TE Vfgh Beschluss 1999/2/26 V82/98

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Veröffentlicht am 26.02.1999
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Sbg BebauungsgrundlagenG §12, §13, §14

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Rückwidmung in Grünland mangels Antragslegitimation; Zumutbarkeit der Antragstellung auf Bauplatzerklärung für die Bebauung des Grundstücks des Antragstellers

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Beschluß vom 5. Juli 1996 hat der Gemeinderat der Gemeinde Strobl eine Flächenwidmungsplanänderung beschlossen. Diese Änderung wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 11. April 1997, Z7/03-336822/12-1997, genehmigt und am 21. April 1997 kundgemacht.

Gegen diese Verordnung wendet sich der Antragsteller mit einem "Antrag gemäß Art139 B-VG", indem er die kostenpflichtige Aufhebung der "Verordnung der Gemeinde Strobl vom 5.7.1996, durch die Landesregierung genehmigt am 11.4.1997 zur Zahl 7/03-336822/12-97 und kundgemacht am 21.4.1997," insoweit als gesetzwidrig beantragt, "als für (s)ein Grundstück 199/1 EZ. 396 die Rückwidmung in Grünland erfolgte."

2. Zur Begründung der Antragslegitimation führt der Antragsteller aus:

"1.) Die gegenständliche Umwidmung hat unmittelbare Auswirkungen auf mein Eigentumsrecht und wird für mich ohne Erlassung eines Bescheides wirksam. Eine Bebauung meines Grundstückes ist nicht möglich, da unzulässig. Überdies ist mir auch eine Verwertung als Bauland verwehrt worden.

Der unmittelbar(e) Eingriff durch die Verordnung selbst ergibt sich insbesondere dadurch, daß mir kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die behauptete Rechtswidrigkeit der Verordnung und die damit bewirkte Rechtsverletzung abzuwehren.

2.) Die Unzumutbarkeit eines anderen Weges, nämlich die Erlangung eines bekämpfbaren Bescheides, die der Verfassungsgerichtshof stets als das entscheidende Kriterium für die Frage der Zulässigkeit eines Individualantrages erblickt, begründe ich wie folgt:

a.) Es wird in diesen Ausführungen nicht verkannt, daß der VfGH in vergleichbaren Fällen der Vergangenheit dem Antragsteller den Umweg über ein Ansuchen nach §13 Abs1 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) um Bauplatzerklärung zumutete/VfSlg. 10004/1984 oder auch Erk. 19.3.1987, GZ V71/85).

Nunmehr ist festzuhalten, daß das BGG zwischenzeitig wiederholt novelliert wurde und derzeit unter Beischluß folgender Unterlagen um die Bauplatzerklärung anzusuchen ist:

-

Amtlich beglaubigter vollständiger Grundbuchsauszug, nicht ä(l)ter als drei Monate;

-

gegebenenfalls Nachweis des Rechtstitels;

-

planliche Darstellung (Maßstab 1(:)500) der zu schaffenden Bauplätze mit Einzeichnung der für ihre Aufschließung erforderlichen Verkehrsflächen;

-

Nachweis der Möglichkeit der Herstellung einer entsprechenden Wasser- und Energieversorgung, sowie Abwasserbeseitigung und Angaben über die Bodenbeschaffenheit der Grundfläche;

-

Darstellung des natürlichen Geländes mit den erforderlichen Höhenangaben (Höhenpunkte, Schichtlinien).

Sämtliche Unterlagen sind von einer hiezu gesetzlich befugten Person zu verfassen und in einer von der Baubehörde bestimmten Anzahl an Ausfertigungen, höchstens jedoch in dreifacher Ausfertigung, vorzulegen (§13 Abs3 BGG).

Hieraus ergibt sich, daß vor Bewilligung nicht bloß grobe Skizzen des Bauplatzes, sondern bereits detailliert Planunterlagen, ja sogar seit der Novelle LGBl. 1992/99 eine zusätzliche Schichtliniendarstellung abverlangt wird, sodaß allein die Erfüllung der Voraussetzungen des §13 Abs1 litc und e leg.cit., zu der es überdies der Beiziehung eines Geometers als gesetzlich befugter Person bedarf, Anlaufkosten von mindestens S 50.000,-- nach sich zöge.

Diese Regelungen sind mit keiner Bauordnung der Länder vergleichbar, die sich zumeist in ähnlichen Vorprüfungsverfahren auf gewöhnliche Auszüge aus der Katastralmappe und - im Fall von Baubeständen - auf einfache Darstellungen des Bauplatzes beschränken (vgl. §4 OÖBO oder §2 StmkBauO).

Ein weiteres Unikum beinhaltet §13 Abs2 BGG, der es ohne nähere Determinanten dem Ermessen der Behörde überläßt, vom Grundeigentümer weitere Unterlagen, nämlich

-

Unterlagen über den durchschnittlichen Grundwasserstand und die bekannte seit dem Jahr 1990 höchste

Hochwasserkote;

-

ein Längenprofil durch sämtliche der Aufschließung der Grundfläche dienenden Verkehrsflächen einschließlich der Anschlußstellen an bestehende Verkehrsflächen und die dazugehörigen Querprofile, soweit sie zur Beurteilung der Lage der Verkehrsflächen im Gelände erforderlich

sind und schließlich sogar

-

einen technischen Bericht über die Bodenbeschaffenheit der Grundfläche, die durch entsprechende Bodenuntersuchungen nachgewiesen sein muß

abzuverlangen, wobei auch diese Beilagen wieder von einer gesetzlich befugten Person zu verfassen sind.

Selbst wenn ich sohin die Voraussetzungen des §13 Abs1 unter Aufbringung annähernd des obgenannten Betrages erfülle, habe ich noch immer nicht die Gewißheit, daß das von mir angestrebte Ziel, nämlich die Erwirkung eines abweisenden Bescheides - zu erreichen ist. Stellt sich nämlich die Baubehörde auf den nicht näher zu begründenden Standpunkt, ich hätte auch Unterlagen gemäß §13 Abs2 BGG vorzulegen, so dürfte ich bis hin zur äußerst kostspieligen Bodenuntersuchung keine weiteren Aufwendungen scheuen, um letztendlich doch eine Ab- und keine Zurückweisung meines Ansuchens zu erreichen.

Ein derart uferloser und für mich im vorhinein in der Kostenfrage kaum kalkulierbarer Umweg über das Salzburger Bauplatzbewilligungsverfahren ist mir nicht zumutbar. Die Beibringung einer solchen Vielzahl von Nachweisen im Bauplatzbewilligungsverfahren steht auch nicht im Einklang mit der vom VfGH in Ansehung der Verfahrensvorschriften anderer Bundesländer entwickelten Kriterien zur Umwegszumutbarkeit, die stets an der Einfachheit und verhältnismäßigen Kostengünstigkeit der erforderlichen Unterlagen anknüpften.

Bedenkt man überdies, daß ich die oberwähnten Kosten im Bewußtsein auslegen müßte, daß meinem Ansuchen um Bauplatzbewilligung ohnehin ein rechtswirksamer Flächenwidmungsplan entgegensteht, so ist dieser Aufwand für ein erfolgloses Vorprüfungsverfahren bei rechtsstaatlicher Betrachtungsweise nicht zu rechtfertigen.

Meine Antragslegitimation ist daher gegeben."

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).

2. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes steht dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes zur Verfügung, indem er ein Ansuchen um Bauplatzerklärung für die Bebauung des Grundstückes nach §13 Abs1 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) einbringt (vgl. VfSlg. 11317/1987, 12619/1991).

2.1. Nach §12 Abs1 BGG, LGBl. 69/1968 in der Fassung LGBl. 59/1997, dürfen Bauführungen nach den baurechtlichen Vorschriften nur auf Grundflächen bewilligt werden, die in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung). Um die Bauplatzerklärung ist nach §13 Abs1 BGG

"bei der Baubehörde unter Beischluß folgender Unterlagen anzusuchen:

a) Amtlich beglaubigter vollständiger Grundbuchsauszug, der nicht älter als drei Monate sein darf;

b) Gegebenenfalls der Nachweis eines Rechtstitels, der für die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes am Grundstück geeignet ist;

c) Planliche Darstellung (Maßstab 1:500) der zu schaffenden Bauplätze mit Einzeichnung der für ihre Aufschließung erforderlichen Verkehrsflächen;

d) Nachweis der Möglichkeit der Herstellung einer entsprechenden Wasser- und Energieversorgung sowie Abwasserbeseitigung und Angaben über die Bodenbeschaffenheit der Grundfläche;

e) Darstellung des natürlichen Geländes mit den erforderlichen Höhenangaben (Höhenpunkte, Schichtenlinien)."

Nach §13 Abs2 BGG hat der Grundeigentümer, soweit es wegen einer besonderen Lage der Grundfläche erforderlich erscheint, auf Verlangen der Baubehörde das Ansuchen durch Vorlage weiterer, in der Bestimmung angeführter Unterlagen, zu ergänzen.

Die Bauplatzerklärung ist nach §14 Abs1 BGG zu versagen, wenn die Grundfläche vom Standpunkt des öffentlichen Interesses für die Bebauung ungeeignet erscheint. Dies ist der Fall, wenn die Bebauung der Grundfläche unter anderem dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde (lita). Die Beurteilung, ob eine vom Antragsteller beabsichtigte Bebauung seiner Grundstücke dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde, ist jedenfalls aufgrund der nach §13 Abs1 BGG vorzulegenden Unterlagen möglich.

2.2. Trotz der Novellen zum Salzburger BGG, die zwar die Antragserfordernisse zur Bauplatzerklärung erhöht haben, sieht sich der Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt, von seiner ständigen Judikatur abzurücken (siehe dazu das Erkenntnis VfSlg. 13945/1994 (Flächenwidmungsplan der Gemeinde Anthering), das zu §13 Abs1 BGG idF LGBl. 99/1992 erging, der dieselben Antragserfordernisse wie die Fassung LGBl. 59/1997 enthielt).

2.3. Es kann zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, daß er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen läßt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage in Oberösterreich "Planunterlagen und ausführliche Beschreibungen" VfSlg. 10004/1984, in Kärnten "Pläne und Beschreibungen" VfSlg. 9135/1981, in Niederösterreich "keine weiteren Unterlagen" VfSlg. 12758/1991, vgl. auch

VfSlg. 15004/1997).

2.4. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes äußerte sich die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg dahingehend, daß die durchschnittlichen Kosten eines Bebauungsplanes nach dem BGG nicht festgestellt werden können, aber etwa bei relativ jungen Teilungsplänen kaum ins Gewicht fallen.

2.5. Der Antragsteller replizierte, daß die Aussage der Kammer keine Anhaltspunkte zu den Kriterien der Umwegzumutbarkeit gäbe, legt aber ebensowenig wie im Antrag dar, aus welchen Umständen - etwa anhand eines Kostenvoranschlages - sich seinen Angaben nach für den konkreten Bebauungsplan Anlaufkosten von mindestens S 50.000.- ergeben.

3. Dem Antragsteller ist es zumutbar, ein Ansuchen um Bauplatzerklärung für die Bebauung seines Grundstückes einzubringen, weil die vorzulegenden Unterlagen wesentlich leichter beschafft werden können, als jene, die im förmlichen Baubewilligungsverfahren gemäß §4 des Salzburger Baupolizeigesetzes, LGBl. 40/1997, vorzulegen sind.

Dem Antragsteller steht es frei, gegen einen Bescheid, mit dem eine Bauplatzbewilligung - aus welchen Gründen immer - verweigert wird, nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes geltend gemacht werden, da dieser gemäß §14 Abs1 lita BGG präjudiziell ist. Auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplanes auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.

Daraus ergibt sich, daß dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihm bekämpften Verordnung zu erreichen (VfSlg. 11318/1987, 12395/1990, 15004/1997).

4. Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:V82.1998

Dokumentnummer

JFT_10009774_98V00082_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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