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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Oktober 1999, Zl. RV/246-06/11/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag u.a. für den Zeitraum Dezember 1995 bis Dezember 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Michael A. und Georg A. sind zu je 50% an der beschwerdeführenden GmbH beteiligt und deren Geschäftsführer.
Anlässlich einer für den Zeitraum von Jänner 1992 bis Dezember 1995 durchgeführten Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Beschwerdeführerin von den Bezügen der beiden Geschäftsführer lediglich bis November 1995 Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag entrichtet hatte. Ab Dezember 1995 seien die genannten Abgaben nicht mehr abgeführt worden. Mit getrennten Bescheiden für Dezember 1995 sowie für den (nicht mehr zum Prüfungszeitraum gehörenden) Zeitraum Jänner bis Dezember 1996 schrieb das Finanzamt diese Abgaben vor.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer seien aufgrund ihrer Beteiligungshöhe nicht weisungsgebunden. Sie unterlägen weder betrieblichen Ordnungsvorschriften noch einer betrieblichen Kontrolle, weshalb sie auch nicht als in den geschäftlichen Organismus der GmbH eingegliedert anzusehen seien. Jeder der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer trage das volle Unternehmerrisiko, da die "Aktivitäten" und damit der Erfolg der Beschwerdeführerin durch die persönliche Tüchtigkeit ihrer beiden Geschäftsführer herbeigeführt werde. Die Auszahlung der Gesellschafter-Geschäftsführerbezüge sei, bedingt durch die in den Jahren 1994 bis 1996 gegebene schwierige Geschäftslage, auf einem "verhältnismäßig niedrigen Level" gehalten worden, da intern eine Vereinbarung bestehe, dass "die Geschäftsführerbezüge in einem direkten Zusammenhang mit dem Geschäftsergebnis zu sehen" seien. Pro Monat sei ein Geschäftsführerbezug in Höhe von 51.000 S zur Auszahlung gelangt, was "im Fremdvergleich im unteren Bereich" gelegen sei. Außerdem hätten die Geschäftsführer Kosten (z.B. Sozialversicherungsbeiträge) selbst getragen. Jeder der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer habe sich jederzeit vertreten lassen können. Laut Vereinbarung seien die Gesellschafter-Geschäftsführer zur Entnahme ihrer Bezüge 12 mal im Jahr "unter Berücksichtigung einer etwaigen Tantieme" berechtigt. Anders als bei Dienstnehmern üblich, erhielten sie demnach kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld, kein Entgelt für nicht konsumierten Urlaub und auch keine Abfertigung. Die Beschäftigung der Gesellschafter-Geschäftsführer weise somit "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" nicht auf.
Über Vorhalt des Finanzamtes beschrieb die Beschwerdeführerin den Aufgabenbereich des Georg A. mit "Leitung der Produktion, Leitung Rechnungswesen, Hausverwaltung", jenen des Michael A. mit "Leitung Entwicklung, Leitung Marketing, Leitung Vertrieb". Jeder der beiden Geschäftsführer erledige die anstehenden Arbeiten seines Bereiches selbstständig, wobei die enge Kooperation der beiden Geschäftsführer im Tagesgeschäft die gegenseitige Unterstützung und Ergänzung ermögliche. Die Geschäftsführer würden kein Gehalt, sondern ein Honorar erhalten. Vereinbart sei ein "Mindesthonorar zur Deckung der allgemeinen Lebensführung" sowie eine Erhöhung in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg. Die vereinbarten Geschäftsführerhonorare würden bei "etwa 60 % eines vergleichbaren Geschäftsführerbezugs" liegen. Über das Ausmaß der Erhöhung werde "einvernehmlich erst im Anlassfall entschieden". Büroräumlichkeiten stünden den Geschäftsführern zur Verfügung, Kostenersätze gebe es nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen ausgeführt, auf die von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Merkmale der fehlenden Fremdbestimmungsmöglichkeiten komme es, da für die Einstufung einer Tätigkeit nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 das Kriterium der Weisungsgebundenheit auszublenden sei, nicht an. Ebenso wenig sei die arbeits- oder sozialversicherungsrechtliche Beurteilung relevant. Die Eingliederung in den betrieblichen Organismus ergebe sich (ungeachtet des fehlenden Urlaubsanspruchs und der Möglichkeit der Bestellung eines Vertreters) aus den unstrittigen Arbeitsleistungen der Gesellschafter-Geschäftsführer. Da die Auszahlung der Geschäftsführerbezüge in monatlichen Teilbeträgen gleicher Höhe feststehe, liege einnahmenseitig ein relevantes Unternehmerrisiko nicht vor. Ausgabenseitig bestehe gemäß § 1014 ABGB ein Anspruch der Geschäftsführer auf Ersatz ihrer Barauslagen. Zudem habe der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin eingeräumt, dass den Geschäftsführern ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestanden sei, sodass diesbezüglich keine von den Gesellschafter-Geschäftsführern zu tragenden Auslagen angefallen seien. Sozialversicherungsbeiträge hätte jeder Dienstnehmer zu bezahlen. Auch wenn die Gesellschafter-Geschäftsführer alle Entscheidungen treffen könnten, würde das Unternehmerrisiko nicht von ihnen, sondern von der Gesellschaft getragen.
