TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/28 2000/02/0259

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Veröffentlicht am 28.01.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ArbIG 1993 §13;
ArbIG 1993 §23 Abs1;
ArbIG 1993 §23 Abs3;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 30. Juni 2000, Zl. KUVS-710/12/99, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen des Übertretung nach der Bauarbeiterschutzverordnung (mitbeteiligte Partei: HK in W, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,--binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Das Arbeitsinspektorat für den 10. Aufsichtsbezirk stellte mit Schreiben vom 28. April 1998 den Antrag, das Strafverfahren gegen die verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen der Bauges.m.b.H. M. wegen eines Vorfalles vom 15. April 1998 einzuleiten und sie "wegen Übertretung der Bestimmung des § 51 Abs. 4 erster Satz der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/1994, gemäß § 118 Abs. 3 iVm § 130 Abs. 1 Z. 15 des Arbeitnehmer-Innenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, mit S 10.000,-- zu bestrafen". Nach Ansicht des Arbeitsinspektorates liege für den Tatzeitpunkt keine Bestellung eines verantwortlich Beauftragten gemäß § 23 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 27, vor, sodass eine eventuelle interne Bestellung rechtsunwirksam wäre.

Im gegenständlichen Fall leitete die Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg das Strafverfahren gegen den Mitbeteiligten als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Bauges.m.b.H. M. wegen einer näher bezeichneten Verwaltungsübertretung ein. Im Zuge des Verfahrens kam folgende Vorgangsweise der Bauges.m.b.H. M. hervor: Mit Schreiben vom 19. November 1996 meldete die Bauges.m.b.H. M. gemäß § 3 Bauarbeiterschutzverordnung an das Arbeitsinspektorat Bauarbeiten.

Der hier interessierende Inhalt der Meldung lautet:

"2.)

Genaue Lage der Baustelle:

Großgmain - Bezirk Salzburg Umgebung

3.

Zeitpunkt des Arbeitsbeginnes:

Montag, den 25. November 1996

4.)

Art und Umfang der Bauarbeiten:

Ortskanalisation

 

 

ca. Ende Dezember 1997

5.

Voraussichtliche Zahl der Beschäftigten:

15 - 20 Mann
Bauleiter und verantwortlicher Beauftragter iSd § 23 ArbIG:

6.)

Vorgesehene Aufsichtsperson:

F.D.

 

 

(Bestellungsschreiben liegt bei)"

Diese Meldung war mit einer "firmenmäßigen Fertigung" der Bauges.m.b.H. M. gezeichnet. Das beigelegte Bestellungsschreiben hat folgenden Inhalt:

"BESTELLUNG ZUM VERANTWORTLICHEN BEAUFTRAGTEN GEM. § 23

des Arbeitsinspektionsgesetzes

F.D.

geb. 27.06.58

Wir bestellen Sie gem. § 23 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 27, zum verantwortlichen Beauftragten für folgende Bereiche:

1.)

Ihre Verantwortung umfasst unter anderem die wirtschaftliche und organisatorische Abwicklung der von Ihnen geleiteten Baustellen und sowie die Einhaltung und Überwachung der Ihnen unterstellten Arbeitnehmer im Sinne der Arbeitnehmerschutzverordnung (Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf

 

a)

Arbeitnehmerschutzgesetz

 

b)

Bauarbeiterschutzverordnung

 

c)

Allgem. Arbeitnehmerschutzverordnung

 

d)

Allgem. Dienstnehmerschutzverordnung

 

e)

Maschinen- Schutzvorrichtungsverordnung

 

f)

Einhaltung von Dienstnehmerschutzbestimmungen

 

g)

Einhaltung der Vorschriften der firmeninternen Dienstanweisungen

2.)

Sie sind berechtigt, zur Erfüllung Ihrer Obliegenheiten und in Ergänzung allgemein ergangener Dienstanweisungen spezielle Anweisungen für Ihren Verantwortungsbereich zu erlassen.

3.)

Mit Ihrer Unterschrift bestätigen Sie, dass Sie Ihre Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zur Kenntnis genommen und dieser zugestimmt haben.

 

 

 

Geschäftsführung der Bauges.mbH M.

Bauges.m.b.H.

 

M.

F.D.

9400 Wolfsberg/Ktn.

3.3.1995"

     Mit Bescheid vom 20. Mai 1999 stellte die

Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg das gegenständliche

Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 im Wesentlichen

mit folgender Begründung ein:

"Selbst wenn man der Meinung sein sollte, dass mit dieser Form der Meldung eine wirksame Bestellung des Herrn F.D. zum verantwortlichen Beauftragten nicht erfolgt ist, da im Bestellungsdekret keine konkrete Baustelle angeführt ist, so ist zu berücksichtigen, dass die gleiche Vorgangsweise der Meldung von Baustellen mit Übermittlung des Bestellungsdekretes auch beim Arbeitsinspektorat Klagenfurt gewählt wird. Dieses Arbeitsinspektorat geht von einer wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten aus, 'da am ... (Datum der Meldung von Bauarbeiten) gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG eine Meldung der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten bei der hiesigen Behörde für die genannte Baustelle eingelangt ist, welcher der Beauftragte vor dem Tatzeitpunkt, am 3.3.1995, zugestimmt hat und die hiesige Behörde die Meldung zur Kenntnis genommen hat'. (Dies ist der Behörde erster Instanz aus einem rechtskräftig erledigten Strafverfahren bekannt.)

Der Beschuldigte konnte somit davon ausgehen, dass für die Baustelle 'Großgmain - Ortskanalisation' die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an Herrn F.D. rechtswirksam ist und in allfälligen künftigen Strafverfahren berücksichtigt wird, zumal er vom Arbeitsinspektorat Salzburg keine Rückmeldung erhalten hat, woraus er allfällige Einwände gegen die Bestellung hätte entnehmen können, weshalb spruchgemäß entschieden werden musste.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Unfall am 15.04.1998 ereignete, der Umfang der Bauarbeiten jedoch vom 25.11.1996 bis ca. Ende Dezember 1997 angegeben worden war, da bei derartigen Großprojekten mit Verzögerungen gerechnet werden muss und eine Meldung, dass eine Baustelle länger als vorgesehen dauern wird, nach der Bauarbeiterschutzverordnung nicht vorgesehen ist."

Die dagegen vom Arbeitsinspektorat erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Juni 2000 abgewiesen. Auch die belangte Behörde kam zur Ansicht, dass eine rechtswirksame Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an den Bauleiter F.D. vorliege. Wenn jedoch noch Zweifel an der Verantwortlichkeit bestünden, werde auf die subjektive Tatseite verwiesen. Diesfalls liege ein Verschulden des Mitbeteiligten nicht vor, was sich aus dem Umstand ergebe, dass bisher seitens der Arbeitsinspektorate die Vorgangsweise, welche vom Beschuldigten gewählt worden sei, immer akzeptiert worden sei. Er sei sich zudem in keiner Lage des Verfahrens bewusst gewesen, dass ihn die Verantwortlichkeit treffen könnte, weil der verantwortlich Beauftragte bestrebt gewesen sei, in jeder Lage des Verfahrens die Verantwortung für den Verfahrensgegenstand auf sich zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf § 13 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (ArbIG), BGBl. Nr. 27, gestützte Amtsbeschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Auffassung der belangten Behörde, dass dem in der Baustellenmeldung mit "ca. Ende Dezember 1997" angegebenen Zeitpunkt des Endes der Bauarbeiten an dieser Baustelle für die zeitliche Abgrenzung des Verantwortungsbereichs des verantwortlichen Beauftragten keine Bedeutung beizumessen sei, weil bei Großprojekten mit Verzögerungen gerechnet werden müsse, somit auch eine am 15. April 1998 begangene Verwaltungsübertretung diesem verantwortlichen Beauftragten zuzurechnen sei, sei nicht zutreffend.

Gemäß § 23 Abs. 3 ArbIG hat der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten nach § 23 Abs. 1 ArbIG dem zuständigen Arbeitsinspektorat unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

Im gegenständlichen Fall ist eine Mitteilung vom Widerruf der Bestellung oder vom Ausscheiden des verantwortlichen Beauftragten nicht erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, dass in der zitierten Baustellenmeldung im Hinblick auf § 23 Abs. 3 ArbIG durch die Formulierung des voraussichtlichen Endes des Baustelle mit "ca. Ende Dezember 1997" ausreichend klar (und keiner weiteren Ermittlung bedürftig) zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Bestellung des Bauleiters F.D. auf die Dauer der Arbeiten auf der Baustelle erfolgt ist, soferne die Bestellung nicht vorher widerrufen wird, sodass auch zum Zeitpunkt der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung am 15. April 1998 ein rechtswirksamer Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit vom Mitbeteiligten auf den zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Bauleiter gegeben war.

Damit erübrigt es sich, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers gegen die Eventualbegründung der belangten Behörde (kein Verschulden des Mitbeteiligten) einzugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 47 Abs. 3 und 4 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000020259.X00

Im RIS seit

23.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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