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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art18 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der BM in K, vertreten durch Dr. Helmut Malek, Rechtsanwalt in Krems, Dinstlstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 16. Juni 1998, Zl. Senat-KS-97-014, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 41.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 1998 wurde die beschwerdeführende Partei für schuldig befunden, sie habe als Fahrzeuglenkerin am 11. November 1995, um
11.27 Uhr, an einem näher genannten Ort in Ortsgebiet vom Krems/Donau ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug gehalten, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken" kundgemachtes Halte- und Parkverbot bestehe. Sie habe sich dadurch einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 24 Abs. 1 lit. a StVO schuldig gemacht, weshalb über sie eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 29. September 1998, B 1196/98-7, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet u.a. ein, die belangte Behörde vertrete die Rechtsansicht, dass der Umstand, dass vor Erlassung der verfahrensgegenständlichen Verordnung vom 27. September 1991 (erg.: betr. das Halte- und Parkverbot am Tatort) weder die Rechtsanwaltskammer noch die Notariatskammer angehört worden seien, nichts an der Gesetzmäßigkeit ihrer Bestrafung ändere. Ohne entsprechende Begründung vermeine die belangte Behörde, dass ungeachtet des unterlassenen Anhörungsverfahrens gemäß § 94f Abs. 1 StVO über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe verhängt werden könne. Im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs sei davon auszugehen, dass die Festlegung eines Halte- und Parkverbotes zumindest die Interessen der Mitglieder aller Berufsgruppen betreffe, die in unmittelbarer Nähe des Halte- und Parkverbotes eine Arbeitstätte oder ihren Berufssitz hätten. Mangels Anhörung der gesetzlichen beruflichen Interessensvertretungen der Rechtsanwälte und Notare, deren Interessen durch die Errichtung eines Halte- und Parkverbotes berührt würden, habe die belangte Behörde ihren Bescheid "mit einer in die Verfassungssphäre erreichenden Rechtswidrigkeit" belastet. Die Behörde erster Instanz habe es unterlassen, der belangten Behörde den gesamten Verordnungsakt zu übermitteln. Die belangte Behörde habe daher die Prüfung unterlassen, ob sämtliche in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen angehört worden seien.
Wie der Verfassungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 29. Februar 1996, VfSlg. 14.439, näher ausgeführt hat, ist der Berufssitz eines oder auch mehrerer Rechtsanwälte kein Ort, an dem die Erlassung einer straßenpolizeilichen Verordnung eine spezifische Betroffenheit der Rechtsanwälte als Berufsstand begründet.
Der Umstand, dass einzelne Rechtsanwälte (oder auch ein Notar - wie von der Beschwerdeführerin in einer Äußerung gegenüber der belangten Behörde behauptet) ihren Berufssitz im Bereich der gegenständlichen straßenpolizeilichen Verordnung haben, begründet keine spezifische Interessenbetroffenheit der Mitglieder dieser Berufsgruppe(n), welche nach § 94f Abs. 1 lit. b Z. 2 StVO die Behörde verpflichtet hätte, vor Erlassung jener Verordnung die Rechtsanwaltskammer und/oder die Notariatskammer anzuhören (vgl. das vorzitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 29. Februar 1996, in welchem an Stelle eines Notars von Architekten die Rede ist).
Der Verfassungsgerichtshof hatte auf Grund der von der Beschwerdeführerin gegen die Verordnung unter diesem Gesichtspunkt vorgebrachten Einwendungen keine Bedenken und lehnte in der Folge die Behandlung der Beschwerde ab. Auch für den Verwaltungsgerichtshof sind solche Bedenken im Hinblick auf die vorzitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofs nicht gegeben, weshalb es auch der in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Verfahrensrüge an der Wesentlichkeit fehlt.
Ferner rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde vermeine, dass die Überschreitung der Höchstwerte von 2,20 m um 11,5 cm (erg.: bezüglich der Höhe der kundgemachten Verkehrszeichen) nicht schaden würde, weil Ausnahmefälle möglich wären. Sie zeige jedoch nicht auf, dass im konkreten Fall eine derartige Ausnahme gerechtfertigt wäre, geschweige denn, eine derartige Überschreitung hingenommen werden müsste. Ergänzend rügt die Beschwerdeführerin auch die nicht erfolgte Einhaltung des seitlichen Mindestabstands der angebrachten Verkehrszeichen vom Seitenrand der Fahrbahn.