Die belangte Behörde gelange daher zu dem Ergebnis, dass die Bezüge der Gesellschafter-Geschäftsführer dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterlägen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 15. März 2000, B 2081/99, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Den am 31. Jänner 2001 vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, Zl. 2001/14/0052, Zl. 2001/14/0054, vom 10. Mai 2001, Zl. 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, Zl. 2001/13/0072, sowie Zl. 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,
.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und
.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Der auf der Basis des unstrittigen Sachverhaltes vorgenommenen Beurteilung der belangten Behörde, die Gesellschafter-Geschäftsführer seien in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert, sie seien einem auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und würden laufend entlohnt, haftet auf dem Boden der von der oben zitierten Judikatur entwickelten Grundsätze keine Rechtswidrigkeit an.
Das Beschwerdevorbringen, die Gesellschafter-Geschäftsführer würden "das volle Unternehmerrisiko" tragen, ist angesichts der unstrittig vereinbarten und ausbezahlten monatlichen Fixbezüge von jeweils 51.000 S nicht nachvollziehbar. Zur Zusage von nicht näher bestimmten "Aufzahlungen im Erfolgsfall" ist darauf hinzuweisen, dass die Gewährung von Tantiemen für den Fall eines guten Geschäftsganges bei leitenden Angestellten nicht unüblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2001, Zl. 2001/14/0117, mwN).
Mit dem Einwand fehlender lohnsteuerlicher Begünstigungen im Rahmen der Einkünftebesteuerung ihrer Geschäftsführer verliert die Beschwerdeführerin das Trennungsprinzip aus den Augen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2001, Zl. 2001/13/0063).
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die Gesellschafter-Geschäftsführer entbehrten des Schutzes, der sich aus Arbeitsverhältnissen iSd Arbeitsrechts ergebe, genügt es auf das schon angeführte hg. Erkenntnis vom 25. September 2001 hinzuweisen, wonach Einkünfte iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht davon abhängen, ob ein Arbeitsverhältnis iSd Arbeitsrechts gegeben ist.
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine verschuldensabhängige Haftung, die an der Gesellschaft nicht beteiligte Geschäftsführer in gleicher Weise trifft; derartiges ist daher nicht kennzeichnend für ein Unternehmerrisiko. Dass Risken im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung bei der gegenständlichen Beurteilung der Einkünfte als Geschäftsführer außer Betracht zu bleiben haben, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht (vgl. insbesondere die wiederholt angeführten hg. Erkenntnisse vom 25. September 2001 und vom 23. April 2001).
Dem in der Beschwerde enthaltenen Hinweis, dass die Abgabenberufungskommission Wien einer Berufung betreffend Kommunalsteuer für die Jahre 1994 bis 1996 stattgegeben hat, ist zu entgegnen, dass einem solchen Bescheid keinerlei Bindungswirkung für den angefochtenen Bescheid zukommt.
Die Beschwerde zeigt damit insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II. Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Jänner 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001130106.X00Im RIS seit
06.06.2002