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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §22 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde der am 12. August 1962 geborenen C (vormals H) in B, vertreten durch Winkler-Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen Spruchpunkt III. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 9. März 1999, Zl. IIIc-68849/98, betreffend Versagung eines Durchsetzungsaufschubes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 9. März 1999 wurde über die Beschwerdeführerin, eine deutsche Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 4 und 7, §§ 37 Abs. 1, 39 und 48 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 45 Abs. 4 FrG einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.). In dem in Beschwerde gezogenen Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 48 Abs. 3 FrG kein Durchsetzungsaufschub erteilt werde.
Der Erlassung des Aufenthaltsverbotes lag im Wesentlichen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin mit den Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Mai 1997, vom 23. Oktober 1997 und vom 30. Oktober 1998 jeweils wegen Übertretung des § 18 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes, LGBl. Nr. 6/1976, mit Geldstrafen rechtskräftig bestraft worden sei, weil sie sich (nicht im Rahmen einer so genannten Bordellbewilligung) zur Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht angeboten bzw. diese tatsächlich ausgeübt habe. In Ansehung des dem Straferkenntnis vom 23. Oktober 1997 zugrundeliegenden Vorfalls vom 9. Juli 1997 wurde die Beschwerdeführerin mit dem rechtskräftigen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 3. Dezember 1997 auch wegen Übertretung des § 9 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Aids-Gesetzes 1993, BGBl. Nr. 728, bestraft. Im Hinblick auf die wiederholten Verstöße gegen Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, liege eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 4 FrG vor. Aus einem Antrag auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen für den Lebensunterhalt, für Unterkunftskosten sowie für ärztliche Versorgung "sei ersichtlich", dass die Beschwerdeführerin der Republik Österreich finanziell zur Last falle und fallen werde, weshalb auch der Tatbestand der Z 7 leg. cit verwirklicht sei. Im übrigen erachtete die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG für dringend geboten. Wegen der Ausübung der Prostitution und der damit verbundenen Gefahr der Übertragung von Krankheiten, vor allem von Aids, stelle die Beschwerdeführerin eine eminente Gefahr für die Volksgesundheit dar, sodass auch die Abwägung nach § 37 Abs. 2 FrG nicht zugunsten der Beschwerdeführerin vorgenommen wurde.
"Auf Grund der wiederholten Ausübung der Prostitution, der damit zu erwartenden negativen Zukunftsprognose und der damit bestehenden gesundheitlichen Gefährdung der Allgemeinheit" sei - so die belangte Behörde abschließend - im Interesse der öffentlichen Ordnung und nationalen Sicherheit die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung sowie die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes erforderlich.
Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 18. Juli 1999 dahin erledigt, dass der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt wurde, dass das im Spruchpunkt I. verhängte Aufenthaltsverbot gemäß "§ 36 Abs. 1 i.V.m. §§ 37, 39 und 48 FrG" erlassen wurde.
Die Versagung des Durchsetzungsaufschubes im Spruchpunkt III. wird mit der vorliegenden, am 16. April 1999 zur Post gegebenen Beschwerde angefochten und dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
Die Beschwerdeführerin ist deutsche Staatsbürgerin. Wird gegen sie - wie vorliegend - ein Aufenthaltsverbot erlassen, so kommt § 48 Abs. 3 FrG zur Anwendung. Nach dieser Bestimmung ist EWR-Bürgern (und begünstigten Drittstaatsangehörigen) bei Erlassung (einer Ausweisung oder) eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder nationalen Sicherheit erforderlich.
Seit der Zustellung des erwähnten Berufungsbescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 19. Juli 1999 an die ausgewiesenen Vertreter der Beschwerdeführerin am 22. Juli 1999, mit der das gegenständliche Aufenthaltsverbot rechtskräftig erlassen wurde, ist jener Zeitraum, für den ein Durchsetzungsaufschub nach § 48 Abs. 3 FrG höchstens hätte erteilt werden können, mittlerweile jedenfalls abgelaufen. Damit käme einer Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nur mehr abstrakt theoretische Bedeutung zu, ohne dass der Beschwerdeführerin ein Erreichen des Verfahrenszieles den erwünschten Erfolg - nämlich die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes - bringen könnte (vgl. den hg. Beschluss vom 13. November 1996, Zl. 95/21/0933, mwN). Infolge dieses nachträglichen Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses war die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist allerdings für die Kostenentscheidung hypothetisch zu prüfen, ob die Beschwerde bei einer inhaltlichen Behandlung Erfolg gehabt hätte. Das ist aus nachstehenden Gründen zu bejahen.
Dass in den Fällen des § 48 Abs. 3 FrG ein Durchsetzungsaufschub regelmäßig zu erteilen sei, ergebe sich - nach den Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2000, Zl. 2000/21/0064 - nicht nur klar aus dem Gesetzeswortlaut ("... ist ... ein Durchsetzungsaufschub .... zu erteilen, es sei denn ..."), sondern sei auch unzweifelhaft die Absicht des Gesetzgebers. So heiße es in den Erläuterungen zum textgleichen § 31 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1992 - auf diese Bestimmung verwiesen die Erläuterungen zu § 48 FrG (685 BlgNR 20. GP, 78) ausdrücklich -, dass der Fremdenpolizeibehörde, wenn sie ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung erlasse, die Verpflichtung zur Erteilung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubes von Amts wegen obliege. "Diese Verpflichtung soll nur dann nicht bestehen, wenn die sofortige Ausreise ... im Interesse der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit unerlässlich ist, ..."
(vgl. 692 BlgNR 18. GP, 45).
Inwieweit im gegenständlichen Fall die sofortige Ausreise der Beschwerdeführerin im eben dargestellten Sinn geboten sein soll, begründet die belangte Behörde in keiner Weise. Indem sie mit der wiederholten Ausübung der Prostitution, der deshalb anzunehmenden negativen Zukunftsprognose und der demnach bestehenden gesundheitlichen Gefährdung argumentiert und aus diesen Gründen eine Versagung des Durchsetzungsaufschubes im Interesse der öffentlichen Ordnung und nationalen Sicherheit für erforderlich hält, werden nur Erwägungen angestellt, die schon für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes notwendig waren (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 16. Juni 2000; zu den Voraussetzungen für das Aufenthaltsverbot vgl. das jüngst zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt ergangene Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, Zl. 99/21/0125). Konkrete, darüber hinaus gehende Gründe, warum es unerlässlich sei, das erlassene Aufenthaltsverbot auch sofort zu vollziehen, und warum der Beschwerdeführerin nicht ein - ihr grundsätzlich zustehender - Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt werden könne, sind dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Da sich dem angefochtenen Bescheid somit keine nachvollziehbare Begründung entnehmen lässt, weshalb gemäß § 48 Abs. 3 FrG kein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt wurde, hätte eine meritorische Behandlung der Beschwerde insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides geführt. Der Beschwerdeführerin steht daher nach den §§ 47 ff VwGG Kostenersatz zu, deren Höhe sich nach der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001 richtet.
Wien, am 24. Jänner 2002
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteZuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999210109.X00Im RIS seit
23.04.2002Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009