TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 2001/05/0677

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1976 §100;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §2 Z12;
BauO NÖ 1976 §22 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des FK und der MK in B, beide vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Juni 2001, Zl. RU1- V-99050/02, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Haus & Grund Wohnbau GesmbH & Co KG in Wien III, Dampfschiffstraße 6/6, 2. Marktgemeinde Brunn am Gebirge, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei hat mit Eingabe vom 18. Juni 1996, eingelangt bei der Behörde am 21. Juni 1996, die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 355/6, KG Brunn am Gebirge, beantragt. In der über dieses Baugesuch durchgeführten Bauverhandlung vom 17. Oktober 1996 wurde das Projekt als Mehrfamilienwohnhaus mit insgesamt 9 Wohneinheiten und 12 Abstellplätzen und einer straßenseitigen Einfriedung beschrieben. Der bautechnische Amtsachverständige hat in dieser Verhandlung festgestellt, dass dem Bauvorhaben zwingende Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung entgegenstünden. Auf Grund der vorgelegten Planunterlagen sei auch eine ausreichende Beurteilung des Projektes nicht möglich. Die mitbeteiligte Partei hat hierauf das Bauvorhaben dahingehend abgeändert, dass an Stelle der ursprünglichen 9 Wohneinheiten 11 Wohneinheiten und an Stelle der ursprünglichen 12 PKW Abstellplätze 11 Abstellplätze errichtet werden sollen. Mit einer Eingabe vom 25. September 1997, eingelangt bei der Behörde am 26. September 1997, hat die erstmitbeteiligte Partei ausdrücklich bezugnehmend auf ihr Bauansuchen vom 18. Juni 1996, die Bauverhandlung vom 17. Oktober 1996 und die Abgabe geänderter Pläne am 19. Februar 1997 sowie eine Besprechung u.a zwischen dem Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde, Baureferenten und Vertretern der Bauwerberin, Einreichpläne vom 22. September 1997 sowie ein schalltechnisches Gutachten und ein Gutachten über Luftschadstoffimmissionen der NÖ Umweltschutzanstalt übergeben. Nach Durchführung weiterer Bauverhandlungen am 21. November 1997 und 12. Dezember 1997, in welchen sich die Beschwerdeführer gegen die beantragte Baubewilligung aussprachen, hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 10. August 1998 die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt und die Niederschriften über die Bauverhandlungen und die geänderten Einreichunterlagen zum wesentlichen Bescheidbestandteil erklärt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer und eines weiteren Anrainers wurden abgewiesen. Den dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer und eines weiteren Anrainers hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 2. Februar 1999 Folge gegeben und die Baubewilligung versagt. Die Rechtsanschauung der Baubehörde erster Instanz, bei § 4 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften handle es sich um eine reine Ortsbildvorschrift, sei nicht aufrechtzuerhalten. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der erstmitbeteiligten Bauwerberin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. September 1999 den Bescheid des Gemeinderates aufgehoben und den Gemeinderat angewiesen, einen neuen Bescheid zu erlassen. Nicht alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft zählten zu jenen, die dem Schutz der Nachbarn dienten. Zutreffend habe bereits die Baubehörde erster Instanz die Bestimmung des § 4 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften als Ortsbildvorschrift qualifiziert und darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Vorschriften über den Schutz des Ortsbildes nicht zu jenen zählten, die außer dem öffentlichen Interesse auch dem Schutz der Nachbarn dienten.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführer hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/05/0240, als unbegründet abgewiesen. Mit § 4 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften der mitbeteiligten Marktgemeinde sollte nur eine Regelung im Hinblick auf den Ortsbildschutz getroffen werden, anders sei die Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Z. 6 NÖ BO 1976 nicht zu erklären. Hinsichtlich des Orts- und Landschaftsschutzes komme aber Anrainern auch nach der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 kein subjektiv-öffentliches Recht zu.

