TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/23 2000/12/0039

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2002
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch sowie Senatspräsident Dr. Höß und Hofrat Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des Dr. J in W, gegen den Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 25. Juni 2000, Zl. Pr.Z. 63/00-MDBLTG, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrags, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Magistratsrat in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Wien und ist rechtskundig im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG.

Mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 11. Juli 1989, Zl. Pr.Z. 2013/89, wurde der 1941 geborene Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 lit. a der Dienstordnung 1966 wegen Dienstunfähigkeit auf Grund psychischer bzw. habitueller Ursachen (insbesondere wegen mangelnder Einordnungs- und Einsichtsfähigkeit in rechtliche Zusammenhänge, die zu einer Störung des Dienstbetriebes führten) in den Ruhestand versetzt.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene und zur Zl. 89/12/0143 protokollierte Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof am 17. Dezember 1990 als unbegründet abgewiesen.

Gegen die mit dem vorgenannten Bescheid vom 11. Juli 1989 erfolgte Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers richten sich - ebenso wie gegen die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes -eine Vielzahl von Anträgen des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren. Außerdem stellte er im Zusammenhang mit dem obzitierten Ruhestandsversetzungsbescheid mehrere Feststellungsanträge (vgl. dazu näher die Darstellung im hg. Erkenntnis vom 8. Jänner 2002, Zl. 96/12/0277).

Mit Schreiben vom 13. August 1999 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiederaufnahme eines näher bezeichneten Feststellungsverfahrens (Pr.Z. 0578/99) im Zusammenhang mit seiner Ruhestandsversetzung. In eventu beantragte er, den Schriftsatz als eigenen Feststellungsantrag zu werten, wobei die bisherigen Schriftsätze des Verfahrens "Pr.Z. 0578/99" und des Verfahrens "PK-326/99" (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1999, Zl. 94/12/0305) miteinbezogen werden sollten, da eine Sachentscheidung bis dato nicht vorliege.

Die belangte Behörde ersuchte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. Oktober 1999 unter Hinweis auf § 13 Abs. 6 AVG, das Feststellungsbegehren zu konkretisieren.

Der Beschwerdeführer kam dieser Aufforderung mit seiner Eingabe vom 26. November 1999 nach. Er brachte darin im Wesentlichen vor, dass ein neuerlicher Feststellungsantrag möglich und sogar geboten sei, wenn vorhandene Ergebnisse aus einem vor dem Verwaltungsgerichtshof abgehandelten Verfahren (der Beschwerdeführer bezog sich hier offenbar auf das mit dem oben zitierten Erkenntnis vom 24. März 1999 abgeschlossene Verfahren) im Feststellungsverfahren nicht einbezogen worden seien, wenngleich eine "Korrelation" zwischen beiden Verfahren bestehe, da der betroffene Beamte (der Vorsitzende der gemeinderätlichen Personalkommission), dessen rechtswidrige Vorgangsweise nunmehr aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig feststehe, auch im Pensionierungsverfahren "maßgebend im Vorberatungsstadium und davor untätig geblieben" sei. Ferner führte der Beschwerdeführer Mängel an (insbesondere das Vorliegen unrichtiger psychologischer Schlussfolgerungen zur Beurteilung seiner Dienstfähigkeit), die seiner Meinung nach die Rechtswidrigkeit des Ruhestandsversetzungsbescheides zur Folge hätten; außerdem habe der vertretungsweise tätige Berichter den Inhalt des Bescheidentwurfes gar nicht gekannt. Durch Einbeziehung des Sachverhaltes, der sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1999, Zl. 94/12/0305 ergebe, erhalte das Feststellungsverfahren eine weitere neue Qualität und dadurch Verwertbarkeit im Sinne der begehrten Antragstellung auf Feststellung, dass ein rechtsgültiger Beschluss der belangten Behörde vom 11. Juli 1989 bisher nicht habe nachgewiesen werden können.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Jänner 2000 wies die belangte Behörde den (Eventual-)Antrag des Beschwerdeführers vom 13. August 1999, konkretisiert mit Schriftsatz vom 26. November 1999, gerichtet auf die Feststellung, " dass ein rechtsgültiger Beschluss des Wr. Stadtsenats vom 11.7.1989 bisher nicht nachgewiesen werden konnte", zurück.

