TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/25 2001/02/0240

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Veröffentlicht am 25.01.2002
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des CH in Wien, vertreten durch Mag. Herwig Holzer, Rechtsanwalt in 1170 Wien, Geblergasse 95/12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. September 2001, Zl. UVS-03/P/33/1419/2001/4, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 2001 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei am 5. Oktober 2000 um 22.15 Uhr an einem bestimmten Ort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges mit einem Verkehrsunfall, bei dem Sachschaden entstanden sei, in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe es unterlassen, die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Er habe dadurch § 4 Abs. 5 StVO verletzt, wobei - in Abänderung des erstinstanzlichen Strafausspruches - von der Verhängung einer Strafe gemäss § 21 Abs. 1 VStG abgesehen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Die belangte Behörde legte ihrem Erkenntnis das Tatsachenvorbringen des Beschwerdeführers in einer von diesem erstatteten Anzeige gegen Petra P. vom 6. Oktober 2000 zugrunde. Danach sei diese unter Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt und Missachtung des erforderlichen Sicherheitsabstandes sowie der den Verkehrsverhältnissen angepassten Geschwindigkeit mit dem von ihr gelenkten PKW auf das von ihm (dem Beschwerdeführer) gelenkte Fahrzeug aufgefahren und habe dieses im Bereich der hinteren Stoßstange beschädigt. Keine Person sei beim Verkehrsunfall verletzt worden. Eine Verständigung der Exekutive sei unterblieben, da die den Verkehrsunfall verschuldende P. die Gebühr in Höhe von S 500,-- nicht habe bezahlen wollen. Auf Verlangen des Beschwerdeführers, die Haftpflichtversicherung und Polizzennummer zur weiteren versicherungsrechtlichen Abwicklung der Angelegenheit bekannt zu geben, habe P. dies verweigert, obwohl der Beschwerdeführer seinerseits sämtliche seiner Daten auf einem Unfallbericht sowie eine Visitenkarte zur Verfügung gestellt habe. Am Fahrzeug der P. sei kein Schaden feststellbar gewesen. Der Beschwerdeführer habe außer den Personalien und dem Kennzeichen des PKWs der P. keine weiteren erforderlichen Daten erheben können. Der nur fragmentarisch ausgefüllte Unfallbericht der P. sei in Kopie der Anzeige angeschlossen worden. P. sei ihrer Verpflichtung zum Identitätsnachweis "auch hinsichtlich der Haftpflichtversicherung und der Polizzennummer" nicht nachgekommen.

Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung vom wiedergegebenen Vorbringen des Beschwerdeführers aus; die Lenkerin des anderen unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges habe den Unfall verursacht und es habe einen Datenaustausch gegeben. Die Unfallbeteiligten hätten einander jedoch ihren Namen und ihre Anschrift nicht im Sinne des § 4 Abs. 5 StVO und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nachgewiesen, weshalb von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auszugehen gewesen sei.

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs. 1 genannten Personen - es sind dies alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht - die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Aus der Tatsache, dass die grundsätzliche Verpflichtung zu einer derartigen Meldungslegung dann nicht besteht, wenn die in § 4 Abs. 1 StVO genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Identität nachgewiesen haben, ergibt sich - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 9. September 1968, Slg. Nr. 7391/A, ausgesprochen hat -, dass die in Rede stehende Bestimmung nur im Interesse des Geschädigten zur Ermöglichung der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche festgelegt ist. Zweck des Identitätsnachweises im Sinne des § 4 Abs. 5 letzter Satz StVO ist es daher nur, dem durch einen Unfall Geschädigten die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zusetzen haben wird.

Aus dem oben dargelegten Zweck der Regelung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis geschlossen, dass bei einem Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden und dieser nur im Vermögen einer Person entstanden ist, kein Grund für eine Verpflichtung dieser einen geschädigten Person vorliegt, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Denn eine Unterlassung der Verständigung könnte nur dem Geschädigten selbst zum Nachteil gereichen (vgl. zum Ganzen zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2001, Zl. 2000/03/0280 mwN).

Die obigen Erwägungen erweisen sich auch im vorliegenden Fall als beachtlich. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ist nämlich keineswegs auszuschließen, dass nur der Beschwerdeführer einen Schaden durch den gegenständlichen Verkehrsunfall erlitten hat. Es traf ihn daher zutreffendenfalls im Sinne der zitierten Rechtsprechung keine Verpflichtung, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

Da die belangte Behörde - offenbar in Verkennung der Rechtslage - keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Jänner 2002

Schlagworte

Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001020240.X00

Im RIS seit

23.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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