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L71079 Gastgewerbe Sperrzeiten Sperrstunde Wien;Norm
GewO 1973 §189 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. K. Rainer Onz, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 59-61, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Juli 1999, Zl. UVS-04/G/24/00433/98, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer "der A Gesellschaft m.b.H., die zur Ausübung des freien Gastgewerbes, nämlich eines Stehbuffets gemäß § 143 Z. 7 GewO 1994, in W, berechtigt ist, zu verantworten, daß diese Gesellschaft im oben angeführten Standort am 5.10.1997 um 1.50 Uhr (also nach der am 4.10.1997 um 24 Uhr festgesetzten Sperrzeit) zwei Gäste warmen Leberkäse in einer Semmel zubereitet und verkauft hat, also zwei Gäste nach der oben angeführten Sperrzeit gegen Entgelt bewirtet hat". Er habe dadurch § 368 Z. 9 GewO 1994 "in Zusammenhalt mit §§ 152 Abs. 3, 370 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. d der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien, mit der die Sperrstunde und die Aufsperrstunde für die einzelnen Betriebsarten des Gastgewerbes festgelegt werden (Sperrzeitenverordnung 1982), LGBl. Nr. 15/1982, in der Fassung der Verordnung vom 30.5.1989, LGBl. Nr. 30/1989", verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 1.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) verhängt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, das in Frage stehende Gewerbe habe den Wortlaut "Stehbuffet gemäß § 143 Z. 7 GewO 1994". Damit sei aber auch die Verpflichtung zur Einhaltung der für ein so genanntes Stehbuffet geltenden Beschränkungen für Sperrzeiten verbunden. Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien, mit der die Sperrstunde und die Aufsperrstunde für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe festgelegt werden, LGBl. für Wien Nr. 15/1982 i.d.F. LGBl. für Wien Nr. 30/1989, (Sperrzeitenverordnung 1982) "wird die Sperrstunde für Buffets (lit. d) mit 24.00 Uhr festgesetzt". Ein Betreiben "rund um die Uhr", wie es dem Beschwerdeführer vorschwebe, sei für keine einzige Betriebsart des Gastgewerbes vorgesehen. Für diese Sperrzeit ergebe sich auch beim Streichen der Betriebsart "Stehbuffet" im Gewerbewortlaut keine Änderung, weil nach der Sperrzeitenverordnung 1998 gemäß § 2 Abs. 2 die Sperrstunde für das im § 143 Z. 7 GewO 1994 angeführte Gewerbe, soweit es vom Erscheinungsbild her nicht als Würstelstand ausgeübt werde, ebenfalls mit 24.00 Uhr festgelegt sei. Auch gehe aus dem Umfang der Gewerbeberechtigung gemäß § 143 Z. 7 GewO 1994 eindeutig hervor, dass diese über die Ausübung einer gastronomischen Tätigkeit als Nebeneinrichtung der Tankstelle weit hinausgehe. Das vorliegende Zubereiten und danach Verabreichen warmer Leberkäsesemmeln falle nicht unter die im § 279 Abs. 2 GewO 1994 angeführten Tätigkeiten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 142 Abs. 1 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z. 8) für
1.
die Beherbergung von Gästen;
2.
die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen;
3. den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen;
4. den Ausschank von nicht alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.
§ 143 GewO 1994 hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"Kein gebundenes Gewerbe gemäß § 124 Z. 8 ist
...
7. die Verabreichung von gebratenen, gegrillten oder gesottenen Würsten, gebratenem oder gegrilltem Fleisch (ausgenommen Innereien) von Rindern und Schweinen, gegrilltem Geflügel und Fisch, Pommes Frittes, Fleisch- und Wurstsalaten, Fleisch- und Wurstmayonnaisesalaten, Brotaufstrichen, belegten Brötchen, üblichen kalten Beigaben wie Essiggemüse, Mayonnaise, Senf, Kren, Brot und Gebäck, in einfacher Art, und von vorverpacktem angeliefertem Speiseeis sowie der Ausschank von Milchmischgetränken, anderen nicht alkoholischen kalten Getränken und Flaschenbier, wenn hiebei nicht mehr als 8 Verabreichungsplätze (zum Genuß von Speisen oder Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden. Die Beschränkung auf die Bereitstellung von nicht mehr als 8 Verabreichungsplätzen gilt nicht, wenn die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken in dem in dieser Ziffer festgelegten Umfang im Zusammenhang mit der Ausübung des Buschenschankes (§ 2 Abs. 9) erfolgt;
..."
Im Grunde des § 152 Abs. 1 leg. cit. hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrstunde abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören.
Nach dem - durch die Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, eingefügten - (nunmehrigen) § 152 Abs. 7 leg. cit. gelten die Abs. 1 bis 6 auch für Betriebe, in denen die im § 143 Z. 3 und 5 bis 7 angeführten Tätigkeiten ausgeübt werden, hinsichtlich dieser Tätigkeiten sinngemäß mit der Maßgabe, dass die Sperrstunde und die Aufsperrstunde für die einzelnen Tätigkeiten gemäß § 143 Z. 3 und 5 bis 7 festzulegen sind.
Nach § 1 Abs. 1 der Sperrzeitenverordnung 1982 wurden für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe der Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und der Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für Wien für (u.a.) "b) Buffet, Imbissstube" mit 24.00 Uhr (Sperrstunde) und 06.00 Uhr (Aufsperrstunde) festgelegt.
Nach § 3 Abs. 1 der Sperrzeitenverordnung 1982 bestimmte sich die Anwendung dieser Verordnung nach der in der jeweiligen Gastgewerbekonzession festgelegten Betriebsart.
Die Sperrzeitenverordnung 1982 trat mit Inkrafttreten der Sperrzeitenverordnung 1998, LGBl. für Wien Nr. 47, - mit Ablauf des 7. September 1998 - außer Kraft (vgl. § 6 der Sperrzeitenverordnung 1998).
Der Beschwerdeführer bekämpft die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass der Verkauf von Leberkäsesemmeln den Bestimmungen der im Spruch des angefochtenen Bescheides angegebenen Sperrzeitenverordnung 1982 unterliege.
Er ist damit im Ergebnis schon aus folgenden Gründen im Recht:
Die belangte Behörde stützt sich bei ihrer Tatanlastung darauf, dass die in Frage stehende Gesellschaft berechtigt sei zur Ausübung "des freien Gastgewerbes, nämlich eines Stehbuffets gemäß § 143 Z. 7 GewO 1994". Sie geht weiters - und zwar spruchgemäß im Grunde des § 44a Z. 2 VStG - davon aus, dass dieses "freie Gastgewerbe" der Sperrzeitenregelung der Sperrzeitenverordnung 1982 unterfalle.
Wie sich schon aus dem Wortlaut des oben wiedergegebenen § 3 der Sperrzeitenverordnung 1982 ergibt, stellt diese auf "Gastgewerbekonzessionen" ab. Dies entspricht der zum Zeitpunkt der Erlassung der Sperrzeitenverordnung 1982 bestehenden Rechtslage nach der Gewerbeordnung 1973; deren § 189 Abs. 1 bestimmte nämlich: "Der Konzessionspflicht unterliegen ...". In der Vorgängerbestimmung des § 143 GewO 1994 - nämlich im § 190 GewO 1973 - war davon die Rede, dass die dort näher bezeichneten Tätigkeiten nicht "der Konzessionspflicht unterliegen". Auch wurde erst durch die Gewerberechtsnovelle 1992 die Regelung über die Sperrstunde und Aufsperrstunde des damaligen § 157 GewO 1973 dahin ergänzt, dass (u.a.) die Verordnungsermächtigung des Abs. 1 auf "freien Gastgewerbe" erweitert wurde (und zwar durch den nunmehrigen § 152 Abs. 7 GewO 1994). Mit anderen Worten: Weder zum Zeitpunkt der Erlassung der Sperrzeitenverordnung 1982 noch in jenem der Novelle LGBl. für Wien Nr. 30/1989 gab es eine gesetzliche Ermächtigung für den Landeshauptmann, eine Sperrzeitenregelung für (nicht - nach der damaligen Rechtslage - der Konzessionspflicht unterliegende) "freie Gastgewerbe" zu treffen.
Aus dem Gesagten ist der Schluss zu ziehen, dass die Sperrzeitenverordnung 1982 nur eine Sperrzeitenregelung für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe im Sinne des § 189 Abs. 1 GewO 1973 (der Vorgängerbestimmung des § 142 Abs. 1 GewO 1994) traf. Um eine solche "Gastgewerbekonzession" handelt es sich bei dem hier gegenständlichen Gewerbe nach § 143 Z. 7 GewO 1994 jedenfalls nicht. Da von der Sperrzeitenregelung der Sperrzeitenverordnung 1982 nicht "freie Gastgewerbe" nach § 190 GewO 1973 erfasst waren, erübrigt sich auch eine Erörterung der Frage, ob die vorliegende Gewerbeberechtigung nach § 143 Z. 7 GewO 1994 als eine solche nach § 190 GewO 1973 (unter dem Gesichtspunkt einer Vorgängerbestimmung) angesehen werden könnte.
Wenn aber die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Sperrzeitenverordnung 1998 Bezug nimmt, so übersieht sie, dass im Hinblick auf die Tatzeit diese Verordnung im Beschwerdefall jedenfalls - auch im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VStG (das erstinstanzliche Straferkenntnis erging vor Inkrafttreten der Sperrzeitenverordnung 1998) - nicht anzuwenden war (und nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides auch zutreffend nicht angewendet wurde).
Da aus den oben angeführten Gründen die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Jänner 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999040183.X00Im RIS seit
07.05.2002