Zur Begründung führte sie nach der Darstellung des Sachverhalts und der Wiedergabe der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden aus, dass dem Beschwerdeführer ein geeignetes Mittel zur Abwendung der Rechtsgefährdung zur Verfügung gestanden wäre, wenn er den behaupteten Verfahrensfehler im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund seiner Bescheidbeschwerde vom 27. Juli 1989 aufgezeigt hätte. Da diese Möglichkeit bestanden habe, sei kein rechtliches Interesse, welches ein Feststellungsverfahren rechtfertigen würde, gegeben. Ergänzend hiezu sei festzuhalten, dass das Verwaltungsverfahren, auf welches sich der Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juli 1989, Pr.Z. 2013/89, stütze, vom Verwaltungsgerichtshof überprüft worden sei. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1990, Zl. 89/12/0143, mit welchem die Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen worden sei, habe keine Feststellung enthalten, dass ein Verfahrensfehler vorgelegen sei. Weiters sei auszuführen, dass kein Feststellungsanspruch des Beschwerdeführers gegeben sei, weil es sich bei der vorliegenden Frage weder um die Klarstellung eines Rechtsverhältnisses handle, noch ein subjektiv-rechtlich begründetes Interesse des Beschwerdeführers gegeben sei, da er - selbst dann, wenn die von ihm beantragte Feststellung getroffen würde - keine rechtliche Möglichkeit hätte, die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 11. Juli 1989 zu erwirken, da auf die Erlassung eines entsprechenden Aufhebungsbescheides kein Rechtsanspruch bestehe. Da nach herrschender Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts auch die Feststellung von rechtserheblichen Tatsachen - dies jedoch nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung - zulässig sei, sei weiters zu prüfen gewesen, ob die Dienstordnung 1994, das Wiener Personalvertretungsgesetz oder die Wiener Stadtverfassung eine derartige Bestimmung enthielten. Es finde sich jedoch in keiner der genannten Normen ein Hinweis auf eine Zulässigkeit der vom Beschwerdeführer begehrten Feststellung. Da sich die beantragte Feststellung als unzulässig erwiesen habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts begehrt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Sachentscheidung über seinen Feststellungsantrag verletzt.

Er habe die Feststellung beantragt, dass ein rechtsgültiger Beschluss der belangten Behörde vom 11. Juli 1989 bisher nicht habe nachgewiesen werden können. Im Zuge seiner Ermittlungstätigkeit habe sich der Verdacht verstärkt, dass kein rechtsgültiger Einzelbeschluss in der Causa Pr.Z. 2013/89 der belangten Behörde vom 11. Juli 1989 zustande gekommen sei. Durch Einsicht in den Akt des Verwaltungsgerichtshofes im Zuge des anhängigen Befangenheitsverfahrens vor dem 18. Senat habe sich auch die Meinung verstärkt, dass der Berichter Hofrat Dr. Germ nicht von Amts wegen die Vorgänge um die Sitzung der belangten Behörde vom 11. Juli 1989 überprüft habe und dass in Wahrheit ein Beschluss bisher bloß unterstellt, aber nie de facto im Einklang mit den Bedingungen seines Zustandekommens auf seine rechtliche Existenz und Gültigkeit unter Wahrung des Parteiengehörs nachgeprüft worden sei. Eine solche Rechtssituation sei aber in jeder Lage des Verfahrens notwendig aufzuzeigen und zum Gegenstand eines Feststellungsverfahrens zu machen. Ob ein Beschluss bestehe oder nicht, sei keine Tatsachenfrage, sondern eine genuine Rechtsfrage.

Der Vorhalt, dass der Beschwerdeführer alle seine Einwendungen (insbesondere den Mangel eines rechtsgültigen Kollegialbehördenbeschlusses) schon im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 89/12/0143 hätte einwenden sollen, impliziere die Behauptung eines Wissens zu einem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer dieses Wissen noch nicht gehabt habe.

Es gehe um den Bestand oder Nichtbestand eines Bescheides (mit Tendenz einer Status-Änderung oder Nichtänderung) an sich.

Die belangte Behörde vertrete die rechtsirrige Ansicht, dass ein Verwaltungsgerichtshoferkenntnis einen vom Gerichtshof nicht einmal im Ansatz geprüften Mangel im Beschlussverfahren einer Kollegialbehörde heilen könne. Ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes setze aber geradezu voraus, dass es einen rechtsgültigen Kollegialbehördenbeschluss sowohl über Spruch als auch über den Begründungstext eines von der Beschwerde betroffenen Bescheid(-entwurfs) gebe. Liege ein solcher Beschluss nicht vor, so liege überhaupt kein Bescheid vor. Die Feststellung, dass es zu keinem rechtsgültigen Bescheid gekommen sei, sei jederzeit möglich; weder in den materiellen noch in den Verfahrensrechtsbestimmungen finde sich eine Beschränkung in zeitlicher Hinsicht.