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 13. Februar 1985, Zl. 85/18/0024, näher ausgeführt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich aus § 48 Abs. 5 StVO eine Verpflichtung zur zentimetergenauen Einhaltung der Höchst- und Mindestmaße für die Anbringung von Straßenverkehrszeichen ergibt.
Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin könnte daher nur unter der Annahme eines wesentlichen Verstoßes gegen die erwähnte straßenpolizeiliche Vorschrift liegen. Die Beschwerdeführerin zeigt jedoch mit ihrem Vorbringen betreffend die Höhe und den seitlichen Mindestabstand der angebrachten Verkehrszeichen nicht auf, dass im Beschwerdefall ein solcher wesentlicher Verstoß vorliegen würde.
Schließlich wendet die Beschwerdeführerin ein, die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass eine kürzere Entfernung zwischen den Verkehrszeichen "Halten und Parken verboten Anfang" und "Halten und Parken verboten Ende" der ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung nicht schaden könne, sei unrichtig. Mit ihrer unrichtigen Rechtsansicht unterstelle die belangte Behörde der Verordnung einen nicht normativen Charakter im Sinne einer bloß ungefähren Einhaltung vorgegebener Abstände. Für diese sehr großzügige Auslegung von Anordnungen in einer Verordnung biete das Gesetz keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt.
Aus der im Beschwerdefall anzuwendenden Verordnung des Magistrates der Stadt Krems/Donau vom 27. September 1991 ergibt sich, dass das gegenständliche Halte- und Parkverbot an einem näher genannten Ort in Krems "auf einer Länge von 10,50 m beginnend ab Einmündung D-Straße" verfügt wurde.
Auf Grund des Einwands der Beschwerdeführerin in der Berufung, dass die gegenständlichen Verkehrszeichen "lediglich 7,33 m voneinander entfernt seien", veranlasste die belangte Behörde ergänzende Ermittlungen durch den Magistrat der Stadt Krems und stellte daraufhin - nach vorangegangenem Parteiengehör - im angefochtenen Bescheid Folgendes fest:
" Die Überprüfung der Kundmachung der Verordnung ergab, dass sich der Geltungsbereich des Halteverbotes auf eine Länge von 10.00 m erstreckt ....."
Diese Feststellungen wurden von der Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde nicht bestritten, weshalb der Verwaltungsgerichtshof vom Zutreffen dieser Feststellungen sowie davon ausgeht, dass das gegenständliche Halte- und Parkverbot innerhalb des örtlichen Geltungsbereiches der vorgenannten Verordnung des Magistrates der Stadt Krems/Donau kundgemacht wurde. Unbestritten geblieben ist ferner, dass seinerzeit das näher bezeichnete Fahrzeug von der Beschwerdeführerin im Bereich des kundgemachten Park- und Halteverbots abgestellt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/02/0038, im Zusammenhang mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO zu § 44 Abs. 1 erster Satz StVO die Auffassung vertreten, dass dieser Bestimmung immanent ist, dass die diesbezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet.
Wenngleich im Lichte dieser Judikatur grundsätzlich eine möglichst genaue Anbringung der Verkehrszeichen an jenen Stellen, wo der räumliche Geltungsbereich einer Verordnung nach § 43 StVO beginnt und endet, geboten ist, ist auch dem § 44 Abs. 1 erster Satz leg. cit. nicht zu entnehmen, dass sich daraus - analog zu den vorzitierten Ausführungen zu § 48 Abs. 5 leg. cit. im bereits genannten hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1985 - eine Verpflichtung zur "zentimetergenauen" Einhaltung des in einer derartigen Verordnung verfügten räumlichen Geltungsbereiches für die Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen ergibt.
Anders als in dem dem hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 92/02/0047, zu Grunde liegenden Fall, in dem der örtliche Geltungsbereich der dem Verkehrszeichen zu Grunde liegenden Verordnung gemäß § 43 Abs. 1 lit. b Z. 1 StVO betreffend ein Halte- und Parkverbot erst "ungefähr 6 m von dem in Rede stehenden Verkehrszeichen" entfernt begonnen hat, lag im Beschwerdefall eine Kundmachung insoweit vor, als die beiden Verkehrszeichen betreffend den Beginn und das Ende eines Halte- und Parkverbotes nicht - wie in der bezughabenden Verordnung angeordnet - in einem Abstand von 10,5 m, sondern in einem Abstand von ca. 10 m angebracht wurden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch darin noch nicht eine zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führende fehlerhafte Kundmachung des bezughabenden Halte- und Parkverbotes zu erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Jänner 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999020014.X00Im RIS seit
23.04.2002Zuletzt aktualisiert am
15.04.2009