In der Folge hat die Baubehörde ein Ortsbildgutachten vom 2. Juni 2000 eingeholt. Nach Abgrenzung des relevanten Beurteilungsbereiches und Beschreibung der vorgefundenen Gegebenheiten kommt der Gutachter in diesem Gutachten zusammengefasst zur Ansicht, dass das eingereichte Bauvorhaben weder in der Bebauungsweise, noch in der Gebäudehöhe oder - ausformung, Lage, Proportion und Bauform erheblich von der bestehenden Struktur im relevanten Betrachtungsbereich abweiche. Eine "Störung des Orts- und Landschaftsbildes" in diesem Bereich könne nicht nachgewiesen werden. Ebenso sei keine erhebliche Störung oder Verunstaltung des vorhandenen Baubestandes im Untersuchungsbereich nachvollziehbar zu begründen. Der geplante Neubau füge sich demnach in seiner Anordnung, Größe, Proportion, Gebäudehöhe und Bauform in den Baubestand des Umgebungsbereiches ein. Bei dem geplanten Bauvorhaben könne somit kein Widerspruch zu den Bestimmungen des § 61 NÖ BO 1976 festgestellt werden. Bei einer allfälligen Beurteilung des Bauvorhabens nach § 56 NÖ BO 1996, die allerdings nicht Gegenstand dieses Gutachtens sei, könnte von einer harmonischen Eingliederung des Bauwerks in die bestehende Bausubstanz gesprochen werden.

Den Beschwerdeführern wurde dieses Gutachten zur Kenntnis gebracht. Sie beanstandeten, dass auch dieses Gutachten nicht auf die Ortsbildunverträglichkeit der unübersehbaren, rund 40 m langen, teilweise 2,5 m hohen Schallschutzwand eingehe.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2000 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer (und eines anderen Anrainers) gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Abgesehen davon, dass § 4 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften der mitbeteiligten Marktgemeinde keine subjektiv-öffentlichen Anrainerrecht begründeten, sei unter objektiven Gesichtspunkten die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Ortsbildschutz eingehend geprüft und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Durch die eingeholten Gutachten sei klargestellt, dass ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften durch das Vorhaben nicht vorliege. Ebenso wenig komme den Argumenten hinsichtlich der Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe Relevanz zu. Bereits die Baubehörde erster Instanz habe die von der Bauwerberin so bezeichneten Dachgauben als solche qualifiziert und nicht als zurückgesetzte Geschosse im Sinne des § 22 der NÖ BO 1976. Da die Dachgauben in die zu ermittelnde Gebäudehöhe gemäß § 22 NÖ BO 1976 nicht einzubeziehen seien, sei auch eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe nicht gegeben. Die Lärmschutzwand sei im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit dem Ortsbildschutz deshalb nicht geprüft worden, weil es sich um kein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle, darüber hinaus würden Vorschriften, die der Wahrung des Ortsbildschutzes und der schönheitlichen Rücksichten dienten, nicht zu jenen Bestimmungen gehören, die dem Interesse der Nachbarschaft dienten.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, es sei die NÖ BO 1996 auf das Bauvorhaben anzuwenden, sei festzustellen, dass für Bauvorhaben, die bereits vor Inkrafttreten der NÖ BO 1996 anhängig waren, nach § 77 Abs. 1 der NÖ BO 1996 die Bestimmungen der NÖ BO 1976 anzuwenden seien. Das Baubewilligungsverfahren sei über Antrag der Bauwerberin im Jahre 1996 und sohin jedenfalls vor dem 1. Jänner 1997 eingeleitet worden. Wenn auch die Bauwerberin im Jahre 1997 einen neuerlichen Bewilligungsantrag gestellt habe, so sei doch davon auszugehen, dass eine ausdrückliche Zurückziehung des ursprünglichen Bewilligungsantrages nicht erfolgt sei, zumal eine derartige Erklärung eindeutig zu sein habe und eine solche Erklärung dem gesamten Akteninhalt nicht entnommen werden könne. Im Zuge des Baubewilligungsverfahrens habe sich eine Projektsänderung als notwendig erwiesen, weil das Vorhaben baurechtlichen Bestimmungen nicht gerecht geworden sei. Die Bauwerberin habe daraufhin das Bauvorhaben dahingehend abgeändert, dass an Stelle der ursprünglichen 9 Wohneinheiten nunmehr 11 Wohneinheiten, an Stelle der ursprünglichen 12 PKW Abstellplätze nunmehr 11 Abstellplätze errichtet werden sollen. Entgegen der Rechtsmeinung der Beschwerdeführer sei aber das in den Plänen dargestellt Projekt nicht als "ein anderes" zu beurteilen, zumal nicht von einer jedenfalls gravierenden Änderung des Baukörpers auszugehen sei. Die Grenze einer zulässigen Modifikation des Bauvorhabens wäre nur dann überschritten, wenn das Vorhaben nicht mehr als dieselbe Sache beurteilt werden könne. Davon sei aber im gegenständlichen Fall nicht auszugehen. Gemäß § 22 Abs. 1 der NÖ BO 1976 hätten untergeordnete Bauteile bei der Ermittlung der mittleren Höhe der Gebäudefront außer Betracht zu bleiben. Die gegenständlichen Dacherker durften daher nicht zur mittleren Höhe gezählt werden. Die maximal zulässige Gebäudehöhe hinsichtlich der den Beschwerdeführern zugekehrten Front werde sohin nicht überschritten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer vertreten die Ansicht, durch die Einreichung neuer Pläne nach dem Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 1996 am 1. Jänner 1997 hätten die Bauwerber zumindest konkludent das erste Baugesuch vom 18. Juni 1996 zurückgezogen, es sei daher auf das Bauvorhaben die NÖ BO 1996 anzuwenden.

Diese Ansicht findet weder in der Aktenlage noch in der Rechtslage nach der NÖ Bauordnung ihre Deckung: Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass es mangels einer gesetzlichen Beschränkung (in der jeweiligen Bauordnung) einem Bauwerber freisteht, für ein Grundstück mehrere Baubewilligungen zu erwirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1997, Zl. 96/05/0262). Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn die heranzuziehende Bauordnung ausdrücklich andere Regelungen trifft (vgl. die Bestimmung des § 9 Abs. 7 lit. a des Salzburger Baupolizeigesetzes, die dem hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 93/06/0147, zu Grunde lag). Da weder die NÖ Bauordnung 1976 noch die NÖ Bauordnung 1996 eine der zitierten Bestimmung des Salzburger Baupolizeigesetzes vergleichbare Regelung enthält, stand es der Bauwerberin frei, für dasselbe Grundstück parallel mehrere Baubewilligungen zu beantragen, ohne dass durch eine spätere Einreichung eine frühere Einreichung als gegenstandslos zu betrachten wäre. Es steht dem Bauwerber aber nicht nur frei, für ein Grundstück mehrere inhaltlich von einander abweichende Baugesuche einzureichen. Mangels einer Vorschrift, wonach ein späteres Baugesuch an die Stelle eines früheren tritt bzw. das frühere Baugesuch als gegenstandslos zu betrachten ist, bleibt es dem Bauwerber grundsätzlich auch unbenommen, im Fall einer Änderung der Rechtslage ein inhaltlich gleich lautendes Baugesuch durch eine neue Einreichung dem neuen Rechtsregime zu unterstellen, ohne dass dadurch das erste Gesuch als zurückgezogen anzusehen ist.

In einem im Akt einliegenden Schreiben der mitbeteiligten Bauwerberin vom 23. Juli 1997 wird ausgeführt, dass der Architekt angewiesen worden sei, unter einem ein zweites Baugesuch nach der neuen NÖ Bauordnung parallel abzugeben. Im Schreiben vom 25. September 1997, eingelangt bei der Behörde am 26. September 1997, weist die Bauwerberin ausdrücklich auf ihr Baugesuch vom 18. Juni 1996 und die Bauverhandlung vom 17. Oktober 1996 hin und übergibt dazu näher beschriebene Ergänzungen (u.a. Einreichpläne). Aus der Bezugnahme auf die Einreichung vom Juni 1996 und die Bauverhandlung vom 17. Oktober 1996 kann auf Grund der Ausführungen der Bauwerberin in ihren Schreiben vom 22. Juli 1997 und 26. September 1997 nicht angenommen werden, dass die Bauwerberin von ihrer ersten Einreichung "Abstand genommen habe".

Im vorgelegten Verwaltungsakt findet sich eine Ablichtung von Ansichten mit dem Eingangstempel vom 23. August 1996; ein Vergleich dieser Ansichten, insbesondere der "Ostansicht Straße", die mit dem Eingangstempel versehen ist, zeigt, dass das nunmehr bewilligte Bauprojekt von dem ersten Projekt nur im Dachbereich abweicht. Der Umstand, dass ursprünglich 9 Wohnungen und 12 PKW Abstellplätze bewilligt werden sollten, der nunmehrigen Bewilligung aber 11 Wohnungen und 11 Stellplätze zu Grunde liegen und die Ausgestaltung des Dachgeschosses geringfügig verändert wurde, macht aber das nunmehr eingereichte Bauvorhaben nicht zu einem "aliud" weil dadurch das Wesen des Bauprojektes nicht verändert wurde.

Auf Grund der Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 1 der NÖ BO 1996, LGBl. 8200/0, wurde daher mit Recht das am Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige beschwerdegegenständliche Bauvorhaben nach der bisherigen Rechtslage (NÖ BO 1976) zu Ende geführt.

In der Rechtsrüge tragen die Beschwerdeführer weiters vor, die Gebäudehöhe sei unrichtig berechnet worden. Die in der Fassade der Nordansicht des geplanten Gebäudes gelegenen Dacherker (die gegen die Liegenschaft der Beschwerdeführer gerichtet sind) seien jedenfalls in die Gebäudehöhe mit einzubeziehen, es handle sich dabei um keinen untergeordneten Bauteil, sondern um ein zurückgesetztes Geschoss.

Aus den Plänen, die einen Bestandteil des Baubewilligungsbescheides bilden, geht hervor, dass die Fassade der Nordansicht aus mehreren Gebäudefronten zusammengesetzt ist. Das Dach wird einerseits durch ein Walmdach bzw. im Bereich der Dachterrasse durch ein Satteldach gebildet. Aus den zwei abgewalmten Dachflächen ragt je ein - gegenüber der Fassade zurückgesetzter - Dacherker aus der Dachhaut. Die Breite jedes Dacherkers beträgt ca. 3,5 m (am Fuß des Erkers und bis in eine Höhe von 1 m), sodann bildet der jeweilige Erker einen Giebel, wobei die seitlichen Flächen parallel zur Dachneigung eine Neigung von 45 Grad aufweisen. Der Ansicht der Baubehörden ist beizutreten, wonach diese Dacherker bezogen auf die Gesamtlänge der Nordfassade von ca. 22,3 m jeweils als untergeordnete Bauteile im Sinne des § 22 Abs. 1 der NÖ BO 1976 zu qualifizieren sind und demnach bei der Ermittlung der mittleren Höhe der Gebäudefront außer Betracht zu bleiben haben. Die Annahme der Beschwerdeführer, unter untergeordneten Bauteilen nach der zitierten Gesetzesstelle seien nur Kamine, Blitzableiter udgl. zu verstehen, findet im Gesetzeswortlaut keine Deckung. Das oberste Geschoss, in dem die beschriebenen Dacherker liegen, wird, wie die erwähnten Pläne einwandfrei erkennen lassen, nach außen zumindest teilweise durch das Dach umschlossen, womit die Voraussetzungen eines Dachgeschosses im Sinn des § 2 Z. 12 der NÖ BO 1976 erfüllt sind. Da zurückgesetzte Dachgeschosse nicht als zurückgesetzte Geschosse im Sinne des § 22 Abs. 1 leg. cit. zu beurteilen sind (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1984, Zl. 84/05/0113, Bausammlung Nr. 334, sowie vom 29. Juni 1993, Zl. 93/05/0039), war bei der Berechnung der Gebäudehöhe, wie dies die belangte Behörde richtig erkannt hat, auch nicht vom Vorliegenden eines zurückgesetzten Geschosses auszugehen und daher die Gebäudehöhe auch nicht von der Deckenoberkante des Dachgeschosses aus zu ermitteln. Die von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang zitierten hg. Erkenntnisse vom 15. November 1988, Zl. 87/05/0212, vom 15. Oktober 1996, Zl. 94/05/0174 und vom 27. August 1996, Zl. 96/05/0186, beziehen sich alle auf die Bauordnung für Wien und sind nicht geeignet, die Rechtsansichten der Beschwerdeführer zur Auslegung des § 22 Abs. 1 der NÖ BO 1976 zu stützen.

Die Beschwerdeführer erachten sich weiters dadurch in ihren Rechten verletzt, dass hinsichtlich der Schallschutzwand kein Ortsbildgutachten eingeholt worden sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, kommt den Nachbarn auch im Bereich der Niederösterreichischen Bauordnung hinsichtlich der Fragen des Ortsbildschutzes kein subjektiv-öffentliches Recht zu (vgl. dazu die bei Hauer-Zaussinger, Die Bauordnung für Niederösterreich, 3. Auflage auf Seite 379 unter E 30 und 31 zitierte hg. Judikatur). Da die verfahrensrechtlichen Ansprüche des Nachbarn nicht weiter gehen als ihre materiellen Rechte (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1974, Slg. Nr. 8.713/A und vom 8. November 1976, Slg. Nr. 9.170/A), ist das Vorbringen der Beschwerdeführer hinsichtlich der allfälligen Unterlassung eines Ortsbildgutachtens nicht geeignet, eine Verletzung ihrer Rechte darzutun.

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001050677.X00

Im RIS seit

23.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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