Als Mangel der Beschlussfassung der belangten Behörde am 11. Juli 1989 macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, dass en bloc über 100 Pensionierungsfälle, die als genehmigt fingiert worden seien, ohne den strittigen vorzeitigen Pensionierungsfall des Beschwerdeführers hervorzuheben und ohne, dass die Mitglieder der belangten Behörde vom Akteninhalt Kenntnis gehabt hätten, entschieden worden sei. In diesem Zusammenhang regt der Beschwerdeführer auch an, den § 21 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Wiener Stadtsenates, wonach der Vorsitzende nach dem Vortrag des Berichters unter der Voraussetzung, dass sich zum Gegenstand niemand zu Wort gemeldet habe und kein Mitglied des Stadtsenates eine andere Art der Abstimmung verlange, die gestellten Anträge mit den Worten, dass keine Einwendung erhoben worden sei, als angenommen erklären könne, wegen Widerspruchs zu § 46 der Wiener Stadtverfassung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Die Geschäftsordnung selbst scheine aber jedenfalls eine en bloc-Behandlung von rechtlich unterschiedlichen behördlichen Rechtsakten nicht zuzulassen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 1983, Zl. 82/12/0085, 82/12/0062, sowie vom 13. Oktober 1986, Zl. 85/12/0119 und 85/12/0120, sowie die dort angeführte Rechtsprechung) sind Verwaltungsbehörden berechtigt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn diese entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse der Partei liegen und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Unzulässig ist es hingegen, eine Vorfrage, die in einem anderen Verfahren zu lösen gewesen wäre, zum Gegenstand einer selbständigen Feststellungsentscheidung zu machen. Es muss mithin für die Feststellung ein im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei begründeter Anlass gegeben sein. Ein solcher Anlass liegt aber jedenfalls nicht vor, wenn über die maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen, gesetzlich vorgezeichneten Verfahrens zu entscheiden ist.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren die Feststellung begehrt, dass kein rechtsgültiger Beschluss in der "Kausa Pr.Z. 2013/89" vorliege. Diese betrifft aber ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren, das auch vom Verwaltungsgerichtshof überprüft worden ist. Von den nach Rechtskraft einer behördlichen Entscheidung noch bestehenden Rechtsbehelfen hat der Beschwerdeführer bezogen auf diese Entscheidung ohnehin mehrfach Gebrauch gemacht (vgl. die einleitenden Sachverhaltsausführungen).

Die vom Beschwerdeführer behaupteten Mängel in der Vorgangsweise der belangten Behörde (insbesondere die "en bloc"- Abstimmung über 100 Pensionierungsfälle ohne Aktenkenntnis des Berichters und der übrigen Mitglieder) und der Personalvertretung sind auch von vornherein nicht geeignet, die absolute Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen. Im Übrigen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Bescheid, der nach seinem Erscheinungsbild intendiert, einem Kollegialorgan zugerechnet zu werden, auch dann, wenn ihm kein entsprechender Beschluss dieses Organs zugrunde liegt, so zu betrachten, als ob er von der unzuständigen Behörde erlassen worden wäre. In diesem Fall liegt also trotz mangelnder Willensbildung zwar ein vernichtbarer, aber kein (absolut) nichtiger Verwaltungsakt vor (vgl. das Erkenntnis vom 8. Jänner 2002, Zl. 96/12/0277, mit weiteren Nachweisen).

Bei dieser Rechtslage besteht aber für die vom Beschwerdeführer begehrte Feststellung kein Anspruch auf Sachentscheidung. Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Auf die Anregung, § 21 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Wr. Stadtsenats (im Folgenden kurz GO) beim Verfassungsgerichtshof wegen Gesetzwidrigkeit nach Art. 139 B-VG anzufechten, war schon deshalb nicht näher einzugehen, weil diese Norm bei dem im Beschwerdefall maßgebenden Verfahrensgegenstand (Prüfung der Frage, ob die Zurückweisung des Feststellungsbegehrens des Beschwerdeführers zu Recht erfolgte) nicht präjudiziell ist. Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem (Ablehnungs)Beschluss vom 29. Februar 2000, B 1191/99, diese vom Beschwerdeführer in einer gegen einen anderen Bescheid gerichteten Beschwerde mit den gleichen Argumenten wie im vorliegenden Beschwerdefall aufgeworfene Frage der (Landes-)Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 3 GO mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ablehnt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II. Nr. 501.

Wien, am 23. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000120039.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten