TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 99/01/0031

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, über die Beschwerde des A K in Rohrbach an der Gölsen, geboren am 24. September 1971, vertreten durch Dr. Robert Müller, Rechtsanwalt in 3170 Hainfeld, Hauptstraße 35, gegen den am 16. Dezember 1998 mündlich verkündeten und am 16. Juni 1999 schriftlich ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 202.747/0- IV/10/98, betreffend § 7 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein der albanischen Volksgruppe zugehöriger jugoslawischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo, reiste am 22. Oktober 1991 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 24. Oktober 1991 die Gewährung von Asyl. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 28. Oktober 1991 gab er an, er stamme aus Sushica bei Pristina und sei am 15. Juni 1991 als Soldat zur Ableistung seines Grundwehrdienstes bei einer Panzereinheit in Pivak eingerückt. Am 21. September 1991 sei er desertiert, weil er auf der Seite der Serben gegen die Kroaten hätte kämpfen müssen. Er habe nicht gegen seine eigenen Landsleute kämpfen und schon gar nicht im Bürgerkrieg sterben wollen. Er sei nach Ljubljana geflüchtet und habe dort zirka einen Monat bei einem Bekannten gewohnt.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 1991 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich den Asylantrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des Artikel 1 Abschnitt A FlKonv träfen beim Beschwerdeführer nicht zu.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat der Bundesminister für Inneres unter anderem mit der Begründung abgewiesen, eine Einberufung zur Militärdienstleistung stelle keine Verfolgung im Sinne des § 1 AsylG 1991 dar. Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 93/01/0420, aufgehoben.

Die gegen die neuerlich abweisende Berufungsentscheidung des Bundesministers für Inneres erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit hg. Beschluss vom 25. Februar 1998, Zl. 95/01/0329, mit der Begründung zurückgewiesen, gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 sei das Verfahren in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurückgetreten.

Der nach dem Asylgesetz 1997 nunmehr für die Entscheidung über die Berufung zuständige unabhängige Bundesasylsenat (belangte Behörde) verkündete in der am 16. Dezember 1998 durchgeführten mündliche Verhandlung einen Bescheid des Inhalts, dass die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 38 Abs. 1 AsylG "im Rechtsgrunde des § 7 AsylG" abgewiesen werde. Der Begründung in der nach Erhebung der vorliegenden Beschwerde erstellten schriftlichen Ausfertigung des Bescheides folgend sei in Jugoslawien am 3. Juli 1996 ein Amnestiegesetz erlassen worden, demgemäß alle Wehrdienstentziehungstatbestände, die sich vor dem 14. Dezember 1995 ereignet hätten, unter Amnestie gestellt würden; diese Amnestie würde ordnungsgemäß vollzogen; eine Benachteiligung ethnischer Albaner im Vollzug dieser Amnestie im Sinne einer Diskriminierung könne nicht festgestellt werden. Es sei kein konkret dokumentierter Fall eines Kosovo-Albaners bekannt, der seit dem Amnestiegesetz wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion angeklagt oder verurteilt worden sei. Bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung habe es im Bereich des Heimatortes des Beschwerdeführers keine UCK-Präsenz gegeben; es könne weder eine allgemeine Verfolgung aller ethnischen Albaner noch eine allgemeine Bedrohungssituation festgestellt werden. Eine "Dauerbewachung" des Heimathauses des seit Jahren um Asyl ansuchenden Beschwerdeführers allein deshalb, weil dieser seinen Wehrdienst abgebrochen habe, könne nicht festgestellt werden.

Insbesondere dem Vorbringen des Beschwerdeführers über die Verhältnisse in seinem Heimatort und seine Versuche dorthin zurückzukehren sprach die belangte Behörde die Glaubwürdigkeit ab, weil dieses Vorbringen mit den Beweisergebnissen im Widerspruch stehe. Sie kam zu dem Schluss, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine Verfolgung drohe.

Über die gegen diesen Bescheid (nach dessen Verkündung) erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Im Rahmen der Beschwerdegründe (Pkt. 5. der Beschwerde) wiederholt der Beschwerdeführer zunächst sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, ohne den - davon in wesentlichen Punkten abweichend festgestellten - Sachverhalt und die zu Grunde liegende Beweiswürdigung zu bekämpfen.

Insoweit der Beschwerdeführer in der auch in der Beschwerde behaupteten Bewachung seines Hauses und in den "offenkundigen Verhaftungsversuchen ... wegen Desertion" Verfolgungstatbestände erblickt, entfernt er sich vom Tatsachensubstrat des angefochtenen Bescheides, weshalb auf diese Argumente nicht einzugehen ist. Die "eventualiter" vertretene Ansicht, der Beschwerdeführer habe "doch solche Gründe vorgebracht ..., die ein grenzüberschreitendes Ermittlungsverfahren bedingen müssten", stützt sich im Wesentlichen nur darauf, dass eine von der belangten Behörde u.a. herangezogene Auskunft über Fragen der Heranziehung von "Albanern" zum Wehrdienst nur allgemeine Aussagen enthalte und von einem Serben stamme. Welche Ermittlungen konkret versäumt worden seien und welche Tatsachen bei Vornahme dieser Ermittlungen zu Tage getreten wären, geht aus der Beschwerde nicht hervor.

Zur Wiederholung des im Verwaltungsverfahren u.a. vorgetragene, aber nach Ansicht der belangten Behörde "substanziell nicht ausgeführten" Argumentes, dem Beschwerdeführer drohe schon wegen seiner albanischen Abstammung Verfolgung, wozu die Beschwerde abschließend auf die "internationale Presse" verweist, ist zunächst anzumerken, dass der Verwaltungsgerichthof den angefochtenen Bescheid nach der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegebenen Sach- und Rechtslage zu überprüfen hat. Dies bedeutet im vorliegenden Fall die Vornahme einer entsprechenden Einschätzung für den 16. Dezember 1998 (Erlassung des angefochtenen Bescheides). Allgemein bekannt war für diesen Zeitpunkt, dass sich die in Frage kommenden Aktivitäten der serbischen Einheiten (noch) nicht auf den ganzen Kosovo erstreckten. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Raum Pristina, für den aber verstärkte Aktionen der Serben zu diesem Zeitpunkt nicht notorisch waren. Aus der bloßen Zugehörigkeit zur albanischen Bevölkerungsgruppe - ohne räumliches Naheverhältnis zu Gegenden mit verstärkten Aktivitäten von serbischen Einheiten und ohne sonstige Anhaltspunkte für eine individuelle Verfolgung - kann jedoch - für den maßgeblichen Zeitpunkt - eine mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu befürchtende asylrelevante Verfolgung nicht abgeleitet werden (vgl. das Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 99/01/0234, mit einem Verweis auf das Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 98/01/0386).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999010031.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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