Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag unterzogen habe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers der Beschwerdeführerin "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.

Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf das Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Durch die Beurteilung der belangten Behörde, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert, er sei einem auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und werde laufend entlohnt, wurde die Beschwerdeführerin im geltend gemachten Recht auf Unterbleiben der bekämpften Vorschreibungen im Beschwerdefall aus folgenden Gründen nicht verletzt:

Die Beschwerdeführerin vermeint ein Unternehmerrisiko ihres Geschäftsführers aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des Werkvertrages sowie dem tatsächlichen Schwanken der Geschäftsführerbezüge ableiten zu können. In den Jahren 1994 und 1995 seien "stark positive" Ergebnisse aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erzielt worden, zugleich sei das Geschäftsführerentgelt "weit unter dem Durchschnitt des gesamten gegenständlichen Zeitraumes" gelegen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass es sich dabei nicht um das Entgelt für das betreffende Jahr, sondern für das bzw. die vorangegangenen Jahre gehandelt habe. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit für das Jahr 1994 sei erst mit der Erstellung der Bilanz im Jahr 1995 festgestanden. Solcherart ergebe sich, dass zwar das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Jahr 1996 negativ ausgefallen sei, im selben Jahr 1996 aber das Geschäftsführerentgelt erheblich angestiegen sei, weil damit die Leistungen des Geschäftsführers im Hinblick auf die Erfolge für die Jahre 1994 und 1995 abgegolten worden seien. Dementsprechend sei die Vergütung des Jahres 1998 im Hinblick auf die Ergebnisse der Jahre 1996 und 1997 gesunken.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine erfolgsabhängige Entlohnung des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers in nachvollziehbarer Weise aufzuzeigen. Was das zeitliche Auseinanderfallen von Betriebsergebnis und daraus (vermeintlich) abgeleiteter Höhe des Geschäftsführerbezuges anlangt, ist die Beschwerdeführerin zunächst auf die Bestimmung des von ihr selbst vorgelegten Geschäftsführervertrages zu verweisen. Demnach ist im Zeitpunkt der Bilanzerstellung über die Entlohnung des Geschäftsführers zu befinden und dem Wesen des Betriebsvermögensvergleiches entsprechend wohl auch in der Bilanz des betreffenden Wirtschaftsjahres (das sich im Beschwerdefall mit dem Kalenderjahr deckt) auszuweisen. Davon abgesehen wird mit der bloßen Vereinbarung einer nicht näher bestimmten "Erfolgsabhängigkeit der Geschäftsführerbezüge" ein Unternehmerrisiko des Geschäftsführers noch nicht dargetan: Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, haben die Schwierigkeiten der Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes, die sich bei Leistungsverhältnissen zwischen einer Gesellschaft und ihrem wesentlich beteiligten Geschäftsführer insbesondere aus dem dabei häufig vorzufindenden Umstand des Selbstkontrahierens ergeben, zur Folge, dass bei der Sachverhaltsfeststellung, um dem Objektivierungserfordernis hinreichend Rechnung zu tragen, der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung beizumessen ist (siehe das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054, mwN).

Bei der Beurteilung der tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung durfte die belangte Behörde zunächst berücksichtigen, dass bei der jährlichen Bilanzerstellung durch die Beschwerdeführerin ein Geschäftsführerbezug ausgewiesen wurde, der in keinen Zusammenhang mit dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zu bringen war. Dazu kommt, dass auch die in der Beschwerde angestellte "jahresübergreifende Betrachtung" einen objektivierbaren Zusammenhang zwischen dem Erfolg der Geschäftsführertätigkeit und der Entlohnung nicht herzustellen vermag. Nach dem tatsächlich verwirklichten Bild der Leistungsabwicklung wurden dem Gesellschafter-Geschäftsführer ungeachtet der seit Abschluss des Geschäftsführervertrages im Jahr 1994 eingetretenen wesentlichen Verschlechterung der Betriebsergebnisse laufende Geschäftsführervergütungen gewährt, welche jene des Jahres 1994 stets (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) übertroffen haben. Wenn die belangte Behörde solcherart ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko des Geschäftsführers verneint hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf unzureichend gewährten Parteiengehörs greift schon deshalb nicht, weil die Beschwerde kein Vorbringen enthält, dessen ergänzende Erstattung nach dem oben Gesagten einer Beurteilung der von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer erzielten Geschäftsführereinkünfte als solche nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 im Wege gestanden wäre.

Zu den Voraussetzungen eines ausgabenseitig bedingten Unternehmerrisikos ihres Gesellschafter-Geschäftsführers im Hinblick etwaiger Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf einen Verweis auf die Bestimmung des Geschäftsführervertrages, wonach dem Geschäftsführer (von Geschäftsreisen abgesehen) Kosten nicht ersetzt werden. Dass dem Geschäftsführer tatsächlich von ihm zu tragende Aufwendungen angefallen wären, behauptet die Beschwerdeführerin nicht, geschweige denn, dass sie solche konkret beziffert.

Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Auf die zivilrechtliche Einstufung der Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit als Geschäftsführer kommt es nicht an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001, 2001/14/0077).

Die Beschwerde erwies sich damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001130107.X00

Im RIS seit

06.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten