TE Vfgh Erkenntnis 1999/2/24 B349/98

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Veröffentlicht am 24.02.1999
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
AsylG 1991 §2
FremdenG 1997 §57
FremdenG 1997 §75

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung eines Feststellungsantrages betreffend ein Refoulement-Verbot hinsichtlich Mazedoniens; nur auf die Vergangenheit bezogene Feststellung der Asylbehörde betreffend die Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers in Ungarn aufgrund der alten Rechtslage kein Zurückweisungsgrund iSd FremdenG

Spruch

1. Dem Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird stattgegeben.

2. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreter die mit S 18.000,-- bestimmten Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Über Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Dezember 1997 stellte die Bundespolizeidirektion Salzburg mit Bescheid vom 26. Jänner 1998 fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, daß der Beschwerdeführer in der Republik Mazedonien (richtig: Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien), in der Bundesrepublik Jugoslawien, in der Slowakischen Republik und in Ungarn im Sinne des §57 Abs1 und/oder Abs2 Fremdengesetz, BGBl. I 75/1997 (im folgenden: FrG 1997) bedroht sei.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 17. Februar 1998 mit der Maßgabe keine Folge gegeben, daß der Feststellungsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen wurde. Dies unter Berufung auf den zweiten Satz des §75 Abs1 FrG 1997, wonach eine Feststellung über das Vorliegen von Refoulementverbotsgründen nicht zu erfolgen habe, "insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, daß für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht." Das Bundesasylamt habe mit Bescheid vom 11. Dezember 1997 festgestellt, daß beim Beschwerdeführer "der Ausschließungsgrund gemäß §2 Abs3 AsylG 1991 vorliegt", da dieser über Ungarn illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei, der Beschwerdeführer in Ungarn keinerlei Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und auch nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in seine Heimat abgeschoben zu werden.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte, äußerst weitwendige und unübersichtliche Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine - kurze - Gegenschrift erstattet.

II.                                 Die Voraussetzungen für die

Gewährung der Verfahrenshilfe liegen vor; diese war deshalb zu gewähren.

III.        Der Verfassungsgerichtshof

hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

A. Zur Rechtslage:

1. Während im Geltungsbereich des Fremdenpolizeigesetzes für die Prüfung bestimmter behaupteter Bedrohungen eines Fremden auf Grundlage dessen §13a (idF BGBl. 190/1990) ebenso der Unabhängige Verwaltungssenat (vgl. die mit VfSlg. 13453/1993 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes) zuständig war wie für sogenannte "Übergangsfälle" vom Fremdenpolizeigesetz zum Fremdengesetz 1992, ArtI des Bundesgesetzes BGBl. 838/1992 (so die mit VfSlg. 13561/1993 beginnende Rechtsprechung), erklärte §54 Abs1 des genannten Fremdengesetzes 1992, BGBl. 838/1992, die "Behörde" für zuständig, auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß §37 Abs1 oder 2 bedroht ist; Behörde im Sinne des genannten Fremdengesetzes 1992 war gemäß dessen §65 Abs1 - da nichts anderes bestimmt worden war - die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese.

In Übereinstimmung damit sah das Asylgesetz 1991, BGBl. 8/1992, keine Zuständigkeit der Asylbehörden vor, über solche, von einem Fremden behauptete Bedrohungen abzusprechen. Wie §2 Abs2 Z3 und Abs3 des genannten Asylgesetzes 1991 zeigen, war in dessen Anwendungsbereich von den Asylbehörden nur zu prüfen, ob der Fremde in einem anderen Staat bereits vor Verfolgung sicher war oder ob der Fremde bereits in einem sicheren Drittstaat einen - abweislich entschiedenen - Asylantrag gestellt hatte; §2 des Asylgesetzes 1991 lautete:

"§2. (1) Österreich gewährt Flüchtlingen Asyl.

(2) Kein Asyl wird einem Flüchtling gewährt, wenn

1. er unter Art1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention fällt;

2.

er die Umstände, mit denen er seine Furcht vor Verfolgung begründet, in Österreich mit der Absicht herbeigeführt hat, Asyl gewährt zu erhalten;

3.

er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

(3) Kein Asyl wird weiters Fremden gewährt, die bereits einen Asylantrag in Österreich oder einem anderen Staat, der die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet, gestellt hatten und deren Antrag abgewiesen wurde.

(4) Abs3 findet auf Fremde keine Anwendung, die nach rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages in ihren Heimatstaat oder, soweit sie staatenlos sind, in den Staat, in dem sie ihren früheren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, zurückgekehrt sind und einen Asylantrag auf Umstände stützen, die nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind."

2. Zwar übernahmen das neue FrG 1997 und das Asylgesetz 1997 grundsätzlich dieses Regelungssystem, aber nicht ausnahmslos. Vielmehr wurde versucht, den Sachverstand der Asylbehörden teilweise in den Verfahren zur Prüfung von Refoulementbedenken nutzbar zu machen; dies in folgender Weise:

2.1. Der für den vorliegenden Rechtsfall maßgebliche §75 FrG 1997 hat folgenden Wortlaut:

"Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen

bestimmten Staat

§75. (1) Auf Antrag eines Fremden hat die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß §57 Abs1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, daß für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht.

(2) Der Antrag kann nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

(3) Die Behörde kann in Fällen, in denen die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt, eine Äußerung des Bundesasylamtes zum Vorliegen einer Bedrohung einholen. Über Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wurde, ist binnen Wochenfrist zu entscheiden, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.

(4) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Feststellungsverfahren als gegenstandslos einzustellen.

(5) Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs1 rechtskräftig entschieden wurde, ist auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, sodaß die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hat. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen von dem Fremden eingebrachten Antrag darf dieser in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag offensichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist."

In der diesbezüglichen Regierungsvorlage 685 BlgNR 20. GP, 82 f., wird zum vorgeschlagenen §75 FrG 1997 u.a. ausgeführt:

"...

Aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und Verfahrenskonzentration wurde in jenen Fällen, in denen ein Asylantrag abzuweisen ist, das Bundesasylamt gemäß §8 des Asylgesetzes 1997 damit betraut, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Demgemäß war es erforderlich, für jene Fälle, in denen das Bundesasylamt bereits entschieden hat, die negative Prozeßvoraussetzung der entschiedenen Sache gesondert einzubringen. Wird trotz Vorliegens einer diesbezüglichen Entscheidung des Bundesasylamts ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat bei der Fremdenpolizeibehörde eingebracht, so ist dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Eine Entscheidung des Bundesasylamtes liegt erst im Zeitpunkt ihrer Zustellung im Sinne des Abs1 letzter Satz vor, ab diesem Zeitpunkt sind Anträge, die zuvor zulässigerweise bei der Fremdenpolizeibehörde eingebracht wurden, von dieser als unzulässig zurückzuweisen.

Es ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Asylbehörden in besonderer Weise dazu spezialisiert sind, fundierte Prognosen über eine bestehende Verfolgungsgefahr im Einzelfall abzugeben. Die Gefährdungsprognose im Asylverfahren deckt sich weitgehend mit der Gefährdungsprognose nach §57 des Entwurfs. Es liegt daher nahe, die Asylbehörden in all jenen Fällen, in denen sich die Feststellung des Sachverhalts schwierig gestaltet, in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Damit soll die Qualität des Feststellungsverfahrens eine erhebliche Steigerung erfahren.

..."

Dazu ist festzuhalten, daß der vom Parlament letztlich beschlossene Wortlaut des §75 Abs1 FrG 1997 vom vorgeschlagenen Entwurf abweicht; insbesondere wurde der - zu eng gefaßte - Ausdruck Bundesasylamt durch den Ausdruck Asylbehörde ersetzt.

Das - neue - FrG 1997 ist gemäß seinem §111 Abs1 zum überwiegenden Teil mit 1. Jänner 1998 in Kraft getreten.

2.2. Zum gleichen Zeitpunkt ist im wesentlichen auch das damit in engem sachlichen Zusammenhang stehende neue Asylrecht, nämlich das Asylgesetz 1997, BGBl. I 76/1997 (im folgenden: AsylG 1997) in Kraft getreten (vgl. dessen §42 Abs2). Die §§4 und 8 AsylG 1997 haben folgenden Wortlaut:

"Unzulässige Asylanträge wegen Drittstaatsicherheit

§4. (1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn der oder die Fremde in einem Staat, mit dem kein Vertrag über die Bestimmung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages besteht, Schutz vor Verfolgung finden kann (Schutz im sicheren Drittstaat).

(2) Schutz im sicheren Drittstaat besteht für Fremde, wenn ihnen in einem Staat, in dem sie nicht gemäß §57 Abs1 oder 2 FrG bedroht sind, ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offensteht, sie während dieses Verfahrens in diesem Staat zum Aufenthalt berechtigt sind und wenn sie dort Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat - auch im Wege über andere Staaten - haben, sofern sie in diesem gemäß §57 Abs1 oder 2 FrG bedroht sind.

(3) Die Voraussetzungen des Abs2 sind in einem Staat regelmäßig dann gegeben, wenn er die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert und gesetzlich ein Asylverfahren entsprechend den Grundsätzen dieser Konvention eingerichtet sowie die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, ratifiziert und eine Erklärung nach Art25 dieser Konvention abgegeben hat.

(4) Schutz in einem sicheren Drittstaat ist unbeachtlich, wenn

1.

die Asylwerber EWR-Bürger sind oder

2.

den Eltern minderjähriger, unverheirateter Asylwerber in Österreich Asyl gewährt wurde oder

3.

den Ehegatten oder minderjährigen Kindern der Asylwerber in Österreich Asyl gewährt wurde.

(5) Können Fremde, deren Asylantrag nach Abs1 als unzulässig zurückgewiesen wurde, nicht in einen sicheren Drittstaat zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, so tritt der Bescheid, mit dem der Asylantrag zurückgewiesen wurde, mit dem Zeitpunkt des Einlangens der Mitteilung nach §57 Abs7 FrG außer Kraft. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Entscheidungsfrist nach §73 Abs1 AVG von neuem zu laufen; ein anhängiges Berufungsverfahren ist als gegenstandslos einzustellen.

...

Non-refoulement-Prüfung

§8. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden."

In den Erläuterungen zur diesbezüglichen Regierungsvorlage (686 BlgNR 20. GP, 17 bzw. 20) werden diese vorgeschlagenen Neuregelungen u.a. mit folgenden Überlegungen begründet:

"Zu §4:

...

Die Drittlandsicherheit wurde auch inhaltlich anders gestaltet und ist im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage als Prognose formuliert. Dieser Grundsatz der Prognose steht im Einklang mit der Entschließung der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der Europäischen Gemeinschaften zu einem einheitlichen Konzept in bezug auf Aufnahmedrittländer. Demnach liegt Drittlandsicherheit dann vor, wenn Betroffene im Falle der Rückkehr oder Abschiebung in diesen Staat sicher sein werden, und nicht bereits dann, wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit sicher waren oder gewesen wären. Damit soll eine Aussage darüber getroffen werden können, ob der Drittlandschutz - worauf es letztendlich ankommt - auch tatsächlich effektuierbar ist. ..."

"Zu §8:

Im Falle der Abweisung eines Asylantrages hat die Asylbehörde von Amts wegen zugleich mit Bescheid festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden nach §57 des Fremdengesetzes 1997 zulässig ist. Da die Prozeßgegenstände im Asylverfahren und in fremdenpolizeilichen Verfahren betreffend die Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung einander inhaltlich in weiten Bereichen überschneiden, liegt darin ein wesentlicher Beitrag zu einer Verfahrenskonzentration, der um den Preis einer geringen Mehrbelastung der Asylbehörden den Fremdenpolizeibehörden einen wesentlichen Arbeitsaufwand erspart. Der Rechtszug richtet sich auch im Fall einer Berufung gegen den Ausspruch gemäß §8 an den unabhängigen Bundesasylsenat. Die Verknüpfung des Asylverfahrens mit der Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung ist nur für Fälle der Asylaberkennung vorgesehen. In jenen Fällen, in denen die Asylbehörden zu einer derartigen Feststellung nicht befugt sind, kann eine solche nach dem Fremdengesetz 1997 erwirkt werden. Darüber hinaus haben die Fremdenpolizeibehörden alle Umstände jederzeit von Amts wegen wahrzunehmen, die zu einer Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung im Sinne des §57 des Fremdengesetzes 1997 führen könnten."

B. Die Beschwerde rügt im Ergebnis zu Recht, daß die belangte Behörde die Berufung nicht hätte zurückweisen dürfen. Nach dem zweiten Satz des §75 Abs1 FrG 1997 gilt die Verpflichtung der Fremdenbehörde zur Feststellung der Bedrohung eines Fremden im Sinne des §57 Abs1 oder 2 FrG 1997 für den gegebenen Zusammenhang nur dann nicht, wenn die Asylbehörde festgestellt hat, daß für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht. Bei dieser Feststellung handelt es sich - wie auch schon bei jener nach dem FremdenG 1992 - um eine Prognoseentscheidung. Eine solche Prognoseentscheidung hatte die Asylbehörde auf Grundlage des §2 AsylG 1991 nicht zu treffen; vielmehr war auf Grund der Rechtslage vor dem 1. Jänner 1998 von der Asylbehörde nur zu prüfen, ob ein Fremder bereits in Österreich oder in einem anderen Staat, der die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet, einen Asylantrag gestellt hatte und ob dieser Antrag abgewiesen worden war. Dieser damaligen Rechtslage entsprechend hatte hier die Asylbehörde in ihrem den nunmehrigen Beschwerdeführer betreffenden Bescheid vom 11. Dezember 1997, der die Grundlage der Zurückweisung des Feststellungsantrages des Beschwerdeführers bildete, auch nur festgestellt, daß der Beschwerdeführer (u.a.) in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen sei. Weder hatte also die Asylbehörde in diesem Bescheid darüber zu entscheiden, ob für den Asylwerber in Ungarn Schutz vor Verfolgung besteht noch hat sie tatsächlich eine solche Feststellung getroffen. Ihre Aussage bezog sich allein auf die Vergangenheit.

Indem der bekämpfte Bescheid dies verkannte und mit Zurückweisung des Feststellungsantrages des Beschwerdeführers vorging, verletzt er den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Der angefochtene Bescheid war deshalb aufzuheben.

IV. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Kostenbetrag sind S 3.000,-- an Umsatzsteuer enthalten.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Fremdenrecht, Asylrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B349.1998

Dokumentnummer

JFT_10009776_98B00349_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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